Randgruppen

Vorweg: Ich schreibe nicht von Randgruppenphänomenen oder ‚Toleranz‘(das ist?) oder möchte irgendetwas verharmlosen, es geht mir primär um eine sinnvolle Definition von ‚Pädophilie‘. Ich bin geneigt zu bezweifeln, daß dies vielen der zahlreichen Leser entgangen sein könnte und übergehe die entsprechenden Anmerkungen.

Es handelt sich nicht um meine Definition, sondern um die der Icd-10: International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems. Dies ist …

Um die große Menge aller Kritikpunkte, die an psychologischen Klassifizierungssytemen festzumachen sind, hier auszusparen, nur eine Anmerkung: die Diagnose „Homosexualität“ wurde noch bis 1991 im ICD-9 als krankhafte Störung aufgeführt.
Nun liest man im kaum weniger umstrittenen ICD-10 (dessen praktischer Zweck vor allem im Krankenversicherungswesen liegt):

„F65.4 Pädophilie:
Sexuelle Präferenz für Kinder, Jungen oder Mädchen oder Kinder beiderlei Geschlechts, die sich meist in der Vorpubertät oder in einem frühen Stadium der Pubertät befinden.“

Von Impulsivität kein Wort, und das ist auch gut so, da sie ein eigenes, von der sexuellen Präferenz unabhängiges Konstrukt ist.

Man kann sexuelle Präferenzen nicht über Handlungen definieren.

Doch, wie sonst?

Wenn Mensch X an Tag Y ein Kind sexuell belästigt, ist er also pädophil? Und war er das am Tag zuvor noch nicht? Hätte die Tat also nicht verhindert werden können?

Sexuelle Präferenz ist als weitere psychologische Persönlichkeitsvariable zu sehen, als persönliche Disposition. Solche können zwar gute Prädiktoren für menschliches Verhalten, jedoch gilt dies nicht in einfach Weise sondern abhängig von vielen anderen Faktoren. Es ist sinnlos, Verhalten mit Dispositionen oder gar Krankheit gleichzusetzen, Verhalten kann höchstens Indiz dafür sein.
Ziel muß es schließlich sein, Pädophile therapeutisch zu erreichen, _bevor_ es zu Übergriffen kommt. Ich hoffe, wenigstens da sind wir uns einig.

Gruß,
Mark

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Hallo!

Für gefährlich halte ich die Argumentation, weil mit ihr
suggeriert werden soll, daß Pädophile, die sich nicht direkt
oder indirekt an Kindern vergehen, damit schon eine hohe
Leistung zeigen, …

*hüstel* Nun. Mag sein, daß meine Formulierung zu provokant war, ich entschuldige mich gern an dieser Stelle.
Wie selbstverständlich Triebkontrolle tatsächlich ist, ist dabei noch eine andere Frage, die ich für längst nicht geklärt halte, die an dieser Stelle aber kaum Platz hat.

Immerhin hälst Du - wenn ich Dich richtig verstehe - die Existenz von Pädophilen, die genügend Selbstkontrolle haben und sich nicht an Kindern vergehen, für möglich, womit Du dem ‚Captain‘ doch deutlich widersprichst.

Gruß,
Mark

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Hallo,

Mag sein, daß meine Formulierung zu provokant
war, ich entschuldige mich gern an dieser Stelle.

o.k.

Wie selbstverständlich Triebkontrolle tatsächlich ist, ist
dabei noch eine andere Frage, die ich für längst nicht geklärt
halte, die an dieser Stelle aber kaum Platz hat.

Auch gut. Diese Diskussion können wir dann ein anderes Mal führen.

Immerhin hälst Du - wenn ich Dich richtig verstehe - die
Existenz von Pädophilen, die genügend Selbstkontrolle haben
und sich nicht an Kindern vergehen, für möglich,

Sicherlich gibt es Pädophile, die sich nicht direkt an Kindern vergehen.

womit Du dem ‚Captain‘ doch deutlich widersprichst.

Zu euerer Diskussion habe ich unten etwas geschrieben.

Gruß,

Oliver Walter

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Hallo nochmal,

Um die große Menge aller Kritikpunkte, die an psychologischen
Klassifizierungssytemen festzumachen sind, hier auszusparen,

und die heute viel weniger als früher zutreffen.

nur eine Anmerkung: die Diagnose „Homosexualität“ wurde noch
bis 1991 im ICD-9 als krankhafte Störung aufgeführt.

Soweit ich weiß, wurde Homosexualität damals nur dann als Störung angesehen, wenn sie ich-dyston war.

Im übrigen weiß ich nicht, worauf Du mit dem Vergleich zwischen Pädophilie und Homosexualität hinauswillst. Oft wird ein solcher Vergleich herangezogen, wenn jemand für eine „Entpathologisierung“ dieser Störung plädieren will. Dabei spielt es für denjenigen oft keine Rolle, ob es sich um eine Paraphilie, AD(H)S („Hunter-Syndrom“ oder dgl.) oder Schizophrenie handelt. Er argumentiert immer mit dem vorgeblichen Ziel der „Befreiung“ angeblich lange unterdrückter Minderheiten, die von der Mehrheit aufgrund ihrer Intoleranz geknechtet würden. Es gibt ein Wort für diese „Argumentationsweise“: Antipsychiatrie.

„F65.4 Pädophilie:
Sexuelle Präferenz für Kinder, Jungen oder Mädchen oder Kinder
beiderlei Geschlechts, die sich meist in der Vorpubertät oder
in einem frühen Stadium der Pubertät befinden.“

Von Impulsivität kein Wort, und das ist auch gut so, da sie
ein eigenes, von der sexuellen Präferenz unabhängiges
Konstrukt ist.

Unter einer Störung der sexueller Präferenz (und Pädophilie ist eine solche) versteht die ICD:

"G1. Wiederholt auftretende intensive sexuelle Impulse und Phantasien, die sich auf ungewöhnliche Gegenstände oder Aktivitäten beziehen.

G2. Handelt entsprechend den Impulsen oder fühlt sich durch sie deutlich beeinträchtigt.

G3. Diese Präferenz besteht seit mindestens sechs Monaten."

Präferenz und Impulse haben also durchaus etwas miteinander zu tun. Die Impulse sind nämlich ein hinreichendes Kriterium für die Störung, wenn jemand danach handelt, und sie seit mindestens 6 Monaten bestehen.

Wenn Mensch X an Tag Y ein Kind sexuell belästigt, ist er also
pädophil? Und war er das am Tag zuvor noch nicht? Hätte die
Tat also nicht verhindert werden können?

Nein, siehe das 6-Monats-Kriterium.

Gruß,

Oliver Walter

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Anmerkungen
Oliver Walter hat bereits ein Posting geschrieben, dem ich nichts hinzufügen kann, was nicht schon gesagt worden wäre. Ich danke meinem Freund und Kollegen dafür und grüße ihn aufs herzlichste!

Wäre es Dir, Mark, um eine Definition der Pädophilie gegangen, dann hättest Du mit meinem gleichnamigem Post Deine Antwort bereits erhalten (http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarticl…).

Der Captain

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Unrichtig

Immerhin hälst Du - wenn ich Dich richtig verstehe - die
Existenz von Pädophilen, die genügend Selbstkontrolle haben
und sich nicht an Kindern vergehen, für möglich, womit Du dem
‚Captain‘ doch deutlich widersprichst.

Das ist unrichtig.

Ich schrieb vielmehr:
„Konsum von für sie hergestelltes pornopgraphisches Material oder durch die sexuelle Ausbeutung von Minderjährigen“ (http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarticl…).

und auch

„Werden diese ausgelebt durch sexuelle Handlungen an Minderjährigen oder den Konsum pornographischen Materials mit diesem Inhalt“ (http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarticl…)

Bleibe bei der Wahrheit, ansonsten sind Diskussionen nicht zu führen.

Der Captain

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Richtig ist
Du schriebst auch:

„Wer diese Sexualstörung hat, zeigt entsprechende Handlungen (die die Störung definieren) und ist zu therapieren.“, siehe http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarticl…

Auf diesen Widerspruch habe ich Dich auch hingewiesen, Du hattest ihn geleugnet bzw. auf den ICD-10 geschoben, den wir aber inzwischen weiter unten genauer unter die Lupe genommen haben.

Gruß,
Mark

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Immer noch unrichtig

Du schriebst auch:

„Wer diese Sexualstörung hat, zeigt entsprechende Handlungen
(die die Störung definieren) und ist zu therapieren.“, siehe
http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarticl…

Ja, richtig. Die Handlungen habe ich weiter oben im genannten Text ja dargestellt: „Werden diese ausgelebt durch sexuelle Handlungen an Minderjährigen oder den Konsum pornographischen Materials mit diesem Inhalt…“

Auf diesen Widerspruch habe ich Dich auch hingewiesen, Du
hattest ihn geleugnet bzw. auf den ICD-10 geschoben, den wir
aber inzwischen weiter unten genauer unter die Lupe genommen
haben.

Ich sehe keinen Widerspruch. Deine Ausführungen:

und sich nicht an Kindern vergehen, für möglich, womit Du dem
‚Captain‘ doch deutlich widersprichst.

sind und bleiben unwahr.

Der Captain

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Hallo!

Unter einer Störung der sexueller Präferenz (und Pädophilie ist eine solche) versteht die ICD: […]

Im zweiten großen Standard-Katalog DSM IV lesen sich die Kriterien für Paraphilien so:
"Kriterium A:

  • wiederkehrende intensive sexuell erregende Phantasien,
  • sexuelle dranghafte Bedürfnisse oder
  • Verhaltensweisen, die sich im allgemeinen auf
  1. nichtmenschliche Objekte,
  2. das Leiden oder die Demütigung von sich selbst oder seines Partners,
  3. Kinder oder andere nicht einwilligende oder nicht einwilligungsfähige Personen beziehen und die über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten auftreten.

Kriterium B: Das Verhalten, die sexuell dranghaften Bedürfnisse oder Phantasien führen in klinisch bedeutsamer Weise zu Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen."

Und siehe: es wird klar unterschieden zwischen Phantasie, Bedürfnis und Verhalten.

Wenn Mensch X an Tag Y ein Kind sexuell belästigt, ist er also pädophil? Und war er das am Tag zuvor noch nicht? Hätte die Tat also nicht verhindert werden können?

Nein, siehe das 6-Monats-Kriterium.

Welche der drei Fragen verneinst Du damit, alle drei? Und fällt es Dir nicht selbst schwer, dieser Argumentation beizustimmen? Ich glaube, daß Paraphilien angeboren und/oder im frühen Kindesalter geprägt werden und anschließend relativ stabil bleiben. Sich aber über Monatszeiträume zu unterhalten, ‚gilt‘ es nun erst ab 5, 6, 7 oder 10 Monaten etc., ist ziemlich hanebüchen. Die Zahl dient sicher auch in Klassifikationskatalogen vor allem dem Verhindern von voreiligen Diagnosen, was wohl aufgrund des Fehlens genauerer Kriterien nötig ist.

Soweit ich weiß, wurde Homosexualität damals nur dann als Störung angesehen, wenn sie ich-dyston war.

Das weiß ich auch nicht, wäre aber für genauere Quellenangaben dankbar. (Interessant wäre hier natürlich, wie leicht oder schwer Ich-Syntonie unter den jeweiligen gesellschaftlichen Normen überhaupt entwickelt werden kann, aber das ist wiedermal eine andere Geschichte…)

Im übrigen weiß ich nicht, worauf Du mit dem Vergleich zwischen Pädophilie und Homosexualität hinauswillst […] Er argumentiert immer mit dem vorgeblichen Ziel der „Befreiung“ angeblich lange unterdrückter Minderheiten, die von der Mehrheit aufgrund ihrer Intoleranz geknechtet würden. Es gibt ein Wort für diese „Argumentationsweise“: Antipsychiatrie.

Eigentlich wollte ich nur die Schwierigkeiten von psychopathologischen Diagnosen an sich aufzeigen: sie sind stark abhängig von kulturellen und gesellschaftspolitischen Normen und haben mit dem althergebrachten Krankheitsbegriff der Medizin wenig gemein. Die Pathologisierung von Homosexualität ist nur eins der jüngsten Beispiele für diese Problematik.
Wenn Du mir damit nun ‚Antipsychiatrie‘ unterstellen möchtest, weise ich Dich gern auf die Diskussionen hin, die in der sexualwissenschaftlichen Fachwelt längst geführt werden, welche sich keineswegs darüber einig ist, ob Paraphilien allgemein und Pädophilie speziell nun als Persönlichkeitsstörungen anzusehen sind oder nicht. Als Einstieg bieten sich z.B.

  • der Artikel von Richard Green: ?Is pedophilia a mental disorder??, Archives of Sexual Behavior, vol. 31, no. 6, 2002, pp. 467-471; oder

  • das Paper von Moser und Kleinplatz: „DSM-IV-TR and the Paraphilias: An Argument for Removal“, paper presented at the American Psychiatric Association annual conference, San Francisco, California, May 19, 2003.

Den Begriff ‚Antipsychiatrie‘ magst Du dann auch lieber mit diesen Herren ausdiskutieren.

Gruß,
Mark

Hmm. Wer also diese Sexualstörung hat, zeigt immer ‚Handlungen‘, und zwar entweder Mißbrauch von Minderjährigen oder Konsum von Kinderpornographie, und das steht so im ICD-10, habe ich Dich wenigstens jetzt richtig verstanden?

Gruß,
Mark

Beinahe

Hmm. Wer also diese Sexualstörung hat, zeigt immer
‚Handlungen‘, und zwar entweder Mißbrauch von Minderjährigen
oder Konsum von Kinderpornographie, und das steht so im
ICD-10, habe ich Dich wenigstens jetzt richtig verstanden?

Nein, denn was in der ICD-10 steht, schrieb ich in http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarticl…
Liest Du eigentlich nicht meine Postings?

Wer also diese Sexualstörung hat, zeigt immer
‚Handlungen‘, und zwar entweder Mißbrauch von Minderjährigen
oder Konsum von Kinderpornographie

Nein.
Ich schrieb nicht:

entweder Mißbrauch von Minderjährigen
oder Konsum von Kinderpornographie

sondern:
„…sexuelle Impulse in Bezug auf Minderjährige. Werden diese ausgelebt durch sexuelle Handlungen an Minderjährigen oder den Konsum pornographischen Materials mit diesem Inhalt, macht sich der Betroffene zusätzlich strafbar“ (http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarticl…); ferner: „für sie hergestelltes pornopgraphisches Material oder durch die sexuelle Ausbeutung von Minderjährigen“ (http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarticl…).

Die Begriffe „sexuellen Handlungen“ bzw. „sexuelle Ausbeutung“ schließen Missbrach ein, beziehen sich allerdings nicht ausschließlich auf Missbrauch, dies mag Deine Interpretation meiner Worte sein.

Ich habe den Eindruck, dass Du eine eigene Definition von Pädophilie hast, die sich auf den Missbrauch von Minderjährigen beschränkt.

Der Captain

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Im zweiten großen Standard-Katalog DSM IV lesen sich die
Kriterien für Paraphilien so:

Und siehe: es wird klar unterschieden zwischen Phantasie,
Bedürfnis und Verhalten.

Wo liegt das Problem? Ich habe den Eindruck, Du präferiertest eine Definition, die sich ausschließlich auf Handlungen wie z.B. Missbrauch beschränkt (siehe mein Posting oben). Dabei übersiehst Du, dass auch die anderen im A-Kriterium genannten Verhaltensweisen Handlungen darstellen. Denken ist ebenfalls ein Verhalten, auch wenn keine Bewegungen ausgeführt werden. Schlussendlich kannst Du allerdings nur durch beobachtbares Verhalten Rückschlüsse auf die genannten kognitiven Verhaltensweisen ziehen.

Wenn Mensch X an Tag Y ein Kind sexuell belästigt, ist er also pädophil? Und war er das am Tag zuvor noch nicht? Hätte die Tat also nicht verhindert werden können?

Nein, siehe das 6-Monats-Kriterium.

Welche der drei Fragen verneinst Du damit, alle drei? Und
fällt es Dir nicht selbst schwer, dieser Argumentation
beizustimmen?

Ein Mensch ist gemäß der Klassifikation nicht pädophil, wenn er nicht über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten die im A-Kriterium genannten Symptome zeigt. Mag sein, dass Du eine andere Definition für Pädophilie hast, aber allgemeingültig sind nur ICD-10 und DSM-4 (bzw. TR).

Ich glaube, daß Paraphilien angeboren und/oder
im frühen Kindesalter geprägt werden

Feststellbar ist hingegen, dass die Störung ab der Adoleszenz beginnt,obwohl eineige Betroffene angeben, sich bis ins mittlere Alter hinein nicht durch Kinder erregt gefühlt zu haben.

und anschließend relativ
stabil bleiben.

Die Häufigkeit des pädophilen Verhaltens schwankt oft in Abhängigkeit von psychosozialen Belastungsfaktoren. Der Verlauf ist üblicherweise chronisch.

Sich aber über Monatszeiträume zu unterhalten,
‚gilt‘ es nun erst ab 5, 6, 7 oder 10 Monaten etc., ist
ziemlich hanebüchen.

Warum?

Die Zahl dient sicher auch in
Klassifikationskatalogen vor allem dem Verhindern von
voreiligen Diagnosen,

Ja, sehr richtig.

was wohl aufgrund des Fehlens genauerer
Kriterien nötig ist.

Dem ist nicht so, es existieren genaue Kriterien.

Der Captain

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Na, dann bekenne ich mich mal, auf die späte Stunde, mit ‚beinahe‘ zufrieden, obwohl ich immernoch nicht weiß, ob es Deiner Meinung nach nun Pädophile gibt, die ihre Fantasien nicht ausleben, wie es zum Beispiel der DSM-IV (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) der American Psychiatric Association vorsieht.

Ich habe den Eindruck, dass Du eine eigene Definition von
Pädophilie hast, die sich auf den Missbrauch von
Minderjährigen beschränkt.

Meine eigene Definition bezieht sich allein auf die sexuelle Präferenz, nicht auf irgendwelche Handlungen, da diese nicht zwingend in Zusammenhang stehen.

Gruß und gute Nacht,
Mark

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Inkonsistent

ob es Deiner Meinung nach nun Pädophile gibt, die ihre Fantasien
nicht ausleben, wie es zum Beispiel der DSM-IV (Diagnostic and
Statistical Manual of Mental Disorders) der American
Psychiatric Association vorsieht.

Meinst Du mit dem Hinweis auf das DSM, ich würde mich nicht an die Kriterien halten? Meine Meinung kennst Du, wenn Du neben den Kriterien den Text des DSM-4 zu dieser Störung lesen würdest.

: Meine eigene Definition bezieht sich allein auf die sexuelle
: Präferenz, nicht auf irgendwelche Handlungen, da diese nicht
: zwingend in Zusammenhang stehen.

Ohne Handlungen - gleich, welcher Art - ist eine Präferenz für oder wider etwas nicht feststellbar. Damit kannst Du nach Deiner Definition keinen Menschen als pädophil diagnostizieren.
Interessant, wie Du im Laufe der Diskussion von der Propagierung der angeblich grossen Selbstkontrolle pädophiler Menschen schreibst; Du verlangst dies sogar als Therapieziel - eine nachhaltige Impulskontrolle (http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarticl…). Überraschend inkonsistent, dass Du Pädophilie als sexuelle Präferenz definieren willst, die von Handlungen Deiner Meinung nach entkoppelt sei.

Der Captain

2 Like

Genau dies
habe ich die ganze Zeit ausdrücken wollen. Du bringst es genau rüber, Mark, vielen Dank und Sternchen.
Gruss, Branden

Oberflächlich

Ohne Handlungen - gleich, welcher Art - ist eine Präferenz für
oder wider etwas nicht feststellbar. Damit kannst Du nach
Deiner Definition keinen Menschen als pädophil
diagnostizieren.

Innerhalb der Psychopathologie sich nur auf Handlungen zu beziehen, ist äußerst oberflächlich, grenzt an Behaviourismus und damit fällst Du in eine Vor-Freudsche Ära von 1880.
Gruss, Branden

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Auf den Punkt gebracht, Mark!

Damit

widersprichst Du These b, bzw. unterstellst einen Zusammenhang
zwischen sexueller Präferenz und Fähigkeit zur Triebkontrolle,
der meines Erachtens wissenschaftlich unhaltbar ist (für
Hinweise auf fundierte Untersuchungen zu diesem Zusammenhang
wäre natürlich sehr dankbar).
Man kann sexuelle Präferenzen nicht über Handlungen
definieren. In Kriminalistik und Juristerei gilt ganz klar:
ein Dieb ist jemand, der gestohlen hat. In anderen Bereichen,
wie Sozio- oder Psychologie, ist das unsinnig.

Hervorragend, Mark - Du hast es hier absolut auf den Punkt gebracht. Das müßte auch jeder Behavourist verstehen.
Gruss, Branden

Antipsychiatrie
Es gibt ein Wort für diese

„Argumentationsweise“: Antipsychiatrie.

By the way - wir haben alle der Antipsychiatrie-Bewegung (Palo-Alto-Gruppe, Laing, Cooper) einiges zu verdanken, wenn sie auch zuweilen übers Ziel hinausgeschossen waren/hatten. Das ist ähnlich wie bei der '68er Bewegung.
Gruss, Branden

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Hallo Mark,

ich finde das Ganze hier wenig sinnvoll. Du diskutierst mit dem Captain die ICD-Kriterien, hältst ihm dabei vor, von Impulsen werde dort nicht gesprochen, und springst zu den DSM-Kriterien, als ich Dir deutlich mache, daß in der ICD sehr wohl von Impulsen gesprochen wird. Kurz: Du weichst aus.

Dabei sind sich die Definitionen in ICD und DSM ziemlich ähnlich, was die Unterscheidung von Impulsen und Phantasien angeht. Diese habe ich nicht bestritten, sondern darauf hingewiesen, daß sexuelle Impulse, die ausgelebt werden, ein hinreichendes Kriterium für die Diagnose der Störung darstellen. Das ist auch nach DSM so richtig.

Kleiner Hinweis am Rande: In der Textrevision von DSM-IV gibt es die Änderung, daß das Ausleben von paraphilen Bedürfnissen, ohne daß der Betroffene darunter leidet oder psychosoziale Beeinträchtigung erfährt, zur Diagnose der Störung ausreicht. Ausnahmen stellen Fetischismus, Masochismus und Transvestitischem Fetischismus dar.

Wenn Mensch X an Tag Y ein Kind sexuell belästigt, ist er also pädophil? Und war er das am Tag zuvor noch nicht? Hätte die Tat also nicht verhindert werden können?

Nein, siehe das 6-Monats-Kriterium.

Welche der drei Fragen verneinst Du damit, alle drei?

Das ist eindeutig aus den von mir zitierten Kriterien nachvollziehbar. Deshalb habe ich auch auf sie hingewiesen.

Und fällt es Dir nicht selbst schwer, dieser Argumentation
beizustimmen?

Nein, gar nicht.

Sich aber über Monatszeiträume zu unterhalten,
‚gilt‘ es nun erst ab 5, 6, 7 oder 10 Monaten etc., ist
ziemlich hanebüchen.

Nein. Ich habe Dir damit Deine Frage beantwortet und gezeigt, daß ICD keineswegs davon ausgeht, daß jemand, der ein Kind sexuell mißbraucht, pädophil sein muß. Über die Sinnhaftigkeit von genau 6 Monaten Zeitdauer habe ich nicht gesprochen.

Die Zahl dient sicher auch in
Klassifikationskatalogen vor allem dem Verhindern von
voreiligen Diagnosen,

Ja, das ist sehr wahrscheinlich.

was wohl aufgrund des Fehlens genauerer
Kriterien nötig ist.

Die Kriterien sind relativ genau. Verbessern kann man immer etwas. Ob allerdings jede Veränderung eine Verbesserung darstellt, darf bezweifelt werden.

(Interessant wäre hier natürlich, wie leicht oder
schwer Ich-Syntonie unter den jeweiligen gesellschaftlichen
Normen überhaupt entwickelt werden kann, aber das ist
wiedermal eine andere Geschichte…)

Diese Diskussion, in der auf Unterschiede zwischen gesellschaftlich bedingtem und primär mit der Sexualpräferenz zusammenhängenden Leiden hingewiesen wurde, ist geführt worden.

Die Pathologisierung von
Homosexualität ist nur eins der jüngsten Beispiele für diese
Problematik.

Welche andere Beispiele aus der jüngeren Geschichte gibt es Deiner Meinung nach?

Wenn Du mir damit nun ‚Antipsychiatrie‘ unterstellen möchtest,

Nein, das möchte ich nicht. Ich habe gesagt, daß ich nicht weiß, worauf Du hinauswillst, und daß ich solche Argumentationen oft von Leuten höre, die antipsychiatrisches Gedankengut verbreiten.

weise ich Dich gern auf die Diskussionen hin, die in der
sexualwissenschaftlichen Fachwelt längst geführt werden,
welche sich keineswegs darüber einig ist

Das weiß ich.

Als Einstieg bieten sich z.B.

Ja, danke.

Gruß,

Oliver Walter

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Hallo!

Die Pathologisierung von Homosexualität ist nur eins der jüngsten Beispiele für diese Problematik.

Welche andere Beispiele aus der jüngeren Geschichte gibt es Deiner Meinung nach?

Homosexualität ist sicher das beste Beispiel. Spielarten wie Sadomasochismus, Fesselspiele, Fetischismus sind gesellschaftlich auch größtenteils vom krankhaften Beigeschmack befreit, bis zum Klassifikationskatalog ist dies leider noch nicht durchgedrungen.

ich finde das Ganze hier wenig sinnvoll. Du diskutierst mit
dem Captain die ICD-Kriterien, hältst ihm dabei vor, von
Impulsen werde dort nicht gesprochen, und springst zu den
DSM-Kriterien, als ich Dir deutlich mache, daß in der ICD sehr
wohl von Impulsen gesprochen wird. Kurz: Du weichst aus.

Ich weiche deshalb aus, weil ich die DSM-Kriterien für deutlicher formuliert halte. Allerdings steht auch im ICD:
„G2: Handelt entsprechend den Impulsen _oder_ fühlt sich durch sie deutlich beeinträchtigt.“
Das bedeutet, daß ein Impuls auch dort nicht mit Handlungen gleichzusetzen ist und sie nicht bedingt, als Impulse würden dann eventuell auch die im DSM erwähnten ‚Fantasien‘ gelten.

Dabei sind sich die Definitionen in ICD und DSM ziemlich
ähnlich, was die Unterscheidung von Impulsen und Phantasien
angeht. Diese habe ich nicht bestritten,

Na, wenn sie hier niemand bestreitet, brauchen wir in der Tat nicht deswegen zu streiten.

sondern darauf
hingewiesen, daß sexuelle Impulse, die ausgelebt werden, ein
hinreichendes Kriterium für die Diagnose der Störung
darstellen. Das ist auch nach DSM so richtig.

Unter Umständen hinreichend, aber eben nicht notwendig, wenn man etwas über den Tellerrand klinischer Psychopathologie hinauschauen möchte.

Kleiner Hinweis am Rande: In der Textrevision von DSM-IV gibt
es die Änderung, daß das Ausleben von paraphilen Bedürfnissen,
ohne daß der Betroffene darunter leidet oder psychosoziale
Beeinträchtigung erfährt, zur Diagnose der Störung ausreicht.

Sicher, unter Umständen hinreichend, aber eben…

Die Kriterien sind relativ genau. Verbessern kann man immer
etwas. Ob allerdings jede Veränderung eine Verbesserung
darstellt, darf bezweifelt werden.

Um ein Phänomen wie Pädophilie zu verstehen und ihm angemessen zu begegnen, ist es notwendig, betroffene Menschen in ihrem ganzen Lebenslauf zu betrachten, und zwar als relativ konsistent ‚pädophil‘ zu betrachten. Dabei ist es natürlich wenig hilfreich, wenn Diagnosen erst nach tatsächlich ausgelebten Impulsen zustande kommen. Der ‚Captain‘ behauptet nun, es gebe gar keine andere Möglichkeit zu diagnostizieren (modulo sein Konzept von ‚Verhalten‘??). Sehr interessant, da ich doch der Meinung bin, daß auch Pädophile ausgeprägte kommunikatorische Fähigkeiten besitzen. Je nach Fach und Intention wäre so eine Diagnose natürlich mehr oder weniger interessant.

Gruß,
Mark

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