Hallo Billi,
In der Tat - aber zwischen „Held des Widerstands“ und
„Kollaborateur des Regimes“ gibt es nun einmal auch jede Menge
Graustufen.
da könnte ich eine anbieten. Bei Menschen, die den öffentlichen Einfluß, den sie haben, nicht nutzen um Verbrechen gegen die Menschlichkeit anzuprangern und dagegen Stellung zu beziehen, sondern stattdessen schweigen, spricht man von moralischem Versagen. „Moralischer Versager“ passt ganz gut auf Herrn Bergoglio.
Und was die konkret angesprochenen zwei (!) Fälle angeht, so
hat sich zumindest der eine der beiden betroffenen Priester
schon geraume Zeit vor der Papstwahl mit Franziskus
ausgesprochen und öffentlich kundgetan, dass er mit ihm im
Reinen ist
Diese Geste der Vergebung ehrt Francisco Jalics - aber wohl kaum Papst Franz. Bergoglio hatte ihn und Orlando Yorio aus dem Jesuitenorden ausgestoßen und damit de facto zu Vogelfreien gemacht bzw. signalisiert, dass sie nicht unter dem Schutz der Kirche stehen. Unklar ist lediglich, ob der Ausschluss der Entführung unmittelbar voranging oder kurz darauf erfolgte.
(der andere kann sich, da bereits verstorben nicht
mehr äußern).
Beide - Jalics und Yorio - haben sich nach ihrer Freilassung vor dem Ordensgeneral der Jesuiten geäußert und dabei Bergoglio einen Denunzianten genannt - das ist noch etwas dunkelgrauer als „moralischer Versager“.
Wer sich nicht äußern konnte, das waren die vier Lehrerinnen und zwei ihrer Ehemänner, die mit den beiden Priestern zusammengearbeitet haben und auch zusammen mit ihnen entführt wurden - die wurden nie wieder gesehen; sie gehören zu den ca. 30.000 Desaparecidos.
Ganz abgesehen davon fühle ich mich immer, wenn Leute, die
selbst niemals in einer Diktatur gelebt haben, anfangen sich
darüber auszulassen, wie sich andere unter den gegebenen
Umständen hätten verhalten sollen, versucht, flucks eine
Zeitmaschine zu basteln und sie einem Praxistest auszusetzen.
Ich schätze, Du übersiehst da etwas. Es ist ein großer Unterschied, ob man in einer Militärdiktatur, die sich ausdrücklich darauf beruft, traditionelle christliche Werte zu vertreten, ein einfacher Bürger ist, der sich für soziale Gerechtigkeit engagiert, ob man ein einfacher Jesuitenpater ist, der das tut - oder der ranghöchste Jesuit des Landes. Das macht, was die persönliche Gefährdung angeht, einen Riesenunterschied.
Freundliche Grüße,
Ralf