Nur mal ein Größenordnungsvergleich
Sicher macht man es sich manchmal zu bequem, aber ich habe
definitiv keine Lust, bei jedem Wetter vier km zu radeln, um
einen Metzger, Bäcker und Die Bahn zu erreichen. Alles Andere
ist 7km weg!
Das wird auch nie jemand von dir verlangen.
Kinder wollen chauffiert werden, Einkäufe stehen an usw.
Schon klar.
Nur ist ein Auto nur für solche Zwecke überhaupt nicht ausgelastet und steht die meiste Zeit schlicht herum und jeder fährt für sich meist allein durch die Gegend, obwohl viele Leute die gleichen Ziele haben. Effektiv ist das was wir deshalb machen überhaupt nicht. Die meisten Leute hängen komischerweise dennoch der Ansicht an, dass ein ÖPNV am Land nicht bezahlbar wäre. Nur ist es genau anders herum: Ein Auto ist so teuer, dass man dafür jede Menge ÖPNV machen könnte.
Nur mal überschlagsmäßig um sich eine Vorstellung der Größenordnungen zu machen:
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Selbst ein halbwegs preiswertes Auto der unteren Mittelklasse, das etwa 10-15.000 km im Jahr fährt, kostet im Monat all inkl. (Wertverlust, Werkstatt, Sprit, Steuer, Versicherung, Verschleissteile, etc) etwa 400 EUR.
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In einer ländlichen Gegend gibt es im Schnitt etwa 600 Fahrzeuge auf 1000 Einwohner.
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Eine kleine Gemeinde am Land mit 1500 Einwohnern gibt daher pro Jahr mindestens rund 4,3 Millionen EUR nur für Autos aus, tendenziell wohl eher sogar mehr.
Dafür könnte man jede Menge ÖPNV kriegen. Und zwar einen, der mit dem heutigen Nahverkehrssystem so gut wie gar nichts zu tun hat, sondern ein viel flexibleres und umfassenderes System wäre. Und das müsste es auch sein, wenn das Akzeptanz finden soll. Denn die Leute wollen - wie du richtig sagst - natürlich mehr als in der Früh, Mittags und Abends eine Verbindung zu zwei Nachbarorten.
Wie könnte das aussehen?
Nun, für die 4,3 Millionen EUR die jetzt bereits für Mobilität ausgegeben werden, könnte sich eine Gemeinde folgendes Leisten:
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50 VW T5 Kleinbusse mit Platz für 9 Personen inkl Vollzeit beschäftigtem Fahrer.
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200 Kombis, die man mittels Car-Sharing für alle Einwohner zur Verfügung stellt.
Überleg dir das mal: 50 Kleinbusse für eine kleine Gemeinde! Die könnten alle Kinder zur Schule/Kindergarten/Sporttraining/Musikunterricht usw befördern. Das sind gut planbare wiederkehrende Aufgaben. Genauso könnten die morgens den überwiegenden Teil der Leute im Dorf zur Arbeit fahren, die Leute zum Einkaufen bringen usw. Du hättest Verbindungen zu allen Nachbargemeinden im Viertelstunden- oder Halbstundentakt.
Dank der heute zur Verfügung stehenden Technik könntest du per Handy sehen, wo die Fahrzeuge gerade sind, wann das nächste Fahrzeug zur Verfügung steht um dich wohin zu bringen. Du könntest einfach angeben, dass du jetzt gleich oder zu einer bestimmten Zeit von da nach da willst und das System schickt dir dann einen Wagen vorbei. Durch Vernetzung der Systeme verschiedener Gemeinden oder überregionaler Systeme kann man das ganze noch viel weiter optimieren, denn dann fährst du eben einfach mit einem Bus der Nachbargemeinde mit, der ohnehin vorbeifährt und das gleiche Ziel hat. So lässt sich das noch viel besser auslasten.
Für alle außerplanmäßigen Fahrten, z.B. zu seltener Zielen, weiter weg, in den Urlaub, zu Orten wo keine gute Verbindung besteht, zu dringenden Terminen für die die Fahrt gerade nicht mittels Kleinbus abgewickelt werden kann, würden den rund 500 Haushalten der Gemeinde noch rund 200 Kombis zur Verfügung stehen. Damit ist garantiert, dass du immer einen fahrbaren Untersatz hast.
Ein Teil der Busfahrer könnte z.B. auch Einkäufe erledigen. Du sagst einfach was du brauchst, oder wählst das per Internet aus, und die Fahrer besorgen das und bringen es dir nach Hause.
Und das beste daran ist:
Das ganze wäre sogar immer noch billiger und würde den Einwohnern der Gemeinde sogar noch rund 700.000 EUR pro Jahr sparen. Jeder Haushalt würde damit sogar 100 EUR im Monat günstiger wegkommen.
Und das ist jetzt nur ein ziemlich naiver Ansatz von mir, der aber glaube ich zumindest zeigt, dass selbst auf dem Land eine komfortable Versorgung mit ÖPNV möglich wäre.
Ich glaube nicht, dass man von einer Kleinstadt im
Einzugsbereich einer Großstadt auch nur halbwegs Rückschlüsse
auf die Situation 20 km weiter draussen, um nicht mitten in
Bayern „jwd“ zu sagen, machen kann!
Ich bin in einem kleinen Dorf im Bayerischen Wald aufgewachsen. Ich denke ich kann durchaus mitreden, wie die Situation auf dem Land ist. Recht viel ländlicher als in meinem Geburtsort geht es kaum noch.
vg,
d.