Hi
Abgesehen davon, dass es grundsätzlich zu hinterfragen wäre,
warum wir lieber Köpfe rollen sehen als (Re-) Sozialisierung
betreiben wollen, ist es für die Opfer von Mobbing höchstens
die zweitbeste Lösung. Sie wollen - wie auch in den Posts zum
Thema schon öfter zu lesen - viel lieber dazugehören. Und
genau hier greifen Ansätze wie der „No Blame Approach“, den du
ja selbst praktizierst, nach meiner Erfahrung ganz
hervorragend. Ich habe bislang nichts gesehen, was bei der
Unterbrechung von Mobbing erfolgreicher für ALLE Beteiligten
gewesen wäre.
Schöne Grüße,
Jule
Für meinen persönlichen Fall stimme ich da nicht ganz zu. Eine echte Resozialisierung der Angreifer hätte ich toll gefunden. Es gab ja auch eine kleine Anzahl Personen, die sich über die Jahre rumgedreht haben, und wenn es nur aus Mitleid war.
Gerührt hat mich ein Junge, der ein richtiger Schläger war. Er war gefürchtet wegen seiner Ausbrüche, aber auch der Chef. Er hat öfter andere fertig gemacht, sich bei mir aber zurückgehalten. Er kam dann eines Tages auf mich zu, als einige Typens sich um mich mal wieder versammelt hatten. Er fragte „Ärgern sie dich wieder?“ und dann schnappte er sich den Größten, packte ihn am Kragen und knallte ihn gegen die Wand: „Dann musst du das SO machen!“ er drohte dem Typen mich in Ruhe zu lassen und „instruierte“ mich wie man Leute richtig an die Wand klatscht. Das war natürlich nicht die feine Englische, ich habe das nie angewendet und hätte es auch nicht getan, aber es gab mir Mut es theoretisch zu können. Das war das erste Mal an jener Schule, dass ein Schüler offen das Wort für mich ergriffen hatte und in den folgenden Jahren hat das schon einiges von mir abgehalten.
Das jetzt kein pädagogisch wertvoller Beitrag, aber mir war dieser Moment des Eingreifens lieber, als wenn die Typen die mich niedermachen wollten noch so oft verprügelt oder von einem Lehrer nach Hause geschickt worden wären.
Auf dem Gymnasium war es gerade die Gruppe der Alpha-Weibchen die sich schließlich um mich kümmerte. Ich habe einiges von ihnen aushalten müssen und darum sehr lange gebraucht um zu glauben, dass keine Hinterhältigkeit hinter ihrem Verhalten steckte. Aber sie haben versucht mich sozial verträglicher zu machen und mich in dem Moment, als geglaubte Freunde sich gegen mich wandten, beschützt. Dafür war ich ihnen sehr dankbar und zum Abschluss hatten wir ein fast freundschaftliches Verhältnis (auch wenn ich nicht zur Clique gehörte).
Es gibt aber auch Situationen, da ist der Höhepunkt erreicht, da ist Resozialisation aus Sicht des Opfers einfach nicht mehr möglich.
Würdest du einen Serienmörder „rehabilitiert“ im Nachbarhaus wohnen haben wollen?
Nein, Mobber sind keine Mörder (meistens), aber gerade im Falle von wiederholter Körperverletzung und ausführlichster psychischer Grausamkeit erreicht jedes Opfer sein Maximales Leidenspotential.
Und wenn dieser Leidenspunkt erreicht ist, ist verzeihen außer Frage.
Es gibt so 3-4 Personen, die könnten auf Knien angekrochen kommen und versprechen sie hätten sich geändert, ich würde ihnen niemals glauben. Dazu haben sie mich zu sehr verletzt, v.a. körperlich. Sie haben wiederholt und auch hinterhältig Grausam gehandelt, wo soll das Vertrauen bitte herkommen, dass sie sich geändert haben?
Gerade die Person z.B. die mich vor eine Bahn schubsen wollte, wie soll man so einer Person verzeihen? Ich lebe noch, aber ich hätte auch tot sein können, aus einer Laune heraus, mein Leben wäre aus „weiß auch nicht“ beendet gewesen.
Wie soll man sowas verzeihen?
Vielleicht kann man so Leute rehabilitieren, ich persönlich kann nicht daran glauben, und sollte sowas doch möglich sein, so bitte ich darum mich als Opfer damit zu verschonen. So eine Person könnte sich zu Ghandi entwickeln und wäre für mich trotzdem der schlimmste Peiniger in meinem Leben.
In dem Falle würde ich alle Lehrer, Betrauer und sonstwen der sich zuständig fühlt bitten, bitte, bitte nicht mit solchen Personen an meiner Haustür zu erscheinen und die Person sich mehr oder weniger glaubwürdig entschuldigen zu lassen, und mich in die schreckliche Situation zu bringen, dem Täter vor der Nachbarschaft verzeihen zu müssen. (Was zum Glück nicht der Bahnschubser war, sondern nur ein Mitläufer. Und ich sagte ich verzeihe ihm, damit er auf die Füße kommt. Aber ich weiß nicht was passiert wäre, wenn es der Schubser gewesen wäre, ich glaube dann wäre ich ausgerastet).
lg
Kate