Doppelte Moral der Liberalen?
Hi.
Gott schuf keine Schwulen/Lesben. Diese sollen
angeblich Krank, behindert oder besessen sein.
Lässt sich solche Argumentation religionswissenschaftlich
belegen?
Hi.
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Eine Begründung der Negativität von Homosexualität liefert die Bibel nicht. Sie liefert aber Statements, die sich klar gegen Homosexualität richten und diese verdammen. Diese Statements finden sich im AT, sind also jüdischer Provenienz. Ich zitiere zwei Stellen:
Lev 18, 22: Du sollst nicht bei einem Mann liegen wie bei einer Frau; es ist ein Gräuel.
Lev 20,13: Wenn jemand bei einem Manne liegt wie bei einer Frau, so haben sie getan, was ein Gräuel ist, und sollen beide des Todes sterben; Blutschuld lastet auf ihnen.
Das Christentum hat diese Haltung übernommen, sie ist also kein christliches Eigengewächs.
Mischna Tora, Gesetz der Könige, Kap. 9, Gesetz 6 (hoffentlich ist die Quellenangabe korrekt)
A man is guilty of transgressing the commandment forbidding illicit sexual relations by having relations with a male whether the male is an adult or a child, whether the male is consenting, coerced or forced, in public or in the privacy of one’s own domicile.
Begründet wird das im Sanhredrin 58a mit Gen 2,24:
Darum verlässt der Mann Vater und Mutter und bindet sich an seine Frau und sie werden ein Fleisch.
Moderne liberale Juden distanzieren sich allerdings davon und befürworten die Ehe zwischen Homosexuellen, siehe:
http://www.liberale-juden.de/das-liberale-judentum/l…
Nichtsdestotrotz liegt die historische Ursache heutiger Homosexualitätsfeindlichkeit in der christlich angeeigneten Haltung des Judentums zu diesem Thema. Man muss dazu wissen, dass das altorientalische Umfeld (Mesopotamien, Syrien) der Homosexualität gegenüber tolerant eingestellt war, sie war schlimmstenfalls Zielscheibe von Spott.
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Ich meine, dass man bei dem von dir angesprochenen Konflikt zwei Dinge auseinanderhalten sollte: das Inhaltliche und das Formale.
Unter dem formalen Aspekt verstehe ich hier die Frage, ob der Staat das Recht hat, Kinder gegen den Willen ihrer Eltern sexualbezogene Anschauungen und Werte zu vermitteln. Das ist eine Grundsatzfrage unabhängig von den Inhalten des Vermittelten. Ich bin sicher, dass diejenigen, welche die Proteste für reaktionär halten (also z.B. die meisten in diesem Thread), in einer anderen Situation gleichfalls gegen eine staatliche Lehrplan-Offensive protestieren würden, nämlich im Falle eines reaktionär ausgerichteten Lehrstoffs. In diesem Fall würde das Sexualerziehungs-Recht des Staates mit Sicherheit vehement in Frage gestellt werden.
Ich persönlich bin natürlich auch für eine liberale Erziehung, aber für selbstverständlich halte ich es nicht, dass sich der Staat das Recht nimmt, den Willen einzelner Eltern nicht nur zu ignorieren, sondern Eltern sogar in zum Teil wochenlange Erzwingungshaft zu nehmen, wenn sie ihrem Kind den Besuch des Sexualkundeunterricht verbieten. Für mein Verständnis sind das geradezu faschistoide Maßnahmen , die in keinem Verhältnis zum Anlass stehen. Man kann nicht einerseits Toleranz fordern und Skeptikern andererseits mit einer aggressiven Intoleranz begegnen, die den eigenen Anspruch auf Liberalität komplett ad absurdum führt.
Chan