die Frage, ob bzw. wie rechtsextrem die AfD ist, stellt sich ja immer wieder mal und auch hier im Forum hatten das Thema hin und wieder mal. Passend dazu bin ich gestern über eine Umfrage gestolpert, die ich euch nicht vorenthalten möchte:
Einerseits sind also 3/4 aller Befragten der Meinung, dass in der AfD rechtsextremes Gedankengut weit verbreitet ist. Andererseits sagen das aber auch 26% der AfD Anhänger. Was sagt uns das eigentlich über diese Anhänger?
Ist es angesichts solcher Zahlen nicht völlig legitim, dass sich der Verfassungsschutz die AfD etwas genauer anschaut? Das wäre doch schließlich auch eine Möglichkeit für die AfD der Öffentlichkeit zu beweisen, dass das Bild, das offenbar ein Großteil der Bevölkerung von ihr hat, nicht den Tatsachen entspricht.
Auch wenn ich von der AfD nichts halte, weil sie mir zu weit rechts sind, nur weil ein großer Prozentsatz der Bevölkerung der Meinung ist, daß die AfD rechtsgerichtet wäre, ist das noch kein Beweis, daß es so ist.
Festlegen ob die AfD eine Gefährdung der heutigen Verfassungsmäßigen Ordnung darstellt, kann man nur, aufgrund der Aussagen und Entscheidungen die von der AfD getroffen werden, nicht danach was die Bevölkerung von Ihr hält.
das hoffe ich auch. Noch mehr hoffe ich, dass der Verfassungsschutz bzgl. AFD die Füße still hält, und die Gesellschaft sich dieses Problems annimmt und sich stellt.
Eigentlich dachte ich ja immer, die AfD wäre populistisch. Aber man lernt dazu.
Werden jetzt die Aufträge für den Verfassungsschutz direkt aus den Umfragen abgeleitet? Hat der Verfassungsschutz eigentlich schon eine Standleitung zu Forsa, GfK und Co.?
Ja, die Meinung der Stammtische und der Nachbarn, die sollte stärker im Rechtssystem verankert werden. Wozu schon auf konkrete Tatsachen schauen, wenn man stattdessen auf Stimmungen und Gerüchte setzen kann? Diese ganze Rechtsstaatlichkeit ist ohnehin ein Irrweg, weg damit. Lasst und das Bundesverfassungsgericht durch regelmäßige Umfragen ersetzen!
Um die ‚Missverständnisse‘ hier mal aus dem Weg zu räumen:
Nein, der Verfassungsschutz soll natürlich nicht nur wegen einer Umfrage eine Partei überwachen. Zudem überwacht der Verfassungsschutz die AfD ja noch gar nicht, sondern prüft (zB in Thüringen) meines Wissens noch, ob es genügend Anzeichen gibt, die so eine Überwachung befürworten würde.
Dass also 77% der Bevölkerung die AfD für eine rechtsextreme Partei halten, ist sicher kein ausschließlicher Anlass für eine Beobachtung. Allerdings lässt sich daraus schließen, dass die Vorwürfe gegen die AfD nicht völlig aus der Luft gegriffen sind. Außer natürlich man hält die Bürger grundsätzlich für einen leicht zu manipulierenden Haufen, der keine Ahnung hat und sowieso nicht weiß, was er tut
Da bleibt aber dann natürlich noch die Frage, was mit den 26% ist, die die AfD wählen, obwohl (oder weil?) sie die AfD für rechtsextrem halten.
der Verfassungsschutz sollte nicht aufgrund irgendwelcher Umfragen tätig werden, sondern aufgrund eigener Erkenntnisse.
Z.B. wenn ein ehemals oberster Verfassungsschützer, also ein Insider, linksradikale Tendenzen in der SPD festgestellt hat.
Die Befragten dagegen werden in der Mehrzahl wohl keine Insider sein, sondern sich ihre Meinung aus dem gebildet haben, was die Medien ihnen servieren, nämlich dass die AfD eine rechtspopulistische Partei ist.
Verzeihung, falls dich das kränkt, das war nicht beabsichtigt. Ich wollte nur ausdrücken, dass ich das „dem Volk aufs Maul schauen“ (Verwaltungshandeln von Umfragen abhängig machen) nicht für den Königsweg halte.
Ich dachte, die hätten eher so +/- 15%. Ich vermute ohnehin, dass sich die Ergebnisse der AfD zukünftig wieder etwas abflachen. Ein vorübergehendes Erstarken rechtspopulistischer Parteien hatten wir in Deutschland schon öfter, das flaut meist nach überschaubarer Zeit wieder ab. Ganz verschwinden (wie seinerzeit die Republikaner oder die Schill-Partei oder auf Landesebene auch mal die NPD) werden sie wohl nicht, da die CDU den Platz frei gemacht hat, aber ich denke, langfristig werden sie sich nicht über 10% behaupten können. Aber wer weiß, manchmal ist meine Glaskugel auch etwas unscharf.
Ich will damit ausdrücken, dass Stimmungen im Volk, die man beispielsweise aus Meinungsumfragen entnimmt, nicht zur Grundlage des Handelns der Exekutive gemacht werden sollten. Zu präferieren wäre meines Erachtens ein Handeln der Exekutive, dass sich aus dem Gesetz ableitet. Natürlich gibt es auch ein Primat der Politik, aber das endet spätestens an den Grenzen, die das Grundgesetz setzt, so wäre jedenfalls mein Dafürhalten.
P.S.: Blödstellen ist natürlich ein legitimes Mittel in der Diskussion. Mach ich auch manchmal.
Ganz ohne Blödstellen, ich war tatsächlich geneigt anzunehmen, dass du die Umfragen als Rechtfertigung für eine Beobachtung ansiehst, die Frageform hatte ich als eine rhetorische abgetan. Aber zum Glück habe ich das missverstanden, denn das fände ich bedenklich.
Das ist mutmaßlich eine Melange aus Denkzettel-Wählern („die sind zwar rechtsextrem, aber die XY-Partei braucht einen Denkzettel“), Trotzdem-Wählern („die sind zwar rechtsextrem, aber Merkel hat die CDU so weit nach links getrieben … da hab ich keine andere Möglichkeit“) und bewusst rechtsextremen Wählern.
Ansonsten zur Verfassungsschutz-Thematik: es gibt halt ein „rechtsextrem“ jenseits und diesseits des Grabens „Kern der Demokratie“, zwischen denen die Umfrage nicht unterscheidet, der Verfassungsschutz aber wesentlich schon.
Tendentiell würde ich, der ich sicher weit von AfD-Sympathien weg bin, ganz klar die AfD als „rechtsextrem“ (im Sinne des Begriffsgebrauch des Verfassungsschutzes besser: "rechtsradikal"°) verstehen, aber eher nicht als „rechtsextrem und grundsätzlich demokratiefeindlich“, wenn auch mit einzelnen Tendenzen dahingehend, was sicher die Beobachtung einzelner Abgeordneter und Unterorganisationen rechtfertigt, wie es m.W. ja auch geschieht.
Dennoch ist die AfD halt bei weitem keine NPD, die zweifellos die demokratische Grundordnung im Kern angreift.
° Was ist der Unterschied zwischen radikal und extremistisch? Als extremistisch werden die Bestrebungen bezeichnet, die gegen den Kernbestand unserer Verfassung - die freiheitliche demokratische Grundordnung - gerichtet sind. Über den Begriff des Extremismus besteht oft Unklarheit. Zu Unrecht wird er häufig mit Radikalismus gleichgesetzt. So sind z. B. Kapitalismuskritiker, die grundsätzliche Zweifel an der Struktur unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung äußern und sie von Grund auf verändern wollen, noch keine Extremisten. Radikale politische Auffassungen haben in unserer pluralistischen Gesellschaftsordnung ihren legitimen Platz. Auch wer seine radikalen Zielvorstellungen realisieren will, muss nicht befürchten, dass er vom Verfassungsschutz beobachtet wird; jedenfalls nicht, solange er die Grundprinzipien unserer Verfassungsordnung anerkennt.
Gruß
F.
P.S.: Was sagt das eigentlich über das Bundesamt für Verfassungsschutz aus, dass es diese FAQ an (linker) Kapitalismuskritik durchdekliniert?