Moin
(Das könnte hier eine für Fritz im doppelten bis dreifachen Sinne interessante Frage sein, weil nicht nur Deutsch, sondern auch das Verhältnis zwischen Küche und Kleruis angesprochen wird. Jetzt hab ichs aber spannend gemacht…)
Ich stoße ab und an auf Gerichte (in Kochbüchern, Zeitschriften oder wo auch immer), deren Namen mich ein wenig irritieren.
Die berühmten Fürze der Nonne kennt ja wohl jeder (hab aber vergessen, WAS für ein Essen das war - bitte auch hier um Aufklärung!), aber kürzlich bin ich auf eine für mich neue Speise gestoßen: „Herrgottsb’scheißerle“. Jetzt wird’*s langsam blasphemisch, dachte ich spontan. Gibt es da ein altes, noch nicht eigehend analysiertes )Kampf-)Verhältnis zwischen Kirche (Religion) und Küche? Wollte sich die Küche als primäre Materialisten-Schmiede des Bauches früh gegen die Macht der Kirche behaupten?
Was steckt dahinter? Was ist da eigentlich los?
fragt
Branden
neugierig
Hallo,
Die berühmten Fürze der Nonne kennt ja wohl jeder (hab aber
vergessen, WAS für ein Essen das war - bitte auch hier um
Aufklärung!),
Nonneförzchen hat meine Oma immer gebacken, so eine Art kleine „Kameruner“.
Beatrix
Nonneförzchen hat meine Oma immer gebacken, so eine Art kleine
„Kameruner“.
Stimmt, Beatrix, erinnere mich dunkel. Danke!
Gruß,
Branden
Tach Branden,
darf ich auch, wiewohl ich nicht Fritz bin, aber lange in Schwaben gelebt habe?
Die Herrgottsbscheißerle sind die Maultaschen, die die protestantischen Schwaben zu Karfreitag gegessen haben. Bscheißerle deswegen, weil der HErr durch den Teigmantel das darin verborgene Fleisch nicht sah.
Gruß - Rolf
Moin
Die berühmten Fürze der Nonne kennt ja wohl jeder (hab aber
vergessen, WAS für ein Essen das war - bitte auch hier um
Aufklärung!)
- gehören zur großen Gruppe der Mutzenmandeln, Krapfen, Fasnachtsküchle usw., also Schmalzgebackenes. Im Alemannischen wird die Erfindung dieser (ursprünglich) Fastenspeise der Köchin eines Nonnenklosters zugeschrieben - daher der Name. Leider weiss ich nicht mehr, um welches spezielle Kloster es sich handelte, es gibt da sicher auch unterschiedliche lokale Überlieferungen. Zur Etymologie (mit Blähungen hat der Name nichts zu tun) vergleiche: http://www.spezialitaeten-baden-wuerttemberg.de/spez…
Das mit den ‚B’scheißerle‘ wurde ja schon richtig erklärt.
Freundliche Grüße,
Ralf
Nun also doch noch das Original!
Nonnenfürzchen siehst du hier:
http://www.food-from-bavaria.de/de/reg_spez/einzelpr…
Die genaue Entstehungsgeschichte kenne ich nicht, habe aber auch schon gehört, dass diese sehr nahrhafte und kalorienreiche Speise von Nonnen erfunden wurde, damit in der Fastenzeit zwar kirchengerecht, also fleischlos gefastet, aber doch reichlich gegessen werden konnte.
Wie ja viele Fastenspeisen und etwa auch das Fastenbier dicker machen als die normalen Speisen.
Eine russlandstämmige Kursteilnehmerin sagte mir: Bei uns wird man in der Fastenzeit dick.
Die Herrgottsbscheisserla, also die Maultaschen, sind nach weit verbreiteter Meinung im Kloster MAULbronn, hier um die Ecke, inzwischen Weltkulturerbe, erfunden worden.
Was ich bezweifle, denn in Teig gekochte Fleischspeisen sind in aller Welt bekannt, als Ravioli etwa, als Pelmenji, den Namen der chinesischen Variante habe ich vergessen, irgendwas mit Tschiau Tse oder so.
Gruß Fritz
Nonnenfürzle = nd. Nunnenfurte, mnd. Nunnekenfurt
Hallo, Branden
Die folgende Erklärung leuchtet mir ein; nachprüfen kann ich sie jedoch nicht:
„Nonnenfürzle (auch: Nonnenfürzchen) bezeichnet ein Schmalzgebäck aus dem
süddeutschen Raum.
Nonnenfürzle sind vor allem in Schwaben und im Allgäu bekannt. Korrekt bezeichnet
wäre das Gebäck als Nonnenfürtchen, was auf das mittelniederdeutsche Wort
„nunnekenfurt“ zurückgeht. Übersetzt heißt das so viel wie „von den Nonnen am besten
zubereitet“. …“
http://germazope.uni-trier.de/Projects/WBB/woerterbu…?
lemid=GN05897
Zu den ‚Maultaschen‘ habe ich die folgende Legende gefunden:
"… Ein Gründonnerstag, Mitte des 16. Jhts. Der 30jährige Krieg ist gerade vorbei. Im
ganzen Land herrschen Armut und Hunger, so auch im Kloster von Maulbronn. Die
Mönche wollen gerade das karge Abendessen zubereiten, da geschieht ein kleines
Wunder: ein Bauer schenkt ihnen ein großes Stück Fleisch.
Die Mönche sind hin- und hergerissen zwischen dem Fasten-Gebot einerseits und dem
Gedanken an eine köstliche Mahlzeit andererseits. Und da es zu dieser Zeit noch keine
Kühlschränke gibt, und die Mönche schließlich nichts verkommen lassen wollen,
entscheiden sie sich für einen kleinen Kunstgriff: Der Küchenmönch hackt das Fleisch
so klein wie möglich. Im Garten sammelt er Spinat und Kräuter und mischt sie unters
Fleisch. Das Ganze soll schließlich aussehen wie ein Gemüsebrei. Um sicher zu gehen,
dass der liebe Gott auch wirklich nichts bemerkt, umhüllt er die Masse mit Nudelteig.
Dann ab in die Gemüsebrühe, und fertig sind sie, die „Herrgottsbscheißerle“ aus
Maulbronn. …
http://www.kirche-im-swr.de/autor_man.php?id=59
Gruss
Adam
http://germazope.uni-trier.de/Projects/WBB/woerterbu…?
lemid=GN05897
Könnte man diesen Link anklickbar machen!
Vielen Dank, Adam, für die Belege!
Gruß Fritz
Zu den ‚Maultaschen‘ habe ich die folgende Legende gefunden:
Ich stimme dieser Legende zu. Zwei gleiche Meinungen sind schließlich besser als eine (ich wohne grade mal 10km von Maulbronn weg und kenne die Geschichte der Herrgottsbscheißerlen daher)
Maulbronn und seine Sagen
Ich stimme dieser Legende zu. Zwei gleiche Meinungen sind
schließlich besser als eine (ich wohne grade mal 10km von
Maulbronn weg und kenne die Geschichte der
Herrgottsbscheißerlen daher)
Weder der eine noch der andere der von dir genannten Gründe kann als Beweis für die Wahrheit der Legende, die eigentlich eine Sage ist (s.u.), betrachtet werden.
Das Kloster Maulbronn leistet sich eine ganze Reihe von solchen Sagen und Säglein.
Die vom Maultier, das den Standort des Klosters bestimmte.
Die vom nicht eingesetzten Schlussstein.
Die vom Elffingerwein. Hier ist mit Händen zu greifen, wie die Sage entstand: Noch heute gibt es den bei Maulbronn den Elfinger Hof.
Die vom im Auftrag des Abtes Entenfüß goldmachenden Faust.
Dazu: http://www.literaturcafe.de/bf.htm?/notizen/faust.htm
Und zum Ganzen:
http://www.maulbronn.de/relaunch/d_800/html/kloster.php
Dass das Kloster Maulbronn eine große Bedeutung hatte und hat, wird durch meine Einwände nicht berührt. Diese betreffen nur die Vertälerkens!
_ Legende
Legende allg.: volkstüml. Vers- oder Prosaerzählung, urspr. über das Leben von Heiligen, auch von sagenhaften Wundern. Die ältesten L. finden sich bereits in apokryphen Evangelien und Apostelgeschichten. Die beliebteste mittelalterl. Sammlung war die lat. ›Legenda aurea‹ (vor 1264) des Jacobus a Voragine. Die ältesten volkssprachl. Heiligendichtungen stammen aus dem 9.)Jh.; im 11.)Jh. entstehen Legendenerzählungen, z.)B. das Annolied. Auch die höf. Epiker griffen Legendenstoffe auf, so Heinrich von Veldeke (›Sankt Servatius‹), Hartmann von Aue (›Der arme Heinrich‹), Konrad von Würzburg (›Alexius‹). Vor 1300 entstanden bed. gereimte Sammlungen, u.)a. das ›Passional‹ und das ›Väterbuch‹. Mit der Reformation trat das Interesse an der L. zurück. - Als literar. Gattung wurde sie seit der Romantik wieder produktiv gemacht, u.)a. von G.)Keller (›Sieben L.‹, 1872).
© Meyers Lexikonverlag._
Im Unterschied:
_ Sage
Sammelbegriff für mündlich überlieferte Erzählungen, deren Realitätsanspruch über dem des Märchens liegt. Von der Volkssage müssen die nord. Sagas sowie die Göttersage und Heldensage unterschieden werden.
© Meyers Lexikonverlag._
Gruß Fritz
Euch allen danke ich für die vielen guten
ERklärungen!
Euer
zufriedengestellter
Branden
Moin, Ralf!
Tipp: Einfach den Krempel (hier den Zeilenumbruch, beim Antworten auch noch den Doppelpunkt) rausschmeißen.
Danke!
Anmerkung des fröhlichen Dilettanten: von furt nach fertigen ist aber ein weiter Weg, oder?
Den gehe ich sicher nicht!
Gruß Fritz
Besoffene Kapuziner
Nun also doch noch das Original!
Nonnenfürzchen siehst du hier:
http://www.food-from-bavaria.de/de/reg_spez/einzelpr…
Von den Nonnenfürzchen hörte ich zum ersten Mal, als eine liebe Dame aus Berlin (sie war Sommergast bei meiner Mutter im Pinzgau) sie einmal zubereitete und wir feststellten, dass es nichts anderes war als unsere „gebackenen Mäuse“. Und wenn man über die eine heiße Weinsoße gießt, werden „bsoffne Kapuziner“ daraus…
Servus!
Helene
„gebackenen Mäuse“. Und wenn man über die eine heiße Weinsoße gießt, werden „bsoffne Kapuziner“ daraus…
Servus, Helene!
Jaja, die Mönche und die Nonnen und vor allem die Kapuziner müssen für manches herhalten. Den Kapuziner gibt es ja auch als Kaffee.
In einem Kaffeehaus habe einmal einer, nachdem er gesehen hatte, wieviel Milchhaut in dem Kapuziner seines Nachbars schwamm, einen Rabbiner bestellt. Auf die erstaunte Frage des Schanis antwortete er: Dasselbe wie ein Kapuziner, nur mit etwas weniger Haut.
Aber das nur en passent.
Mir erscheint es inzwischen so, dass Nonnenfürzla in verschiedenen Regionen verschiedenes Gebäck meint. Ich kenne die schmalzgebackenen, aber es ist auch die Rede von Pfeffernüssen gewesen, die für mich ja nun wieder was ganz anderes sind.
Die Etymologie „nunnekenfurt“ „von Nonnen am besten zubereitet“ erscheint in vielen Netzseiten, sie scheinen aber alle von einer Seite abgeschrieben. Ich habe die von mir genannte als Erstquelle im Verdacht. Also ein sich fortzeugenden Fehler.
Es taucht auch immer wieder: „Ich nehme den der Oberin.“ auf.
Ein mittelhochdeutsches „furt“ in der genannten Bedeutung ist mir durchaus unbekannt.
Sind deine „gebackenen Mäuse“ identisch mit den im Link genannten?
Gruß Fritz
Hallo Fritz!
Sind deine „gebackenen Mäuse“ identisch mit den im Link
genannten?
Im Aussehen ja, der Mäuse-Teig ist aber ein feiner Germ(=Hefe)teig.
Helene
Oh, Helene,
mir musst du Germ nicht eindeutschen.
Germ(=Hefe)teig.
Ich habe erst im Gymnasium gelernt, dass Germ auf deutsch Hefe heißt.
Und Germwuchteln waren eine meiner Lieblingsspeisen.
Gruß Fritz
Oh, Helene,
mir musst du Germ nicht eindeutschen.
Ach, lieber Fritz, das weiß ich doch!
Ich nehme halt an, dass außer dir auch noch jemand den Beitrag liest.
Und Germwuchteln waren eine meiner Lieblingsspeisen.
Wuchteln oder Buchteln? - Aber im (Ober-)Pinzgau gibt es dieses Namensproblem eh nit, denn da heißen sie „Rohrnudeln“.
Helene
Servus, liebe Helene:smile:)
Wuchteln oder Buchteln?
da gibts es im Netz ja richtige Diskussionsforen drüber…*lach*
Es scheint aber eine österreichische West-Ost-Tendenz von Rohrnudeln über Wuchteln zu Buchteln zu geben.
Ich halte mich an die „berühmtesten Buchteln der Welt“, die Buchteln der Mama Hawelka im selbnamigen Kaffee.
Und das bringt mich auf eine Ideeeeee, jetzt schau i schnell mal nach, ob i a Germ daham hab’)
Lieben Gruß ummi, jenny
Gewendeite Wuchteln
mir musst du Germ nicht eindeutschen.
Ach, lieber Fritz, das weiß ich doch!
Ich nehme halt an, dass außer dir auch noch jemand den Beitrag
liest.
Hast ja Recht, Helene!
Und Germwuchteln waren eine meiner Lieblingsspeisen.
Wuchteln oder Buchteln?
Bei uns hießen sie W uchteln. Und meine Oma betete:
Du bist ge w enedeit unter den Wei w ern …
Und einen lieben Gruß nieber ins Alpenländische
Fritz
Moin, Fritz,
Du bist ge w enedeit unter den Wei w ern …
das kenne ich von meiner Oma, das ist aus dem „Gegrascht sejschta mare“.
Gruß Ralf