Pfälzisch

Hallo Dialekt-ler,
warum sagt man im Pfälzischen folgendes:
Ich fahre auf (!) Berlin.
Ich hab gestern das (!) Katrin getroffen.
Mir kräuselt es jedesmal die Fussnägel nach innen, wenn ich es höre. Aber wo kommt es her?
Grüße
Almut

Hallo Almut,

das alles geht noch viel weiter: Ich kenne zwei Schwestern aus Leverkusen, dat
Anni und dat Marlene – dat is da durchgängig so, auch im Ruhrpott.
Und im Schwäbisch fährt man auch „auf Schtuagert“, wenn man nach Stuttgart reist
oder in Bayern „auf Minga“, wenn man die Landeshauptstadt besucht.

Gruß
Bolo

Oberdeutsch, aber auch niederdeutsch und überhaupt
Hallo, Almut!

warum sagt man im Pfälzischen folgendes:
Ich fahre auf (!) Berlin.

Das hat denselben Grund, weshalb man in Österreich „am Land“ lebt und der Efeu „am Fenster“ hereinwächst. Oder warum man „auf der Uni“ studiert, „aufs Rathaus“ geht, „auf der Post“ arbeitet.
Solcherartige Variationen gibt es noch mehr.

Ich hab gestern das (!) Katrin getroffen.

Das ist nicht nur im Pfälzischen so, sondern auch in weiten Teilen des oberdeutschen Sprachraums, etwa im Schwäbischen, im Alemannischen.
Bei uns sagt man, alle Mädchennamen beginnen mit „S“.
Sbabbett, Sliese, Sklärle. Mit dem bestimmten Artikel wird draus: Dbabbett, Dliese, Dklärle; besonders hübsch wird es bei Namen mit „S“ am Anfang, dann entstehen Formen wie: Zusanne, Zabine, Zophie.

Im niederdeutschen ist es dann „datt Elsbett“.
Oder man fragt: Wo kommst du wech?

Mir kräuselt es jedesmal die Fussnägel nach innen, wenn ich es höre.

Sag deinen Zehen, sie sollten etwas toleranter gegenüber diesen Regionalismen werden! :wink:

Aber wo kommt es her?

Unterschiedliche regionale Entwicklungen!

Einer deiner Namensverwandten hieß in früheren Generationen „Göte“, wurde dann zu „Göthe“*, sein Vater fand die Schreibung „Goethe“ noch besser und in jener Zeit konnte man solche Veränderungen leicht anbringen.
Die ursprüngliche Namensform dürfte ahd. „got“ = Gott, aber auch Taufpate, Pate (=> engl. godfather) sein. Dafür sprechen noch heutige Dialektformen: Godel, Gaul.

Übrigens sind alle diese Schreibweisen auf den weimarischen Geheimen Rath oder Geheimrat zu finden.

* An dieser Stelle haben wohl deine Vorfahren die Tüpfelchen verloren.

Beste Grüße
Fritz

Hallo Almut,

warum sagt man im Pfälzischen folgendes:
Ich fahre auf (!) Berlin.

auch in Gelsenkirchen (= Ruhrpott) geht man auf Schalke.

Ich hab gestern das (!) Katrin getroffen.

Dat Katirin kennste ooch?!
Dat is auch im Rheinland so.
Da gibts aber auch andere Artikelvergaben, die Nichtrheinländern die Haare zuberge stehen lassen

Jib misch der Brill (gib mit bitte die Brille)
Der Auto ist kapott

Gandalf

Hallo Almut,

Ich fahre auf (!) Berlin.

als Hinterpfälzer habe ich sowas noch nie gesagt. Da, wo ich herkomme, sagte man: „[Isch fah no Bärlihn].“ Leider kann ich nicht phonetisch, aber das Wichtige kommt rüber. Wenn man hingegegen zum Rathaus musste, so sagte man: „[Isch geh uff die Gemäh].“ Aber wo ist das Problem? Ich referenziere auf den ALDI-Witz. In Frankreich sagt man z.B. „a Paris“ aber „en France“, was wir mit " in Paris" und „in Frankreich“ übersetzen. Armes Hochdeutsch?

Ich hab gestern das (!) Katrin getroffen.

Das ist interessant, aber nichts dem Pfälzischen Eigentümliches, wie die Beispiele meiner Vorschreiber aufwiesen. Das könnte in Zusammenhang mit der Vermeidung sexueller Konnotationen gesehen werden (wie z.B. bei „das Fräulein“), vielleicht hängt es aber auch mit der im Pfälzischen gebräuchlichen Genitivkonstruktion zusammen, wie z.B. in: „[Geschdern hann isch es Horlemanns Kaddrin gedroff].“, mit der der Familiennamen in’s Spiel gebracht wird.

Mir kräuselt es jedesmal die Fussnägel nach innen, wenn ich es
höre.

Je nun, über Geschmack lässt sich nicht streiten.

Grüße, Thomas

Zum pfälzischen Neutrum - Zusatzfrage
Hallo,

ich hab eine Zusatzfrage.
Natürlich kenne ich das „das Gisela“ und „das Silke“
aus dem Hinterpfälzischen. Im Kurpfälzischen, das
nur nebenbei, gibt es Skettsche usw. NUR, wenn es sich
um einen tatsächlichen Diminutiv handelt (das Kätchen).

Meine Frage:
Im Pälzischen sagt man aber ganz konkret „es“ zu
einer Frau.
Also so:
Das Gisela is zu Besuch kumme. Es hott donn gemeent…
Gibt es das auch in anderen Dialekten die „das“ vor
Frauennamen setzen oder wird dann als Personalpronomen
doch wieder „sie“ benutzt?

Gruß
Elke

Hi!

Die ursprüngliche Namensform dürfte ahd. „got“ = Gott, aber
auch Taufpate, Pate (=> engl. godfather) sein. Dafür
sprechen noch heutige Dialektformen: Godel, Gaul.

Noch eindeutiger: Göd als mänliches Pendant zur Godel.

alien

Hi Fritz,

Ich hab gestern das (!) Katrin getroffen.

Das ist nicht nur im Pfälzischen so, sondern auch in weiten
Teilen des oberdeutschen Sprachraums, etwa im Schwäbischen, im
Alemannischen.

Das könnte ich für meine Herkunft (Ostalb) nicht bestätigen.

Bei uns sagt man, alle Mädchennamen beginnen mit „S“.
Sbabbett, Sliese, Sklärle.

Das wäre dann eigentlich das Babett, das Liese usw.

Mit dem bestimmten Artikel wird
draus: Dbabbett, Dliese, Dklärle;

Das sehe ich an als: Die Babet, die Liese usw. – also ebenso ein bestimmter
Artikel wie zuvor, nur femininum und nicht neutrum.

besonders hübsch wird es bei
Namen mit „S“ am Anfang, dann entstehen Formen wie: Zusanne,
Zabine, Zophie.

Na ja, ist halt dSusanne usw. (=die)

Gruß
Bolo

Noch eindeutiger: Göd als mänliches Pendant zur Godel.

Danke, Alien,

für die Ergänzung. Bei Nestroy vielmals zu lesen! :wink:

Ich hab nur die Femininform genannt, weil ich selber meine Taufpatin nie anders als „Gaul“, was eine dialektale Verschleifung von Godel ist, angeredet habe.

Das schwäbische „Dote“ und das männliche „Dot“, aber auch „Dete“ gehören auch hierher.

Gruß Fritz

Hi, Bolo!

Das sehe ich an als: Die Babet, die Liese usw. – also ebenso ein bestimmter Artikel wie zuvor, nur femininum und nicht neutrum.

Pfffüüühhh! Was soll ich dazu sagen? Du könntest Recht haben, für deine Heimatregion, obwohl ich zweifle.

Zabine, Zophie.

Na ja, ist halt dSusanne usw. (=die)

Klardoch, ist aber ein Extrajux, statt „dS“ einfach fonetisch gleichbedeutend „Z“ zu schreiben.

Sabine Kapfinger, die Jodlerin bei Hubert von Goisern und den Alpinkatzen, nannte ihre Debüt-CD: Zabine!
Mir gefällt diese Schreibweise besser.

Gruß
Fritz

Ich hab gestern das (!) Katrin getroffen.

Das geht auch in Mittelhessen so. Wo ich früher gewohnt habe, unterscheidet man sogar zwischen „Das/dat Steffi und es/et Steffi“, wobei „es“ ganz neutral der Artikel bei Mädchennamen ist, „das“ hingegen eine eher negative Konnotation hat (wird gerne benutzt, wenn entsprechendes Mädchen was angestellt hat).
Zur Form des Artikels im Allgemeinen: es heißt ja auch „das Mädchen“, ist also nicht ganz unlogisch, das Mädchen auch das Steffi zu nennen…
(Im Übrigen sagt man bei uns auch „die Bach“)

Hallo Elke,

Gibt es das auch in anderen Dialekten die „das“ vor
Frauennamen setzen oder wird dann als Personalpronomen
doch wieder „sie“ benutzt?

Im Rheinland:
Dat Elke hät gedaacht, dat dat nur bey denne esu is. Et hät sisch evver verdaan.
(Die Elke hat dedacht, das das nur bei ihnen so wäre. Sie hat sich aber vertan)

Gandalf

Servus Almut,

zur Sache hast Du schon Aufklärung bekommen.

Bloß noch einer, weils so schön ist:

Ein noch nicht lang verbeamteter Lehrer, den es aus der Gegend von Itzehoe „uff Bembara“ verschlagen hatte, fragte einen Schüler, warum sein Vater nicht zur Elternversammlung erschienen sei, obwohl er dieses doch zugesagt hatte. Die Antwort war:

„Joo, der hot miassa uff Egna naa, dô hontse Gmuatsrôtssitzig gheet.“

Der Lehrer machte ein verständnisvolles Gesicht, vermutlich glaubte er, es handle sich bei „uff Egna naa“ um eine lebensbedrohliche Erkrankung oder einen Trauerfall, und ließ es dabei bewenden. Den Ortsnamen Ehingen und den Anlass der Fahrt hat er wohl kaum erkannt.

Es hat alles sein Sach…

Schöne Grüße

MM

Hi!

Und ich frag mich, was ein Gaul mit der Godl zu tun hat…
Okay, JETZT hör ich´s raus. *g*

„Der Herr Göd“ und „die Frau Godl“, nie direkt angesprochen, immer indirekt („Möcht die Frau Godl einen Kaffee?“) weckt bei mir Kindheitserinnerungen an die Sommer am Bauernhof des Firmkindes meiner Großmutter.
Und bis zuletzt hat das „Patenkind“ (damals auch schon Großmutter) meine Großmutter gesiezt, die zurückgeduzt hat.

Ach ja… ich werd alt.

alien

Sorry, ich neige zu Abschweifungen. :wink:

Noch eindeutiger: Göd als mänliches Pendant zur Godel.

In einigen Regionen ist es auch Der Patt, aber die Goot.

Hallo Almut,

Ich fahre auf (!) Berlin.

als Hinterpfälzer habe ich sowas noch nie gesagt. Da, wo ich
herkomme, sagte man: „[Isch fah no Bärlihn].“

Den Ausdruck „uff Berlin“ gibt es schon auch, er wird nur nicht so oft verwendet.

Dabei gab es im älteren Schriftdeutsch ja auch den umgekehrten Fall, daß das Wort „nach“ anstallt „auf“ oder „in“ verwendet wurde. So wurde geschrieben, daß man nach der Höhe oder nach der Stadt Köln fuhr.

Ich hab gestern das (!) Katrin getroffen.

Die Erklärung wird sein, daß nicht Frauen, sondern Mädchen als Grundlage betrachtet werden.

vielleicht hängt es aber auch mit der im
Pfälzischen gebräuchlichen Genitivkonstruktion zusammen, wie
z.B. in: „[Geschdern hann isch es Horlemanns Kaddrin
gedroff].“, mit der der Familiennamen in’s Spiel gebracht
wird.

Der Artikel wird nicht verwendet, wenn der Genitiv des Nachnamens verwendet wird.

Grüße

Ostlandreiter

Hi!

Glaub mir, Außerirdischer, ich habe lange gebraucht, bis ich das Wort" die Gaul" einfach nur eine sehr verschliffene Form von „Godel“ ist.

Und die „Göilaisen“ haben sich als „Gelsen“ entlarvt.
Und der „Döikn“ als „Dalk“. Das hab ich in den Briefen von Mozart gefunden.

Ich habe meine erste Muttersprache erst sehr spät durchschaut und verstehen gelernt.

Gruß Fritz

Sorry, ich neige zu Abschweifungen. :wink:

Geht mir grad so! :wink:

Sorry, ich neige zu Abschweifungen. :wink:

Servus alien,
tschöst go ahäd :wink:

Kai

Hi, Almut, hi, Gandalf!

warum sagt man im Pfälzischen folgendes:
Ich fahre auf (!) Berlin.

auch in Gelsenkirchen (= Ruhrpott) geht man auf Schalke.

Da fällt mir doch ein hübsches Anekdötchen ein, das muß ich hier loswerden:

ein Auto hält in einer netten Ruhrpottstadt neben einem türkischen Bürger. Der Fahrer fragt: „Wo geht et denn hier auf Aldi?“ Der Türke, der deutschen Sprache perfekt mächtig, korrigiert den Fahrer: " ‚Zu Aldi‘." Daraufhin der Autofahrer: „Wat denn, is et denn schon halb sieben?“
(Is schon ein bißchen älter, die Geschichte; macht Aldi im Ruhrpott immer noch um halb sieben zu, oder hat er dort jetzt auch bis um acht offen?)

Grüßle
Regina

müssen – gemüsst
Hi Martin,

„Joo, der hot miassa uff Egna naa, dô hontse Gmuatsrôtssitzig
gheet.“

weißt Du, in welchen Gegenden es „miassa“ und in welchen „gmiasst“ heißt?

Danke
Bolo