Hallo sarawen,
ich gehöre zwar nicht zu den Menschen, die eine Beziehung zu einem Alkoholiker hatten, aber ich habe eine Schwägerin, die mit einem Trinker verheiratet war, und habe ein nahes Familienmitglied, das Alkoholiker war (ist).
Und das ist schon der wichtige Punkt: Jemand, der alkoholabhängig ist, wird das sein Leben lang bleiben – auch nach der Entziehungskur.
Es wird immer die Angst im Raum stehen, ob er seinem Stress gewachsen ist. Im Fall meines Angehörigen heißt das z.B., dass seine Frau vor einer Weile gestorben ist. Ihm ging es danach sehr dreckig, denn er hat sie sehr geliebt. Kurz darauf sprach er schon wieder lallend. Nein, er ist nicht wieder abhängig, hat eine neue Therapie gemacht – aber alle Angehörigen machen sich furchtbar viele Sorgen. Du wirst dir auch immer Sorgen machen. Es wird immer die Dinge des Alltags belasten: Können wir weggehen, ist er klar? Flippt er aus, wenn er getrunken hat, oder wird er peinlich? Wie sieht es mit der Kinderplanung aus? Wären die Kinder sicher? Willst du ein Leben mit einem ständig drohenden Damoklesschwert leben?
Ich habe einen chronisch kranken Freund, das ist bei Weitem nicht dasselbe – aber schon da ist die Krankheit manchmal so überpräsent, dass die Zukunftsplanung NIE mit einer Leichtigkeit angegangen werden kann. Abgesehen davon scheint dein Freund Probleme zu haben, die er nicht anders lösen kann. Machst du seine Probleme zu deinen, wirst du ein ständiges Auf und Ab der Gefühle erleben – bis du irgendwann ausgelaugt bist und – im schlimmsten Fall – selbst krank wirst.
Er sagt das er mich liebt und versuchen möchte damit aufzuhören.
Dann muss er Taten folgen lassen. Nicht nur reden. So lange man reden lässt und selbst inkonsequent ist, schafft man Raum für immer wiederkehrende Enttäuschungen.
Zum Arzt will er nicht gehen.
Dann wirst du NICHTS ausrichten können. Leider. Süchtige reden gern, tun aber nicht – weil sie vor der Zukunft Angst haben.
Ich fühle mich hin und her
gerissen und weiss nicht in wie weit ich ihm glauben kann.
Nicht sehr. Der Geist ist vielleicht willig, aber… naja, du weißt schon. 
Ich selbst bin bereits als Kind mit schweren Alkoholismus in
Berührung gekommen (mein Vater).
Ist es nicht ein verlorener Kampf?
Ja. Gerade, wenn du schon solch eine Erfahrung gemacht hast, *solltest* du es besser wissen. Natürlich kann man dem Herz nichts befehlen. Meine Schwägerin macht heute noch für ihren Ex-Mann wichtige Erledigungen, weil er es nicht mehr allein schafft. Willst du das?
Es tut mir leid, nichts Positiveres schreiben zu können. Aber leider sind Süchtige Fresser von Lebensenergie. Das heißt nicht, dass man sie aufgeben muss. Aber sein Herz daran verlieren könnte extrem schmerzhaft werden.
Liebe Grüße und viel Kraft für dich
sgw