Nationalsozialistisches Gedankengut neu verpackt?

Wissenschaft Philosophie & Ethik
#1

[Achtung! Langer Text! :o]

Hallo,

jeder von uns weiß, welche Verbrechen im dritten Reich verübt wurden und welches Gedankengut jene erst möglich machten.
Nun hängt dem einen oder anderen dieses Thema vielleicht zum Hals raus (mir geht es ähnlich), aber trotzdem muss ich hier mal etwas los werden und nach eurer Meinung fagen.

Viele kennen sicherlich den Darwin-Award.
Diese Auszeichnung bekommt ein Mensch, der auf besonders lustige Art und Weise ums Leben gekommen ist. Natürlich werden für diesen einzigartigen Preis mehrere Personen nominiert, am Ende erhält ihn aber doch nur derjenige, der mit seinen möglicherweise qualvollen aber lustigen Abgang unsere Lachmuskeln in Arbeit versetzt.
Die skurillen Fälle sind für viele Leser eine vergnügliche Lektüre und so werden in manchen Foren schon neue Kandidaten für den Darwin-Award vorgeschlagen, unter der Bedingung, dass sie möglichst einen dummen Tod erlitten.
Wenn jetzt schon einige am liebsten kotzen mögen(man entschuldige hier die Wortwahl) dann freue ich mich und fühle mich schon nicht mehr so ganz allein.
Wer neugierig wird und auf die offizielle Seite dafür geht, bekommt folgendes zu lesen:

"Wir erweisen der Hypothese von Charles Darwin Ehre, indem wir jährlich Darwin Awards an die (Reste von) Individuen verleihen, die alles in dem Versuch gegeben haben, unseren Genpool zu verbessern. Wir applaudieren jenen, die das ultimative Opfer erbracht haben, indem sie sich selbst in der aussergewöhnlichsten und dümmsten Art und Weise töteten. Diese Auszeichnung wird fast immer posthum verliehen, vorzugsweise vor der Vermehrung.

Hauptsächlich erinnern wir an diejenigen, die den Genpool desinfizierten, indem sie innovativ schwachsinnige Wege fanden, sich selbst zu töten und dadurch halfen, unerwünschte Schwächen von den Genen zu entfernen. Die individuelle Absicht und Selbstopferung der Nominierten sowie die spektakulären Methoden, durch die sie sich selbst entfernten, sind lobenswert und sollen nicht verspottet werden. Tatsächlich ist es jedoch eine zweifelhafte Ehre, einen Darwin Award zu erhalten. "

Nun, der Gebrauch von Darwins Thesen für derartige Geschmacklosigkeiten ist für uns Deutschen nicht wirklich etwas Neues, oder?
Ich finde es merkwürdig, wenn viele immer für die Ausrottung der Rechten plädieren und angeblich nationalsozialistisches Gedankengut
verabscheuen, aber sich dann so für einen derartigen Preis begeistern können.
Hatte man nicht schon einmal versucht, den Genpool zu „desinfizieren“/„unerwünschte Schwächen zu entfernen“?
Der einzige Unterschied ist doch nur der, dass jetzt nicht mehr selbst Hand angelegt wird (da ja „unglücklicherweise“ verboten, wenn nicht…). Man erfreut sich weiterhin an den Tod anderer.

Für mich ist das nur der erneute Beweis dafür, dass der Mensch noch genau so dumm wie früher ist und auch wirklich nichts aus der Vergangenheit gelernt hat und vielleicht auch nie lernen wird.

Wie seht ihr das? Was denkt ihr über den Darwin-Award?
Ich bin auf eure Meinungen gespannt :smile:

#2

Pure Schadenfreude

Für mich ist das nur der erneute Beweis dafür, dass der Mensch
noch genau so dumm wie früher ist und auch wirklich nichts aus
der Vergangenheit gelernt hat und vielleicht auch nie lernen
wird.

Was sollten wir denn daraus lernen?

Meine Lehre ist: Eine gewisse Vielfalt statt Einfalt zu erhalten. Aber man muss nicht alles erhalten. Kinderficken ist auch kulturelle Vielfalt wird aber dennoch nicht akzeptiert.

Meine andere Lehre ist, dass bis heute der Mann auf der Straße die biologische Evolutionstheorie nicht verstanden hat.

Wie seht ihr das? Was denkt ihr über den Darwin-Award?

Ich finde ihn lustig. Aber ich habe ja auch einen sehr schwarzen Humor und bilde mir ein, manchmal die Welt richtig zu sehen.

Gruß

Stefan

#3

Verzeih, ich dachte ursprünglich, der Tod mehrerer Millionen Menschen wäre Anlass genug, um sich von so einem Gedankengut zu distanzieren.

Was man daraus lernen sollte?
Die Frage stellt sich nach meinem Beitrag in der Tat, habe ich doch nur sehr versteckt meine Meinung angedeutet. Ich fürchte, auch dieses Mal werde ich euch einer Antwort schuldig bleiben.

Es freut mich, dass dir der Darwin Award gefällt.
Schwarzer Humor ist ja auch nichts schlimmes, ich bin mir sicher, Leute wie Mengele besaßen auch eine anständige Portion schwarzen Humor/Schadenfreude.

Der moralische Verfall scheint nicht mehr zu stoppen zu sein.

#4

Humor ist…
…wenn man trotzdem lacht.

Ich finde deine Assoziation mit ‚nationalsozialistischem Gedankengut‘ in diesem Fall sehr weit her geholt. Diese Seite ist erst mal ursprünglich nicht deutsch, sondern amerikanisch Guckst du hier
und die Art der Aufmachung ist doch klar sarkastisch.
Also … bisschen weniger bierernst macht das Leben, wenn nicht länger, dann wenigstens lustiger.
…lux

#5

Wieso denn sehr weit hergeholt?
Eben diese Formulierungen, die auf der Seite stehen, wurden doch auch im dritten Reich benutzt. Was ist also daran bitte schön „weit hergeholt“? Das ist nichts weiter als menschenverachtend.
Ob amerikanisch oder nicht (ich wusste das schon), das sollte in der Diskussion ja keine Rolle spielen oder?

Ich finde es lustig, dass du den Spruch „Humur ist, wenn man trotzdem lacht“ benutzt, ich hatte auch erst überlegt, ob ich den noch am Ende meines Beitrages setzen sollte.
Es kommt so ein bisschen herüber, als würdest du mich als total ernsten Menschen sehen, der kein bisschen Spaß versteht. Dem ist sicherlich nicht so.
Aber bin ich denn wirklich hier der Einzige, der über den Tod/Todesarten eines Menschen nicht lachen kann?
Irgendwo hört Humor doch mal auf.

#6

suum cuique
Is jetzt nix, was mich interessieren würde, is aber auch nix, das mich jetzt aufregt.

Zumal man ja alle Nase lang „die 25 absurdesten tragischsten nervigsten Skandale Gesangstalente Liebesgeschichten“ im Halbbildungsfernsehen bewundern kann.
Würde man da jetzt ne Folge „Die 10 absurdesten tragischsten lustigsten Reaktorkatastrohen Eisenbahnunfälle Selbstmorde“ hinten dran hängen, dann würde das auch wieder bloß Top-Einschaltquoten kriegen.

Der Pöbel mags nunmal sexuell, morbide und unflätig [1].

Gruß
KB

[1]: Muschi-Arsch-Krebs

#7

…
Aber bin ich denn wirklich hier der Einzige, der über den
Tod/Todesarten eines Menschen nicht lachen kann?
Irgendwo hört Humor doch mal auf…

Ein Herr Tucholsky hat einmal die Frage ‚Was darf Satire?‘ mit ‚Alles‘ beantwortet. Dem stimme ich zu.
Wenn der Humor aufhört, kann man einpacken. Charlie Chaplin und Roberto Benigni sind da nur Beispiele.
Und wie du schreibst - in diesem Fall wird hauptsächlich über die TodesARTEN gelacht. Das hat imo gar nichts mit dem Holocaust zu tun.

Ich habe viel mit Krebspatienten im Endstadium zu tun - die härtesten Witze kommen von ihnen selbst. Erst kürzlich dieser:

Sagt der Patient zum Doktor:
„Ich kann mich nicht zwischen Operation und Sterben entscheiden.“
Meint der Arzt:
„Mit ein bisschen Glück können Sie vielleicht beides haben.“

Also Nein - Humor hört imo nicht auf.

#8

Moin,

Wie seht ihr das? Was denkt ihr über den Darwin-Award?

zum Darwin Award kann man stehen wie man will, ich find ihn eher unoriginell, aber mit faschistischem Gedankengut kann ich ihn nun beim besten Willen nicht in Zusammenhang bringen.
Nur weil Begriffe wie ‚Genpool verbessern‘ (der von den Autoren nun in keiner Weise bierernst gemeint wird) verwendet werden, kann man diese Leute nicht in die braune Ecke stellen.
Mach Dich mal ein wenig mit der morbiden Seite des britisch/angeloamerikanischen Humors vertraut, dann dürftest Du das auch anders sehen.

Gandalf

#9

Moin,

jetzt bist Du aber böse und willst nur testen, ob der Frager weiß daß die Übersetzung Deines Titels auch von den Nazis missbraucht wurde. Tststs.

Gandalf

#10

Wenn man in Deutschland eines gelernt haben sollte, dann dass man auf seine Wortwahl achten sollte.
Sonst gibt es gleich einen Aufschrei vom Zentralrat der Juden oder einen Anfall öffentlicher Bestürzung, nur weil man von den Familien im dritten Reich redet.
Aber hier ist es plötzlich in Ordnung?
Ich frage mich, ob noch genau so gelacht werden würde, wenn ein Kind auf lustige Weise ableben würde. „Schockschwerenot, das arme Kind!“
Aber ach stimmt ja, der Preis geht nur an Jugendliche über 16.
Wenn das so ist, dann werde ich natürlich das Wort „Heuchelei“, welches mir auf den Lippen liegt, nicht aussprechen.

Aber was rege ich mich auf, ich sollte es wirklich besser wissen.
Ich danke euch jedenfalls für eure Meinungen.

#11

Moin,

was mir an Deiner Antwort auffällt ist, daß Du mit keinem Wort auf meinen Beitrag eingegangen bist sondern Dich nur sehr wortreich ausgelassen hast.
So macht das für mich natürlich viel Spaß!

Aber Hauptsache Du hast was dazu gesagt.

Amen

Gandalf

#12

verdacht

Sonst gibt es gleich einen Aufschrei vom Zentralrat der Juden
oder einen Anfall öffentlicher Bestürzung, nur weil man von
den Familien im dritten Reich redet.
Aber hier ist es plötzlich in Ordnung?

achso. fühlt sich jemand hier diskriminiert? das eva-herman-syndrom?

davon mal abgesehen: assoziative kausalketten zu basteln, ist ein persönliches vergnügen & bestenfalls eine rhetorische übung.

worauf willst du also hinaus?

e.c.

#13

Sonst gibt es gleich einen Aufschrei vom Zentralrat der Juden
oder einen Anfall öffentlicher Bestürzung, nur weil man von
den Familien im dritten Reich redet.
Aber hier ist es plötzlich in Ordnung?

achso. fühlt sich jemand hier diskriminiert? das
eva-herman-syndrom?

Daß das mit als erstes kommentiert würde, war zu erwarten.

#14

strandgut

Daß das mit als erstes kommentiert würde, war zu erwarten.

ist es deswegen falsch? wait & see.

e.c.

#15

Lieber Gurkenmaster

Nein, mir hängt dieses Thema keineswegs zum Hals raus. Die Auseinandersetzung mit Faschismus/Holocaust hat für eine stabile Demokratie gesorgt. Ich kann keinen Anlass erkennen, über das was 33-45 geschah, zu schweigen. Das heißt keineswegs, dass man in Sack und Asche herumlaufen muss. Ich tue das jedenfalls nicht.
Zum Darwin-Award:
Du hast recht, es ist menschenverachtend. Dieser Preis befriedigt eine bestimmte Art von Humor. Es gibt auch zynischen Humor (man denke an den unschlagbaren Humor der Briten).
Aber da ist keine faschistische Zielrichtung zu beobachten.
Niemand plant , jemanden umzubringen; es geschieht „lediglich“ ein Unglück, dass neben dem tragischen Aspekt einen humoristischen hat. Ich würde es jedem selber überlassen, über so etwas zu lachen
Die Wortwahl der offiziellen Seite passt in dieses Schema.
Deine Bemerkung über die „Ausrottung der Rechten“ finde ich persönlich verbesserungswürdig, wenn ich das mal so sagen darf.
Grundsätzlich: Die Nazis haben den Darwinismus nicht benutzt, sie haben ihn verfälscht und missbraucht.
Die Meinung, dass der Mensch genauso dumm ist wie früher, kann ich teilweise nachvollziehen (Man denke nur einen Moment über das angehäufte Waffenpotenzial nach. Das soll das Ergebnis rationaler Politik sein?).
Lernfähig sind wir aber durchaus! Auch unsere Ethik entwickelt sich weiter, wenngleich auch leider langsamer als der technische Fortschritt.
Man mag den Darwin-Award als blanken Zynismus sehen und vielleicht siehst du ihn (m. E. richtigerweise) auch so.
Unser Staatswesen ist liberal (und das ist auch gut so), daher müssen wir solchen rabenschwarzen Humor auch zulassen. Auch wenn es uns nicht passt.
Das tun wir, weil wir keine Nazis sind.

Viele Grüße
Voltaire

#16

jetzt bist Du aber böse und willst nur testen, ob der Frager
weiß daß die Übersetzung Deines Titels auch von den Nazis
missbraucht wurde.

… und meinen Unmut darüber kund tun, dass alles was dieser verhinderte Postkartenmaler aus Braunau damals angefasst hat per se für die nächsten tausend Jahre als böse zu gelten hat (wodurch sein Reich ja dann doch irgendwie die von ihm gewünschte Zeitspanne überdauert hätte - wenn auch nicht physisch)

Gruß
KB

#17

Man mag den Darwin-Award als blanken Zynismus sehen und
vielleicht siehst du ihn (m. E. richtigerweise) auch so.
Unser Staatswesen ist liberal (und das ist auch gut so), daher
müssen wir solchen rabenschwarzen Humor auch zulassen. Auch
wenn es uns nicht passt.
Das tun wir, weil wir keine Nazis sind.

Sag das dem Staatsanwalt, wenn jemand öffentlich Judenwitze erzählt hat. Humor hat doch keine Grenzen, wie wir gelernt haben.

Grüße,
Frhr. v. Doppelripp

#18

Lieber Freiherr von Doppelripp

Man mag den Darwin-Award als blanken Zynismus sehen und
vielleicht siehst du ihn (m. E. richtigerweise) auch so.
Unser Staatswesen ist liberal (und das ist auch gut so), daher
müssen wir solchen rabenschwarzen Humor auch zulassen. Auch
wenn es uns nicht passt.
Das tun wir, weil wir keine Nazis sind.

Sag das dem Staatsanwalt, wenn jemand öffentlich Judenwitze
erzählt hat. Humor hat doch keine Grenzen, wie wir gelernt
haben.

Es gibt keinen Gradmesser für Humor, er kann lediglich subjektiv empfunden werden, wie du sicherlich weißt. Man muss dann auch unterscheiden können zwischen jüdischen Witzen und Judenwitzen.
Letztere waren nie Witze, sondern als Humor getarnte Hetze.

Viele Grüße
Voltaire

#19

Es gibt keinen Gradmesser für Humor, er kann lediglich
subjektiv empfunden werden, wie du sicherlich weißt. Man muss
dann auch unterscheiden können zwischen jüdischen Witzen und
Judenwitzen.
Letztere waren nie Witze, sondern als Humor getarnte Hetze.

Absolut korrekt, lieber Voltaire! Ich hätte es nicht schöner auf den Punkt bringen können.
Gruß, Medizinmann

#20

Nun lass mal die Kirche im Dorf.