Reimschema des Koran?

Hallo und Guten Tag,

als ein angeblicher „Beweis“ für die „göttliche Herkunft“ des Koran wird ja oft seine angeblich „unnachahmliche Dichtung“ herangeführt.

Was ich aber immer schon mal wissen wollte: Wie muss man sich diese „Dichtung des Koran“ denn vorstellen? Was hat der Koran für ein Reimschema? A-B-A-B wie das „Nibelungenlied“? Oder Hexameter wie die „Illyas“ von Homer?

Gibt es irgendwo ein paar Koranverse, die tatsächlich
nachgedichtet (also nicht einfach nur „übersetzt“) worden sind? Ins Deutsche oder zumindest ins Englische?

Vielen Dank im Voraus für Antworten,

Jasper

Hallo Jasper,
ein sehr kompliziertes Thema, das ich hier (da ich alles andere als Spezialist dafür bin und auch selbst kein Arabisch beherrsche) nur grob umreißen kann. Zunächst einmal heisst ‚Dichtung‘ nicht notwendig Poesie („gebundene Sprache“), schon gar nicht gereimte. Sodann gibt es im Arabischen nicht nur zwei Arten von Dichtung - Poesie und Prosa - sondern drei. Da gibt es zunächst die ‚eigentliche‘ Poesie, die sich durch Reim (Endreim) und Metrum auszeichnet. Es gibt in der klassischen arabischen Dichtung 16 verschiedene Metren und in Abhängigkeit vom Metrum werden verschiedene Reimschemata verwendet. Das entscheidende Merkmal für Poesie ist jedoch das Metrum, nicht der Reim. Es gibt dann nämlich als zweite Form eine Art ‚gereimte Prosa‘ (Saj‘, سـجـع) - es werden also Reime verwendet, aber kein festes Metrum. Schwer zu beschreiben - eine Art freier Rhythmen, aber nicht durch Hebungen sondern durch gleichklingende Vokale strukturiert. Schließlich gibt es noch die ‚normale‘, also reimlose und und nicht-metrische Prosa.

Der Qu’ran nun wiederum gehört keiner dieser Kategorien an - er steht außerhalb jeder Kategorie. Am ähnlichsten ist er wohl dem Saj‘ - wobei ich mal ketzerisch behaupte, dass der Hauptgrund dafür, dass der Qu’ran stilistisch nicht als Saj‘ eingeordnet wird, der ist, dass Muhammad selbst den Saj‘ als Sprache der Wahrsager und Scharlatane denunziert hat - wobei diese Form dessenungeachtet (eigentlich durchaus folgerichtig) in der Rhethorik eine beachtliche Karriere machte.

Jedenfalls - wäre der der Stil des Qu’ran Saj‘, dann ein unvollkommener und häufig regelwidriger - was natürlich nicht sein kann, weil es nicht sein darf. Die scheinbare Regellosigkeit der qu’ranischen Sprache ist also tatsächlich eine Vollkommenheit, die sich dem Menschen lediglich nicht erschließt, denn unzweifelhaft ist der Qu’ran als vox ipsissima Gottes natürlich vollkommen. Außerdem sorgt diese scheinbare Regellosigkeit dafür, dass der Stil des Qu’ran nicht nachgeahmt werden kann, was als weiterer Beweis dafür angeführt wird, dass es sich um ein göttliches Diktat handelt. (Räusper).

Diesem mehr als nur ein paar Körnchen Salz hinterherwerfend,
Ralf

Hallo Jasper,

Was ich aber immer schon mal wissen wollte: Wie muss man sich
diese „Dichtung des Koran“ denn vorstellen?

Mit bedeutend weniger Ahnung als Ralf, aber ermutigt durch seine in den Ring geworfenen Stichworte ‚gereimte Prosa‘ (Saj‘, سـجـع) möchte ich auf diesen Artikel hinweisen
http://de.wikipedia.org/wiki/Reimprosa
in der Hoffnung, daß dieser nun so völlig verkehrt nicht sein wird.

Viele Grüße
Marvin

‚Ich will auch mal Experte sein!‘
Hallo Ralf,

bist du nicht der Typ, der vor einiger Zeit felsenfest zu wissen glaubte, was tawâtur ist?

ein sehr kompliziertes Thema, das ich hier (da ich alles
andere als Spezialist dafür bin und auch selbst kein Arabisch
beherrsche) nur grob umreißen kann.

Ungefähr also mit anderen Worten: „Ich habe keine Ahnung von nix, aber ich sag trotzdem mal was dazu. Von dankbaren Islamgegnern krieg’ ich Sternchen, und Proteste wegen Inkompetenz werden eh’ gelöscht.“

Gruß,
Mohamed.

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Zusatz
Hallo nochmal,

gerade habe ich eine E-mail mit der Begründung der Löschung meiner ursprünglichen Antwort bekommen.

Die Begründung „Off-Topic“ ist nicht richtig, denn was ich kritisiere ist, dass jemand eine Sprache nicht beherrscht, aber glaubt, Literatur, die in dieser Sprache geschrieben wurde, bewerten zu können.

Gruß,
Mohamed

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Hi Mohamed

dass jemand eine Sprache nicht beherrscht,
aber glaubt, Literatur, die in dieser Sprache geschrieben
wurde, bewerten zu können.

Bitte tue du, dann das.

Gruß,
Mohamed

Balázs

Koran: Übersetzungskriterien und -stile
Hallo,

Gibt es irgendwo ein paar Koranverse, die tatsächlich nachgedichtet (also nicht einfach nur „übersetzt“) worden sind?

Solche Versuche gab es sogar von Anfang der Übersetzungstraditionen an. Friedrich Rückert, Begründer der Orientalistik, hat 1820 damit angefangen. Da der Koran zahlreiche Textformen besitzt (Tychiades hat einiges dazu erwähnt), die zudem alle nicht in anderen Sprachen einigermaßen adäquat repräsentierbar sind, gibt es weitläufige Diskussionen über die Übersetzungskriterien und -Stile.

Dieser Artikel
listet einige Traditionen und Stile auf:
http://de.wikipedia.org/wiki/Koran%C3%BCbersetzung#C…
und hier demonstriert am Beispiel von Sure 97:
http://de.wikipedia.org/wiki/Koran%C3%BCbersetzung#G…

Über den jüngsten Ansatz von Hartmut Bobzin hier ein Bericht:
http://www.fr-online.de/debatte/neue-koranuebersetzu…

Näheres zu dem von dir aufgeworfenen Thema z.B. in
Markus Groß: „Neue Wege der Koranforschung aus vergleichender sprach- und kulturwissenschaftlicher Sicht“ in: ISBN 3899300904 Buch anschauen

Gruß
Metapher

Warten auf …
Hallo,

ich bin meinerseits jetzt äußerst gespannt auf deine sachkundigen Ausführungen zur Fragestellung des UP.

Darüberhinaus natürlich auch auf deine Richtigstellungen von dem, was deiner Sachkenntnis nach an den Ausführungen von Ralf inhaltlich falsch war.

Danke im Voraus
Metapher

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Hallo Jasper,

Du schriebst:

als ein angeblicher „Beweis“ für die „göttliche Herkunft“ des
Koran wird ja oft seine angeblich „unnachahmliche Dichtung“
herangeführt.

Was ich aber immer schon mal wissen wollte: Wie muss man sich
diese „Dichtung des Koran“ denn vorstellen? Was hat der Koran
für ein Reimschema? A-B-A-B wie das „Nibelungenlied“? Oder
Hexameter wie die „Illyas“ von Homer?

Einem einsprachigen Chinesen zu erklären, warum Meisterwerke von Shakespeare oder Goethe das Gedicht von Amateur XY übertreffen, ist nicht besonders sinnvoll. Dies erst recht, wenn der Chinese literarisch völlig unberührt ist. Wirklich erschließt sich darum die literarische Unnachahmlichkeit des Koran nur jemandem, der die hocharabische Sprache beherrscht und zugleich in höherer Literatur und Dichtung zu Hause ist.

Gerne darfst Du kritisieren, dass Dir hier vonseiten mancher Muslime ein Argument vorgebracht wird, das Du ohnehin in diesem Leben wahrscheinlich nicht mehr nachprüfen kannst. Andererseits beinhaltet der Koran neben der literarischen auch andere Ebenen der Unnachahmlichkeit (Siehe dazu http://www.lichtwort.de/indikatoren).

Wenn du etwas mit subjektiven „Zeugenaussagen“ anfangen kannst, kannst du auch darauf zurückgreifen, wie ein literarisch gebildeter Araber (oft auch christliche Araber) die Rezitation von Versen des Ehrwürdigen Koran erlebt.

Interessant ist auch das Zeugnis eines Dichters wie Goethe, obwohl er nur auf eine im Vergleich schmerzhaft blasse Übersetzung des Koran zurückgreifen konnte: „Der Stil des Korans ist seinem Inhalt und Zweck gemäß streng, groß, furchtbar, stellenweise wahrhaft erhaben; so treibt ein Keil den anderen, und darf sich über die große Wirksamkeit des Buches niemand verwundern.“- „Glauben und Unglauben teilen sich in Oberes und Unteres; Himmel und Hölle sind den Bekennern und Leugnern zugedacht. … Amplifikationen aller Art, grenzenlose Tautologien und Wiederholungen bilden den Körper dieses heiligen Buches, das uns, so oft wir auch darangehen, immer von neuem anwidert, dann aber anzieht, in Erstaunen setzt und am Ende Verehrung abnötigt.

Stell’ Dir ein Gemälde vor, das aus den selben Substanzen wie eines von Rembrandt besteht und dennoch alle anderen Gemälde übertrifft, da man bei seiner Betrachtung das Gefühl hat, eine 3D-Brille auf der Nase zu haben. Verzückt schaut man und schaut und weiß nicht, wie der Maler das angestellt hat.

Vielleicht liest du auch mal das Büchlein „Der Koran“ von Murad Hofmann, er sagt ein paar Worte zu diesem Phänomen (http://www.amazon.de/Koran-Diederichs-kompakt-Wilfri…)

Gibt es irgendwo ein paar Koranverse, die tatsächlich
nachgedichtet (also nicht einfach nur „übersetzt“) worden
sind? Ins Deutsche oder zumindest ins Englische?

Schau mal hier: http://www.lichtwort.de/videos/video.htm?episode=11

Oder die mittlerweile angestaubten Übersetzungen von Friedrich Rückert: http://12koerbe.de/bienengold/islam3.htm#105

Bobzins Übersetzung ist für mich da eher enttäuschend, er hat die Reimstruktur nur an wenigen Stellen zu übertragen versucht.

Schöne Grüße,

Mohamed.

Hallo Mohamed,

bist du nicht der Typ, der vor einiger Zeit felsenfest zu
wissen glaubte, was tawâtur ist?

bist Du nicht der Typ, der vor einiger Zeit versucht hat, uns weiszumachen, das sei eine exakte empirische Wissenschaft - vergleichbar mit Physik oder Chemie? Aber das mal beiseite.

Man muss kein Hocharabisch beherrschen, um die Frage von Jasper (mit den von mir angeführten Vorbehalten) zu beantworten. Man muss sich etwas in die Sekundärliteratur zum Qu’ran eingelesen haben, und die ist vorwiegend in westlichen Sprachen erhältlich - nicht zuletzt deswegen, weil eine wirklich wissenschaftliche Herangehensweise nach historisch-kritischer Methode in islamischen Ländern immer noch lebensgefährlich ist und selbst ein westlicher Wissenschaftler wie Luxenberg sich gezwungen sieht, pseudonym zu veröffentlichen, um sich zu schützen. Übrigens scheust Du selbst Dich ja nicht, lang und breit Goethes Äußerungen zum Koran zu zitieren - und der konnte nun gewiss nicht mehr Arabisch als ich.

Ansonsten - und das ist der eigentliche Punkt, der mich überhaupt zu einer Antwort auf Deinen wie so häufig von jeglichen Sachargumenten freien Einwurf (vgl. hier) veranlasst hat: um den Qu’ran nicht für ein unübertreffliches und unnachahmliches dichterisches Meisterwerk zu halten oder gar für die wörtliche Niederschrift eines göttlichen Diktats, muss man kein „Islamgegner“ sein. Es genügt völlig, kein fundamentalistischer Muslim zu sein.

Bedauerlicherweise setzen gerade Letztere beides gern gleich. Und wundern sich dann, wenn der Islam Akzeptanzprobleme in einer pluralistischen Gesellschaft hat. Bzw. sind sogar zu vernagelt, um sich noch zu wundern sondern sehen sich bestätigt. Niemand - und schon gar nicht die paar xenophoben Dumpfbacken der rechten Szene - schaden dem Ansehen des Islam so sehr, wie diese Sorte Muslime.

Freundliche Grüße,
Ralf

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Hi.

Übrigens scheust Du
selbst Dich ja nicht, lang und breit Goethes Äußerungen zum
Koran zu zitieren - und der konnte nun gewiss nicht mehr
Arabisch als ich.

Tja, und ich finde gerade etwas kurz geraten. Ich vermisse da seinen leise Kritik an die indoktrinäre Wiederholungen die er furchtbar nennt.

Ansonsten jede Sprache hat ihre eigene Möglichkeiten die andere nicht bieten können.
Sind Winogradows Dichtungen göttlich inspiriert?

Freundliche Grüße,
Ralf

Balázs

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Moin,

Wirklich
erschließt sich darum die literarische Unnachahmlichkeit des
Koran nur jemandem, der die hocharabische Sprache beherrscht
und zugleich in höherer Literatur und Dichtung zu Hause ist.

Aus meiner eigenen religiösen Tradition (Buddhismus) kenn ich es so, dass sich die Schönheit vieler Texte erst durch die laute Rezitation in der jeweiligen Originalsprache (z.B. tibetisch), natürlich bei Verstehen des Inhalts, erschließt. Mir scheint, dass diese Texte in erster Linie für eine mündliche Widergabe konzipiert sind und auch da erst ihre ganze Intensität uns Erhabenheit zeigen, so wie ein Lied ja auch erst seine ganze Schönheit entwickelt, wenn es gesungen wird, und nicht wenn lediglich der Text von irgendwelchen Bücherwürmern gelesen wird.
Genau wie beim Islam gibt es auch im tibetischen Buddhismus eine lange Tradition des auswendigen Rezitierens und Überlieferns von Texten.

Würdest du aus eigener Erfahrung sagen, dass dies auch hinsichtlich des Korans zutrifft?

Freundlichen Gruß,
M.

Limitierte Leserschaft
Hallöchen mohamed,

auf die Gefahr hin, hier ketzerisch zu erscheinen, was bei weitem nicht meine Absicht ist:

Einem einsprachigen Chinesen zu erklären, warum Meisterwerke von Shakespeare oder Goethe das Gedicht von Amateur XY übertreffen, ist nicht besonders sinnvoll. Dies erst recht, wenn der Chinese literarisch völlig unberührt ist. Wirklich erschließt sich darum die literarische Unnachahmlichkeit des Koran nur jemandem, der die hocharabische Sprache beherrscht und zugleich in höherer Literatur und Dichtung zu Hause ist.

Wenn diese Aussage auf den Koran zutreffen würde, dann wäre dies ein absolutes Armutszeugnis für den Islam.
Denn tatsächlich gibt es auf diesem Planeten gut eine Milliarde Chinesen, und auch eine Milliarde Inder, und die Mehrheit von ihnen ist tatsächlich, sowohl einsprachig als auch literarisch unberührt.
Diesen Menschen bliebe dann aufgrund ihrer Herkunft für immer und ewig die Schönheit des Korans verborgen.
Wäre Gott wirklich so armselig, dass er seine größte und wichtigste Botschaft so formuliert, dass sie nur von ein paar arabischen Stämmen, aber nicht von der Mehrheit der Menschheit begriffen werden kann?

Kann das wirklich „die wahre Religion“ sein, wenn sie rund 99% der Erdbevölkerung als „der Erkenntnis unfähig“ ausgrenzt?

Gruß,
Michael

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Hallo Mohamed,

Hallo Ralf,

bist du nicht der Typ, der vor einiger Zeit felsenfest zu
wissen glaubte, was tawâtur ist?

bist Du nicht der Typ, der vor einiger Zeit versucht hat, uns
weiszumachen, das sei eine exakte empirische Wissenschaft -
vergleichbar mit Physik oder Chemie?

Nein, sondern ich sagte, dass sie:

den Vergleich mit Chemie oder Biologie nicht zu scheuen braucht

Und ich weiß, wovon ich rede, und warum ich meine Worte so gewählt habe. Dass du es immer noch nicht weißt, wundert mich nicht. Denn Hedithwissenschaft ist extrem komplex und an Literatur, die über mickrige Einführungen hinausgeht, kann man hierzulande nur schwer herankommen.

Man muss kein Hocharabisch beherrschen, um die Frage von
Jasper (mit den von mir angeführten Vorbehalten) zu
beantworten. Man muss sich etwas in die Sekundärliteratur zum
Qu’ran eingelesen haben, und die ist vorwiegend in westlichen
Sprachen erhältlich

Deine ausschlaggebende Bewertung hast du also in seriöser Sekundärliteratur gefunden? Dann bin ich mal auf Quellenhinweise gespannt.

  • nicht zuletzt deswegen, weil eine
    wirklich wissenschaftliche Herangehensweise nach
    historisch-kritischer Methode in islamischen Ländern immer
    noch lebensgefährlich ist

Der feinsinnige Leser deines Beitrags kann aus der Zusammenhanglosigkeit solcher Einwürfe eine Menge ablesen. Danke dafür.

und selbst ein westlicher
Wissenschaftler wie Luxenberg sich gezwungen sieht, pseudonym
zu veröffentlichen, um sich zu schützen.

Es wurden und werden hundert Mal kritischere Dinge über den Islam und den Koran veröffentlicht, ohne dass der Autor sich verstecken musste.

Übrigens scheust Du
selbst Dich ja nicht, lang und breit Goethes Äußerungen zum
Koran zu zitieren - und der konnte nun gewiss nicht mehr
Arabisch als ich.

Er verstand erstens mehr von Literatur und sprachlicher Schönheit als du, zweitens habe ich die Zitate nur nebenbei gebracht, nachdem ich ausgeschlossen hatte, dass man einem völlig Außenstehenden die literarische Unnachahmlichkeit des Koran ausreichend beibringen könnte, drittens bewertest du die sprachliche Form des Koran ohne die leisesten Grundlagen dazu zu haben als nachahmlich, während Geothe nur beschreibt, wie die Koranübersetzung (!) subjektiv auf ihn wirkt.

Ansonsten - und das ist der eigentliche Punkt, der mich
überhaupt zu einer Antwort auf Deinen wie so häufig von
jeglichen Sachargumenten freien Einwurf (vgl. hier) veranlasst
hat: um den Qu’ran nicht für ein unübertreffliches und
unnachahmliches dichterisches Meisterwerk zu halten oder gar
für die wörtliche Niederschrift eines göttlichen Diktats, muss
man kein „Islamgegner“ sein.

Ich meinte nicht dich, sondern gewisse Leser, die reflexartig auf das Sternchen drücken, sobald sie riechen, dass ein Artikel irgendwie „ungläubig“ ist.

Schöne Grüße,

Mohamed.

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Differenzierte Leserschaft
Hallo mike-river,

es ist wie mit der Natur: Als Naturwissenschaftler siehst du andere Wunder als die alte Frau vor der Holzhütte. Doch jeder der beiden hat ein Auge, mit dem ihm ein anderer Aspekt dieses Wunders enthüllt wird. Er muss es nur öffnen.

Viele Menschen lesen nur eine Koranübersetzung, um den göttlichen Ursprung dieses Buches zu spüren. Aber das ist dann ein individuelles Erleben, auf das der Threaderöffner nicht hinauswollte.

Ich sagte doch außerdem, dass es neben der literarischen Ebene genügend andere Ebenen der koranischen Unnachahmlichkeit gibt: http://www.lichtwort.de/indikatoren

Schöne Grüße,

Mohamed.

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Gottesbeweis
Hallöchen,

es ist wie mit der Natur: Als Naturwissenschaftler siehst du andere Wunder als die alte Frau vor der Holzhütte. Doch jeder der beiden hat ein Auge, mit dem ihm ein anderer Aspekt dieses Wunders enthüllt wird. Er muss es nur öffnen.

Soweit so gut.
Nur, dass Dein Argument genau in die falsche Richtung geht.
Offensichtlich wird der Wissenschaftler Dinge über die Natur verstehen, welche die Holzfällerin nicht zu erahnen vermag, aber die Holzfällerin kann in ihrer Einfachheit ohne große Bildung trotzdem die unendliche Schönheit des Sonnenaufgangs erfassen.

Aber ein illiterater Chinese wird niemals verstehen, was Gott ihm da Tolles vorenthalten hat, da „entspannen und Hinsehen“ einfach nicht reicht: zum „Hocharabisch und Liturgie des orientalischen Mittelalters lernen“ gehört doch etwas mehr als nur „Augen öffnen“.
Oder sind alle Menschen, die dies nicht können, ungebildete, faule Ignoranten, welche die einfachsten Dinge nicht hinbekommen?

Viele Menschen lesen nur eine Koranübersetzung, um den göttlichen Ursprung dieses Buches zu spüren. Aber das ist dann ein individuelles Erleben, auf das der Threaderöffner nicht hinauswollte.

Der Threadersteller sagte:
als ein angeblicher „Beweis“ für die „göttliche Herkunft“ des Koran wird ja oft seine angeblich „unnachahmliche Dichtung“ herangeführt

Will sagen, man spürt nichts vom „göttlichen Ursprung“, und darum greift man auf Brechstangen-Beweise zurück, die bei den meisten Menschen einfach nur auf völliges Unverständnis stoßen.
Und dann argumentiert man: „Du bist einfach zu ungebildet, um das zu verstehen“?

Wie gesagt, wie göttlich kann der Islam als Solcher sein, wenn man den Koran durch unverständliche „Beweise“ vergöttern muss, und wenn diese auf totales Unverständnis stoßen, und dann mit der -bei weitem nicht göttlichen - menschlichen Weisheit kommt, um mal ganz fix die breite Masse der Bevölkerung als „zu primitiv für dieses Verständnis“ darzustellen?

Ich sagte doch außerdem, dass es neben der literarischen Ebene genügend andere Ebenen der koranischen Unnachahmlichkeit gibt:
http://www.lichtwort.de/indikatoren

Um die geht es aber gerade nicht.
Warum benötigt ein göttliches Werk „Beweise“, die primär darauf basieren, dass man Andere als Vollidioten darstellt?

„Wer das nicht versteht, ist nur zu ungebildet“ - das ist für mich kein Gottesbeweis, sondern eher das Gegenteil.

Bitte, nochmal, um mich nicht mißzuverstehen.
Ich habe kein Problem mit dem Koran.
Ich habe ein Problem mit fadenscheinigen, irreführenden „Beweisen“, die sich Menschen ausdenken, um aus etwas, das keine göttliche Aussage ist, eine göttliche Aussage zu machen.
Nirgendwo fordert der Koran ein, dass er ein „gottgegebenes Reimschema“ besitzt.
Deswegen sollte auch kein Mensch sich anmaßen, dies zu einem inhärenten Attribut zu machen, weil damit der Koran auf ein für viele Menschen nicht nachvollziehbares Niveau gebracht wird.

Plötzlich ziehen irgendwelche Leute eine Grenze zwischen Menschen, die wegen ihrer kenntnis in Liturgie und der hocharabischen Sprache eine „Einsicht über das göttliche Reimschema haben“ und dem Rest der Welt: Ist dies eine relevante Botschaft des Korans, dass Menschen nach ihrem Bildungsniveau in Schubladen gesteckt werden?
Nein - also warum sollte dem eine Relevanz zugemessen werden bzw. noch härter: Wie kann dies als Argument gegenüber Zweiflern (denen ohnehin die Vorkenntnis fehlt) genutzt werden?

Wie gesagt, zurück zum Start:
Wenn man erst mal Hocharabisch und Liturgie lernen muss, um den Wert des Korans zu verstehen, dann hat er keinen Wert für die breite Masse der Menschheit.
Wenn man dies nicht muss, dann kann man dies auch nicht gegenüber der breiten Masse in seiner Argumentation als Annahme treffen.

Ein „Beweis“, der Annahmen trifft, welche für die Zielgruppe nicht nachvollziehbar sind, ist kein Beweis.

Gruß,
Michael

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Hallo Mohamed,

während Geothe nur beschreibt, wie
die Koranübersetzung (!) subjektiv auf ihn wirkt.

Ja, und das tun halt die meisten Muslime und all die anderen notgedrungen.
Und soll ich den Satz so verstehen, dass es jemand gib der die Sprache beherrscht den objektiv zu beurteilen imstande ist?

Und nebenher, Mohammed führt ja wie ich mich erinnere (und so falsch könnte keine Übersetzung sein) auch zwei Beweise oder sagen wir mal zwei in der Natur beobachtbare Tatsachen als Hinweis auf Gottes Wirken.
Langen sie nicht?

Schöne Grüße,

Mohamed.

Balázs

Hallöchen,

Plötzlich ziehen irgendwelche Leute eine Grenze zwischen
Menschen, die wegen ihrer kenntnis in Liturgie und der
hocharabischen Sprache eine „Einsicht über das göttliche
Reimschema haben“

Statt ein brauchbaren irgendwas der Menschheit zu geben.

Gruß,
Michael

Balázs

Nachdichtung Friedrich Rückert
Hallo Mohamed,

wo sind denn nun deine sachkundigen Ausführungen bezüglich der zentzralen Frage von Jasper, Reimschemata oder rhythmische Eigenarten der Sprache des Koran betreffend?

Der einzige, der dazu etwas sagte, ist bisher Ralf, und genau den kritisierst du, weil er des Hocharabischen nicht mächtig sei. Jetzt warten wir alle gespannt auf deine Ausführungen als die eines hocharabisch Sprechenden - oder zumindest Lesenden (denn gesprochen wird es ja eh nur in Aunahmefällen).

Gerne darfst Du kritisieren, dass Dir hier vonseiten mancher Muslime ein Argument vorgebracht wird, das Du ohnehin in diesem Leben wahrscheinlich nicht mehr nachprüfen kannst.

Wo will Jasper denn etwas nachprüfen? Und wo kritisiert er etwas? Er fragt nach Erläuterung/Erklärung. Dein Link

http://www.lichtwort.de/indikatoren).

aber bringt keinerlei Erläuterung, zur lyrischen Besonderheit des Textes schon gar nicht. Stattdessen lediglich die wiederholte schlichte Behauptung , man könne den göttlichen Ursprung am Text erkennen. Genau das - das bloße Wiederholen dieser Behauptung - war einer der Inhalte von Ralfs Posting, deretwegen du ihn anmachtest.

Abgesehen davon, daß die lyrischen Besonderheiten eines Teils der Suren (nicht alle erfüllen ja dieses Kriterium, wie du wohl weißt) gar kein Spezifikum des Koran sind, sondern schon in der vorkoranischen arabischen Literatur angewendet wurden.

Wenn du etwas mit subjektiven „Zeugenaussagen“ anfangen kannst, kannst du auch darauf zurückgreifen, wie ein literarisch gebildeter Araber (oft auch christliche Araber) die Rezitation von Versen des Ehrwürdigen Koran erlebt.

Auch wenn du in der ersten Version dieses deines Postings das Weinen als Erlebnisdimension proklamiertest: Es war ja nicht nach Erlebnis gefragt, sondern definfitiv nach textuellen Eigenschaften.

Gibt es irgendwo ein paar Koranverse, die tatsächlich nachgedichtet (also nicht einfach nur „übersetzt“) worden sind? Ins Deutsche oder zumindest ins Englische?

Schau mal hier:
http://www.lichtwort.de/videos/video.htm?episode=11

Wie? Das soll ein Beispiel für eine Nach- Dichtung sein?

Oder die mittlerweile angestaubten Übersetzungen von Friedrich
Rückert: http://12koerbe.de/bienengold/islam3.htm#105

Ah ja. Sind Texte, die nahezu 200 Jahre alt sind, alleine daher schon „angestaubt“?

Nicht umsonst habe ich auf Friedrich Rückert verwiesen, der nicht nur ein beispielloser genuiner Kenner von mehreren Duzend Sprachen war und wahrhaftig des Hocharabischen kundig, sondern auch ein genialer Poet. Und seine Übersetzung ist auch bisher die einzige, der man die Bezeichnung Nach- Dichtung zu Recht zurordnet. Denn sie ist auch als deutsche Dichtung ein Kunstwerk, das bisher in diesem Kontext „unvergleichlich“ ist, wenn auch nicht deshalb auch schon göttlichen Ursprungs. Aber das wirst du nicht beurteilen können, da du mutmaßlich des Deutsch der Romantik nicht kundig bist.

Bobzins Übersetzung ist für mich da eher enttäuschend, er hat die Reimstruktur nur an wenigen Stellen zu übertragen versucht.

Auch auf Bobzin verwies ich nicht ohne Grund. Schließlich arbeitet er mit herausragenden Kennern des Hocharabisch zusammen. Und daß es ein Versuch ist: Weißt du, wie arabische Übersetzungsversuche von Goethes Faust aussehen? Nein? Schade, sonst wüßtest du um die Probleme der Transposition zwischen derartig unterschiedlichen Sprachen - und Sprachkünsten.

Metapher

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Hallo,

Wenn diese Aussage auf den Koran zutreffen würde, dann wäre
dies ein absolutes Armutszeugnis für den Islam.
Denn tatsächlich gibt es auf diesem Planeten gut eine
Milliarde Chinesen, und auch eine Milliarde Inder, und die
Mehrheit von ihnen ist tatsächlich, sowohl einsprachig als
auch literarisch unberührt.
Diesen Menschen bliebe dann aufgrund ihrer Herkunft für immer
und ewig die Schönheit des Korans verborgen.
Wäre Gott wirklich so armselig, dass er seine größte und
wichtigste Botschaft so formuliert, dass sie nur von ein paar
arabischen Stämmen, aber nicht von der Mehrheit der Menschheit
begriffen werden kann?

Kann das wirklich „die wahre Religion“ sein, wenn sie rund 99%
der Erdbevölkerung als „der Erkenntnis unfähig“ ausgrenzt?

Das ist eine interessante Frage.
Da gab es vor ein paar hundert Jahren auch mal so eine Religion, die konnte kaum einer lesen und wenn sie einer gehört hat hat er sie noch nicht einmal verstanden. Denn sie wurde auf Latein gepredigt.
Trotzdem hat sie heute 1 Milliarde Gläubige.
Gottes Wege bleiben weiterhin unergründlich aber er liefert uns immer wieder genug Material uns gegenseitig anzufeinden. :o)

Grüße
K.

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