Mündliche Noten mit ruhigem Gewissen machen?

Hallo,

gerade bei den mündlichen Noten stelle ich mir manchmal die Gewissensfrage:
Kann ich für 200 und mehr Schüler wirklich valide mündliche Noten machen?
Ein Lehrer mit vollem Deputat hat sogar noch deutlich mehr als 200 Schüler.

Bei den guten Schülern ist das einfach: Die 1er und 2er lassen sich recht schnell vergeben. Aber bei den ruhigen Schülern, die nie etwas sagen? Bei denen muss man sich regelrecht zwingen, sie auch mal aufzurufen. Und dann hat man sie 2 oder 3 mal im Halbjahr gefragt und es kam nur wenig dabei heraus - welche Note also? 4, eine 5 oder 5,5?

Viele der 200 Schüler sieht man nur eine (Unterrichts)Stunde pro Woche. Und wollte man werthaltige mündliche Noten machen, dann müsste man jeden Schüler jeder Klasse 1x pro Schulhalbjahr gezielt 5 oder mehr Minuten abhören. Dann aber wird die Unterrichtszeit zu knapp.

Wie machen die Kollegen das?

Viele der 200 Schüler sieht man nur eine (Unterrichts)Stunde
pro Woche. Und wollte man werthaltige mündliche Noten machen,
dann müsste man jeden Schüler jeder Klasse 1x pro
Schulhalbjahr gezielt 5 oder mehr Minuten abhören. Dann aber
wird die Unterrichtszeit zu knapp.

Hallo,
also früher bei uns was es ganz normal, dass in einem Halbjahr jeder Schüler mindestens 1mal mündlich eine Aufgabe lösen musste, dies kann die Darlegung einer Hausaufgabe sein, Wiederholungsaufgabe der letzten Stunde o.ä. In Sprachen ist auch ein Dialog möglich (dann hat man sogar gleich 2 Schüler „abgefertigt“).
So schlimm stelle ich mir das Problem jedenfalls nicht vor.
Welches Fach gibt es nur einmal pro Woche?

Beatrix

Welches Fach gibt es nur einmal pro Woche?

Beatrix

Hallo,

sehr viele Fächer an Berufsschulen. Z. B. Gesamtwirtschaft, Deutsch, AWL, Datenverarbeitung, Rechnungswesen usw.

Großartiges Abhören geht eben zu Lasten des „normalen Unterrichts“ und macht den Zeitdruck noch intensiver.

Hallo

sehr viele Fächer an Berufsschulen. Z. B. Gesamtwirtschaft,
Deutsch, AWL, Datenverarbeitung, Rechnungswesen usw.

achso, ich war jetzt beim normalen Schulunterricht :wink:

Großartiges Abhören geht eben zu Lasten des „normalen
Unterrichts“ und macht den Zeitdruck noch intensiver.

Das liegt doch in der Hand des Lehrers, eben kein stumpfes „Abhören“ durchzuführen, sondern gewinnbringendes Einbringen in den Unterricht zu gestalten. So kann man z.B. als Hausaufgaben neue Themen erarbeiten lassen, die dann von einem der Schüler vorgetragen und damit in den normalen Unterricht eingebunden werden.

Beatrix

Hallo,
meines erachtens liegt der Fehler schon in der Frage.
Ich kann nicht für alle Bundesländer sprechen, aber soviel ich weiß gibt es gar keine mündlichen Noten, sondern Mitarbeitsnoten.

Dafür hilft eine mündliche Prüfung (denn das wäre so ein 5 Minuten Abfragen) eigentlich gar nicht(auch zwei nicht).
Es soll ja gerade nicht die punktuelle Leistung beurteilt werden, sondern das unterrichtsbegleitende Engagement. Damit ist auch das aufmerksame Zuhören oder das sorgfälige übernehmen von Tafelbildern eine Mitarbeitsleistung.

Ich kenne die Situation, die du schilderst gut und ehrlich gesagt habe ich keine juristisch haltbare Lösung.
Eigentlich müsste man unglaubliche Listen über alle möglichen Aspekte der Mitarbeit zu jedem Schüler führen.
Ich habe das mal probiert, hat aber nicht wirklich geklappt. Oft hatte ich wärend oder nach einer Stunde keine Zeit und wenn ich es dann abends machte erinnerte ich mich doch wieder nur an wenige herausragende Beiträge.
Kollegen machen es (angeblich) auch so, dass sie jeden Schüler immer eine Woche lang schwerpunktmäßig beobachten und dafür Noten geben.
Ich lasse meine Schüler sich auch immer selbst schriftlich anhand von 6-8 Kriterien einschätzen und wenn ihre Selbsteinschätzung stark von meiner abweicht, ist das für mich ein Signal hier nochmal genauer hinzusehen.
Solche Maßnahmen sind nicht ganz sinnlos, aber all dies ist nicht die Lösung, sonder sind durchaus problematische Hilfsmittel.
Sie machen die Note juristisch schwerer anfechtbar, m. E. aber nur scheinbar gerechter. Tatsächlich gerate ich damit in Gefahr zu glauben ich hätte alle zuverlässige Daten und es dabei belassen.

Wie gesagt gehen punktuelle Leistungskontrollen aber zum einen am Wesen der Mitarbeitsnote vorbei und dann kommen noch soviele situative Einflüsse hinzu, dass das letztlich auch ein Lotteriespiel ist.
Als Lehrer muss man sich der Tatsachen stellen, dass es wirklich objektive Noten nicht gibt. Auch wenn ich sie bis zur 20. Stelle nach dem Komma ausrechne habe ichdie Anforderung definiert und festgelegt, wofür welche Note/Punkte gegeben werden. Das heißt nicht, dass ich mich in subjetiven Machtphantasien suhle, sondern dass ich meine Einschätzung besonders kritisch auf persönliche Einflussfaktoren hinterfragen muss. Wenn ich erst glaube meine Note wäre die Wahrheit , habe ich den Bezug zur Wirklichkeit verloren.

In der Mitarbeitsnote bleibt einfach am Ende ein großer Ermessenspielraum, den ich nur verschleiern kann, aber nicht beseitigen. Gerechtigkeit ist kein mathematisches Phänomen, sondern Beziehungsgeschehen.
Wenn dein Gewissen dabei beunruhigt wird, ist das m. E. gut, nur solltest du dich dann auch wieder beruhigen, wenn du nicht mutwillig ungerecht bist.

Leider kann ich dir also auch kein Instrumentarium geben, dass dir wirklich aus der Klemme hilft. Pädagogik ist auch Kunst, nicht nur Technik, gerade in der Beurteilung der Schülerinnen.
Gruß
Werner

sehr viele Fächer an Berufsschulen. Z. B. Gesamtwirtschaft,
Deutsch, AWL, Datenverarbeitung, Rechnungswesen usw.

achso, ich war jetzt beim normalen Schulunterricht :wink:

Hallo,
nur ganz am Rande: über 60% aller Schüler durchlaufen die beruffsbildenden Schulen - wenn das nicht normale Schule ist, was dann?
Außerdem gibt es auch an nur allgemeinbildenden Schulen kurze Fächer wie Sport, Religion, Erdkunde, Kunst … die nur mit 1-2 Stunden erteilt werden.

So kann man z.B. als
Hausaufgaben neue Themen erarbeiten lassen, die dann von einem
der Schüler vorgetragen und damit in den normalen Unterricht
eingebunden werden.

Tatsächlich ist das benoten von Hausaufgaben verboten, weil nicht nachvollziehbar ist, wer die Leistung zuhause tatsächlich erbracht hat, das Kind oder Mama.

Gruß
Werner

H wie Hola.

Als Alternative bieten sich Referate an
(auch wenn mach einer fälschlicherweise eine schriftliche Arbeit darunter versteht).

Wenn Du also stille Wässerchen hast, solltest Du sie entweder wirklich per Aufruf miteinbeziehen oder eben verstärkt durch Referate fordern.

Als weitere Möglichkeit sehe ich mündliche Leistungskontrollen. Und zwar unangekündigte.

Den entsprechenden Schüler einfach zu einer etwas in die Zeit gehenden Aktion an die Tafel holen und je nachdem, wie er sich gemacht hat, eine Note anbieten. Zum Beispiel in Mathe eine größere Hausaufgabe oder irgendsowas vorrechnen lassen.
Sinnvollerweise verschweigt man natürlich vorher, daß man als Lehrer mit dem Gedanken spielt, jetzt eine Zensur zu vergeben.

Aus Glaubwürdigkeitsgründen (also daß die Schüler bei einem Aufruf an die Tafel nicht automatisch mit einer Bewertung rechnen) muß man das vermehrt auch ohne Notenvergabe veranstalten.
Schöenr Nebeneffekt: Man unterdrückt sukzessive die Angst, sich vor der Klasse zu blamieren. Heutzutage lernen es die Kinder kaum noch, schon von Kindesbeinen an entspannt vor großen Menschenansammlungen zu sprechen/singen usw., weshalb man hier einen guten Hebel an der Hand hat, Präsentations- und Vortragsroutine zu schulen.

Der einzige Kritikpunkt ist die Verengung der „mündlichen Note“ auf zwei oder drei Gelegenheiten, so daß das ganze nur noch punktuell mit einer kontinuierlichen Kopfzensur „Mitarbeit“ zu tun hat.

MfG

Hallo Werner,

ich sehe das genau so wie du.

Auch die Sache mit den HA wird oft vorgebracht. Aber auch ich bin mir bewusst, dass dies rechtlich nicht haltbar ist. Dabei haben mir Schüler sogar folgenden Sachverhalt erzählt: Lehrer fragt die HA ab, jeder Schüler sagt eine Teilaufgabe - hat er diese gerade falsch bekommt er eine mündliche „6“. Ich konnte das kaum glauben, aber das sagten die Schüler übereinstimmend. Ach ja, der betreffende Kollege ist StD … Ich habe dazu in der Klasse keinen Kommentar gegeben …

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

H wie hola.

Tatsächlich ist das benoten von Hausaufgaben verboten, weil
nicht nachvollziehbar ist, wer die Leistung zuhause
tatsächlich erbracht hat, das Kind oder Mama.

Scheinargument.

Umso mehr zeigt eine mündliche Bewertung, ob der Schüler die Hausaufgabe tatsächlich selbst erledigt hat.
Das klappt sogar unabhängig vom Fach - egal, ob Deutsch, Mathe, Geographie oder weiß der Deibel was. :smile:

Und andersherum: Wenn man die Hausaufgaben einsammelt, braucht man nicht unbedingt gleich zensieren. Korrektur reicht schon - Nichtabgabe gleich ‚6‘.

Ich weiß, aus einer Mücke läßt sich einfacher ein Elephant zaubern, als umgekehrt. :smile:

MfG

Hallo Werner,

eine sehr gute Betrachtung wie ich finde und spricht von viel Erfahrung. Deshalb ein Sternchen von mir.

Hallo,

Scheinargument.

Warum?

Umso mehr zeigt eine mündliche Bewertung, ob der Schüler die
Hausaufgabe tatsächlich selbst erledigt hat.
Das klappt sogar unabhängig vom Fach - egal, ob Deutsch,
Mathe, Geographie oder weiß der Deibel was. :smile:

Und andersherum: Wenn man die Hausaufgaben einsammelt, braucht
man nicht unbedingt gleich zensieren. Korrektur reicht schon -
Nichtabgabe gleich ‚6‘.

Und genau DAS ist eben rechtlich unzulässig. Diese „6“ würde dir der Richter um die Ohren hauen. Und so viel Ehrgefühl habe ich noch, dass ich meinen Schülern nicht alles als zulässig verkaufe, obwohl es das nicht ist.

H wie Hola.

Umso mehr zeigt eine mündliche Bewertung, ob der Schüler die
Hausaufgabe tatsächlich selbst erledigt hat.
Das klappt sogar unabhängig vom Fach - egal, ob Deutsch,
Mathe, Geographie oder weiß der Deibel was. :smile:

Und andersherum: Wenn man die Hausaufgaben einsammelt, braucht
man nicht unbedingt gleich zensieren. Korrektur reicht schon -
Nichtabgabe gleich ‚6‘.

Und genau DAS ist eben rechtlich unzulässig. Diese „6“ würde
dir der Richter um die Ohren hauen. Und so viel Ehrgefühl habe
ich noch, dass ich meinen Schülern nicht alles als zulässig
verkaufe, obwohl es das nicht ist.

Warum soll das unzulässig sein? Wenn ich den Verdacht habe, daß hier jemand in regelmäßigen Abständen geltungssüchtige Eltern als „Ghostwriter“ mißbraucht, prüfe ich einfach ab, ob derjenige Schüler sich tatsächlich mit dem Stoff auseinandergesetzt hat. Das ist in der Regel IMMER dann gegeben, wenn er sie auch selbst erledigt hat - oder wenn er sich hat in einem geringen Maße helfen lassen, das Problem aber grundlegend durchdacht hat.

Logisch bombenfeste Sichtweise.

Was dazu ein verstaubtes Gesetz im „Deutschen Bund“ meint, hebt mich bei dieser hypothetischen Erörterung wenig an.
Und auch praktisch ist man absolut auf der sicheren Seite.

Gäbe es tatsächlich Paragraphen gegen diesen Hebel, kann man es immer noch verbiegen und von unangekündigter mündlicher Leistungskontrolle sprechen. Also was springst Du deswegen im Viereck von wegen „als unzulässig verkaufen…“?!

Und andersherum: Sammle ich Hausaufgaben ein und einer gibt nicht ab, dann ist das eine nichterbrachte Leistung. Das ist die ‚6‘ und fertig aus. Mein Gott nochmal. :smile:

Damit das ganze nicht unfair wird, kann man übrigens (so war das einst bei mir hausintern geregelt) eine Festlegung treffen. Bspw. dreimal nichterbrachte Leistung gibt eine ‚6‘ oder sowas.

Wie gesagt, sowohl Elternschaft als auch das System haben deutliche Spuren in den letzten Jahrzehnten hinterlassen, wenn die Lehrer hier fast schon neurotisch nur noch die Juristerei sehen. Dafür mein herzliches Beileid in vollster Form.

MfG

Großartiges Abhören geht eben zu Lasten des „normalen
Unterrichts“ und macht den Zeitdruck noch intensiver.

Hallo, Michael,
Wie war das noch?
„Wenn alles schweigt und einer spricht, so nennt man dieses »Unterricht«“
Wenn Du diese Art von „Unterricht“ hältst, dann kann ich mir schon vorstellen, dass da keine „Mitarbeit“ der Schüler benotbar ist, denn dabei wird sie ja auch gar nicht gefordert. Dabei fallen Schüler ja eher als Störfaktor auf.

Solltest Du jedoch Kenntnisvermittlung einer Art bevorzugen, bei der der Lehrer vornehmlich über Denkanstöße den sebständigen Wissenserwerb seiner Schüler steuert, dann müsste auch reichlich Gelegenheit bestehen, auch stillere Schüler zu einer mündlichen Äußerung zu bewegen.

Auch wenn man nur eine Stunde in der Woche hält, kann man den Unterricht so gestalten, dass sich die Schüler zur Äußerung und zur Mitarbeit aufgefordert fühlen. Und dann dürfte man binnen Kurzen seine „Vögel am Gefieder“ erkennen.

Gruß
Eckard

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H wie Hola.

Also zu Michaels Verteidigung muß ich sagen: Wer schon mal Berufsschule erlebt hat, wird das einerseits mitnichten selbst als Lehrer machen wollen und andererseits voll schauerlicher Beweunderung sein, daß sich das doch einige Leute antun…

Trotzdem ich glühender Idealist bin, nehme ich mich davon nicht aus.

Die ganz normale deutsche Berufsschule ist ein ganz hartes Pflaster inzwischen. Kein Zuckerschlecken.

Daher unterstelle ich ihm alles andere, als mitarbeitsblockierenden Unterricht zu betrieben. Und davon abgesehen: Ordentlicher lehrerzentrierter, autoritärer Frontalunterricht bedeutet nicht automatisch das Ausbleiben oder das Unterdrücken von Mitarbeit. Ganz im Gegenteil. „Gewußt wie“ heißt das. Es steht und fällt eben alles mit dem Lehrer und dessen Rolle - und nicht mit gewissen Unterrichtsformen.

MfG

Auch die Sache mit den HA wird oft vorgebracht. Aber auch ich
bin mir bewusst, dass dies rechtlich nicht haltbar ist. Dabei
haben mir Schüler sogar folgenden Sachverhalt erzählt: Lehrer
fragt die HA ab, jeder Schüler sagt eine Teilaufgabe - hat er
diese gerade falsch bekommt er eine mündliche „6“. Ich konnte
das kaum glauben, aber das sagten die Schüler übereinstimmend.
Ach ja, der betreffende Kollege ist StD … Ich habe dazu in
der Klasse keinen Kommentar gegeben …

Tatsächlich haben manche Kollegen solche Angst vor ihrer eigenen Hiflosigkeit, dass sie Terror institutionalisieren. Sie verwechseln dabei ihre faktische Macht mit Autorität. Bzw. sie überdecken damit ihre Unfähigkeit mit eigenen Fehlern (wer hat sie nicht?) bewusst zu leben.

Vor solcher Dunkelfolie, sollte es dir gelingen mit vergleichsweise geringem Aufwand zu glänzen :wink:!
Sei aufrichtig zu deinen Schülerinnen. Du musst sie ja nicht anheulen, weil du so ein armer verzweifelt um gerechte Noten ringender Studienrat bist, aber ich habe immer gute Erfahrungen damit gemacht, dass ich meine Benotungen auch diskutiert habe.
Dabei kommt es mir aber darauf an, dass ich deutlich mache, worauf ich dabei Wert lege und dass am Ende dieser Diskussion ich es bin, der die Bewertung vornehmen muss. So gut ich kann.

Ich bespreche die Mitarbeitsnoten allerdings auch nicht vor der Klasse. Ich gebe jedem seinen Streifen meiner Notenliste mit meinen Teilnoten und seinem Stand. Wenn ich es für notwendig halte oder es gewünscht wird, gibt es ein Einzelgespräch.
Das verhindert einiges an lästigen „Neideffekten“.

Gruß
Werner

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Hallo,
sicher sind nicht alle Vorschriften sinnvoll.

Deine Haltung ist mir da aber ein wenig zu locker.
Ich weiß nicht aus welchem Bundesland du kommst, aber in Niedersachsen gibt es einen Erlass der einfach aussagt, dass Hausaufgaben nicht benotet werden dürfen Punkt
Dafür gibt es auch gute Gründe und das mit der Mama die die Aufgabe vielleicht erledigt hat ist nur einer.

Wenn jemand seine Aufgaben gar nicht macht und du dafür eine „6“ gibst, ist das ein ganz anderes Ding, denn du bewertest nicht seine Hausaufgabe, sondern seine Leistungsverweigerung.

Was du da noch draus drehen wills, ist deine Sache, allerdings hört sich das für mich so an, als würdest du einfach abschätzen womit du wohl durchkommst … Ein leuchtendes Vorbild!

Gruß
Werner

Nur eine kleine Rechung für einen ganz konventionellen Unterricht

25 Schüler,
45 Minuten Unterricht

  • 5 Minuten Organisatorisches (Klassenbuch, Ordnungsrufe, Störungen, umpacken etc.)
  • 5 Minuten Hausaufgabenkontrolle
  • 15 Minuten Texte lesen, Aufgaben bearbeiten, Probleme lösen
  • 5 Minuten Beantworten von Fragen durch den Lehrer (ist zugegebenen Maßen gering angesetzt), stellen neuer Hausaufgagen u. ä.

= 15 „mündliche“ Arbeit mit der Klasse

Das ergibt pro Schüler eine Potenzielle Redezeit von 36 Sekunden,
selbst wenn in diesem Beispiel der Lehrer nichts sonst sagt und wir die Hausaufgaben dazuzählen kommen wir auf phantastische 60 Sekunden im Durchschnitt.
Wobei die 20 - 30% aktiver Schüler sicher drei bis viermal so viel reden wie die 30 % Stillen. Im Effekt sagen manche Schüler Wochenlang gar nichts im Unterricht so dass ich am Ende eines Halbjahres 5 oder 6 direkte Kontakte mit dem Schüler hatte und ihn vielleicht noch mal so oft in der Gruppeninteraktion wahrnehmen konnte.
Das heißt nicht, dass eine Bewertung unmöglich ist, aber zu behaupten man müsse nur „besseren“ Unterricht machen, dann hätten auch alle Schüler problemlos die Möglchkeit sich zu Präsentieren ist im Rahmen eines 1-Stundenunterrichtes naiv.

Gruß
Werner

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H wie Hola.

Nochmals: Wenn ich die Erledigung der Hausaufgaben mündlich abprüfe, prüfe ich nicht die Hausaufgabe ab, sondern ob das Bearbeitete verstanden worden ist. Hat der schüler es nicht oder nicht selbst gemacht - selbstverschuldetes Pech.

Dann geht er eben an der Tafel baden. Hätte er sich hingesetzt, und seinen Kram erledigt, würde es ihm anders ergehen.

Man wird ja wohl nicht so leichtgläubig sein, daß ich alles 1:1 aus der etwaigen HA vorbeten lassen würde. Doch selbst das wäre eine völlig andere Qualität, weil er schließlich die bereits von ihm abverlangte Leistung etwas andersartig reproduzieren soll.

Wenn er die HA nicht gemacht hat, ist das doch nicht mein Problem.
Auf jeden Fall - als dritter Vorteil zu nennen - schreckt man so auch Eltern ab, sich direkt in die Hausaufgaben einzumischen. Aufpassen sollen sie, daß der Junior die HA erledigt (und das sauber), unterstützend eingreifen können sie auch gerne (in den Grundschuljahren bspw.). Doch beim vollständigen Erledigen für den Sprößling ist das Maß mehr als voll.

Mit „locker“ hat das nichts zu tun. Das ist einfach nur wohlüberlegter Idealismus, der anscheinend an so manchem Paragraphen aneckt, wenn da einfach realitätsfern geschrieben steht [sinngemäß] „Hausaufgaben dürfen nicht benotet werden.“.

Hast Du Dir schon einmal eine dermaßen verdrehte Situation vor Augen geführt? In der Regel merkt man es, wenn die „Hilfestellung“ bei einer Hausaufgabe ein gewisses Maß übersteigt. Du interpretierst es so, als ob den anderen Nachteile entstehen und dem Schüler, der die Hausaufgabe hat machen lassen, Vorteile.

Damit entkräftest Du Deine Position als Regulativ. Anstatt der Situation mit Nachdruck Abhilfe zu schaffen - also den Schüler (und indirekt die Eltern) mit Konsequenzen abzustrafen -, stellst Du die Situation arg auf den Kopf. Durchdenke einmal, welcher Mittel man sich beraubt, wenn man Hausaufgaben nicht bewerten darf?!
Tu nicht so, als ob man als Schüler mit sowas durchkäme. Das ist fernab aller Realitäten, sofern man sich einen normalen Schulalltag vorstellt.

Also maßregele doch einfach den Fehltritt - andersherum wird doch Deine Position als Lehrer gummiweich. Du duldest mögliches Fehlverhalten, Du duldest etwaige Faulheit. Genau genommen förderst Du solche Unsitten auch noch, indem Du Schüler, die diesen Weg so beschreiten, gewähren läßt. Als Deckung dient dann das Paragraphenwirrwarr.

Fragt sich also eher - bei allem Respekt - wer hier tatsächlich das „leuchtende Vorbild“ ist…

MfG

H wie Hola.

Nur eine kleine Rechung für einen ganz konventionellen
Unterricht

25 Schüler,
45 Minuten Unterricht

  • 5 Minuten Organisatorisches (Klassenbuch, Ordnungsrufe,
    Störungen, umpacken etc.)
  1. Ordnungrufe? Störungen?

Wie war das noch bei uns?
Zum Klingeln/ Betreten des Klassenzimmers durch den Lehrer stehen die Schüler auf, stellen sich ordentlich hin, sind vollkommen ruhig und erwarten die Begrüßung mit anschließender Erlaubnis zum Setzen.

Wer etwas vergessen hatte, blieb stehen. Es wurde sich beim Lehrer entschuldigt, vielleicht wurde noch dies und das im Zwiegespräch mit dem Lehrer geklärt. Währenddessen war die restliche Klasse still.

Kann es sein, daß Du leichte bis schwere Autoritätsprobleme hast?

Auch hier gilt wieder der Erfolg mit „liebvoller Strenge“. Dizipliniere die Truppe rigoros einmal. Ein einziges Mal.
Und dann klappt das in jeder Lebenslage.

Irgendetwas machst Du definitiv falsch, wenn Du hier in schöner Regelmäßigkeit ganze ***fünf*** Minuten für Disziplinlosigkeit, unangemessenes Verhalten und dergleichen veranschlagst.

  1. Was ist „umpacken“?
  • 5 Minuten Hausaufgabenkontrolle

Da gibt es, wie gesagt, beträchtliche (effektive und effiziente) Alternativen.

Einen Schüler vorholen und rechnen, reden, was weiß ich was tun lassen. Der Klasse wird an „Hängern“ Partizipation angeboten.
Kommt der Schüler tatsächlich nicht weiter, wird ein anderer vorgeholt.

Gewiß klappt das nicht mit Hausaufgaben, die der Routine dienen.
Drüber nachdenken, die Hausaufgaben nicht generell einzusammeln für eine Sichtung in Ruhe. Ja, es ist Zeitaufwand damit verbunden und ja, das tut man bloß aus idealistischen Gründen.

  • 15 Minuten Texte lesen, Aufgaben bearbeiten, Probleme lösen

  • 5 Minuten Beantworten von Fragen durch den Lehrer (ist
    zugegebenen Maßen gering angesetzt), stellen neuer
    Hausaufgagen u. ä.

Wo es geht, benutze ich bspw. eher das universitäre Modell.

Einheiten für Stoffvermittlung („Vorlesung“) und Einheiten für die Stofffestigung („Übungen“) eher losgelöst voneinander.
Man schafft tatsächlich mehr - oder profitiert zumindest von der geschickten Umverteilung, denn man schaufelt sich mehr Zeit frei für wichtige Dinge (Fragen beantworten, auf Schüler eingehen).


= 15 „mündliche“ Arbeit mit der Klasse

Das ergibt pro Schüler eine Potenzielle Redezeit von 36
Sekunden, selbst wenn in diesem Beispiel der Lehrer nichts
sonst sagt und wir die Hausaufgaben dazuzählen kommen wir auf
phantastische 60 Sekunden im Durchschnitt.

Wobei die 20 - 30% aktiver Schüler sicher drei bis viermal so
viel reden wie die 30 % Stillen. Im Effekt sagen manche
Schüler Wochenlang gar nichts im Unterricht so dass ich am
Ende eines Halbjahres 5 oder 6 direkte Kontakte mit dem
Schüler hatte und ihn vielleicht noch mal so oft in der
Gruppeninteraktion wahrnehmen konnte.

Die Schlußfolgerung halte ich für verfehlt. Wenn Du um das Problem der Verteilung von Mitarbeit weißt, kannst Du auch gegensteuern.
Es ist doch an Dir, effiziente Statistik zu führen, wen Du so hier und da „in der Mangel hattest“, wer sowieso immer aktiv ist und dergleichen. Hier mußt Du regelnd eingreifen, dann hast Du mit jedem einzelnen Schüler auch wesentlich mehr zu tun.

Das heißt nicht, dass eine Bewertung unmöglich ist, aber zu
behaupten man müsse nur „besseren“ Unterricht machen, dann
hätten auch alle Schüler problemlos die Möglchkeit sich zu
Präsentieren ist im Rahmen eines 1-Stundenunterrichtes naiv.

Da stimme ich voll und ganz zu.

MfG

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Hallo,
ehrlich gesagt weiß ich nun nicht ob ich lachen oder weinen soll.
Hattest du das für meine Unterrichtsplanung gehalten?

Aber danke für die tollen Tipps und markigen Sprüche:
Schüler bei betreten der Klasse aufstehen lassen …
Hausaufgabenkontrolle indem ich einen an der Tafel vorrechnen lassen (Mathelehrer möchte ich sein) …
Am Anfang mal ein ordentliches Exempel statuieren …
usw.
Eine reiche Ernte pädagogisch wertvoller Vorschläge.
Und dass du mein Autoritäsproblem gleich so treffend erkannt hast … dabei bin ich doch in Therapie (heul).

Ehrlich, entweder erkenne ich deinen Humor nicht, oder deine Wirklichkeit steht im rechten Winkel zu meiner.

Gruß
Werner

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