Werter Michael Kling! )
nachdem ich Ihre etwas wirren Ausführungen gelesen habe,
drängt sich mir der Verdacht auf, dass sie einen sogenannten
„objektiven Feind“ haben.
Nämlich „der Politiker“
Das ist auf den ersten Blick so richtig - scheinbar zumindest. In Wahrheit ist es nur eine Begleiterscheinung eines gesamtpolitischen Negationismus, womit Unterstellungen von anderer Seite, ich würde Anarchie propagieren, nicht zutreffend sind. Selbst der Begriff Nihilismus trifft nicht vollkommen meine Haltung gegenüber der Politik. Ich für es eher als eine Form des Misanthropismus bezeichnen: Der Mensch an sich ist moralisch gesehen primär neutral, die Sozialisation führt zu einer durchweg negativen Entwicklung des Individuums, nur der Zwang der Gemeinschaft erzwingt sogenannte „gute Eigenschaften“ (nämliche jene, die von der Gesellschaft sanktioniert sind: Sklavenhaltung oder Kämpfe auf Leben und Tod zur Belustigung der Massen galten auch einmal als „political correct“).
Objektive Feinde sind dadurch gekennzeichnet, daß Ihnen die
Feindeigenschaft innewohnt, also nicht durch die Person an
sich, sondern durch die Gruppencharakteristika bedingt ist.
Sprich: Weil die Person zu dieser Gruppe gehört, hat sie diese
schädlichen Eigenschaften.
Nach meinem Weltbild haben die Menschen, die einer bestimmten Gruppe mit negativem Eigenschaften angehören, sich diese negativen Eigenschaften angeeignet - zumindest wenn sie von ihrem Tun in der Gruppe überzeugt sind. Wenn die Gruppe sagt, daß es richtig ist, das World Trade Center mit tausenden von Menschen zu töten, dann nimmt ein Mohammed Atta als Individuum aus Überzeugungsgründen diese aus unserer Warte schlechten Eigenschaften an. Warum sprengt sich ein Selbstmordattentäter in einem Bus in die Luft und überwindet dabei den stärksten Urtrieb, den der Mensch kennt: die Selbsterhaltung?
Dies ist eine einfache Möglichkeit, seinen Gegner zu
entmenschlichen und weitergehende Maßnahmen an ihm mit bestem
Gewissen durchzuführen. Damit behaupte ich natürlich in keiner
Weise, dass Sie derartige Maßnahmen durchführen oder auch nur
beabsichtigen.
Da habe ich ja Glück gehabt! )
In allen diesen Fällen war jedoch die Grundprämisse:
Zugehörigkeit zu einer gesellschaftlichen Gruppe = prinzipiell
Schlecht und Schädlich–
nicht haltbar
Es ist eine Frage, wie weit sich das Individuum mit seiner Gruppe und deren Idealen wirklich identifiziert. Volle Identifikation bedeutet Übernahme der Eigenschaften in den eigenen Charakter. Eine Bewertung in Gut und Böse erfolgt doch nur durch Bewertungsraster Außenstehender
dabei haben Sie vergessen, daß Satz 1: (Macht an sich ist
schädlich) nicht bewiesen ist.
Das Gegenteil kann ebensowenig bewiesen werden. Also können wir uns nur im Bereich der persönlichen Überzeugung bewegen. So wenig ich beweisen kann, daß 3 eben 3 ist, so wenig können wir einen Beweis für meine oder Ihre Auffassung finden.
Diese Aussage wurzelt in ihren
Überzeugungen, die jedoch als Beweis nicht ausreichend sind.
Ich habe hiermit nachgelegt )
Ihre Argumentation ist somit logisch inkorrekt. Eine
überzeugung muß nicht korrekt sein, es gab lange Zeit eine
Mehrheit, die daran glaubte, dass die Welt eine Scheibe ist
Die Mehrheit der Menschen glaubt heute noch immer an einer höherstehendes Wesen. Ich werde mich nicht auf Ihr Niveau begeben und diese Leute mit jenen vergleichen, die die Welt für eine Scheibe hielten.
Die implizite Gleichsetzung von Politikern mit
Sicherheitsverwahrten Schwerstverbrechern zeigt deutlich, wes
Geistes Kind Sie sind.
Das wiederum glaube ich nicht. Wenn Sie wirklich wissen, wes Geistes Kind ich bin, dann müßten Sie Herrschaftstheorie, Anarchie, Nihilismus, Negationismus und noch einige politisch-weltanschauliche Philosophien kennen und interpretieren können. Dies wage ich - mit allem gebotenem Respekt - zu bezweifeln. Ich vermute hinter Ihrem Satz eine Floskel, die als Tritt unter dem Tisch gedacht ist.
Macht an sich ist wertfrei, es kommt darauf an, was man daraus
macht.
Natürlich ist Macht für sich allein wertfrei. Erst wenn Macht in Zusammenhang mit Mensch und Problem gestellt wird - und nur dort erhält Macht einen inhaltlichen Sinn - verändert sich die Bewertung der Macht. Ein Mensch ist nie wertfrei - dann wäre er eine Maschine. Ein Problem ist ebenfalls nie wertfrei - dann könnte jedes Problem berechnend gelöst werden. Wie soll da Macht wertfrei sein?
Heinrich