Servus,
meine Formulierung „ein Moslem“ ist natürlich ein bissel dumm, weil es durch die große Bedeutung von Auslegung und Tradition im Islam sicherlich ein sehr breites Spektrum religiöser Praxis gibt - was wäre Bosnien ohne Slivovic?
Religiöse Tabus haben eine Art Eigendynamik, sie neigen dazu, sich raumgreifend auszubreiten, wenn man sie lässt. Vgl. die sehr vielen Körpertabus speziell im katholischen Christentum (Füße, Ellbogen, Schultern, weibliches Haupthaar…), die sich weder dogmatisch noch aus der kirchlichen Tradition noch aus der Schrift irgendwie begründen lassen.
Ein sicher unwillkürliches Umgehen selbst der Worte „swine“ und „pork“, kurzes Zusammenzucken und dann nach einem kleinen Moment Peinlichkeit schnell von was anderem Reden - Reaktionen, die ich mutatis mutandis in vergleichbaren Zusammenhängen aus dem sehr konservativ katholischen südschwäbischen Raum noch gut erinnere - habe ich bei Personen aus Pakistan und Libyen erlebt, die bisher sehr wenig Kontakt zu europäischen Ländern hatten. Übrigens durchaus keinen hundertfünfzigprozentigen Rauschebärten - im Gegenteil lebenslustigen Leuten, die z.B. über den missionarischen Eifer des neuen Leiters der konsularischen Abteilung an der Saudischen Botschaft nicht sehr respektvolle Witzlein reißen. Es aber freundlich erleichtert zur Kenntnis nehmen, wenn man auf dem Fischerfest Backfischessen geht und bei dieser Gelegenheit zwei Tische so zusammenrückt, dass sie nicht an einem Tisch sitzen, an dem Bier getrunken wird, und trotzdem nicht irgendwie separat.
Wieauchimmer: Worum es mir geht, ist, dass es mühelos möglich ist, dem Wunsch entgegenzukommen, wenn man nicht von vornherein davon ausgeht, dass der andere ein beschränkter Narr ist, der halt im Jahr 1430 lebt und sich gefälligst an den Saumagen halten soll, den man ihm vorsetzt, sondern berücksichtigt, dass das, was dem einen nix ausmacht, ihn ekelt und anwidert. In der anfangs geschilderten Situation schlicht von der aktuellen weltweiten Grippeepidemie zu sprechen, ist sehr viel leichter, als wenn man sich z.B. allen Details und Arabesken feministischer Sprachregelungen beugen wollte.
Voraussetzung ist freilich, dass man sich zumindest in einem versuchten Ansatz in des anderen Schuhe reinstellt.
Schöne Grüße
MM