Nationalismus

basiert auf nation. diese erhebt den anspruch auf ein bestimmtes territorium. dieser anspruch besteht und beginnt bereits im individuellen bereich oder kreis: regelmäßige schlafstätte, familie als gemeinsamer mittel- und treffpunkt (zuhause), der lokale stammort als ausgangspunkt für lebensunterhalt usw., aber insbesondere auch als rückzugsstätte.

alles verbunden mit einem aspekt sicherheit, regelmäßigigkeit, stabilität.

weshalb wird ein begriff nationalismus so häufig negativ verwendet, wenn er doch auf „werten“ beruht, die jedem zugute kommen?

pasquino

[verschoben von Auslandspolitik nach Kultur allgemeint vom www Team]

Die Werte kommen ja nicht jedem zugute, sondern nur dem Staatsvolk nach einer geglückten Nationalstaatsbildung. Kurden fühlen sich vom (durchaus stark ausgeprägten) Nationalismus der Türkei nicht unbedingt bevorteilt, um nur mal ein Beispiel aus der Nachbarschaft zu nennen.

Das Konzept des Nationalstaats birgt eben einige Probleme in sich, insbesondere in der heutigen Zeit, in der sich durch Migration die Einheit von Staat und Staatsvolk immer seltener klar erkennen lässt, Zumindest in Mitteleuropa findet man das kaum noch, deswegen ist die Idee des Nationalismus auch nicht mehr so stark identitätsstiftend, wie sie mal früher war.

Übrigens ist für viele auch das feste Zuhause, das du anführst, nicht mehr prägend. Welche Familie lebt schon dauerhaft an einem Platz? Ich habe beispielsweise in meinem Leben schon in sechs verschiedenen Städten gelebt, bereits als ich ein Kind war zog meine Familie mehrmals um. Das erscheint mir eher Normalität als der Familienstammsitz, der von Generation zu Generation weitergegeben wird.

Hallo,

Sicherheit, Regelmäßigkeit, Stabilität sind keine positiven Werte an sich. In einer Welt, die sich rapide verändert, verändern sich auch die wichtigen Werte. Homogenität bedeutet nicht automatisch Sicherheit und ist auch nicht an sich erstrebenswert (je homogener eine Gruppe, desto schwerer ist es, die Kriterien der Zugehörigkeit zu erfüllen). Regelmäßigkeit kann man anders erreichen, auch hier stellt sich die Frage, inwieweit dies ein Wert ist, der an sich erstrebenswert ist.

In einer Welt, in der ich z.B. am Netz mehr mit dem Freund in Australien kommunziere als mit dem Nachbarn n der Wohnung nebenan, definieren sich die Dinge anders. Die Mobilität von Individueen kommt hinzu (wie rotalge schreibt). Mit wem habe ich mehr gemeinsam? Mit dem vegan-lebenden Umweltschützer in Kanada oder mit dem SUV-fahrenden Metzger von nebenan?

Grüße
Siboniwe

Weil Nationalismus in der Vergangenheit noch nichts, aber auch gar nichts Positives mit sich gebracht hat, sondern im Gegenteil die Ursache für einige der schlimmsten Ereignisse der Weltgeschichte gewesen ist.

Diese „Werte“ (die nicht unbedingt welche sind) kommen eben gerade nicht jedem, der innerhalb des Staatsgebiets lebt, zugute, denn es werden willkürlich Menschen ausgeschlossen, indem sie als nicht zu der Nation gehörend definiert werden.

Zustimmung.
Ergänzend hinzuzufügen wäre, dass es, wenn Sicherheit und Stabilität als positive Werte angesehen werden, es noch weitere Werte gibt, die mit auf die Waageschale gehören und es mitunter Entwicklungen gibt, die einen Preis und das Opfern für Manche für sie noch wichtigerer Werte erfordern würden.
Es geht darum, Sicherheit und Entwicklung im Gleichgewicht zu halten.

(Praktisch scheint es mir so, dass ein Nationalismus, wie der, um den es hier gehen soll früher oder später die Sicherheit von innen bedroht…)

1 Like

Noch etwas zu den angeblichen Werten

Sicher, regelmäßig und stabil ist das Leben auch, wenn man in einem Gefängnis eingesperrt ist.

1 Like

Ein Aspekt: Nationalstaaten gibt es ja noch nicht so lange. Was war davor? Die engere Begrenzung auf Fürstentum, davor auf Stadt und Dorf (es war nicht leicht, diese Grenzen zu verlassen). Ist es in unserer mobilen Welt nicht folgerichtig, dass die Bewegungsgrenzen weiter ausgedehnt werden?

daher ihr (berechtigter?) anspruch auf ein eigenes territorium, eigenen staat. eigene nationalidentität usw.
wie palästinenser, oder katalonien.

nehme ich anders wahr. denk mal an „identitäre“, in frankreich, deutschland und sonstwo auf dieser welt. sie haben alle den gleichen grundsatz, vernetzen sich darin, beschränken es aber auf „ihr territorium“.

innerhalb deutschland? dem nationalstaat?
und andere wachsen an einem bestimmten ort auf und bleiben auch heute noch oft in einem kleinen umkreis für immer hängen.

pasquino

offtopic

ich hatte ja bewusst „werte“ geschrieben. sie haben einen wert für mich, dich, und alle anderen. mehr oder weniger, unterschiedlich bedeutsam.

sicherheit an unversehrtheit beispielsweise.
psychische stabilität.
regelmäßigkeit oder konstanz oder verlässlichkeit - in der entwicklung, im miteinander.

das sind auch bausteine eines nationalstaats.

und ja, es sind positiv besetzte „werte“.
denn ohne sie wären ein zusammenleben in größeren gruppen wohl nicht möglich.

pasquino

du liegst nicht nur praktisch mit dieser annahme falsch.

pasquino

nochmal offtopic

was hindert dich an kanada, ein wenig provokant hinterfragend?

pasquino

Ein paar versprengte Identitäre wird man wohl finden, aber Identität wird heute doch eher anders gestiftet. Man definiert sich doch vielfach durch eine Zugehörigkeit zu Milieus, weniger nach der Abstammung. Der Fußballclub und die Musikvorliebe sind für viele wichtiger als die Nation.

Geh mal durch Berlin, da hörst du auf der Straße mehr Leute Spanisch sprechen als berlinern. Das liegt wohl auch daran, dass die ganzen deutschen Rentner nach Teneriffa und Phuket ausgewandert sind :smile:

völkerwanderungen, raubzüge, und große instabilität in den daraus entstandenen großen reichen, die stets alle zusammengefallen sind. man hat vieles und alle eben nicht unter einen bestimmten einzigen hut gebracht. demzufolge haben sich territoriale lokal begrenzte nationen entwickelt. und für weitgehend stabile verhältnisse - seit 70 jahren kein nennenswerter krieg in europa - gesorgt.

gegenfragen:

sind nicht gerade nationalstaaten garanten dafür, dass politische-soziale-religiöse-kulturelle gruppen ihr territorium besitzen und dies dort jeweils leben und ausleben können?

woran würdest du beispielsweise festmachen, dass eine globale welt ohne nationalstaaten nicht ebenfalls zu territialen verteilungskämpfen (kriegen) führen würde?
wie könnte oder sollte eine politisch-soziale-religiöse-kulturelle weltordnung praktisch aussehen?

pasquino

oder frei nach ottfried fischer:
heimat ist dort, wo einem die todesanzeigen was sagen.

pasquino

Das römische Reich war beispielsweise über viele Jahrhunderte lang äußerst stabil, sehr viel länger, als es die heutigen Nationalstaaten gibt, und es definierte sich nicht über eine wie auch immer geartete Nationalität. Römer war, wer das römische Bürgerrecht hatte, und zwar ungeachtet der ethnischen Herkunft. Deshalb konnte auch ein Mann nordafrikanischer Abstammung Kaiser werden, ohne dass diese Abstammung in irgendeiner Weise thematisiert wurde. Tatsächlich war es die besondere Fähigkeit des römischen Reiches, „kulturfremde“ Elemente in Religion und Kultur zu integrieren, die die Grundlage dieser Stabilität bildete.

Warum muss überhaupt eine einzige ethnische Gruppe ein Territorium „besitzen“? Was spricht gegen Vielvölkerstaaten? Immerhin waren und sind diese der Normalfall und nicht etwa Gebiete, die ausschließlich von einer einzigen ethnischen Gruppe bewohnt werden.

1 Like

Behauptung- Gegenbehauptung.
Fayrouz hat ihre Meinug als eine Meinung gekennzeichnet, du tust so, als wärstt du im Besitz von Fakten (was in Bezug auf die Zukunft niemand ist).

Wie erwähnt:das Kozept des Nationalstaats ist sehr jung. Auch ich sehe in der Geschichte mehr negative Folgen als positive.

Du verstehst, es ein zugespitzes Beispiel ist?

Und sollte dein Satzfragment so zu verstehen sein, das du meinst, ich solle nach Kanada auswandern, dann für dich deutlich: Dann würde ich auch dort Menschen als Nachbarn haben mit denen ich weniger gemein habe, als mit einem Gleichgesinnten aus Zimbabwe.
ben

1 Like

Nun ja, in der Vergangenheit hat der Nationalismus durchaus die Sicherheit bedroht. Ein vergleichsweise junges Beispiel dafür ist der Bürgerkrieg in Jugoslawien.

1 Like

Wobei natürlich die europäischen Mehrvölkerstaaten in der jüngeren Vergangenheit keine Leuchttürme sind. Schau dir Jugoslawien an, krachend gescheitert, Tschechoslowakei, (weniger krachend) gescheitert, oder Belgien, die haben auch Probleme. Russland ist zerfallen, geradezu zersplittert, und selbst die daraus hervorgegangenen Staaten sind instabil, siehe Ukraine. Die Schweiz funktioniert dagegen vorbildlich, ebenso die polyethnischen und mehrsprachigen Vereinigten Staaten (wenn wir mal über den europäischen Tellerrand hinausschauen wollen) seit Beendigung des Bürgerkriegs, und das ist ja nun auch schon eine Weile her. Aber eine Überlegenheit des Nichtnationalstaates kann man m.E. insgesamt nicht erkennen.

Hi,

Du machst mir Angst um Deutschland. Wir sind alemannen, Sachsen, bajuwaren, Preis den,… wann kracht es bei uns?

Die Franzi

1 Like