Klare Frage : Was sind „christliche Werte“, und wie definieren
sie sich ?
Ich habe Dir doch die entsprechende Hinweise gegeben. Muss man Dir denn wirklich alles vorkauen? Okay, mal zwei Zitate aus der katholischen Ecke, die aber mE auch andere Christen unterschreiben könnten:
"Der Mensch besitzt die Entscheidungsfreiheit als beanspruchte Freiheit und ist so für sein Tun und Lassen verantwortlich. Er erfährt im Gewissen den unbedingten Anspruch, das Gute zu tun und das Böse zu meiden. In Grunderfahrungen leuchten ihm unverzichtbare vorgegebene Werte auf, die seine Freiheit unbedingt beanspruchen. Dazu gehören besonders die Achtung der Personwürde des Menschen, der Gleichheit aller Menschen, der Gleichwertigkeit und Gleichrangigkeit von Mann und Frau, der Gerechtigkeit und Liebe unter den Menschen und der Mitverantwortung für die Gestaltung und Bewahrung der Schöpfung.
[…]
Selbstverwirklichung als Verwirklichung von Freiheit empfängt von dieser Sinnvorgabe her ihre sittliche Rechtfertigung, wenn der Mensch diesen Sinn in allen Menschen ohne Ausnahme achtet und so ein Ethos des Mitseins in Mitmenschlichkeit, ein Ethos der Liebe verwirklicht. „Die Liebe ist das größte soziale Gebot. Sie achtet den anderen und dessen Rechte. Sie verlangt gerechtes Handeln, und sie allein macht uns dazu fähig“ (KKK 1889)"
(Katholischer Erwachsenen-Katechismus, Band II, Herausgegeben von der Deutschen Bischofskonferenz 1995, S. 24f)
"Neben Glaube, Hoffnung und Liebe und deren Ausfächerungen in Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Treue weist die Heilige Schrift noch auf andere Grundhaltungen wie Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Sanftmut und Selbstbeherrschung hin (Gal 5,22f). Sie werden „Früchte des Geistes“ genannt. Solche Aufzählungen von Tugenden sind auch in der antiken Ethik bekannt. Während diese jedoch menschliche Haltungen beschreiben, die aus einem natürlichen Wohlverhalten erwachsen, aus Anständigkeit, Sitte und daraus strömender Freude, erfließen die „Früchte des Geistes“ aus dem Wirken des Heiligen Geistes, der den Christen verliehen ist, „denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist“ (Röm 5,5). Dadurch wird die natürliche Sittlichkeit nicht abgewertet, denn Paulus schreibt den Philippern: „Was immer wahrhaft, edel, recht, was lauter, liebenswert, ansprechend ist, was Tugend heißt und liebenswert ist, darauf seid bedacht“ (Phil 4,8). In dem Schönen und Beglückenden eines Lebens aus den Grundhaltungen, die wir „Tugenden“ nennen, eines Lebens, das auch nichtgläubige Menschen erfahren können, sieht der Christ das Wirken des Heiligen Geistes. Den Menschen werden Gnadengaben (Charismen) geschenkt, unter denen nicht nur außergewöhnliche Gaben zu verstehen sind, sondern auch Fähigkeiten zum Umgang mit anderen, zum Dienen, Trösten und Ermahnen, vor allem zur Liebe (vgl. Röm 12,7-13). Die Liebe umgreift und übersteigt alle Charismen (1 Kor 13). Sie steht auch unter den Tugenden, die der Galaterbrief nennt (5,22), an erster Stelle. Aus ihr erwachsen jene anderen Haltungen, die teils Frucht der Liebe sind wie Freude und Friede, teils Ausfaltungen der Liebe wie Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung. Die christlichen Tugenden spiegeln die ausstrahlende Kraft der Liebe wider. […]
Kardinaltugenden: Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit, Maßhalten
In der christlichen Tradition spielen neben den beschriebenen biblischen Grundhaltungen die vier Kardinaltugenden eine besondere Rolle. Schon im alttestamentlichen Buch der Weisheit sind sie genannt (vgl. 8,7). Ihre ersten Beschreibungen stammen aus der griechischen Philosophie. […]
Zusammen mit den Ideen der Stoa haben diese vier Kardinaltugenden in die spätere christliche Tugendlehre Eingang gefunden. Im christlichen Verständnis, besonders bei Augustinus, aber auch bei anderen Kirchenvätern wie Ambrosius und Gregor dem Großen, werden die Kardinaltugenden als Erscheinungsformen der Liebe Gottes gedeutet. Thomas von Aquin entfaltet später sogar seine ganze Ethik als Tugendethik und behandelt nach den theologischen Tugenden (Glaube, Hoffnung, Liebe) die einzelnen Kardinaltugenden. Sie bilden die Grundlage seiner gesamten materialen Ethik."
(a.a.O., S. 67-69)