Prozess bei Loveparade eingestellt

Hi,

" Die Staatsanwaltschaft Duisburg hat der Einstellung des Prozesses um die Loveparade -Tragödie zugestimmt. „Angesichts der schweren Folgen der Tragödie – 21 Tote, mehr als 650 Verletzte – und des damit verbundenen Leids ist uns diese Entscheidung nicht leichtgefallen“, erklärte die Behörde am Freitag.vor 4 Tagen"

Weshalb muss hier Corona mit herhalten, wenn zehn Jahre der Prozess läuft? Vor allem jedoch verstehe ich nicht, dass solange ein Prozess am Laufen ist, etwas verjähren kann?

Als Laiin frage ich mal, was ist mit der sogenannten Hemmung?

So muss ja nur Jede/r möglichst lange Gerichtsverhandlungen ausdehnen und schon kann man gegen die schlimmsten Übeltäter nichts mehr machen.

Hier wären bei der Justiz Reformen dringend notwendig.

Was meint Ihr?

Ciao,
Romana

Die gibt es im Strafrecht nicht !

Nein, schlimme und schlimmste „Sachen“ haben extrem lange Verjährungsfristen( deutlich länger als im angesprochenen Verfahren in DU) bis gar keine (Mord etwa).

MfG
duck313

Hallo,

das „Grundproblem“ an diesem Fall ist, dass es so schwer ist, eine oder mehreren Personen ein klares Verschulden nachzuweisen, dass in einer deutlichen Kausalkette zu diesem und nur zu diesem Ergebnis führen konnte.

Glücklicherweise haben wir in Deutschland keine „Sippenhaftung“ im Strafrecht und auch keine „Rache“. Wir haben klare Regeln. Und die besagen nun mal, dass man eine Schuld nachweisen muss, bevor man jemanden verurteilen kann. (Ja, das schützt trotzdem nicht vor so manchem drastischen Fehlurteil.)

Ich kann die Hinterbliebenen und Opfer verstehen. Niemand möchte gerne hören, dass der Tod eines Partners, Kindes oder Freundes eine Kette von außerordentlich dummen Zufällen war, solange da irgendwie Menschen beteiligt sind. Irgendjemand muss doch einfach die Schuld tragen.

Aber eben genau weil es so schwer ist, jemandem seinen Anteil an diesem Drama nachzuweisen, hat der Prozess so lange gedauert. Und genau deshalb war es fraglich, ob es jemals ein Urteil geben wird. Die paar Wochen Corona verschärfen das Problem nur noch unwesentlich. Darum hat man jetzt Schluss gemacht.

Es geht dabei darum, dass das Urteil in einem möglichst nahen Zusammenhang zum Ereignis gefällt wird. Nur bei schwersten Straftaten wie Mord hat man diesen Zeitrahmen auf unendlich gedehnt.

Wäre es einfach gewesen, hätten wir schon lange ein Urteil …

Grüße
Pierre

2 Like

Es gibt aber die Unterbrechung (§ 78c StGB) und das Ruhen (§ 78b StGB).

1 Like

Du hast ja selbst geschrieben, dass die Staatsanwaltschaft der Einstellung zugestimmt hat. Der Grund für die Einstellung liegt also nicht in einer Verjährung.

Das kannst du beurteilen, weil …? Was genau muss man denn ändern?

1 Like

Meinem unbestimmten Gefühl nach ist genau das gemacht worden.

Ich habe an dem Tag, an dem das Unglück passiert ist, ab dem Nachmittag bis in den späten Abend die ganze Zeit Fernsehen geguckt, und da kam immer wieder ein junger Mann ins Bild, der auf einer Mauer saß und berichtete, er habe den Polizisten, die den Zugang zum Gelände absperrten, gesagt, die sollen doch das Tor öffnen, da würden Leute sterben, und die hätten ihn ausgelacht.
(Er selber hatte sich anscheinend gerettet, indem er seitlich die Böschung raufgeklettert war)

Es war ja so, dass von hinten immer mehr Leute reingelassen wurden, dass es vorne aber keinen Abfluss gab, weil es eine Absperrung am Zugang zum Veranstaltungsgelände gab und sich da die Massen stauten, während von hinten immer neue Leute nachdrängten. Auf dem eigentlichen Veranstaltungsgelände wäre aber offensichtlich noch genug Platz gewesen, um da mehr Leute drauf zu lassen.

Also, an dem Nachmittag wurde bis in den frühen Abend hinein immer wieder die Szene mit diesem jungen Mann gezeigt, dann aber plötzlich nicht mehr.

Es wurde in den sozialen Netzwerken schon direkt verkündet, dass es auf keinen Fall die Schuld der Polizei gewesen sei, die hätten großartig gearbeitet.
Auch von offizieller Seite (Staatsanwalt) wurde die Polizei ja von Anfang an nicht verdächtigt. - Dabei fand ich es eigentlich ziemlich klar, dass es sich in erster Linie um Polizeiversagen gehandelt haben muss.

Es wurde ja zuerst jahrelang darüber nachgedacht, wer denn angeklagt werden soll. Dann wurde die Anklage in allerletzter Minute kurz vor dem Verjähren eingereicht, und diese Anklage war ja zunächst so fehlerhaft, dass sie vom Gericht zurückgewiesen wurde. Dann wurde sie wohl noch etwas geändert, aber zu dem Zeitpunkt konnte schon niemand anderes mehr als die in der ersten fehlerhaften Anklage angeklagten Personen angeklagt werden.

Mich würde es nicht im geringsten wundern, wenn sich eines Tages herausstellen würde, dass es den Anklägern genau darauf ankam, nämlich die Polizei bei dem Prozess außen vor zu lassen.
D. h. es würde mich nicht wundern, wenn es so wäre. Wenn es sich öffentlich herausstellen sollte, würde mich das schon wundern.

1 Like

Ja, aber die sind in der Dauer zeitlich begrenzt.

@duck313

Was willst du denn damit sagen? Im Ausgangsposting wird in fachunkundiger Sprache die Frage nach einer Verjährung aufgeworfen und danach, warum man das Verfahren beendet, wenn es doch kein Verjährungsproblem geben dürfte. Da finde ich die Antwort, dass es keine „Hemmung“ gibt, etwas knapp, weil es ja eben doch so etwas wie eine „Hemmung“ gibt, wenn auch unter anderer Bezeichnung und natürlich nicht inhaltsgleich.

3 Like

Wie meinst du das denn? Hat da jemand irgendwie einen Plan gehabt, das Verfahren in die Länge zu ziehen? Wer soll denn das gewesen sein, und wie hat er es gemacht?

Is’ klar …

Ich kann mich daran überhaupt nicht erinnern.

Aber schon bei der Schilderung fällt mir auf, das es so doch kaum stimmen kann.
Wie kann er von dem Chaos und Gedränge und gar den Toten erfahren haben ? Und dann ist er irgendwie durch die Menge zum Eingang und den Polizisten zurückgelangt und hat die angesprochen ?
Klingt für mich nicht plausibel.

Und das die gelacht haben sollen ? Kann ja sein, wer weiß was der ihnen da erzählt hatte. Die haben das nicht ernst genommen, weil sie ja selbst nicht erkannt haben. Vor dort aus war keine Gefahr der Überfüllung und Gefahr für Leib und Leben erkennbar.
Von dem Standort war alles in Ordnung. Und so doch auch für alle nachdrängenden Zuschauer dort. Keiner hat was gesehen oder gemerkt, es gibt stockend voran, wie bei den Massen zu erwarten war. Niemandem war bewusst weiter vorn geschieht etwas.

Ich kann dir nicht mehr sagen, um wie viel Uhr das war, aber über ca. 1-2 Stunden kam das öfters, und dann gar nicht mehr, WDR wahrscheinlich.

Zu welchen Polizisten soll er zurückgelangt sein? Der meinte bestimmt die, die an der Absperrung standen, die zum Veranstaltungsgelände führte. Und da drängten ja alle hin, nicht zurück.

Meiner Meinung nach konnte man sich über eine steile Böschung an der Seite der Zugangsrampe retten, das taten ja einige. Und oben auf dieser Böschung konnte man wohl auch entlang gehen bis zu besagter Absperrung. Irgendwie war da oben ja auch ein Fernsehteam. Und von da oben konnte man wohl auch sehr gut sehen, was auf dieser Zugangsrampe passierte.

Wo der Mann sich zu dem Zeitpunkt des Filmens genau befand, weiß ich nicht, er saß auf einer Mauer.

Jedenfalls haben sie ihn lächerlich gemacht. Ich weiß jetzt nicht mehr wörtlich, was er erzählt hat.

Das ist möglich, aber trotzdem könnte man einen Hinweis aus der Bevölkerung ernst nehmen. -
Da funktionierte ja offensichtlich nicht die Verständigung zwischen den einzelnen Polizeiposten nicht.

Du meinst offensichtlich einen anderen Standort.
Bei dem Standort, den du meinst, gab es ja gerade keine Absperrung, sondern die Leute wurden durchgelassen. Ich meine aber das andere Ende, wo es eine Absperrung gab.

Die Staatsanwaltschaft.
Die arbeitet meines Wissens eng mit der Polizei zusammen.
Und die entscheidet, wer angeklagt wird und wer nicht.

Indem erst in letzter Sekunde - und meiner Erinnerung nach auch erst auf öffentlichen Druck - Anklage erhoben wurde, und dann noch gegen die falschen Personen.

1 Like

Das kann man so sagen, ja. Die Staatsanwaltschaft ist die Herrin des Ermittlungsverfahrens. Die Polizisten sind ihre Ermittlungspersonen. Und das ist, meinst du, für einen Staatsanwalt Grund genug, eine Strafvereitelung im Amt zu begehen und Amt und Pension zu riskieren? Ein Staatsanwalt oder wohl eher mehrere Staatsanwälte riskieren das, damit Polizisten, die sie für schuldig halten, und deren Verurteilung sie befürchten, straffrei ausgehen?

Wie meinst du das? Wurde absichtlich eine „fehlerhafte“ Anklage erhoben? Wenn ja, warum, wenn zu diesem Zeitpunkt eine Anklage gegen Polizeibeamte sowieso nicht mehr möglich gewesen wäre? Wenn nein, was dann?

Die Vorstellung einer vorsätzlich „fehlerhaften“ Anklage ist spektakulär. Auf so einen Gedanken muss man erst einmal kommen! Gut, dass das Landgericht dann mitgespielt hat. Oder waren die Richter in diesen Plan involviert und haben ebenfalls Amt und Pension riskiert, damit die Polizisten straffrei ausgehen?

Die Anklage war übrigens nicht „fehlerhaft“. Das Landgericht hat die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt, weil es keinen hinreichenden Tatverdacht gesehen hat. Das ist ja der gesetzliche Maßstab (§ 203 StPO). Die Staatsanwaltschaft und mehrere Nebenkläger haben dann sofortige Beschwerde eingelegt. Auf diese Beschwerde hat das Oberlandesgericht die Anklage gegen alle zehn Angeklagten zugelassen. Ausweislich der Presseerklärung war das OLG der Meinung, dass die den Angeklagten vorgeworfenen Taten mit den in der Anklage aufgeführten Beweismitteln mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nachweisbar waren. Weniger kompliziert ausgedrückt: Das OLG hat gesagt, dass die Anklage der StA nicht „fehlerhaft“ war.

2 Like

Ergänzungen:

Den hinreichenden Tatverdacht hat das Landgericht verneint, weil es das Sachenverständigengutachten für unzulänglich hielt. Wenn die StA absichtlich eine „fehlerhafte“ Anklage erhoben hat, dann mithilfe des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen. Noch so einer, der Kopf und Kragen riskiert, damit Polizisten ihrer gerechten Strafe entgehen.

Und die StA musste schon sehr, sehr gut arbeiten, um zu wissen, dass eine Anklage, die ja nach Auffassung des OLG völlig ausreichend war, vom LG nicht zugelassen würde.

1 Like

Und das Gefühl hat dir welchen Grund dafür genannt? Wenn es mit Verjährung doch offensichtlich nichts zu tun haben kann?

Ist das hier kein Expertenforum mehr? Wird hier jetzt „nach Gefühl“ geantwortet und nicht mehr nach „Wissen“?

Meine Güte, das muss doch gar nicht explizit passieren. Wenn alle Beteiligten irgendwas nicht wollen, dann geht das völlig unausgesprochen und sieht dann eher aus wie Unfähigkeit.

Das hat doch eben nicht mitgespielt.

Ja, weil die falschen Personen angeklagt waren.

War das übrigens nicht eine andere Staatsanwaltschaft?
Irgendwann hat die doch gewechselt.

Na ja, die war nicht formell fehlerhaft, aber es waren halt nicht die richtigen Personen angeklagt. Und es ist ja, wie damals schon erwartet, nichts bei rausgekommen.

Hi,

kennst Du das Thema „Krähenprinzip in der Justiz“? Das könnte hier sehr gut gegriffen haben.

Salve,
Romana

Könnte.
Wissen tue ich natürlich nichts.
Aber komisch finde ich es, dass da einige Beteiligte am Unglück ja ziemlich offensichtlich ausgespart wurden. Und dass die sich da gegenseitig kennen, halte ich nicht für sehr unwahrscheinlich.

1 Like

Hi Charpentier,

bilde mir einen halbwegs gesunden Menschenverstand ein.

Übrigens, Simsy’s Ausführungen im ersten Post meine ich dunkel auch zu erinnern. Bei Interesse könnt’ Ihr ja nach Zeugenaussagen im Internet recherchieren: https://www.welt.de/regionales/nrw/article173271732/Zeugen-Bericht-zur-Loveparade-Dolmetscherin-kaempft-vor-Gericht-mit-den-Traenen.html (Zeugenaussage), https://www.youtube.com/watch?v=yigJ_0RCteQ (wie es zum Unglück gekommen sein soll), https://www.youtube.com/watch?v=yigJ_0RCteQ (Ereignis / Ablauf)

Dunkel meine ich mich erinnern zu können, dass Menschen die Polizei immer wieder zum Handeln aufgefordert haben, doch die standen nur untätig da.

Gab es aus der Zeit noch nicht ausreichend Handy-Videos?

Nur, weil die Schuld und Verantwortung nicht nur einer Person oder Personengruppe zuzuweisen ist, sollte doch anteilsmäßig Verantwortung von allen Personen(gruppen) übernommen werden.

Die Polizisten haben doch auch gesehen, was abgeht, abgesehen der Zurufe von Menschen, und hätten früher intervenieren müssen.

Doch unabhängig davon, es ist für mich unverständlich, weshalb überhaupt erst so spät Klage erhoben worden ist. Für die Betroffenen und deren Angehörigen ist das sicherlich skandalös und unverständlich, dass hier nicht interveniert werden können soll.

Ciao,
Romana

Danke für Deine Ehrlichkeit. Als ich Deine Worte las, meinte ich mich erinnern zu können, dass da Zurufe von Menschen auf einer Erhöhung / Mauer waren, dass - sinngemäß - der Zugang gesperrt werden solle, dass hier was passieren könne bzw. auch dass es zu Toten kommen könne, doch die Polizisten reagierten auf die Zurufe nicht.

Salve,
Romana