Rechtslage um angeblich sensationellen neuen Impfstoff

Liebe Rechtsexperten!

Ich hab gerade von einem Dr. Stöcker gehört, der in seinem eigenen Labor einen Corona-Impfstoff entwickelt hat, der sehr gut sein soll. Es handelt sich um ein Antigen, dass im Körper zum Aufbau eines stabilen Antikörperstatus führen soll.

Hier der Link zum Spiegelbericht.

Ich hab dazu zwei Fragen:

  • Egal wie gut dieser Impfstoff ist (an wievielen Menschen hat er es überhaupt wie getestet?): Müsste er nicht grundsätzlich all die Prüfungen durchlaufen, die auch die anderen Impfstoffe durchlaufen mussten?

  • Er gibt an, das Antigen an Ärzte verkaufen zu wollen, die sich daraus den Impfstoff selbst anmischen. Das wäre dann angeblich legal. Gibt es da tatsächlich eine rechtliche Möglichkeit, einen Impfstoff ohne die aufwändigen Prüfungen an den Mann und die Frau zu bringen?

Wer hier was zur Rechtslage sagen kann hat meinen Dank im Voraus!

Gruß, Diva

Guggel mal nach: Antigen Zulassung
Da wirste fündig u.A. dass er schon ´ne Anzeige vom Staat kassiert hat.


Ohne Zulassung geht das nicht und wenn´s blöd läuft und sein Antigen wäre wirklich DAS Mittel der Wahl, dann hat bevor er´s zugelassen bekommt, ein Pharmariese da schon die Nase vorn gehabt und dem wird das Paul-Ehrlich-Institut wohl vor ihm die Zulassung ersteilen.
ramses90
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Hallo,

Ich las am Wochenende was von 25 Personen.

Als erstes müsste er Anträge schreiben, dass er Versuche an Menschen vornehmen möchte. Diese würden dann nach diversen Gesichtspunkten geprüft werden und vielleicht genehmigt. Dafür müsste er aber auch erstmal nachweisen, dass die zu verabreichenden Mittel keine bzw. kontrollierbare Risiken besitzen.

Aber mit viel ausführlicher sagt die Frankfurter Rundschau, die @ramses90 verlinkte, das selbe.

Naja, ein Arzt, der seine Approbation und damit seine berufliche Zukunft nicht aufs Spiel setzen will, wird nicht eifach irgendwas zusammenrühren und dem Patienten spritzen, wenn das nicht getestet ist. Denn schließlich ist der Arzt für seine Tätigkeit und deren Folgen rechtlich verantwortlich.

Grüße
Pierre

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Und hier der Link zu einem Text von jemandem, der sich damit auskennt.
Bissiges Mäuschen :mouse: auf Twitter: „Ich habe übrigens während meiner Promotion und danach fünf Jahre lang vor allem rekombinante Proteine in und aus verschiedenen Organismen hergestellt. Wir haben damit auch Kaninchen immunisieren lassen, um Antikörper zu gewinnen. Ich weiss daher, dass das geht, aber auch, (1/n)“ / Twitter

Hat mit Recht nix zu tun (naja, ein bißchen schon), aber ich finde, so ein inhaltliche Einordnung schadet nicht in einem Wissensforum.

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Moin,

Was die inhaltliche Einordnung angeht, ein wenig Hintergrund: https://de.wikipedia.org/wiki/Winfried_Stöcker Er gehört nicht zu den typischen Erfindern „Ich hab da mal heute morgen was gemixt, das hilft!“

Was ist persönlich vermisse, ist in dieser wüsten Zeit ein wenig Pragmatismus. Dass die Rechtslage kompliziert ist, ist mir klar. Was sprich jedoch dagegen, unabhängig von seiner möglichen Verfehlung parallel dazu die Studien anlaufen zu lassen, die man bräuchte?

Verurteilen kann man ihn immer noch, er wird es garantiert überleben, zumindest finanziell.

Sein Weg ist aus meiner Sicht garantiert wesentlich kompetenter als der Vorschlag von diesem ehemaligen Präsidenten eines großes Staates (Wie hieß der denn noch gleich, sein Name fällt mir gerade nicht ein :wink: ), den Menschen Desinfektionsmittel zu spritzen. Außerdem wird er fast schon zum Märtyrer gemacht, was wahrscheinlich eine Anwendung nicht verhindern wird, völlig unabhängig vom noch nicht bekannten Wirkungsgrad.

-Luno

Hallo,

dagegen spricht, daß es verboten ist, irgendetwas zusammenzurühren und als Impfstoff ohne Zulassung anderen Leuten zu injizieren, und das ist verboten, weil es inhaltlich keinen großen Unterschied macht, ob der Zusammenrührende ein Wissenschaftler ist, ein wahnsinniger Wissenschaftler, ein nachlässiger Wissenschaftler, ein irrender Wissenschaftler oder ein wahnsinniger Irrer. Es gibt Zulassungsverfahren, die durchlaufen werden müssen, damit sichergestellt ist, daß ein Impfstoff sicher ist (erste Priorität) und wirksam ist (zweite Priorität).

Wenn jeder einfach mal was erfinden und als Impfstoff im privaten Freundes- und Verwandtenkreis verabreichen dürfte, dauerte es nicht lang, bis Hiltmann mit einer Mischung aus Rattengift und Avocado antritt und der nächste mit einer Mischung aus Hydroxychloroquin und Sagrotan. Aus Sicht des Staates sind eben auch die Freunde und Verwandten von Hiltmann und Trump schützenswert.

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Wenn ich deinen Beitrag kurz zusammenfassen darf:
Gegen eine Prüfung spricht, daß der Stoff nicht geprüft ist…

Das ist so als würde mit beim Auto die TÜV-Plakette verweigert, weil der TÜV abgelaufen ist.

Es wurde ja nicht gesagt daß man den Stoff direkt einsetzen soll. Das wäre wirklich fahrlässig und gefährlich. sondern daß man das Mittelchen nimmt, und den erforderlichen Prüfungen unterzieht, um zu sehen ob es sicher, und wirksam ist. Nach erfolgreicher Prüfung spräche IMHO nichts gegen einen Einsatz.

Da stimme ich dir zu.
Ich glaube, was mich am meisten gestört hat ist die Art der Berichterstattung: Gemeinhin hätte ich Spiegel-TV für vertrauenswürdig gehalten, aber die Art der Darstellung war in meinen Augen höchst manipulativ. Wenn sein Antigen so toll ist spricht doch nichts dagegen, es durch alle Testverfahren laufen und legitimieren zu lassen.

Ich habe ungeschickt zitiert. Natürlich kann man ein Zulassungsverfahren beginnen, aber es bleibt eben verboten, irgendetwas zusammenzurühren und seinen besten Freunden und ein paar Verwandten zu spritzen. Zuerst muß es Laboruntersuchungen geben - des Impfstoffs und meinetwegen auch serologische an den geimpften Personen.

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Die erste Berichterstattung, von der ich las, war sinngemäß „Wissenschaftler findet alleine hochwirksamen Impfstoff und wird nun von denen da oben dafür auch noch angegangen“. Das ist allerdings auch schon ein oder zwei Monate her.

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Tauchte in meiner Filterblase bislang nicht auf. Ich bekam die die Nachricht über Telegram von einem Bekannten.
Leb halt etwas hinter dem Mond.

Moin,

Ist mir unter diesen GANZ SPEZIELLEN Umständen völlig wurscht, denn die juristische Seite ist vorerst für mich irrelevant.

auch völlig egal.

Mein Punkt ist:
Der Schaden an sich ist angerichtet, dieser Aspekt wird juristisch aufgearbeitet werden müssen.
Aber:
Wenn auch nur eine halbwegs vorteilhafte Wirkung unter zunächst den wichtigsten medizinischen Gesichtspunkten erkennbar sein sollte, muss das weiter verfolgt werden.
Damit ihr mich nicht falsch versteht, ich bin ziemlich direkt mit einem kleinen Gerät aus der Medizintechnik beruflich beschäftigt, als kritischer Lieferant der Elektronik erlebe ich hautnah, welche Zulassungsprozeduren notwendig sind, aber auch, auf welchem irrsinnigen formalen Level das angelangt ist. Ein fehlende Komma kann, überspitzt formuliert, eine Zulassung zum Kippen bringen. Da entwickelt man eine gesunde Paranoia.

Ja, nun hat er aber genau das getan, was eben nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Dafür muss er sich evtl. verantworten, überhaupt keine Frage. Aber auf der sachlichen Ebene geht es jetzt mir doch genau darum: JETZT die Prüfungen nach schieben, die erforderlich sind. Das scheint nicht zu geschehen.
Möglicherweise funktioniert es nicht: https://www.pharmazeutische-zeitung.de/was-ist-dran-am-antigen-impfstoff-124242/ Wir haben aber keine zeit, um uns vorher auf einer Metaebene für lange Zeit auseinander setzen zu können, ob oder ob nicht. Testen unter der gegebenen rechtlichen Rahmenbedingungen und gut ist, dann wissen wir es. Das erwarte ich. Dann wissen wir, ob er ein Scharlatan ist oder genial oder viel Glück gehabt hat.

-Luno

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Vielleicht ist das dem Herrn Stöcker zu langweilig oder zu anstrengend. Laut einiger Meldungen kann man ihn ohnehin als „umtriebig“ bezeichnen. (Um es mal vorsichtig zu umschreiben.)

Mit welchem Recht will man Stöcker dazu zwingen? (Bezugnehmend auf den Imperativ in Deinem Satz.)

Das ist aber eine der beiden Seiten der Medaille. Das eine existiert ohne das andere nicht. Die heutigen Regeln für Medikamententests wurden unter anderem aus der Erfahrung mit Contagan und unter Berücksichtigung der Deklaration von Helsinki erarbeitet und vielleicht auch mit dem Rückblick auf 33-45. Und danach könnte die Arbeit von Herrn Stöcker ein unerlaubter Menschentest sein.

Oder anders gesagt, falls Herr Dr. Stöcker noch Interesse an der Vermarktung seines Produktes hat, kann er die 90% des Weges, die er bisher gespart hat, ja nachholen (obwohl er seit letztem Jahr genügend Zeit gehabt hätte). Und wenn er dann bewiesen hat, dass das Präparat eine Wirkung und nur akzeptable Nebenwirkungen hat, kann er ja in die Vermarktung gehen. Ich bin mir nur nicht ganz sicher, ob er dafür die Genehmigung der zuständigen Ethikkommission bekommen würde. Da er ja schon einmal deutlich gegen die ethischen Grundsätze verstoßen hat …

… aber vielleicht hat ja eine andere Firma Interesse an seiner Idee. Schließlich soll er ja das „Rezept“ frei verfügbar veröffentlicht haben. Zu diesem Punkt der Geschichte um Herr Stöcker habe ich diese Seite gefunden. In wie weit die ausführende Person fachliche Kompetenz besitzt kann ich nicht beurteilen, da sie mir selber fehlt. Aber zumindest scheinen mir die skeptischen Fragen nicht völlig aus der Luft gegriffen. Das liest sich fast so, als hätte Herr Stöcker bekannt gegeben, dass man mit Mehl, ein paar weiteren Zutaten und einem Ofen den besten Kuchen der Welt backen könnte.

Grüße
Pierre

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Ich finds ja schon paradox. Auf der einen Seite reiten die Leute darauf herum, dass die aktuellen Impfstoffe doch so wenig getestet wurden und man mit Langzeitschäden rechnen müsse - und auf der anderen Seite regen sie sich nun auf, dass ein kaum getesteter Impfstoff nicht so-fort zugelassen wird und verniedlichen die unkontrollierten Versuche an Menschen. Wären da mal schnell 30 Leute gestorben - was wäre das für ein Geschrei gewesen.

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Können wir festhalten, dass hier gerade echt wenig für intelligentes Leben auf der Erde spricht?

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Es ist nun mal so, dass wir alle von den Passagieren der Arche B von Golgafrincham abstammen

Dieses Paradox wird noch überboten von den Leuten, die Impfungen generell ablehnen, aber Herrn Stöcker als „einsamen Kämpfer gegen die Pharmaindustrie“ feiern und sich mit seinem Mittel sofort spritzen lassen würden.

Mit dazu beigetragen haben dürften auch verherrlichende Über- und Unterschriften in den Medien. „Impfstoff aus dem Marmeladenglas“ und „wurde dann vom Staat verklagt“. Da kommt schon so ein bisschen Robin-Hood-Feeling auf. Der kleine Tüftler sitzt in der Küche, entwickelt einen hochwirksamen Impfstoff und der böse Sheriff von Nottingham steckt ihn dafür in den Kerker. Nur der Spiegel steht ihm wie Bruder Tack bei.

Aber nun gut. Der Spiegel muss sich auch verkaufen. Und das geht scheinbar in diesem Land am besten mit billigen Schlagzeilen. Und von durchgedrehten Selbstdarstellern mit Verhaltensauffälligkeiten lassen sich Journalisten ja immer wieder mal gerne blenden.

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So toll es klingt, dass es da einen interessanten Stoff geben sollte, den man „nur testen“ müsste, so schwierig dürfte das in der Realität sein. Da will zunächst mal geklärt werden, wer dies machen kann, und aktuell dafür über frei Labor- und Personalkapazitäten verfügt. Dann geht es um die Frage der Rechte an dem, was aktuell schon vorhanden ist, und was ggf. über eine wissenschaftliche Befassung mit diesem Ansatz noch hinzu kommt. Niemand wird großen Aufwand in eine Sache stecken, bei der nicht klar ist, wie dies wirtschaftlich für ihn am Ende ausgeht. Ich bin der Sache mit „veröffentlicht, damit ihn jeder nachbauen kann“ noch nicht weiter gefolgt, aber was einerseits so großherzig klingen mag, bedeutet andererseits natürlich ein hohes wirtschaftliches Risiko für jeden, der da ansetzt, dass der Wettbewerb dann ggf. am Ende drei Tage früher mit einem Produkt auf dem Markt ist, und man ihm dies nicht untersagen kann, und die eigenen Kosten dann in den Kamin schieben kann.

Zudem steht nach so einer Veröffentlichung zu befürchten, dass jetzt 1001 weitere kleine Hinterhof-Gen-Hacker in ihren hübsch regelmäßig nicht ansatzweise den aus guten Gründen erlassenen Sicherheitsvorschriften für solche Arbeiten entsprechenden Laboren ebenfalls anfangen werden Gott zu spielen, und wenn da auch nur einer in erwartbarer unsauberer Art arbeitet, und die Nachbarschaft vergiftet, dann hat man für ein auf diesem Ansatz entwickeltes seriöses Produkt einen Marketing-Gau, gegen den die Bedenken gegenüber dem Impfstoff von AZ ein mildes Lüftchen ist. Auch das würde mich als Unternehmer davon abhalten, auf diesen Zug aufzuspringen.

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Was die Seriosität des ‚Spiegel‘ betrifft, so scheint man da nach meinem Eindruck seit Relotius erst recht nach der Devise „ist der Ruf erst ruiniert …“ zu handeln. Aber das nur nebenbei. Zum eigentlichen Thema zwei Links zu Fefe (beide lesen!):
http://blog.fefe.de/?ts=9eb4eed6
http://blog.fefe.de/?ts=9eb5a3bf
Der zweite Eintrag ist jetzt hoffentlich nich zu viel Fachsimpelei. Man kann von Felix von Leitners Blog halten, was man will - aber um etwas Medienkompetenz zu erwerben taugt er. Und wenn er den Spiegel „das ehemalige Nachrichtenmagazin“ nennt, hat er gar nicht so unrecht. qed - wieder mal …

Moin,

@Pierre @Wiz und alle anderen, die hier noch mitlesen

In den letzten Tagen hatte ich Zeit, um meine Position noch einmal zu überdenken. Fazit: sie ist mehr als falsch und daher nicht mehr haltbar. Danke für Eure Korrekturen.

(Zum Hintergrund des Herrn Stöcker: hier im Großraum Lübeck hat sein Name eine große Bedeutung. Sein ehemaliges Unternehmen https://www.euroimmun.de/de/ ist keine Hinterhofklitsche und er hat den Flughafen Lübeck nach einigen Pleiten, Pech und Pannen seitens der Lübecker Bürgerschaft denen abgekauft und ihn somit zunächst gerettet.)
Da bin ich doch glatt dem Autoritätsargument selber auf den Leim gegangen, was ich anderen liebend gerne und genüsslich aufs Brot schmiere. :disappointed: Er mag ein sehr erfolgreicher Unternehmer gewesen sein, aber das hat keinerlei Bedeutung für eine mögliche Kompetenz in puncto Impfung.

Zusätzlich bin ich dem Galileo Gambit unterlegen, so von wegen „Der Kleine zeigt es den Großen mal so richtig…!“ Es gibt durchaus ganz seltene Fälle, in denen das gelang, dazu fiel mir das Thema Gastritis ein: https://www.aerzteblatt.de/archiv/48558/Nobelpreis-fuer-Medizin-Der-Bakterientrunk-lieferte-der-Fachwelt-den-Beweis

Denn bereits Anfang der 80er-Jahre hatten die Forscher einen medizinischen Mythos entzaubert, von dem Millionen Menschen profitiert haben: Sie postulierten, dass nicht Stress oder falsche Ernährung die Ursache für die meisten Gastritiden ist, sondern ein ungewöhnliches, gekrümmtes Bakterium namens Helicobacter pylori.
Obwohl zuerst kaum jemand diese These ernst nahm, gelang es Warren und Marshall im Laufe der Zeit – unter anderem durch schmerzhafte Selbstversuche –, eindeutig zu belegen, dass die säureresistenten Keime neben der Gastritis etwa 80 Prozent aller Ulcera ventriculi und mehr als 90 Prozent aller Ulcera duodeni auslösen.

Aber … die Forscher beließen es beim Selbstversuch und konnte es schließlich mit den üblichen Methoden belegen. Was im hier diskutierten Fall so nicht geschah.

Hier ein deutlich kritischerer Bericht zu dem Thema: https://www.dw.com/de/kontroverse-um-lübecker-impfstoff-erfinder-winfried-stöcker/a-56827617
Zitate erspare ich, der Bericht spricht für sich selber.

All das hat er gewusst, muss er gewusst haben, denn sein Unternehmen muss nach derartigen Richtlinien handeln, zumindest das Medizinproduktgesetz hat mittlerweile sehr hohe Hürden errichtet. Er hat das alles ignoriert.

-Luno

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