Nerven zehren oder zerren?

Ich habe beide Versionen schon öfters gelesen:

Die Anspannung zerrte/zehrte an seinen Nerven. z.B.

Mein Gefühl sagt mir, dass ´zerren` richtig sein müsste, bin mir aber nicht sicher.

Hi omnisapiens,

Mein Gefühl sagt mir, dass ´zerren` richtig sein müsste, bin
mir aber nicht sicher.

Du kannst hierfür aus dem hiesigen Archiv zehren: /t/an-den-nerven-zerren-oder-zehren/2493177

Gruß
I.

Der Duden kennt nur „zerren“!

Nerv, der; -s, -en […fn; im 16.Jh.= Sehne, Flechse nervliche Konstitution: starke -en; meine -en halten das nicht aus; seine -en haben versagt; seine -en waren zum Zerreißen gespannt (er war in einem Zustand äußerster Anspannung); sie hat die besseren -en; das kostet -en (greift die nervliche Konstitution an); für, zu etw. nicht die -en (die erforderliche nervliche Konstitution) haben; die -en behalten (ruhig u. beherrscht bleiben); dieser Film geht an die -en; der Lärm zerrt an meinen -en ; völlig mit den -en fertig sein; *[vielleicht] -en haben (ugs. emotional; in seinem Verhalten, seiner Handlungsweise, seinen Forderungen o.Ä. auf seltsame Ideen kommen); -en haben wie Drahtseile/Stricke (ugs. emotional; über eine äußerst robuste, jeder Belastung standhaltende nervliche Konstitution verfügen); -en zeigen (ugs.; die bisher gezeigte Konzentration, Beherrschung, Kontrolle über sich selbst zu verlieren beginnen; nervös werden); jmdm. auf die -en gehen/fallen (ugs.; jmdm. äußerst lästig werden). 4. a) (Bot.) Blattader; b) (Zool.) Ader (3 b).
© Duden - Deutsches Universalwörterbuch 2001

Gruß Fritz

Der Duden kennt nur „zerren“!

Hallo, Fritz,
auch hier werfe ich wieder ein, dass ich zutiefst an der normativen Kraft des Duden nicht nur zweifle sondern dieselbe zur Gänze in Abrede stelle.

Zu „zehren“ vermerkt Grimm:
„nächstverwandt sind zergen und zerren (s. d.). von diesen beiden gewährt zerren im südalemannischen gebiet, wo seine doppelconsonanz vereinfacht wird, dem worte zehren einen formzuwachs.“

Was immer der Duden nicht zu kennen scheint - das ist es, was an meine Neven zehrt, mir den Nerv raubt, aber durchaus auch an meinen Nerven zerrt und meine Langmut zu erschöpfen droht.
Gruß
Eckard

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Hallo,

zehren meint dauerhaft Stück für Stück etwas vom Ganzen nehmen und verbrauchen. Also:

vom Ersparten zehren
von den Kräften zehren

immer zehrt man VON etwas

Es müßte also folgerichtig heißen: Von den Nerven zehren. Das macht aber im Kontext meist keinen Sinn.

Sagt man AN, so folgt zerren im Sinne von heftig ziehen bzw. reißen.

an dem Stoff zerren
an den Nerven zerren.

Das sagt dann genau das aus, was normalerweise mit dem Ausdruck gemeint ist.

Gruß Steffi

Der Duden zerrt nicht an den Nerven!
Hallo, Eckard!

auch hier werfe ich wieder ein, dass ich zutiefst an der normativen Kraft des Duden nicht nur zweifle sondern dieselbe zur Gänze in Abrede stelle.

Und ich stelle einmal mehr fest, dass weder die Dudenredaktion ihr Buch,also den Großen Duden als präskriptiv oder normativ versteht - und schon gar nicht ich - , sondern als eine deskriptive Sammlung des heutigen Sprachgebrauchs.

Was immer der Duden nicht zu kennen scheint - das ist es, was an meine Neven zehrt, mir den Nerv raubt, aber durchaus auch an meinen Nerven zerrt und meine Langmut zu erschöpfen droht.

Kräftige Worte in diesem Zusammenhang.

Schließlich kannst du doch schreiben, was und wie du willst. Ich schreibe doch auch „Internetz“ statt „Internet“ und „skännen“ statt „scannen“.

Übrigens im Duden-Newsletterarchiv (nicht Archiv der Briefe über Neuigkeiten, wie ein Sprachpurist verlangen könnte) findet sich dies:

_Hätten Sie’s gewusst?

Zusammensetzungen aus „Nerv” und Partizip I

Um nicht „nervtötend” lange auszuholen, sei gleich verraten: Sowohl „nervenzehrend” als auch „nervenzerrend” kann man in Analogie zu „nervenaufpeitschend”, „nervenaufreibend”, „nervenleidend”, „nervenzerreißend” u. a. bilden. Beide Wortbildungen können durchaus sinnvolle Verwendungen haben. Denn zum einen könnte die Wendung „an den Nerven zehren” zugrunde liegen: „Die ständigen Aufregungen zehrten an seinen Nerven” , zum anderen die Wendung „an den Nerven zerren”: „Der Lärm zerrt an meinen Nerven”._

=> http://www.duden.de/deutsche_sprache/newsletter/arch…

Du tust dem Duden also Unrecht, wenn du unterstellst, dass er, wenn er etwas nicht auflistet, dies als unrichtig und nicht erlaubt einschätzt.

Wenn aber der Eingangsfrager (das gibt es sicher auch nicht im Duden; vermutlich muss man dort nach „Erstposter“ gucken) sich unsicher ist, was im allgemeinen Sprachgebrauch als „richtiger“ erscheint, so ist der Hinweis auf den Duden ganz bestimmt eine Hilfe.

Schließlich steht der Duden nicht nur in den Schulen, sondern auch in Büros der meisten Unternehmen, in den Redaktionen, Ämtern und sicher auch bei dir irgendwo, und hilft so bei Entscheidungen über verschiedenen alternativen Schreibungen.

Und so zu schreiben, wie der Duden rät, ist in der Mehrzahl der Fälle unbedenklich.

Beste Grüße Fritz

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Hallo, Fritz!

Du zitierst den Duden-Newsletter:

Um nicht „nervtötend” lange auszuholen, sei gleich verraten:
Sowohl „nervenzehrend” als auch „nervenzerrend” kann man in
Analogie zu „nervenaufpeitschend”, „nervenaufreibend”,
„nervenleidend”, „nervenzerreißend” u. a. bilden.

Also „nervenleidend“ hätte ich nicht in diese Liste aufgenommen. Das bedeutet für mich nämlich „an einer neurologischen oder psychiatrischen Krankheit leidend“. Historisch wurde der Begriff bis in das mittlere 20. Jahrhundert nämlich genau so verwendet. Wenn es jetzt mit schlichtem „nervenaufreibend“ gleichgesetzt wird, ist das schon ein erheblicher Bedeutungswandel, den ich für mich aber nicht sehe.

Denk ich mir halt.
Livia