Ist es uns einen Krieg wert, Diktatoren davon abzuhalten, sich in den Besitz von Atomwaffen zu bringen? Da einige „Meter“ weiter eine Diskussion über die Folgen einer nuklearen Detonation statt fand, hier nochmal kurz einige Details. Dem einen oder anderen sind diese Details wahrscheinlich bekannt, vielen jedoch nicht. Deshalb:
Die Sprengwirkung von Kernwaffen wird in Kilotonnen (kt) oder in Megatonnen (Mt) angegeben. Dabei entspricht 1-kt einer äquivalenten Menge von 1000 Tonnen des chemischen Sprengstoffs Trinitrotoluol (TNT). Wird in einer Bombe 1kg Uran vollständig gespalten, so beträgt ihre Wirkung ca. 20kt. Die Sprengwirkung von Spaltbomben variiert zwischen 1 und 600. Größere Wirkungen sind nicht zu erreichen, da sonst schon bei der Herstellung kritische Massen entstehen würden. Die Bombe, die über Hiroshima eingesetzt abgeworfen wurde, hatte eine Sprengkraft von 13kt, die größte konventionelle Sprengbombe, die im WK2 eingesetzt wurde, hatte eine Sprengkraft von 0,01kt (z. B. beim Versuch der Sprengung des U-Boot-Bunkers „Valentin“ in Bremen-Varge (heute Zwangsarbeitsgedenkstätte und Bw-Depot). Moderne Atombomben haben einen Wirkungsgrad von ca. 20%. Von 5kg Spaltstoff wird etwa 1 kg ausgenutzt. Das Gesamtgewicht der meisten Bomben beträgt 300-400 kg. Die meisten taktischen Waffen haben ein Kaliber von 100-200kt.
Bomben im Megatonnenbereich sind immer Fusionsbomben (H-Bomben; Wasserstoffbombe, Drei-Phasen-Bombe, thermonukleare Bombe). H-Bomben allerdings benötigen eine sehr hohe Anregungsenergie, weshalb sie wiederum durch eine Spaltbombe gezündet werden müssen.
Einsatzarten.
Boden-Kontakt-Detonation: Die Gegend um den Groun Zero (Boden-Null-Punkt…der Punkt, über dem die Ladung detoniert) wird quasi aus dem Boden herausgerissen. Extrem kontaminierter Fall-out durch wegen großer Staubmengen. Strahlende Bombenteile verglühen und werden mit dem Staub in die Luft gewirbelt.
Luftdetonation : Die Gegend um Ground Zero wird regelrecht zerquetscht und in den Boden gedrückt. Relativ weniger kontaminierter Fall-out. Extreme Belastung aller Wirbelwesen durch Exposition zur Anfangsstrahlung. Teils sofortiger Eintritt eines „zentralnervösen Todes“ durch „Superdosen“ von über 10.000 REM. Letalität der Bevölkerung, die sich im Ground-Zero-Bereich im Freien aufhält: bis zu 98% sofort. Die meisten dieser Opfer sind Tod, bevor sie den Blitz bewußt wahrnehmen können. Das Überleben der Initialstrahlung erhöht die Gesamtüberlebenschancen um 900% für die folgenden 30 Sekunden. Es ist unwahrscheinlich, dass Wirbelwesen im entsprechenden nahen Wirkungsbereich weitere 60 Minuten überleben.
Initialstrahlung: (Im Augenblick der Detonation)
Im Augenblick der Detonation. Im Falle einer 900kt-Bombe Vernichtung aller Bäume auf einer Fläche von 130qkm, auf einer Fläche von 360qkm alle Wirbeltiere. Die Strahlung in Randgebieten überschreitet noch LD50 (400 REM), bei der Menschen eine Überlebenschance von unter 50% haben. Der Wert liegt bei Säugetieren und Vögeln zwischen 300 und 800 REM, bei Reptilien und Amphibien bis 2400 REM. Insekten scheinen Dosen von über 5000 REM zu überleben (Ausnahme: Honigbienen).
Hitzestrahlung: (im Augenblick der Detonation)
Breitet sich mit Lichtgeschwindigkeit aus und erzeugt sofort schwerst Brände. Überlebende von Hiroshima berichteten, dass sich die Luft entzündete. Eine 1-Mt-Bombe kann im Augenblick der Detonation einen Brand auf 250qkm hervorrufen. Feuersturm ab mindestens 40kg brennbarem Material/qkm. In Hamburg waren es 60kg.
Lichtblitz: (im Augenblick der Detonation)
Führt bei Menschen, die in Richtung der Detonation schauen, zur kurzzeitigen Erblindung. Die Detonation einer 1Mt-Bombe kann an einem klaren Tag noch in 21km, in einer klaren Nacht noch in einer Entfernung von 85km zu kurzfristiger Erblindung oder bleibenden Netzhautverbrennungen führen. Größere Lichtintensität führt zu Hautverbrennungen. 1 Mt Sprengkraft kann noch in einer Entfernung von 8km Verbrennungen 3. Grades (mit Zerstörung des Hautgewebes) führen. Sind 24% des Hautgewebes auf drittem Grad, bzw. 30% auf zweitem Grade verbrannt, erleidet der Betroffene einen schweren Schock, der ohne hochspezialisierte medizinische Hilfe wahrscheinlich zum Tode führt.
Druckwelle: (Augenblicklich nach der Detonation)
Erzeugung eines plötzlichen statischen Überdruckes. Es entstehen starke Winde (dynamischer Überdruck). Gebäude werden nicht „weggepustet“, sondern vom Druck umflossen und von allen Seiten zerquetscht. Die Druckwelle selbst ist eine Aneinanderreihung von angestossenen Luftmassen. Der Wind einer Druckwelle ist nicht radioaktiv. Der plötzliche Überdruck erzeugt wiederum einen Unterdruck (Sog), der das zuvor zerstörte Material wieder in Richtung Boden-Null-Punkt reißt. Im Augenblick der Detonation beginnt der Feuerball (Kopf des „Pilzes“) mit seiner Wanderung nach oben und zwar mit einer Geschwindigkeit von ca. 600km/h. Der Feuerball (in dem sich die zerschmolzenen Bombenteile befinden) reißt den Stamm des Pilzes hinter sich in die Höhe, in dem sich alles befindet, was zunächst von der Druckwelle getroffen wurde und dann vom Sog erfasst wurde.
Die Druckwelle einer 1-Mt-Bombe erzeugt bei Mensch und Tier im Umkreis von 3km schwerste Lungenschäden, die in 50% aller Fälle zu Tode führt. Im Umkreis von bis zu 5km werden Mensch und Tier wie Geschosse durch die Luft geschleudert und kollidieren mit harten Gegenständen. Die Druckwelle kann darüber hinaus in bestimmten Gebieten auch Erdbeben auslösen.
Kraterbildung :
Eine 900kt-Bombe erzeugt bei Bodenkontakt-Explosion einen Krater mit einem Durchmesse von 396m und einer Tiefe von fast 100m.
Elektromagnetischer Impuls: (Im Augenblick der Detonation)
Eine Begleiterscheinung der Initialstrahlung, die durch die starke Ionisation in Luft und Boden entsteht. Es entstehen dabei elektromagnetische Felder mit einer Stärke von einigen Tausen Volt pro Meter, die in der Lage sind, elektrische/elektronische Anlagen dauerhaft zu schädigen. Würde eine 1-Mt-Bombe in einer Höhe von 160km gezündet, so würde dies elektrische/elektronische Geräte auf einer Fläche von 25.000.000 qkm(!!) mitunter dauerhaft beschädigen.
Fall-out:
bis n-Tage nach der Detonation. Die Mushroom-Cloud (Pilzwolke) löst sich von unten nach oben auf. Sie regnet aus. Der „Regen“ ist grau bis schwarz, ist schmierig wie Öl und stinkt wie ranziges, verbranntes Fett.
Der Fall-out-Staub besteht aus allem, was direkt Opfer der Detonation wurde, nur dass alles die Form von kleineren und größeren Staubpartikeln hat. Das sich auch die verglühten Bombenteile im Pilz befanden, ist der Fall-out radioaktiv. Die Masse des Fall-out wird nach Bombengröße, Umwelt und Boden-Kontakt- oder Luftexplosion bestimmt.
Ein globaler Atomkrieg hätte auf Seiten der USA ca. 140 Millionen Tote gefordert. Auf Seiten der Sowjetunion ca. 113 Millionen Tote.
Die Zündung einer 1-Mt-Bombe in Los Angeles würde in der ersten Sekunde ca. 800.000 Tote und 900.000 Verletzte fordern.
Eine 200kt-Bombe würde 160.000 Tote und ca. 500.000 Verletzte fordern. Eine 5-Mt-Bombe in der ersten Sekunde 1.700.000 Tote und 2.800.000 Verletzte.
Die Detonation einer 1-Mt-Bombe:
- ist tödlich für ungeschütze Personen auf 1.550 qkm
- erfordert eine Totalevakuierung auf einem Gebiet von 5-750qkm für bis drei Jahre.
- erzeugt ernstes Risiko, Tod oder Lähmung auf einem Gebiet von 5200qkm
- verseucht ein Gebiet von 10.400qkm
- erzeugt ein Absterben aller Nadelbäume auf einer Fläche von 650-1300 qkm
- verseucht Agrarerzeugnisse auf 2.600qkm
- verseucht Milch auf 10.300qkm
Im direkten Umfeld der Detonation ist ein hinreichender Schutz unmöglich. Ab einer Entfernung von 2km bietet ein SS1000 3-atü-Druckbunker Überlebenschancen, verpflichtet allerdings - je nach Strahlungseinfluss - zur Evakuierung am 4. Tag.
Abschliessend.
Die globale Gesamtopferzahl nach einem weltweiten Atomkrieg würde nach 30 Jahren auf ca. 2 Mrd klettern. Eine totale Auslöschung der Menschheit erscheint unwahrscheinlich. Allerdings wäre der Planet nicht mehr der, den wir vorher kannten und vermutlicher keiner, auf dem ein Weiterleben auch nur halbwegs erträglich wäre.
Gruss
Bark
PS: Es wurden Bomben mit einer Sprengkraft von über 200-Mt in Kasachstan und im Pazifik getestet. Nach einer Detonation im Südpazifik wanderte die Welle dreimalig um den Globus. Ein griechischer Frachter vor San Francisco meldete ein Seebeben.
PSS: Wer heute keine einzige Atomwaffe hat, dessen Armee liegt auf dem „LETALITÄTSINDEX“ bei 7.200.000
Wer heute auch nur eine Atomwaffe besitzt, dessen Armee liegt auf dem „LETALITÄTSINDEX“ bei 170.000.000
LETALITÄTSINDEX = Fläche pro Zeiteinheit, in der die Waffe Menschen tötet.
Nach J.P. Robinson, in: M. Kaldor/ A. Eide: The World’s Military Order, London 1979, Seite 65 f.