kreationistischer Kokolores
Hallo,
es geht hier um eine relativ neue Theorie, genannt „Lückentheorie“ oder „Restitutionslehre“
das ist weder eine Theorie, noch ist es neu. Es ist eine von diesen hanebüchenen Ideen, die sich → Kreationisten einfallen lassen, die einfach nicht kapieren wollen, daß ein Mythos eben ein Mythos ist, und nicht eine unter wissenschaftlichen Kriterien und Methoden entwickelte Evolutionstheorie.
übersetzungstechnisch wie Vieles aus der biblischen Schöpfungsgeschichte kaum umsetzbar
Wer sagt das? Und was meinst du mit „umsetzbar“?
Hier handelt es sich um Folgendes: Man versucht, an der Grammatik von 1. Mo 1.2 herumzufummeln, wo der Originaltext lautet:
והארץ היתה תהו ובהו
we:ha’aretz haje:ta tohu wabohu
und die Erde war nichtig und leer
Hier wird spekuliert, weil das hebr. „war“ auch als „wurde“ gelesen werden kann, es ginge diesem Zustand, der mit „tohu wabohu“ bezeichnet wird, ein anderer voraus. Eben einer, der nicht „tohu wabohu“ war. Das hat den Grund, weil die, die darüber diskutieren, kein Hebräisch können und daher diesen Ausdruck im Sinne von „chaotisch“ verstehen, weshalb ja auch solche dämlichen Übersetzungen wie „wüst und wirr“ usw. hier und da auftauchen. Nur hat das mit „chaotisch“, so wie wir das heute verstehen als „Durcheinander“ gar nichts zu tun. Das griech. χαος „chaos“, wie es z.B. in der Theogonie des Hesiod am Anfang steht, hat übrigens ursprünglich auch nichts mit „Durcheinander“ zu tun.
Das hebr. „tohu“ hat ursprünglich die Bedeutung von „leer“, welches zwar eine „Wüste“ charakterisiert, aber mit „wüst“ nichts zu tun hat. Später kommt dem tohu die Wertigkeit „nichtig“, „bedeutungslos“ zu. Und bohu gibt es als eigenständiges Wort gar nicht. Es ist lediglich eine verstärkende Alliteration, die regelmäßig mit tohu zugleich vorkommt.
Die verkrampfte Umdeutung des „war“ in „wurde“ übersieht auch, daß der Anfang dieses Mythos historisch nicht isoliert dasteht. Es gibt eine ganze Reihe von zeitgenössischen bzw. auch früheren ganz analogen vorderasiatischen Schöpfungsmythen.
Die grundsätzliche in allen diesen Mythen zu findende Grundstruktur hat vier Elemente, um den Zustand „vor“ der Schöpfung zu charakterisieren. Am deutlichsten findet sich das in der ägyptischen „Götter-Achtheit“ von Hermopolis und Memphis, die im Mittleren Reich in Konkurrent zur Thebanischen Kosmologie stand:
- Urwasser (nun, naunet)
- Finsternis (kuk, kuket)
- Leere/Nichts (niu, nit)
- Grenzenlosigkeit (huh, hauhet).
Alle diese 4 wirst du leicht in 1. Mo 1.2 wiederfinden. Auch ohne Fußnoten
Ein weiteres Beispiel, das diese Charkterisierung des Urzustandes aufweist, findet sich in der Schöpfungsmythologie des phönizischen Sanchunjaton (ca. 9. Jhdt v.u.Z.), wie sie von Eusebius v. Cäsarea (indirekt über phönizischen Historiker Herennios Philon) überliefert wurde.
Insgesmat also: Es gibt keinerlei Anlaß zur Annahme, der Mythos enthalte noch eine weitere kosmogonische Komponente, die im Text gar nicht enthalten ist und auch sonst in analogen Mythen nicht erwähnt wird. Mit anderen Worten: Kokolores.
Gruß
Metapher