Neutrum für Frauen

Hallo Rheinischkenner,

im Rheinischen ist es ja so, daß Frauen einen sächlichen Artikel haben (dat Annemie).
Wie ist das zu erklären?
Könnte es sein, daß diese Artikelvergabe darauf zurückgeht, daß Mädchen und Weib auch sächlich sind?

von der philosophisch/philologischen Mittagsrunde zurückkehrend

Gandalf

Hallo Rheinischkenner,

im Rheinischen ist es ja so, daß Frauen einen sächlichen
Artikel haben (dat Annemie).
Wie ist das zu erklären?
Könnte es sein, daß diese Artikelvergabe darauf zurückgeht,
daß Mädchen und Weib auch sächlich sind?

Ich verkneif mir jetzt eine feministische Brandrede über das Ansehen von Frauen in früheren Jahrhunderten. Beim Mädchen als Verkleinerungsform leuchtet mir das „das“ grad noch ein, aber wieso das Weib sächlich ist, ist mir völlig unklar.

Im österr. Dialekt wird „das“ bei Mädchennamen in der Verkleinerungsform allerdings durchaus auch ab und zu verwendet - wenn keine Feministin in der Nähe ist. „Das Mariechen hat gsagt“, z.B.

Woher das kommt, weiß ich nicht. Ich hoffe, es gerät in Vergessenheit.

Eindeutig weiblich,
Livia

Ja, bei uns in Österreich hört man das zuweilen noch recht häufig in den bergbäuerlichen Regionen.
Auch bei alten Heimatfilmen kann man auf diesen Artikel stoßen - bzw. wer die Bullyparade kennt: „Jo do schau her…dos Heidi…“

Rückfragen mit meinern Großeltern haben auch ergeben, dass es eine Verniedlichungsform ist und zumeist bei jungen Mädchen, aber auch bei Stallgehilfinnen und Dirnen gebräuchlich war.

Mo

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hallo livia,

Ich verkneif mir jetzt eine feministische Brandrede über das
Ansehen von Frauen in früheren Jahrhunderten. Beim Mädchen als
Verkleinerungsform leuchtet mir das „das“ grad noch ein, aber
wieso das Weib sächlich ist, ist mir völlig unklar.

„mädchen“ ist historisch ein diminutiv (zu „maid“, fem.!), deswegen neutrum, wie auch das „bübchen“, das „knäblein“, das „männlein“. der diminutivcharakter geht aber verloren. synchron betrachtet findet man heute in texten schon referenz auf „mädchen“ mit femininen personalpronomina: „da drüben steht ein mädchen. sie hat eine tasche …“. mit relativpronomina gibts das noch nicht: „das mädchen, die …“. semantik und wortbildung streiten hier um das genus.

wip war mhd. ein femininum (diu wip). erst später „neutralisiert“, vielleicht (vermutlich!) einhergehend mit der abwertung zu „weib“. insofern wäre die feministische brandrede hier wohl schon am platz.

Im österr. Dialekt wird „das“ bei Mädchennamen in der
Verkleinerungsform allerdings durchaus auch ab und zu
verwendet - wenn keine Feministin in der Nähe ist. „Das
Mariechen hat gsagt“, z.B.

das mariechen ist ein diminutiv, insofern kein problem.
diminutivformen sind ja an sich nicht verkleinerungsformen sondern oft verniedlichungsformen. verniedlichung des weiblichen ist auch eine folge patriarchaler verhältnisse. es passt eh alles z’samm.

m.

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Hallo, Rheinischr!

Das

im Rheinischen ist es ja so, daß Frauen einen sächlichen
Artikel haben (dat Annemie).

ist nicht bloß im Rheinischen so.
Diese Art oder Unart der Anrede an „das Frauenzimmer“ ist über ganz Deutschland verbreitet. Persönlich kann ich das vom Raum Saarland quer durch Pfalz, Baden, Württemberg, Franken, Bayern bis Alpenösterreich bestätigen.

Man sagt z. B.: alle allemanischen Frauennamen beginnen mit „s“!
's Relei, 's Vreneli, 's Heidi, etc.
Das könnte man auch vom Bairischen sagen, wobei da wohl etwas mehr "„ös“ (übertrieben) hören kann.
Ebenso beginnen alle schwäbischen Frauennamen mit „d“!
d’Käte, d’Rosmarie, d’Liese, d’Gudrun, etc.

Ich nehme an, dass dies - wie schon erwähnt - von den Koseformen für kleine Mädchen herkommt.
Aber auch das oben genannte „Frauenzimmer“, vom Wachtmeister Werner in „Frauenzimnmerchen“ verkleinert, könnte eine Rolle bei dieser, das offensichtlich sexuelle kaschierte Anrede gehabt haben. Auch „meine Hausehre“ war so eine solche verschämt-ehrfurchtsvoll-verklemmt-umschreibende Redeform für Ehefrau.

So sprechen Muslime heute noch - wie man mir versichert - von ihrem „Harem“ und meinen damit die „eine und einzige“ Ehefrau und Mutter der Kinder.

Gruß Fritz

Hallo, Michael,

verzeih, aber da

wip war mhd. ein femininum (diu wip). erst später
„neutralisiert“,

muss ich widersprechen. „diu wîp“ ist der Plural, der erst später umgelautet und zu „Weiber“ erweitert wurde.

„daz wîp“ dagegen ist auch schon im Althochdeutschen neutrum und, wenn die Sprachforscher Recht haben, schon in den germanischen und indo-germaischen Sprachen.

Dazu Kluge:

_ Weib

Substantiv Neutrum Standardwortschatz (8. Jh.), mhd. wIp, wIb, ahd. wIb, as. wIf Stammwort.
Aus g. *weiba- n. „Weib“, auch in anord. víf (arch.), ae. wIf, afr. wIf.
Die Erklärung des etymologisch ganz unklaren Wortes hat davon auszugehen, daß das neutrale Genus ausreichend begründet werden muß. Deshalb kommt eine Täterbezeichnung o.ä. nicht in Frage. Desgleichen ist bei dem Nebeneinander der Bedeutungen „Ehefrau“ und „erwachsene Frau“, allenfalls noch „Frau, die schon Geschlechtsverkehr gehabt hat“, jeweils in striktem Gegensatz zu „Jungfrau“, eine Ausgangsbedeutung „Ehefrau“ oder gar „Braut“ ganz und gar unwahrscheinlich. Das Wort tritt im Gotischen nicht auf, ist im Nordischen poetisch (also ein Relikt) und steht in den westgermanischen Sprachen neben dem alten ig. *gwenA, g. *kwenO in gt. qino, anord. kona f., ae. cwEn(e) f., as. ahd. quena f., das im Deutschen zurückgedrängt wird. Unter diesen Umständen sind die Verhältnisse des Altenglischen besonders interessant: Dort werden bei ausdrücklicher Bezeichnung der Geschlechter wäpen-mann m. oder wäpned-mann m. und wIf-mann m. (zu mann im Sinne von „Mensch“) unterschieden. Ae. wäpen bedeutet „Waffe“, ist aber auch ein normales Hüllwort für das männliche Geschlechtsglied; und es wäre nicht ausgeschlossen, daß auch wIf auf eine unmittelbare oder verhüllende Bezeichnung für „Mutterleib“ zurückginge. Immerhin läßt sich verweisen auf die baltisch-slavische Sippe von lit. vaikas m. „Kind, Tierjunges“ (lit. vaikìnga „trächtig“, lit. vaikúotis „Junge werfen“), akslav. ClovEki m. „Mensch“ (vermutlich zu akslav. Celjadi f. „Familie, Gesinde“, also „Sproß, Nachkomme der Familie“?), die offenbar auf „Kind, Sproß“ zurückführt, und solche Wörter gehen häufig mit „Mutterleib“ zusammen. Formal ließen sich die Wörter unter dem Ansatz von ig. *weikw- miteinander verknüpfen; sonst könnten verschiedene Erweiterungen der gleichen Grundlage vorliegen. Die entsprechende Erklärung von Schmidt/Strunk (zu toch. A kip, toch. B kwipe „Scham“) ist weniger wahrscheinlich, weil der Übergang zu speziell „weibliches Geschlechtsteil“ nicht erklärbar ist und der Übergang von ig. *ghw- zu g. *w- (vor auslautendem Labial) nicht ausreichend zu sichern ist. Adjektive: weibisch, weiblich.
Ebenso nndl. wijf, ne. wife, nschw. viv.
Pedersen, H. SN 14 (1942), 252-254;
Lindquist, A. MASO 5 (1943), 81f.;
Krogmann, W. IF 64 (1959), 136-145;
Szemerényi (1977), 79-82;
Wittmann (1982), 120-131;
Maher (1986), 74f.;
Schmidt, K. T./Strunk, K. FS Meid (1989), 251-284;
Lockwood, W. B. Maal og Minne 1991, 25-28;
Röhrich 3 (1992), 1707f. west- und nordgermanisch_

Ich verstehe die Aufregung nicht!
Hallo Diskutanden.
Es kommt doch darauf an was mit dem Begriff ‚Weib‘ assoziiert wird. Bei mir und in meinem Bekanntenkreis nur Positives. Es gibt nur wenige bekannte Frauen von den man entrückt sagen kann:„Mann! Ist (war) das ein Weib!!!“
Und eigenartiger Weise ist kein einziger feministischer Blaustrunpf dabei. Kommt daher vielleicht der Ärger???
(:wink:))))
Mit freundlichen Grüßen
Alexander Berresheim

Hallo Fritz,

verzeih, aber da

dir verzeih ich doch alles.

wip war mhd. ein femininum (diu wip). erst später
„neutralisiert“,

muss ich widersprechen. „diu wîp“ ist der Plural, der erst
später umgelautet und zu „Weiber“ erweitert wurde.

ich hab da jetzt keine textstelle parat, aber ich bin mir sicher, dass ich das mhd. auch schon feminin gelesen hab.
andrerseits sind deine literaturbelege natürlich erdrückend. ich zweifle … und wann kommt das schon vor? :wink:

grüße
m.

Hallo Rheinischkenner,

im Rheinischen ist es ja so, daß Frauen einen sächlichen
Artikel haben (dat Annemie).
Wie ist das zu erklären?
Könnte es sein, daß diese Artikelvergabe darauf zurückgeht,
daß Mädchen und Weib auch sächlich sind?

Hi.

Ich denke, dass der Zusammenhang mit dem sächlichen „Mädchen“ richtig ist.

☼ Markuss ☼

hi,
hat sich wer aufgeregt?
ich hätte nix bemerkt. bloß interessierte diskussion.
m.

asche auf mein haupt
einige eigene recherchen überzeugen mich: ich habe mich geirrt, fritz hat recht; wîp war offensichtlich schon immer neutrum.
sorry!
m.

Man sagt z. B.: alle allemanischen Frauennamen beginnen mit
„s“!
's Relei, 's Vreneli, 's Heidi, etc.
Das könnte man auch vom Bairischen sagen, wobei da wohl etwas
mehr "„ös“ (übertrieben) hören kann.
Ebenso beginnen alle schwäbischen Frauennamen mit „d“!
d’Käte, d’Rosmarie, d’Liese, d’Gudrun, etc.

Ich nehme an, dass dies - wie schon erwähnt - von den
Koseformen für kleine Mädchen herkommt.

ich wurde auch zurecht darauf aufmerksam gemacht, dass das nicht nur Mädchen, sondern auch Buben betrifft: das Heinerle, das Fränzchen, das Hänschen,…
Sind durch die Bank Diminuitive.

Livia

auch Buben betrifft: das Heinerle, :das Fränzchen, das Hänschen,…

Das habe ich verdrängt! Zu lange war ich: 's Fritzle! :frowning:

Fritz

Das habe ich verdrängt! Zu lange war ich: 's Fritzle! :frowning:

Hast du schon mal geschrieben und hat mich damals schon verwirrt. Mein „Fritzle“ ist nämlich eine ganz eine liebe Gsibergerin, die im Nachnamen Fritz heißt. :smile:
's Fritzle ist bei mir höchst positiv, allerdings weiblich besetzt.

Liebe Grüße
Livia

Hallo beide,

heißts nicht von der Kriemhild janz am Anfang des Nibelungenliedes

„sie war ein schoene wîp“?

(Kann mich täuschen)

Schöne Grüeze

MM

hi,
uns ist in alten maeren wunders vil geseit …

„sie war ein schoene wîp“?

(Kann mich täuschen)

du täuschst dich nicht, aber das ist ein neutrum, kein femininum.
am „ein“ erkennbar.
m.

Ahoi.

Diese Art oder Unart der Anrede an „das Frauenzimmer“ ist über
ganz Deutschland verbreitet. Persönlich kann ich das vom Raum
Saarland quer durch Pfalz, Baden, Württemberg, Franken, Bayern
bis Alpenösterreich bestätigen.

Nimm Nordhessen noch dazu …

Man sagt z. B.: alle allemanischen Frauennamen beginnen mit „s“!
's Relei, 's Vreneli, 's Heidi, etc.

Stimmt für Kassel und Umgebung auch. Nur eine Ausnahme gibt es : 's Zoffie schreibt sich mit z.

Ich nehme an, dass dies - wie schon erwähnt - von den
Koseformen für kleine Mädchen herkommt.

Vgl. auch die Gattungsbezeichnung „das Mensch“ für alles, was weiblich ist.

Gruß kw
äß der Rädde däh?

Aloha.

Ich verkneif mir jetzt eine feministische Brandrede über das
Ansehen von Frauen in früheren Jahrhunderten. Beim Mädchen als
Verkleinerungsform leuchtet mir das „das“ grad noch ein, aber
wieso das Weib sächlich ist, ist mir völlig unklar.

vgl. auch S.L.Clemens

Eine Frau ist zwar im Deutschen infolge eines Versehens des Erfinders der Sprache weiblich; ein Weib jedoch ist es zu seinem Pech nicht. Ein Weib hat hier kein Geschlecht, es ist ein Neutrum; laut Grammatik ist also ein Fisch „er“, seine Schuppen „sie“, ein Fischweib aber keins von beiden. Ein Weib geschlechtslos zu nennen darf wohl als eine hinter dem Sachverhalt zurückbleibende Beschreibung gelten. Schlimm genug – aber übergroße Genauigkeit ist sicherlich noch schlimmer. Ein Deutscher nennt einen Bewohner Englands einen „Engländer“. Zur Änderung des Geschlechts fügt er ein „-in“ an und bezeichnet die weibliche Einwohnerin desselben Landes als „Engländerin“. Damit scheint sie ausreichend beschrieben, aber für einen Deutschen ist das noch nicht exakt genug, also stellt er dem Wort den Artikel voran, der anzeigt, dass das nun folgende Geschöpf weiblich ist, und schreibt: „die Engländerin“ (was soviel heißt wie „the she-Englishwoman“). Meiner Ansicht nach ist diese Person überbezeichnet.

oder, falls der ganze Text interessiert : http://www.schneid9.de/twain.html

Gruß kw

Hallo, beide,

„sie war ein schoene wîp“?
(Kann mich täuschen)

Genau heißt es:

Es wuohs in Burgonden / ein vil edel magedîn,
daz in allen landen / niht schoeners mohte sîn,
Kriemhilt geheizen; / si wart ein scoene wîp
dar umbe muosen degene / vil verließen den lip.

Also: Sie wurde eine schöne Frau!

Scoene Grüeze

Fritz

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Dank Dir, Fritz,

aber „für auswendig“ & fachfremd wars doch nicht so schlecht?

Schöne Grüße

MM