PISA - Mal eine Frage an die Lehrer

…arbeitslos! Off topic!
Hallo aragorn.
Kleiner Beitrag zu der Arbeitslosigkeit der Lehrer in NRW. Seit neustem werden die in Hessen angestellt. Bei uns gibt es eine Lehrerschwemme aus NRW und eine Lehrerin meines Sohnes kommt täglich von Soest (ca. 150km ein Weg).
Vielleicht probierst du’s auch mal
…schreibt
Rabchen ( die seit 1980 arbeitslose Lehrerin ist und jetzt keine Lust mehr an Schule hat)

Hallo Stefan,

danke, dass du Einsicht in den Unterrichtsalltag genommen hast. So lässt es sich doch objektiver miteinander reden *g*.
Ich möchte aber doch auch die „gemütlichen deutschen Lehrer“ in Schutz nehmen, bzw. einiges aus meinem früheren Posting klarstellen (danke auch an Mathias für seine Verteidigung).
Betr. Fortbildungen: Nimm die Fortbildungskataloge zur Hand und überfliege die angegebenen Termine - vielleicht halten sich ja auch die Leiter die Schulferien frei? Weil aber diese Kurse in der Schulzeit liegen, bestimmte Schularten aber personell am Rande der Leistungsfähigkeit sind, kannst du dich eben nicht so einfach aus dem Unterricht verabschieden - ganz zu schweigen davon, dass die relevanten Kurse oft nur einmalig und sehr gering teilnehmerbeschränkt angeboten werden. Ich würde mich als Junglehrerin freuen, wenn ich noch einiges hinzulernen dürfte. Aber auch hier fehlt das Geld zur Weiterbildung.
Betr. Konferenzen: Selbstverständlich sind sämtliche Dienstbesprechungen und Konferenzen nachmittags oder in der ersten bzw. letzten Ferienwoche angesetzt. Unterricht fällt dafür an keiner Schule, die mir bekannt wäre, aus.
Aus diesem Grunde wurde auch der alle zwei Jahre stattfindende eintägige Weiterbildungsausflug des Lehrerkollegiums vor einigen Jahren abgeschafft. Du siehst, wir machen Zugeständnisse.
Betr. Elternmitarbeit: Die wöchentliche Elternstunde „absitzen“ meine ich nicht in dem Sinne negativ, dass ich Elterngespräche für überflüssig halte, sondern, dass das Kollegium wirklich nur Wartezeit absitzt. Leider wird diese reguläre Beratungsstunde trotz ständiger Hinweise nicht genutzt. Dafür stehen an den Elternsprechtagen im Winter und Frühjahr - also jeweils in Richtung Zeugnisse - die Eltern Schlange, um über Noten zu diskutieren. Leider kommt diese Einmischung dann oft zu spät für das Kind. Vorherige Briefe wegen fehlender Aufgaben oder Leistungsabfall werden in der Regel nicht beantwortet, telefonisch ist kein Elternteil zu normalen Tageszeiten erreichbar.
Nun aber eine Einschränkung: Ich unterrichte an einer Schule mit Jugendlichen aus sozial schwachen Familien, sofern noch beide Elternteile zusammen sind, bzw. aus einem Heim. Hier tun sich in der Fürsorge teilweise Abgründe auf. Aber selbst hier gibt es engagierte Eltern(-teile), die den Schulprozess ihres Kindes begleiten und sich für das Schulleben interessieren. Ich möchte diesen Eltern dafür danken - und natürlich freuen auch Lehrer sich über positive Rückmeldungen :o) (so wie du dich auch nach einem gelungenen Vortrag).
Deine Kinder sind noch klein, und glücklicherweise hast du eine gute Grundschule für sie gefunden. Nimm diese Vorteile bitte nicht als selbstverständlich hin. Du hast recht, die Kollegien sind überaltert, teilweise auch ausgebrannt, denn wir haben nun einmal nicht den schonendsten Beruf. Aber der von dir erwartete Generationswechsel wird so nicht stattfinden. In Sonder-, Haupt- und Realschulen kommen zu wenig Nachwuchslehrer nach (Gründe wurden schon verschiedentlich hier genannt: schlechter Ruf des Lehramtes, lange Ausbildungsphasen, zu wenig Investitionen im Bildungswesen, unzureichende Arbeitsbedingungen). Momentan wirst du in diesen Bereichen in etlichen Bundesländern mit „mauem“ Examen mit Kusshand genommen, und trotzdem werden Pensionslücken nicht mehr geschlossen. Ich hoffe, deine Kinder werden diesen Mangel an ihrer fortführenden Schule nicht zu sehr spüren. Darum bitte ich dich, gib deine positiven Einsichten in den Lehreralltag nicht nur hier wieder. Lehrer brauchen Elternunterstützung, damit man gemeinsam das Beste für das Kind erreichen kann. Wir stehen auf derselben Seite.
Viele Grüße, Allie.

Mmmh…
Hi Leute,

nachdem ich diesen Thread nun durchgelesen habe muß ich mal ein
paar Dinge richtigrücken. Kurz zu meiner Person: Als
wissenschaftlicher Mitarbeiter an einem Institut der
Universität Stuttgart bin ich auch in die Lehre eingebunden,
kann also was diese Dinge angeht durchaus auf eigene
Erfahrungen zurückgreifen. Ich habe hier einen Arbeitstag von
10-12 Stunden am Tag und 26 Tage Urlaub im Jahr.
Überstundenausgleich gibt es natürlich keinen. Momentan
entwickle ich eine Vordiplomsprüfung die von mehr als 600
Studenten geschrieben wird, und die ich innerhalb von 4 Wochen
zu korrigieren habe. Ein direkter Vergleich meines Pensums mit
dem der Lehrer in meinem Freundeskreis läst mir immer die
Zormesröte ins Gesicht steigen. Nicht das ich mich hier über
meine Arbeit beschweren will, sie macht mir riesig Spaß und ich
habe es mir ja schließlich so ausgesucht.
Aber die Geschichten, die von Seiten der Pädagogen immer wieder
zu hören sind, vonwegen Lehrerkonferenz in den Ferien oder 2
Tage Fortbildung etc. sind doch einfach nur lächerlich und
zeigen in meinen Augen deutlich den teilweisen Realitätsverlust
vieler Lehrer. Wie sollen sie es auch anders kennen, da die
allermeisten von der Schule an die Uni zurück zur Schule
niemals den kalten Wind der Wirtschaft gespürt haben? Fakt ist,
daß dieser Berufsstand, Konferenzen und Fortbildungen (die in
vielen Bundesländern nicht obligatorisch sind) abgezogen, über
einen Urlaubsanspruch verfügt der um dem Faktor 1,8 - 2 über
dem der normalarbeitenden Bevölkerung liegt. Das muß doch zur
Kenntnis genommen werden. Da nützt auch kein herumlavieren.
Übrigens stehen meine Lehrerfreunde offen dazu. Die erzählen
mir, daß sie diesen Beruf gewählt haben unter anderem weil es
keinen anderen Beruf gibt, indem soviel Kohle bei so guten
Arbeitszeitkonditionen rumkommt. Natürlich wird mir jetzt
wieder vorgeworfen, daß 5 Lehrer im Freundeskreis kein
repräsentatives Bild ergeben, das ist sicherlich richtig.

Das grundlegende Problem ist doch, daß die Lehrer die hier
mitdiskutieren zu denen gehören, die ihren Job als Berufung
ansehen und super engagiert bei der Sache sind. Das ist
wirklich klasse und sie haben es verdient, daß sie nicht mit
den schwarzen Schafen in einen Topf geworfen werden.
Aber diese schwarzen Schafe, die sind es die den grundlegenden
Fehler dieses „Systems“ deutlich werden lassen. Im Gegensatz
zur freien Wirtschaft können diese Jungs und Mädels nicht
rausgeworfen werden. Und ich kenne Fälle aus München, da
sträuben sich mir die Haare. Da ist eine Grundschule in der die
Direktorin Punkt 12.00 den Griffel fallen läst und nach Hause
geht. Den Protest einiger Kollegen beantwortete sie damit, daß
sie die Klinke von der Bürotür abschraubte und durch einen
Knopf ersetzte (die Tür ist von außen nicht mehr zu öffnen) und
den Kollegen die Telefone im Lehrerzimmer wegnahm. In dieser
Schule kam es vor, daß ein Kind mit Downsyndrom, von dem
angeblich keiner was wußte, bis in die vierte Klasse versetzt
wurde. Die paar Lehrer die dort richtig arbeiten werden vom
Großteil der Kollegen die keinen Streß wünschen gemobbt was das
Zeug hält. Schön, das sind alles nur Einzelfälle, aber das
sowas nicht unterbunden werden kann ist ja wohl ein Treppenwitz.

Was den Punkt Lehrerfortbildung angeht, so habe ich hier auch
noch einiges zu sagen. An meiner früheren Universität (der TU
Clausthal) wurde diesbezügliches Engagement meines damaligen
Instituts wieder aufgegeben. Grund hierfür war zum einen die
unglaubliche Arroganz, gerade der naturwissenschaftlichen
Gymnasiallehrer, zum anderen die Tatsache, daß einige Lehrer
sich auf Staatskosten ein paar schöne Tage im Harz machten ohne
an der Fortbildung teilzunehmen. Diesbezügliche Interventionen
des Institutsdirektors beim Ministerium blieben stets
folgenlos. Mit oben angesprochener Arroganz meine ich das
schier unglaubliche Verhalten einiger „Pädagogen“. Ich war in
Seminaren anwesend in denen der Dozent keine drei Sätze
sprechen konnte ohne von irgendwelchen Teilnehmern auf dümmste
Art und Weise verbessert zu werden und unterbrochen zu werden.
Die Seminare dienten als reine Profilierungsverabnstaltungen
eines Teiles der Lehrer, die nicht müde wurden ihre
„wissenschaftlichen“ Leistungen während ihres Studiums zu
betonen. Die „fortbildungswilligen“ Leherer waren eindeutig in
der Unterzahl.

Meine Erfahrung mit Lehrern, sei es im Rahmen von
Schnupperstudientagen oder Fortbildungen, sind leider
überwiegend negativ.

Gruß
Tom