ich fürchte nur, dass Haft auch nicht die Lösung ist - was passiert dann wieder kurz nach Weihnachten?
Aber… eine Lösung habe ich auch nicht für das „Problem“
Andererseits… etwas unverständlich erscheint mir da auch im Vergleich so manche andere Strafe gegen wahrlich „gewaltigere“ Verbrechen…
Beispiele? Passieren kann natürlich nur denen was, die sich erwischen lassen.
Und Alter schützt vor Strafe nicht (außer bei nicht mehr verhandlungsfähigen SS-Mördern).
Unbestritten. Erst letztens wurde hier ein Ehepaar, das die Tochter der Mutter über drei Jahre lang (da war sie 12-15) sexuell missbraucht hat, verurteilt.
Die Mutter bekam zwei Jahre noch was, der Stiefvater über fünf Jahre.
Er will in Berufung gehen, weil so oft, wie die Tochter behauptet, hätte er sie ja gar nicht missbraucht.
DA geht einem tatsächlich das Messer in der Tasche auf die Hutschnur hoch
Wie auch immer: Die Omma ist zu bedauern. Nicht, weil sie ins Gefängnis muss, sondern weil sie offenbar unbelehrbar ist… oder einfach psychisch nicht klar kommt. Alte Menschen klauen ja nicht unbedingt, weil sie sich sonst nix leisten können.
Was sollte man deiner Meinung nach mit ihr machen?
Ich möchte eine Episode berichten, die mir aus meiner Jugend im Gedächtnis geblieben ist.
Ich war mit der Schule im Rahmen des Sozialkundeunterrichts bei Gericht, in Nürnberg, 10. Klasse etwa, also ungefähr 1982. Dort wurde ein ganz vergleichbarer Fall verhandelt. Es ging dabei um eine alte Dame, Ende 70, die gestohlen hatte. Der Richter verknackte sie, weil sie eine notorische Wiederholungstäterin mit etlichen Vorstrafen war, auch damals schon zu drei Monaten (?, ganz genau weiß ich es nicht mehr) Haftstrafe ohne Bewährung. Allerdings äußerte er (mit einem gewissen Bedauern) beim Urteil, dass er nicht glaube, das die Strafe vollstreckt werden würde, da die alte Frau möglicherweise aufgrund ihres Alters und damit zusammenhängendem Gesundheitszustands nicht haftfähig sein könnte.
Wie du siehst, hat sich seit damals eigentlich nicht viel verändert. Es läuft also schon mindestens seit 1982 falsch, denn schon in der guten alten DM-Zeit, mit Mauer zum Ostblock und Schlagbaum an der Grenzen zu den Ösis, schon damals wurden Wiederholungstäter verurteilt.
hast Du, obwohl Du wohl was anderes meinst, vollkommen recht: Bereits bei den Vorgängern des StGB (* 1872) waren die Strafmaße für Eigentumsdelikte im Vergleich zu anderen Formen der Kriminalität eher hoch angesetzt.
Das hat mit der Bedeutung zu tun, die das Eigentum für unser politisches und Wirtschaftssystem hat.
Aber - im Grund ist es mir ganz recht, dass Majestätsbeleidigung in Europa schon länger nicht mehr mit dem Tod bestraft wird, und vor allem, dass jeder vor dem Begehen einer Tat nachlesen kann, wie die Rechnung dafür voraussichtlich ausfallen wird. Beides war vor dem 14.07.1789 nicht selbstverständlich. Hat schon auch was für sich, eine bürgerliche Republik.
Das wird klar, wenn man z.B. diesen Sachverhalt (wo für eine Minimalität eine alte Frau in den Knast geht) kontrastiert mit der Tatsache, dass Hauseinbrüche (eine weit schlimmere Tat, weil sie auch enorme psychische Schäden anrichten, und weil sie das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung sehr beschädigen) miserabel aufgeklärt werden, weil auch gar nicht die Mittel dafür zu Verfügung gestellt werden, und der politische Wille auch eher nicht.
Für den Knastaufenthalt vom Oma Ingrid, wo Kosten und Nutzen in einem steuerverschwendenden Verhältnis zueinander stehen, stehen sie natürlich schon zur Verfügung.
Oder Fahrraddiebstahl: völlig sinnlos, das überhaupt zur Anzeige zu bringen, weil ja doch nichts rauskommt. Nur der GPS-Tracker hat das etwas entschärft, aber dem Staat war das einfach wurscht.
So wie ihm auch die Einbrüche und der Kampf gegen Einbrecherbanden teilweise schlicht wurscht zu sein scheinen.
Du hast natürlich recht, daß man nicht verhandlungsfähigen SS-Mördern den Prozeß machen könnte, aber so ganz grundsätzlich hat man als Beschuldigter einen Anspruch darauf, bei seinem Strafprozeß anwesend zu sein. Und bei den nicht verhandlungsfähigen Nazis ist dann auch nicht das Alter das Thema, sondern der Gesundheitszustand und nach allem, was ich über die Frau gelesen habe, scheint die ja noch ganz rüstig zu sein.
Und gibt’s noch ein paar Details zu dem Verfahren? Verminderte Schuldfähigkeit wegen IQ nahe null, z.B.?
Häh? Die Frau hat geklaut und zwar oft und hat dafür auch schon gesessen und hat trotzdem wieder geklaut. Es ist doch vollkommen Latte, ob die 20, 40 oder 84 Jahre alt ist. Bei den kriminellen Jugendlichen wird bedauert, daß die nach zig Diebstählen immer noch frei rumlaufen und bei alten Frauen gilt der „Omma Ingrid“-Bonus oder was? Gibt’s doch gar nicht. Und ab wann geht’s denn dann bei wiederholungstätern in den Knast? Ab 20 Euro? Ab 50 Euro? Ab 100 Euro? Aber 1 Mio. doch bestimmt? Wenn das ihre erste Tat gewesen wäre, wäre das Verfahren auch gegen Auflage eingestellt worden, aber doch nicht beim dreiundzwölfzigsten mal.
Ja, genau. Die Wohnungsdiebstähle sind von den Politikern über die Gerichte bis hin zur Polizei allen egal und weil die alle nix gemacht haben, ist die Zahl der Wohnungseinbrüche in Deutschland auch um rd. 40% in den letzten vier Jahren zurückgegangen.
Echt nicht? Keinem? Auch keinem Gesindel, daß mehrfach vorbestraft ist, schon in Knast gesessen hat und dessen Strafe dann zum Teil auf Bewährung ausgesetzt wurde, gegen die nun mehr als offensichtlich verstoßen wurde? Glaub ich nicht.
Es gibt mindestens eine Sache, die richtig läuft und das ist, daß man das Fällen vor Urteilen nicht den Leuten auf der Straße überläßt.
Der Berichterstattung aus der Presse war nichts dergleichen zu entnehmen. Die Hellsten sind beide sicher nicht, aber es waren auch beide in der aktiven Mannschaft der örtlichen Feuerwehr und hatten normale Berufe.
Ja, das ist ein häufiges Problem: die Presse nimmt am Prozeß nicht teil und hat deswegen keine Ahnung, was verhandelt wurde und wie die Urteilsbegründung lautete oder die Presse versteht nicht, was an dem ganzen geredeten Zeug, was die Presse als Fachchinesisch bezeichnen würde, wirklich wichtig war oder am Ende will oder kann man der Berichterstattung nicht den Raum einräumen, den sie verdiente. In jedem Fall ist das Ergebnis, daß der Leser noch weniger weiß und/oder versteht als der Pressevertreter und dann wütend Geschichten verbreitet - z.B. die, daß „jeder Steuerhinterzieher länger in den Knast muß als ein Kinderschänder“.
Ach so. Ab wann sollte denn Deiner Ansicht nach die Straffreiheit analog der Strafunmündigkeit einsetzen?
Die Höhe der Aufklärungsquote liegt in der Natur der Sache: die Tat erfolgt in der Regel nicht in Gegenwart des Opfers, Spuren muß man nicht notwendigerweise hinterlassen und die Beute kann man problemlos loswerden und - sofern man das hier überhaupt noch schreiben darf: die Mehrzahl der Täter ist a) organisiert und hat b) seinen Wohnsitz im Ausland. Daher ist ja auch das Ziel der Behörden, es hier den Tätern etwas ungemütlicher zu machen, d.h. durch mehr Präsenz in den Wohngebieten, durch EDV-gestützte Prognosen, durch Kontrollen an den großen Ost-West-Verbindungen, Störung der Absatzwege, Rückzugsräume und Treffpunkte.
Hier implizit in den Raum zu stellen, die Polizei im speziellen und die Behörden im allgemeinen wären auf der Jagd nach hilflosen kleinen Ommas, die sich Brot und Butter zusammenklauen müssen, während sie gleichzeitig die viel schlimmeren Raubzüge durch deutsche Wohnzimmer ignorieren, ist schon ziemlich schwach.
diverse Kosmetikartikel, Sahnesteif und Haarklammern im Gesamtwert von 17,63 Euro
Vier Monate wegen eines Ladendiebstahls, der nur vier Monate nach dem ersten Gefängnisaufenthalt aufgedeckt wurde. Dazu etliche Vorstrafen, die zur Bewährung ausgesetzt waren.
Aus Hunger wird sie diese Dinge nicht gestohlen haben. Vielleicht eher, weil sie ein psychologisches Problem hat.
Auf jeden Fall ist sie eine notorische Täterin, einen Strafrabatt für „ist 84 Jahre alt“ gibt es nicht.
Ach?
Wenn du die meinst, die nicht gefasst werden: Da hast du vollkommen recht.
Von Straffreiheit habe ich nicht gesprochen.
Unterstelle mir doch nicht einfach etwas.
Ich finds nur unnötige Geldverschwendung, eine 84jährige für Mini-Ladendiebstähle zu inhaftieren. Ist ja nicht so, dass das nicht ziemlich teuer wäre.
Wenns die vollen 11 Monate werden würde, wären das wohl über 30.000 Euro.
Ein ganz schlechter Witz aus meiner Sicht.
Natürlich, aber mit einem großen Spielraum, der eben u.a. durch die personale und sachliche Ausstattung der Polizei bestimmt ist.
Das wird von der Polizei doch auch selbst immer wieder vorgebracht, und von Kriminologen auch.
Google ist voll von Artikeln in seriösen Zeitungen dazu.
Oh mei oh mei, lies doch einfach das, was da steht, und nicht das, wovon du glaubst, dass es dasteht.
Über das allgemeine Tauschmittel Geld besteht nun mal ein Zusammenhang zwischen der Inhaftierung der Oma und der schlechten Ausstattung der Polizei bei der Bekämpfung solcher Delikte wie Fahrraddiebstahl, Taschendiebstahl, Wohnungseinbruch usw.
Die „arme“ Oma" ist eine unbelehrbare Mehrfachtäterin und das ist auch nicht ihr erster Gefängnisaufenthalt, immer wegen der gleichen Vergehen. ramses90
Also erstens kennt die StPO die Möglichkeit, ein Verfahren wegen Geringfügigkeit einzustellen. Der Paragraph war hier nur leider nicht mehr anwendbar, weil es sich um eine Serientäterin handelt, die wegen der gleichen Straftat schon gesessen hat und die auf Bewährung vorzeitig entlassen wurde. Und jetzt kommt die alles entscheidende Frage: wie glaubwürdig ist ein Staat, wenn er Täter, die die gleiche Tat immer und immer wieder begehen, einfach mal laufen läßt?
Das Strafrecht soll auch eine abschreckende Wirkung haben und zu recht wird kritisiert, daß die Abschreckung nicht mehr funktioniert, wenn Intensivtäter nach der x-ten Tat immer noch frei rumlaufen dürfen oder Straftäter auf ihren Prozeß viele Monate oder sogar Jahre warten müssen.
Die Frau hat es in unserem, ohnehin durchaus täterorientierten Justizsystem geschafft, sich so oft erwischen und verurteilen zu lassen, daß sie am Ende hinter Gittern gelandet ist. Daß sie nun bei laufender Bewährung (aus zwei Verfahren/Urteilen, wohlgemerkt) wieder straffällig geworden ist, macht nur offensichtlicher, daß die Täterin a) nichts gelernt hat und b) auch bewußt dem Justizsystem auf der Nase rumtanzt.
Und hier kommt dann wieder das Thema Glaubwürdigkeit des Staates ins Spiel.
Im übrigen ist es durchaus von Vorteil, wenn bei der Festlegung von Strafmaßen nicht unmittelbar darauf geschielt werden, ob Kosten der Unterbringung und monetärer Schaden der Straftat in einem angemessenen Verhältnis stehen. Daß zwar Verfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt werden können, habe ich schon geschrieben, aber damit erschöpft sich dieser Zusammenhang auch schon. Der Gesetzgeber hat nämlich erkannt, daß Schaden nicht nur finanzieller Art sein muß (vgl. § 46 Abs 2 StGB).
Durch Wiederholung wird das ganze nicht richtiger. Die Wohnungseinbrüche waren eine Schwerpunkt der polizeilichen Aktivitäten in den letzten Jahren und das mit dem geschilderten Erfolg. Warum man bei Wohnungseinbrüchen niemals auf die gleichen Aufklärungsquoten wie bei Mord und Raub kommen wird, habe ich schon dargelegt.
[quote=„FBH, post:16, topic:9449720“]
Welche derzeit nicht zur Verfügung gestellte Ausstattung schlägst Du denn vor, die der Polizei bei Aufklärung von Wohnungseinbrüchen, Fahrraddiebstählen und Taschendiebstählen helfen würde?
Ach ja, übrigens: die Polizei wird vom Innenministerium bezahlt und der Justizvollzug vom Justizministerium. Insofern könntest Du für die angeblich schlechte Ausstattung der Polizei, die angeblich zu den schlechten Aufklärungsquoten bei den genannten Straftaten führt, genauso die Krötentunnel, die Landesgartenschau oder die Höhe der Aufwandsentschädigung für die Landtagsabgeordneten verantwortlich machen.
Zwischen „wegen Geringfügigkeit einstellen“ und „Inhaftierung“ dürfte es noch ein paar Stufen geben.
Gegenfrage: wie glaubwürdig ist ein Rechtsstaat, wenn er zwar alte Omas einsperrt, aber z.B. Fahrraddiebstähle gar nicht mehr versucht, aufzuklären?
Um jetzt nicht nur mit einer Gegenfrage zu antworten: Ja, im Bereich der Kleinstkriminalität kann ein Staat auch bei Wiederholungstätern auf das Mittel Haft verzichten, ohne sich deshalb unglaubwürdig zu machen?
Wie gut die Haftstrafe wirkt, hat Oma Ingrid ja nun bewiesen
Im Ernst: natürlich ist dein Satz richtig, aber alles ist halt, wie immer bei ökomischen Angelegenheiten, eine Abwägungssache.
Auch Oma Ingrid hätte man noch irgendeine soziale Arbeit als Strafe aufbrummen können.
Hätte wahrscheinlich wie die Inhaftierung nichts gebracht, aber nur einen Bruchteil davon gekostet. Und dass daran die Glaubwürdigkeit des Staates leiden würde, erscheint mir viel zu hoch gegriffen.
Das sehe ich im Bereich der Kleinstkriminalität grundsätzlich anders.
Deren Verfolgung muss definitiv einem Kosten-Nutzen-Kalkül unterworfen sein.
Es liegt halt nicht „in der Natur der Sache“, sondern v.a. in der Natur des Staates bzw. der Gesellschaft.
So hat z.B. Japan auch im Bereich der Einbruchsdiebstähle eine viele höhere Aufklärungsquote als Deutschland. Kannst du googeln.
Das heißt nicht, dass ich D japanisiert haben möchte (mit hoher sozialer Kontrolle und einer Polizeiwache an jeder Straßenecke), aber es zeigt eben, dass es nicht einfach „natürlich“ ist.
Zugegeben steht Deutschland im internationalen Vergleich trotzdem noch relativ gut da.
Natürlich hängt das in der Sache zusammen, oder sprechen wir von verschiedenen Deutschlands?