Hallo!
Wenn ich sage, dass man an Gott „glauben“ kann, auch wenn man
„weiß“, dass es ihn nicht gibt, dann drückt das aus, dass mit
„glauben“ im religiösen Sinne etwas anderes gemeint ist, als
„eine Aussage für wahr halten“. Vielmehr ist das religiöse
Glauben die emotionale Hinwendung zu etwas, was sich nicht
objektiv-rational-empirisch belegen lässt. Es handelt sich
dabei um etwas höchst subjektives. Jemand der das nicht
erfahren hat, kann wahrscheinlich nicht nachfühlen, dass es so
etwas gibt.
Deine Beschreibung lässt in mir den Verdacht aufkommen, dass Glaube an einen Gott in etwa gleichzusetzen ist mit der Begeisterung für einen Fussballverein. Oder mit der Hingabe zu einem Hobby wie dem Restaurieren von alten Autos. Oder der Leidenschaft für das Sammeln von Briefmarken.
Das sind auch alles Dinge die mit einer emotionalen Hinwendung zu tun haben, die sich rational nicht so richtig erklären lassen.
Wieso ist der Fussballfan Fan von diesem Verein und nicht von einem Anderen und wieso ist er nicht Fan von Basketball? Wieso restauriert Jemand ein altes Auto obwohl er weiss, dass er dafür Jahre braucht und sich die Kosten niemals rechnen werden? Wieso kauft er sich nicht einfach ein neues Auto oder ein Auto das bereits ein Anderer restauriert hat? Wieso sammelt jemand Briefmarken die ja eigentlich durch ihre Benutzung „entwertet“ sind? Was fasziniert ihn an diesen winzigen Bildchen die von anderen Leuten abgeleckt wurden?
Jetzt wirst du wahrscheinlich sagen, dass diese Beispiele sich nicht mit dem Glauben an Gott vergleichen lassen. Du wirst es vielleicht sogar als beleidigend empfinden, dass ich diese profanen Hobbys mit dem Glauben an einen Gott gleichgesetzt habe. Denn schließlich ist Gott nicht nur viel wichtiger als Briefmarken, alte Autos oder Fussball, nein, er ist sogar DAS Wichtigste überhaupt, denn er ist der Allmächtige Erschaffer des Universums und der Menschen und von Allem.
Wenn Gott das Wichtigste ist, und das muss er wohl sein, denn ohne ihn kann es Nichts geben, dann empfinde ich eine „emotionale Hinwendung“ als Beschreibung von für den Glauben an Gott als etwas schwach.
Und wenn es für einen Gläubigen garnicht so wichtig ist ob Gott wirklich existiert oder nicht, wenn es ihm mehr oder weniger nur um die emotionale Hinwendung geht, dann ist der Glaube in meinen Augen nicht viel mehr als ein Hobby mit dem man sich die Zeit vertreibt.
Ich will es mal mit etwas vergleichen, was man vielleicht als
nichtgläubiger Mensch nachvollziehen kann:
Ein Mann steht am Grab seiner Frau und spricht mit ihr. Er
weiß, dass sie tot ist und er weiß auch, dass sie ihn nicht
hören kann (egal ob er an ein Leben nach dem Tod glaubt oder
nicht) - und er spricht dennoch mit ihr. Man wird als
Außenstehender sein Verhalten vollkommen zurecht für
irrational halten, aber er hat die Gewissheit, das für ihn
Richtige zu tun.
Ich weiss nicht, ob das Beispiel so gut ist. Denn manche Menschen, die vor dem Grab ihrer Angehörigen zu ihnen sprechen, gehen wohl davon aus, dass sie tatsächlich gehört werden. Sie glauben, dass ihr Angehöriger oder dessen Seele im Himmel oder irgendwo sonst noch existiert. Wenn ein Atheist vor dem Grab seiner Frau mit ihr spricht, dann tut er das wahrscheinlich nur um seine Trauer besser verarbeiten zu können. Vielleicht spricht er garnicht wirklich mit ihr, sondern er will nur Dinge aussprechen die er sonst niemandem sagen kann. Er will seine Gedanken loswerden. Oder vielleicht gibt er sich für einen kurzen Moment dem Wahn hin, dass er mit seiner Frau redet.
So ähnlich verhält es sich mit vielen gläubigen Menschen. Der
Kern des Glaubens ist nicht die Annahme, dass die Aussagen der
Bibel korrekt sind, sondern die Hinwendung zu einem nicht
rational begründbaren Gott (Wäre er rational begründbar, dann
wäre es übrigens nicht Gott - aber das ist ein ganz anderes
Thema).
Wenn ein Mensch sich als Christ bezeichnet, dann muss er doch die Bibel als einzigen vorhandenen Quell für die Grundlage seines Glaubens anerkennen. In der Bibel wird definiert was er glaubt.
Wenn er sagt, die Bibel sei nicht so wichtig und es sei egal ob da was Falsches drin steht, dann kann er kein Christ sein. Und wenn ein Mensch, der gläubig ist, sich aber nicht als Christ bezeichnet und trotzdem in der Bibel nach Antworten und Bestätigung für seinen Glauben sucht, dann erscheint mir das unkonsequent.
Ob nun ein Mensch Jude, Christ oder Muslim wird, ist
in den meisten Fällen keine Frage der bewussten Entscheidung,
sondern eine Frage der Erziehung.
Dann ist es wohl auch eine Frage der Erziehung ob ein Mensch überhaupt glaubt oder nicht. Wenn man sich eine Statistik der lokalen Verteilung der verschiedenen Konfessionen in Deutschland anguckt, dann ist dort deutlich zu erkennen, dass in den neuen Bundesländern, in denen die Kirchen über Jahrzehnte hinweg so gut wie keinen Einfluss hatten, die Zahl der Konfessionslosen extrem viel höher ist als in den alten Bundesländern in denen es Taufe, Religionsuntricht, heilige Kommunion, Gottesdienste, TV-Übertragungen von Pabstbesuchen und Fernsehserien mit Nonnen gab.
Ich habe mal den Text eines
Indianers gelesen (es war nicht Häuptling Seattle, aber sowas
ähnliches), der eine ganz pragmatische Erklärung für die
verschiedenen Religionen hatte: Es gibt nur einen Großen
Geist, aber er spricht zu den Menschen jeweils in der Sprache,
die sie am besten verstehen. Deswegen erscheint er den
Christen als der Gott der Christen und den Indianern eben als
der Große Geist.
Dann hat Gott auch zu den antiken Griechen gesprochen und ihnen von Zeus, Poseidon, Demeter usw erzählt? Und den Ägyptern hat er in ihrer Sprache von Ra, Hathor, Re und Osiris erzählt, weil sie eine eindeutige Beschreibung eines einzigen Gottes nicht verstanden hätten.
Man kann nun fragen: Wenn schon das Gottesbild von den
Menschen entworfen ist, könnte dann nicht auch die Idee, dass
es überhaupt einen Gott gibt, von Menschen gemacht sein? Ja,
schon, aber diese Frage ist für den Gläubigen selbst
irrelevant, denn er glaubt ja an Gott - und damit gibt es
diesen Gott (für ihn, subjektiv) auch.
Tut mir leid aber da komm ich nicht mit. Wie kann es egal sein, ob Religionen und Götter nur eine Erfindung der Menschen sind? Dann könnte man genauso gut an die Pokemons glauben.