Also ich glorifiziere da gar nichts. Ich sehe da auf der einen Seite die Dimension einer höchst inhomogenen Flüchtlingsstruktur, die einerseits aus Leuten besteht, denen wir - vollkommen unabhängig von der möglichen Integrationsmöglichkeit in den Arbeitsmarkt - Asyl gewähren sollten. Dann diejenigen, denen man aus ebenfalls guten Gründen einen subsidiären Schutz auf Zeit gewähren sollte (wobei man sich dann allerdings schnellstmöglich dahingehend entscheiden sollte, ob diese Zeit abgelaufen ist, oder ob man hier nicht in Richtung eines dauerhaften Aufenthaltsrecht gehen muss, um diesen unguten Schwebezustand zu beenden), und denjenigen, bei denen diese Kriterien nicht vorliegen, und die daher den Aufenthalt hier nur aus anderen Gründen erhalten können (wenn diese denn vorliegen).
Aber genau an dieser Stelle kommt dann eben die zweite Dimension ins Spiel, und die heißt Arbeitsmarkt. Und da haben wir - unabhängig von der Frage des sonstigen Grundes für ein Aufenthaltsrecht - einerseits diejenigen, die extrem schnell in den Arbeitsmarkt integriert werden können, und die wir dringend brauchen, andererseits diejenigen, bei denen dies länger dauern wird, und letztendlich auch diejenigen, bei denen das nicht gelingen wird.
Und unser Arbeitsmarkt lechzt bei Weitem nicht nur nach Zahnärzten und IT-Spezialisten. Sprich mal mit diversen Handwerkern über ihre Auszubildenden-Situation. Da wird Dir Angst und Bange! Von Meistern und Gesellen wollen wir schon gar nicht mehr reden. Hier dudelt im Moment ein Radiospot eines GaLA-Betriebes aus WHV täglich landesweit durchs Radio, der händeringend nach Leuten sucht. Unser Unternehmen hat sich extra zwei Standorte in Osteuropa geschaffen, weil hier nichts mehr läuft, und sucht parallel aktuell in Südeuropa auf allen Kanälen nach Personal.
Und da kann ich - aus eigener unmittelbarer Erfahrung - deine zehn Jahre nicht ansatzweise bestätigen, die es braucht, um Leute in der ein oder anderen Form in den Arbeitsmarkt zu bringen, wenn diese engagiert sind (und dieses Engagement werden wir insbesondere bei denen sehen, die sich langfristig bzgl. ihres Aufenthaltsrechts genau darauf werden stützen müssen).
Sprache ist in einem Jahr soweit machbar, dass anderweitige Qualifizierungen hierauf aufbauen können. Wenn das Thema Sprache parallel weiter läuft, dann sind die Leute nach zwei bis drei Jahren auf einem Niveau, mit dem man sie uneingeschränkt auf die Menschheit los lassen kann. Der Syrer, der heute hier in der Lokalpresse präsentiert wurde, und nach einem Jahr hier jetzt bereits die Prüfung im C1-Niveau anstrebt ist sicherlich eine Ausnahme, aber ich hatte hier zehn Jahre lang die Anschauungsobjekte im eigenen Haus, die teilweise in Deutschland geblieben sind, Und da habe ich gesehen, wie schnell das mit der Sprache geht. Auch das Flüchtlingskind in der Klasse meiner kleinen ist jetzt Dank umfassender Unterstützung nach einem Jahr bereits auf einem Niveau, auf dem sie mit der Klasse weitgehend mithalten kann. Klar, das wird längst nicht bei jedem funktionieren, aber mit dem nötigen Willen und Engagement auf beiden Seiten ist so etwas eben durchaus möglich.
Gerade gestern las ich die Zahl, dass jetzt 22% der deutschen Unternehmen Flüchtlinge beschäftigten, im Vergleich zum Vorjahr mit 7%. Diese Zahl dürfte nächstes Jahr noch einmal deutlich höher liegen.
Und wenn wir mal drei bis vier Jahre weiter schauen, wenn wir in den Bereich kommen, wo Leute auf den Arbeitsmarkt kommen, die hier schon ganz reguläre Schulabschlüsse mit durchschnittlichen Noten in größerer Zahl erzielen konnten, wird es richtig interessant.
Deine zehn Jahre würden hingegen bedeuten, dass man überhaupt erst diejenigen hier in Arbeit bringen könnten, die z.B. als Kinder dann hier die komplette Schullaufbahn hinter sich gebracht hätten. Das halte ich für nicht angebrachte Schwarzmalerei, die ich im eigenen Umfeld nicht nachvollziehen kann.