Hallo,
Ich glaube, dass dies ohnehin eine sehr böswillige Interpretation ist.
Es ist eine mögliche und auch, wenn ich es mit meinen Beispielen zugespitzt habe, war das eingebrachte Beispiel, dass man etwa gezielt Herrn Schäuble sein Lebensrecht implizit abspricht, des gleichen Geistes Kind.
Also spricht jeder der nicht zur Organspende bereit ist, anderen das Lebensrecht ab? Das könnte man ja durchaus auch auf Lebendspenden erweitern. Jeder der nicht bereit ist eine seiner Nieren oder ein Teil seiner ohnehin nachwachsenden Leber zu spenden, spricht einem oder allen potenziellen Empfängern ihr Lebensrecht ab? Ich glaube diese Interpretation ist zu weit hergeholt.
Der Organspender, der vorher keiner sein wollte, dies nun aber vielleicht wird, stellt nichts in Frage, sondern eben im Falle des Falles doch Organe zur Verfügung.
Damit ist er doch auf jeden Fall besser, der auf keinen Fall Organe spendet?
Ist das auf jeden Fall so?
Ja.
Ist derjenige wirklich besser, der einen ertrinkenen Weissen aus dem Wasser zu ziehen bereit ist den Schwarzen daneben aber nicht als derjenige der vielleicht aus Angst gar nicht helfen mag?
Also wir haben hier die Entscheidung, ob eine Person gerettet werden soll oder keine? Ich würde bei dieser Auswahlmöglchkeit ganz klar, das Retten einer Person befürworten. Und mehr kann eben der Organspendr auch nicht tun, da er ja bis auf seine Nieren auch nur ein Organ hat, welches bei mehreren Leuten passen könnte.
Ich würde daher gerne beim Beispiel der Organspende bleiben. Es nutzt nichts hier andere Vergleiche heranzuziehen, die mehr als nur hinken.
Die Frage ist, ob es besser ist, ob jemand 100 potenziellen Empfängern minus 1, seine Organe zur Verfügung stellt oder 100 - 100 =0. Ich würde klar zu Ersterem tendieren. Denn dieser minus 1 rückt dann ja trotzdem einen Platz hoch und/oder er hat bei anderen Spenden eine bessere Chance, da dort nicht er sondern andere per Negativliste ausscheiden. Davon abgesehen ist es auf die Gesamtbevölkerung betrachtet ohnehin gleichgültig, wer von den 100 gerettet wird. Es gibt eben nur das eine Organ in diesem einen Fall. Man kann vortrefflich am grünen Tisch darüber schwadronieren, ob das für jeden gerecht sei.
Einfach mal in die Lage eines Notarztes versetzen, der bei einem Massenunfall helfen soll. Der muss ständig die Entscheidung treffen, wem er jetzt welche Hilfe zukommen lässt. Und egal wie diese Entscheidung ausfällt, bedeutet das, dass einer oder mehrere andere solange keine Hilfe erhalten. Niemand würde da ernsthaft dem Arzt irgendwas unterstellen. Wenn es aber soweit kommt, dass der sich erstmal eine Liste erstellen muss, wie hoch der Frauen-, Juden-, Neger-, Homosexuellen-, Ausländeranteil oder Kombinationen daraus, ist und danach seine Hilfe ausrichten soll, um hinterher nicht von irgendwelchen Unterstellungsfanatikern vor Gericht gezerrt zu werden, dann ist auf jeden Fall etwas schiefgelaufen.
Oder stellen auch alle Nicht-Organspender das Lebensrecht anderer in Frage?
Es gibt ja auch andere Gründe sich gegen Organspenden zu entscheiden als die Abqualifizierung bestimmter Menschen als unwürdig, die Organe und damit eine Chance auf Leben zu bekommen.
O.K.: Dann begrenzen wir die Frage eben auf die, die es gesundheitlich könnten.
Und warum muss man immer gleich sowas unterstellen?
Wenn ich für die Hochwasseropfer in was weiß ich wo spende, dann qualifiziere ich doch auch nicht alle Vergewaltigungsopfer, vom Hunger bedrohte und sonstwie Hilfebedürftige herab. Wie kann man nur auf solch einen Gedanken kommen?
Eine solche Negativliste könnte ja z.B. auch so aussehen:
Meine Organe dürfen nicht gegeben werden an:
Sorry. Tippfehler. Es sollte heißen: Nichtdeutsche. Ansonsten verstehe ich deine Einlassung nicht, oder hast du meinen folgenden Disclaimer nicht verstanden?
Na klar, habe ich schon richtig verstanden. Aber es zeigt doch schonmal, dass solche Negativlisten nicht ganz unproblematsich sind. Wenn sie eingeführt würde, müßten solche Fehler zumindest unmöglich sein. Ich denke, dass es technisch kein Problem wäre. Notwendig wäre freilich, dass jeder solche Angaben macht und sie dann im Falle des Falles sofort abrufbar sind. Der Computer spuckt dann eben nur noch die Liste mit den 99 geeigneten Leuten aus. Niemand und schon gar nicht der Ausgeschlossene muss erfahren, wer da ausgeschlossen ist. Erfährt doch heute auch schon niemand.
Davon abgesehen, gibt es ja auch heute schon irgendwie eine gewisse Selektion der Empfängergruppen. Jedenfalls wenn man im Bereich von Eurotransplant sein Leben aushaucht sind schon mal viele Juden und Neger ausgeschlossen ;o).
Nein, sind sie nicht. Wenn sie im Einzugsbereich von Eurotransplant leben, haben sie die gleichen Chancen.
Ich habe nochmal hervorgehoben, auf welches Wort es besonders ankam.
Mehr Spenden sind auf jeden Fall besser als weniger.
Das ist m. E. ein notwendiger Versuch einen Ausgleich zu finden zwischen der unterschiedlichen Spendenbereitschaft der einzelnen Länder.
Nein, es geht längst nicht nur um die Bereitschaft. Zum einen haben die Länder unterschiedliche Regelung, ob und wie eine solche Bereitschaft bekundet werden soll. Zum Anderen haben sie auch andere praktische Voraussetzungen geschaffen, wie dann verfahren wird. In Deutschland scheitert es oft auch schon daran, dass sich das Krankenhaus um dieses Thema gar nciht kümmert.
Darin steckt aber natürlich auch der Kern des gleichen Problems, dass ich aufgeworfen habe.
Nämlich? Ich sehe hier vor allem, dass dort täglich Leute die Entscheidung darüber treffen, wer die Chance bekommt weiter/länger/besser zu leben als einer bzw. mehrere andere. Nichts anderes als was ein Spender mit Negativliste tun würde, wobei die ja nicht mal zum Tragen kommen, da er dann gar nicht spenden kann oder aber ohnehin jemand außerhalb der Liste zum Tragen käme. Und spätestens dann wäre es doch schade, wenn er mangels Negativliste gar nicht spenden wollte.
Also warum lässt man solchen Leuten nicht einfach diesen Spaß?
Im Prinzip müsste auch die Staatsangehörigkeit und damit die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Spenderkollektiv egal sein.
Da Eurotransplant aber ein Zusammenschluss nationaler Verbände u.Ä. ist, die jeweils auch einen nationalen „Auftrag“ haben, muss dem wohl Rechnung getragen werden.
Aha. Also ich finde diese Regelung absolut korrekt. Wäre ja noch schöner, wenn sich da eine Gruppe auf Kosten der anderen bereichern könnte. Passt natürlich nicht in das Schema des Besitzstandwahrens und der Überhöhung des Individuums in Deutschland.
Natürlich müsste dann eine solche Negativliste implizieren, dass derjenige eben von Spenden aus der Gruppe seiner Negativliste ebenfalls ausgeschlossen wäre. Somit würde sich diese Problematik weitgehend aufheben.
Ich bin sogar dafür, dass dies grundsätzlich so gehandhabt würde. Wer nicht spenden will, müßte natürlich auf einer Liste immer erst am Ende stehen. Sinn machte eine solche Regelung naturgemäß auch nur dann, wenn eine solche Entscheidung nicht erst mit 65 Jahren, sondern meinetwegen mit 18 abgefordert wird.
Oder ein Land legt einfach fest, dass er analog zur Pflicht zur Hilfeleistung oder Wehrpflicht eben auch automatisch Organspender ist.
Selbstverständlich würde ich dann als Regierung des Landes, das sowas für seine Bürger festlegt, darauf bestehen, dass diese Verpflichtung meine Bürger nicht zum Netto-Organ-Exporteur gegenüber Ländern macht, die dies nicht von ihren Bürgern verlangen.
Grüße