Regionale Pflege altmodischer Ausdrücke

Hallo ihr Lieben!

Haben sich bei euch regional noch „altmodische“ Ausdrücke gehalten?

Bei uns auf dem Lande hört man vereinzelt noch „Oheim“ (Onkel) oder „Vetter“ und „Base“ (Cousin und Cousine). Statt von der Arzthelferin, bzw. Med. Fachangestellten, ist immer noch von der „Sprechstundenhilfe“ die Rede; eine Prostituierte ist eine „Dirne“ und die meisten Leute wisssen, was ein „Meuchelpuffer“ ist (nämlich eine Pistole).

Der gelernte Landwirt bleibt trotzdem ein „Bauer“ und eine eher unattraktive Dame jenseits der 30 kann schonmal als „alte Vettel“ bezeichnet werden. Statt zum Jahrmarkt geht man auf den „Rummel“, als Krankheit ist uns der „Ziegenpeter“ (Mums) noch gut bekannt. Sollte jemand daran versterben, also von „Gevatter Tod“ geholt werden, gibt es nach der Beerdigung einen „Leichenschmaus“ (keine Ahnung, wie dieser offiziell heutzutage heißt).

Zwecks Erweiterung meines Wortschatzes bitte ich um Wörter, die bei euch noch in Gebrauch sind, obwohl sie schon vor Jahren durch modernere Ausdrücke ersetzt wurden. Vielleicht gibt es auch im Netz nützliche Seiten zum Thema? Konnte über Google nix Gescheites finden.

Liebe Grüße
Kata Rina

Hallo, Kata Rina,

nicht bloß regional, sondern sogar personal ist die Sammlung

Martin Müller, Goethes merkwürdige Wörter, Ein Lexikon; ISBN 3-534-19078-5 Buch anschauen.

Allgemeiner ist die Sammlung

Kleines Lexikon untergegangener Wörter, Hrsg. von Nabil Osman; ISBN 3-406-34079-2 Buch anschauen.

Die Wörter sind meist nicht mehr im Gebrauch, aber durchaus verständlich und bemerkens- und bewahrenswert.

Gruß Fritz

Nur ‚Oheim‘, ‚Base‘, ‚Dirne‘ nicht Standarddeutsch

Guten Tag, Kata Rina

In at, ch, de sind nur die folgenden Ausdrücke nicht Standarddeutsch:
Oheim, Base, Dirne (werden ev. in einer nicht standardisierten
Sprachvarietät verwendet)

Gemeindeutsche Standardsprache:
Bauer, Gevatter, Leichenschmaus, Mumps

Standarddeutsch in ch und de:
Vetter

Standarddeutsch in at und de:
Sprechstundenhilfe

Standarddeutsch in de:
Rummel, Ziegenpeter

Quellen: Variantenwörterbuch des Deutschen und Duden

Freundliche Grüsse

Rolfus

Ja - welch´ Freude an diesem sonnigen Sonnabend´

Auch ich labe mich an der Kraft längst verblichener Ausdrücke. „Oheim“ und „Base“ sind längst wieder populär in der zeitgenössischen Prosa der Netzkultur. Andere Begriffe aus der Altväter Zeit sind noch nicht wieder gehoben, aus ihrem kühlen Grab!

Man soll sie schützen und pflegen, wie alles Brauchtum,und dabei aber nicht aus den Augen verlieren, dass auch die Sprache sich hinfortentwickelt, dieweil unser Wortschatz sich auch mit dem technischen Fortschritt und der Fortkunft der Kultur erweitert. Praktische Erforderisse treten vor ästhetische Anspruche. So zum Beispiel könnte ich mir vorstellen, dass in 10 Jahren „funzen“ als Verb für „funktionieren“ steht, mir allen seinen Formen,

ich funze, du funzt, wir funzen, es funzte, funz!

Welch grotestek Vorstellung.

Salü

HM

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Vielen Dank - Buch ist bestellt :smile:

Kleines Lexikon untergegangener Wörter, Hrsg. von Nabil Osman;
ISBN 3-406-34079-2 Buch anschauen.

Die Wörter sind meist nicht mehr im Gebrauch, aber durchaus
verständlich und bemerkens- und bewahrenswert.

Gruß Fritz

Hallo Fritz!

Das Buch habe ich mir jetzt bestellt und bin schon SEHR gespannt! Vielen Dank auch an die anderen, die mir geantwortet haben!

Kata Rina

Hallo Kata Rina!

Meine Großmutter sagte immer zu meinem Großvater „Dein Rock hängt im Schrank“. Mit Rock meinte sie die Jacke.
Und es war vom Kirchhof die Rede, nicht vom Friedhof.
Ein Pate wurde als Pope bezeichnet, und Medikamente als Arznei, sie hatten auch noch einen Stiefelknecht und aßen statt Quark „weißen Käse“.
Außerdem gingen sie „zu Bett“, nicht etwa ins Bett!

Angelika

Moin, Herr Meyer,

So zum Beispiel könnte ich mir
vorstellen, dass in 10 Jahren „funzen“ als Verb für
„funktionieren“ steht, mir allen seinen Formen,

ich funze, du funzt, wir funzen, es funzte, funz!

Welch grotestek Vorstellung.

ich funze, du funzest, wir funzen, es funzte, funz!

In 30 Jahren wird der Leser ungläubig fragen: „Das gibt es erst seit 2002?!?“

Wörter, für die sich ohne Verrenkungen sämtliche Beugungsformen erzeugen lassen, werden von der Sprache aufgenommen. Der Streit um downgeloadet oder gedownloadet führt ja immerhin zu der Erkenntnis, dass beides bescheuert klingt und wird wohl hoffentlich zum Aussterben des Begriffs führen, wahrscheinlich sagen unsere Nachkommen nur noch gesaugt oder ähnliches.

Gruß Ralf

Hallo, Kata Rina,

also bei uns in der Gegend sagt man zum Lumpen noch Hadern, eine nicht verheiratete ist eine Jungfer, ein junges Mädel ein Dirndl (nicht zu verwechseln mit dem Kleid) das Wohnzimmer ist oft die Stubn, ein Junge wird Bub genannt, den Leichenschmaus gibts auch immmer noch ebenso den Kehraus. Base,Vetter etc. sagt man nicht mehr.
Der Kaminkehrer ist immer noch der Schlotfeger. Tiere das Vieh (Viech), der Friseur ist der Bader…

lg Diana

Hallo,

interessantes Thema. Mein Heimatort im Mittelhessischen bietet ein wahres Panoptikum lustiger Ausdrücke. So heißt dort eine Wolldecke „Kolter“, angeblich stammt der Begriff aus dem Französischen, war aber wahrscheinlich nie standardsprachlich.

Interessant ist auch der Begriff für Frauen, das sind nämlich Weisleit, also Weißleute, warum auch immer. Mädchen heißen Menscher. Männer und Jungen werden erstaunlicherweise nicht mit solchen Begriffen beglückt.

Base kene ich auch, es wird bei uns allerdings Voose ausgesprochen. Pateneltern sind Gote und Petter. Woher das stammt, möchte ich auch mal gerne wissen.

Bestimmt fällt mir noch was Ulkiges ein. Allerdings gibt es bei Begriffen, die zum Standarddeutsch einer Region gehören, obwohl sie nicht zum allgemein gültigen Standarddeutsch gehören, ein Problem: wenn man sie selbst benutzt und kennt, ist einem nicht bewusst, dass man damit auffällt.

so long
oechsle