Moin Ralf,
Natürlich gibt es die - durch ‚Übertragung‘. Lehrer und
Schüler sind eins, ‚Augenbraue an Augenbraue‘. Auf diese Weise
wurde die lebendige Erfahrung Buddhas bis in die heutige Zeit
übertragen und weitergegeben - so jedenfalls die Theorie .
Ja, diese direkte Übertragung gibt es im tibetischen Buddhismus so natürlich auch. Selbst ein kleiner Dalai Lama muss durch die ganze Mühle der monastischen Ausbildung
Allerdings frage ich mich dann schon, wie sich der Zen-Buddhismus
Bodhisattvas denn nun real vorstellt?
Bodhisattvas im Allgemeinen sind Wesen, deren Übungspraxis
geeignet ist, bestimmte, latent in ihnen vorhandene geistige
Qualitäten (paramitas) freizulegen. Also Du und Ich,
beispielsweise . In ungetrübter Form finden sich die
paramitas in den Mahasattva-Bodhisattva, von denen im Zen
eigentlich nur vier besondere Beachtung finden: Fugen
(Samantabhadra), Monju (Manjushri), Kannon (Avalokitesvara)
und Jizô (Kshitigarbha).
Ja, die Herrschaften sind mir auch bekannt, bis auf Jizo.
Man kann - im Sinne eines
‚geschickten Mittels‘ (upaya) diese Bodhisattvas als getrennt
von einem selbst existierende Wesen auffassen. Dabei bleiben
sie trotzdem Projektionen des eigenen Geistes bzw.
grundlegender Qualitäten dieses Geistes. Dem ernsthaft
Praktizierenden wird empfohlen, sich dieses Punktes bewusst zu
sein.
Das erinnert mich wiederum an die Praxis der Visualisierung im Vajrayana, wo ja (unter anderem) auch Bodhisattvas als eigene Projektion als Sambhogakaya visualisiert werden mit dem Ziel, ihre Qualitäten, die wie du ja schon sagtest auch in uns latent vorhanden sind, in einem selbst zu erwecken.
Mal angenommen, ein Zen-Buddhist, der den Zustand eines Erwachten
erreicht hat, wird vom Auto plattgefahren. Was ist denn dann mit
seinem Bodhisattva-Gelübte?
Wenn er es versäumt hat, diesen ‚Zustand‘ zu übertragen, dann
hat er das Gelübde nicht erfüllt. Dann ist er auf dem Stand
eines Pratyeka-Buddhas stehen geblieben.
Warum? Und was passiert denn dann mit ihm?
Die Grundposition des Zen ist ein strenger Monismus – der
dharmakaya ist somit allumfassend; weder existiert unter
diesem Aspekt etwas, das sehen könnte noch etwas, das gesehen
werden könnte. Kein Bewusstsein (das immer ein Bewusstsein von
etwas ist) und auch kein Bewusstseinsinhalt. Es ist keine
Interaktion möglich – diese kann erst auf der Ebene des
sambhogakaya stattfinden. Der sambhogakaya hat im Unterschied
zum dharmakaya eine ‚Wahrnehmungssphäre‘ – daher auch die
etwas merkwürdige Bezeichnung (‚Genusskörper‘).
Aber einem Erleuchteten muss es doch möglich sein, den Dharmakaya „wahrzunehmen“, sonst wüssten wir doch auch nichts vom Dharmakaya und er hätte ungefähr den Stellenwert eines „glaub es oder nicht“. Dies würde aber grundsätzlichen buddhistischen Prinzipien widersprechen.
Geht man denn im Zen davon aus, dass unsereins z.B. nach entsprechender Übung irgendwann zumindest in der Lage ist, den sambhogakaya „wahrzunehmen“?
Die trikaya-Lehre ist im Zen, speziell was den sambhogakaya
angeht, allerdings anders ausgestaltet als im tibetischen
Buddhismus – was nicht überraschen sollte, da in der Zenpraxis
Visualisierungen o.ä. keine Rolle spielen. Die
Erfahrungsqualität des sambhogakaya ist allerdings bekannt und
durchaus zentral – unter dem Namen ‚jijuyû zanmai‘. Jijuyû
(wörtl ‚[sich] selbst empfangen [und] erfahren‘) bezeichnet
die Erfahrungs- und Wahrnehmungssphäre vollständig erwachter
Wesen (Samyak-Sambuddhas), die auschließlich diesen zugänglich
ist.
Ha! Also doch
Ja, das:
‚Jijuyu zanmai‘ ist also das Aufgehen in und die Einung mit
diesem sambhogakaya, ist Ein- und Annehmen seiner Form,
Eintritt in die Erfahrungs- und Wahrnehmungssphäre Buddhas und
Verschmelzung mit ihr.
ist ja auch u.a. der Sinn und Zweck der Visualisierungspraxis im Vajrayana.
Zentral für das Verständnis dieser Lehre ist Dôgens Schrift
Bendowa. Bemerkenswert ist hier vor allem, dass Dôgen eben
nicht von ‚jijuyû shin‘ (die ganze trikaya-Lehre spielt kaum
eine Rolle bei ihm), sondern ausschließlich von ‚jijuyû
zanmai‘ spricht. Dôgen begreift den ‚jijuyû shin‘
(sambhogakaya) nicht als etwas getrennt für sich
Existierendes, sondern es geht ihm um ‚jijuyû‘ als dem
erwachten Zustand des einen , ungetrennten und
untrennbaren ‚Körpers‘ und um das Eintreten in diesen Zustand.
Dogen identifiziert jijuyû mit höchster und vollkommener
Erleuchtung (anuttara samyak sambodhi) und gibt noch einen
weiteren Hinweis auf dieses ‚jijuyû‘ - es ist Erkenntnis der
Wirkungsweise von Bewusstsein und Wahrnehmung ("Die Buddhas
existieren im Jijuyû Samâdhi ohne irgendeine Bindung; die
Lebewesen existieren ebenfalls darin, jedoch ohne zu erkennen,
wie ihr Bewußtsein und ihre Wahrnehmung wirken " [d.h.
gebunden, Anmerkung von mir]) Dieser ‚ungebundene‘ Zustand
wird von Buddha zu Buddha übertragen und eben diese
Übertragung ist auch das ‚jijuyû zanmai‘. Für Außenstehende
ist das sicher sehr schwer zu verstehen –
Nein, gar nicht. Bis auf die spezielle Form der Übertragung von Buddha zu Buddha deckt sich das haargenau mit den Lehren des Vajrayana. Das („erkennen, wie ihr Bewußtsein und ihre Wahrnehmung wirken“) war auch das, was ich in meinem Posting vorher mit der besonderen Ebene der Bewußtheit gemeint hatte. Nur geht man hier davon aus, dass dieser Zustand nicht übertragen wird, sondern durch Übung erlangt werden kann. Ich bin gerade am Grübeln, ob die Art der Übertragung etwas mit der im tibetischen Buddhismus bekannten Art der „Verdienstübertragung“ zutun haben kann. Aber da schwimme ich noch.
Mich wundert auch nicht, dass mir das so gekannt vorkommt. Beim Wikipedien nach Dogen bin ich nämlich darauf gestoßen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Tendai-sh%C5%AB
Demnach war Dogen Tendai-Mönch und es heißt, dass sich der Vajrayana über die Tendai Schule bis nach Japan ausbreitete. Willkommen im Club
Das
Ineinander-Aufgehen beschreibt Dôgen in einer bekannten
Passage seiner Schrift Genjokoan wie folgt:
„Was man das Ergründen des Buddhaweges nennt, ist das
Ergründen des Selbst.
Was man das Ergründen des Selbst nennt, ist das Vergessen des
Selbst.
Was man das Vergessen des Selbst nennt, ist Aufgehen im
Bezeugen der Erleuchtung durch die zehntausend Dinge.
Was man Bezeugen der Erleuchtung durch die zehntausend Dinge
nennt, ist das Ineinander-Aufgehen von Körper und Geist des
Selbst und Nicht-Selbst, wenn sie sich lösen und
abfallen.“
Sehr schön gesagt. Und wie geht es laut Dogen dann weiter?
OK . Ein „Gottkönig“ (bitte nicht ernst nehmen), der sich
obendrein selbst nach Wunsch reinkarnieren kann, ist natürlich
eine hervorragende Projektionsfläche für persönliche
Allmachtsphantasien. Bescheidenere Menschen begnügen sich mit
Paris Hilton als Idol oder dem Sportler/Popstar ihrer Wahl.
Du meinst, der Dalai Lama als so eine Art Paris Hilton für Intellektuelle? Muahahahaa . Na wenigstens werden die dann nicht ihrem Idol entsprechend betrunken autofahren *g*. Ansonsten finde ich das sehr ungerecht, denn die echten, wirklichen und wahren Intellektuellen gehen dann anschließend natürlich zum Zen-Buddhismus, weil ihnen der tibetische Buddhismus zu merkwürdig und „folkloristisch“ ist höhö. Dürft ich euch dann mit rumschlagen
Den zweiten Teil Deiner Frage kann ich Dir nicht
beantworten - ich übe mich in Zazen, nicht im Erlangen von
Bewusstseinsebenen.
Was ist denn „Satori“ anderes?
Alltäglicher Geist.
争如著衣喫飲、此外更無佛祖
„Nichts gleicht dem Tragen von Kleidern und dem Essen von
Nahrung. Außerhalb davon gibt es weder Buddhas noch
Patriarchen.“
Blödmann
Lieben Gruß
Marion