Hallo Billi,
Die Frage ist, ob es vor einem Jahr in den Provinzen North und South Hwanghae zu einer Hungerkatastrophe mit über 10.000 Toten und dadurch bedingt zu Kannibalismus gekommen ist.
Tatsächlich war die Frage, ob die Berichte über Fälle von
Kannibalismus glaubwürdig sind,
Wie ich schon schrieb - man kann sie glauben, wenn man denn unbedingt will, man muss aber nicht. Da wurden Gerüchte kolportiert, mehr nicht. Wenn man sich ernsthaft für Menschenrechte engagiert, ist es ein wenig dünn, persönlichen Glauben und Gerüchte statt Fakten zur Grundlage des Engagements zu machen. Schlimmstenfalls diskreditiert man damit eine gute Sache.
Von meiner Kenntnislage über die Videla-Diktatur hast Du schlicht keine Ahnung.
Und wenn Du sie mit einem „Kindergartenausflug“ vergleichst,… dass du entweder nicht korrekt zitieren kannst oder mit
Absicht die in dem Zusammenhang nicht unwichtigen Worte „im
Vergleich zu Nordkorea“ weglässt
Das macht diese Verharmlosung einer Diktatur, die in nicht einmal 7 Jahren neben anderen Schändlichkeiten mit Wissen und Billigung hoher Kirchenfunktionäre ca. 30.000 Menschen gefoltert und umgebracht hat, nicht für 5 Cent besser. Das ist genauso widerlich wie Versuche, die Verbrechen der Nazis mittels Zahlenspielereien und Vergleichen zu relativieren.
- und dass deine Kenntnisse
in Sachen Nordkorea offenkundig nahezu nichtexistent sind.
Und das behauptet ausgerechnet jemand, der als Beleg für die angeblichen über 10.000 Hungertoten in Hwanghae spassigerweise den Untersuchungsbericht des World Food Programme anführt. Ganz offensichlich, ohne überhaupt einen Blick hineingeworfen zu haben - der Bericht belegt nämlich im Gegenteil, dass diese Gerüchte nicht stichhaltig und damit auch nicht glaubwürdig sind. Genau das habe ich Dir ja auch geschrieben:
„Hast Du mal reingeschaut? Mal von der chronischen Unterernährung abgesehen - findest Du da in dieser im Oktober 2012 abgeschlossenen Untersuchung Hinweise auf die Hungerepidemie in den Provinzen North Hwanghae und South Hwanghae, die im ersten Quartal 2012 zu den angeblichen Kannibalismusfällen geführt haben soll? Schau Dir mal die Statistiken ab S. 16 bis S. 25 an. Man sollte doch annehmen können, dass eine maximal ein halbes Jahr zurückliegende Hungerkatastrophe mit über 10.000 Toten (das Dossier spricht sogar von ‚zehntausenden‘) und Kannibalismus in den beiden genannten Provinzen zu signifikanten Auffälligkeiten bei den in diesen Provinzen untersuchten Kindern und Frauen führt. Ist aber offensichtlich nicht der Fall.“
Das behauptet jemand, der nicht einmal die Quelle für die einschlägigen Zeitungsmeldungen kannte und geprüft hat - eine Quelle, deren Herausgeber ausdrücklich schreibt:
„… we firmly believe that in 2012, a large-scale famine hit the Hwanghae region to the southwest of Pyongyang. We estimate that the number of deaths may have exceeded ten-thousand.“
Herr Ishimaru Jiro glaubt also, dass es eine Hungersnot gegeben hat, er schätzt , dass die Zahl der Verhungerten 10.000 überschritten habe könnte. So weit ist das ja noch sachgerecht und in Ordnung. Das dann aber zur Grundlage von Tartarenmeldungen zu machen, in denen das, was da nur geglaubt und geschätzt wird, als Tatsache und Nachricht der Weltöffentlichkeit angedreht wird, hat mit seriösem Journalismus nicht das geringste mehr zu tun. Das ist Desinformation; ein Musterbeispiel für information warfare. Zu deren willigen Opfern und rekrutierten Kombattanten z.B. Du gehörst. Frage Dich mal ernsthaft, was Deine „Kenntnisse“ über Nordkorea eigentlich wirklich wert sind.
Ansonsten berufst Du dich lediglich noch auf ein Buch von Barbara Demick - zweifellos ein gutes, sauber recherchiertes Buch einer renommierten Journalistin. Die aber ausgerechnet in dem Zitat, das Du als „Beleg“ anführst, deutlich macht, dass sie nicht entscheiden könne, ob es sich bei den Kannibalismus-Gerüchten um „urban legends“ handelt oder nicht. Das - solche Vorbehalte wie die von Herrn Ishimaru oder Frau Demick einfach auszublenden - unterscheidet Dich von diesen seriösen Journalisten. Dein Gegeifer gegen Nordkorea (um Deine Diktion aufzugreifen), meine Liebe, beruht auf Emotionen, nicht auf kritisch ausgewerteten Informationen. Wenn man sich ernsthaft für Menschenrechte angagiert, reicht es eben nicht, möglichst viel zu lesen und dann seiner Empörung freien Lauf zu lassen. Man muss das Gelesene - egal, aus welcher Richtung es kommt - erst einmal kritisch prüfen und bewerten können und sich ein abgewogenes Urteil bilden. Das nennt sich Medienkompetenz - und genau die geht Dir zumindest im Fall Nordkorea offensichtlich völlig ab.
Freundliche Grüße,
Ralf