Hi.
Siehe Aussagen wie „Extra ecclesiam nulla salus“ oder „Niemand ist
anbetungswürdig außer Allah“. Streng genommen muss daher jeder
- ob gläubig oder nicht - zu der Erkenntnis kommen, dass nur
entweder eine oder keine Religion die einzig wahre ist. Die
parallele Existenz mehrerer Religion beinhaltet somit schon
per Definition die Anerkennung von etwas Falschem.
Guter Ansatz, aber man könnte noch mehr differenzieren. Zunächst würde ich zwischen monotheistischen, polytheistischen und atheistischen Religionen unterscheiden, also
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die 3 abrahamitischen Systeme Judentum, Christentum, Islam mit dem Glauben an einen singulären Schöpfergott
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die polytheistischen Systeme, von denen heute nur noch der Hinduismus Relevanz hat
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atheistische Systeme wie der Buddhismus und der Jainismus
Dass nur maximal eine dieser drei Kategorien „wahr“ sein kann, ist klar, da sich ihre Prinzipien wechselseitig ausschließen. Innerhalb dieser Kategorien aber sind die Grenzen zwischen den Wahrheitsansprüchen der einzelnen Religionen fließend.
Die abrahamitischen Systeme z.B. haben unterschiedliche Perspektiven auf die gemeinsame Grundidee, d.h. die Idee des einen Gottes. Der Ursprung dieser Idee liegt bekanntlich im Judentum, das sich als einzig authentischer Interpret dieses Gottes versteht. Christentum und Islam hingegen behaupten, dass allein ihre Protagonisten - Jesus und Mohammed - die Wahrheit des „einen Gottes“ vermitteln. Aus dieser „Logik“ heraus gesteht die islamische Rechtstradition den Juden und Christen im „Haus des Islam“, also auf islamisch beherrschtem Territorium (fast hätte ich geschrieben: ´Terrortorium´…) einen Dhimmi-Status zu, d.h. sie gelten zwar als minderwertige Fehlgeleitete, dürfen aber ihre Glaubensversion praktizieren, wenn sie sich der Scharia unterordnen und eine Dhimmi-Steuer zahlen (so praktiziert es mit Juden der Islamische Staat). Nicht-abrahamitische Überzeugungen (Polytheismus, Atheismus) gelten dagegen als Teufelswerk und dürfen laut Koran unter keinen Umständen toleriert werden.
Da das Judentum das eigene Volk als von „Gott“ erwählt versteht, erhebt es keinen universalistischen Machtanspruch, wie dieser grundsätzlich von Seiten des Christentums und, noch intensiver, des Islam besteht.
Polytheistische Systeme sind bzw. waren grundsätzlich religionstolerant, sofern eine andere Religion das Existenzrecht des Polytheismus nicht in Frage stellt. Aus diesem Grund hat sich der extrem intolerante Islam einen Widerwillen seitens des Hinduismus zugezogen. Das heißt nicht, dass der Hinduismus den Islam nicht toleriert, sondern dass er das islamische Intoleranzprinzip missbilligt.
In den historischen Polytheismen, die durch Christentum und Islam bekanntlich gewaltsam vernichtet wurden, herrschte eine grundsätzliche Toleranz gegenüber fremden Religionen, da fremde Götter als Varianten der eigenen Götter betrachtet wurden, denen man das Existenzrecht nicht absprach (Beispiel Römisches Reich).
Erst das Judentum hat mit dieser Toleranztradition gebrochen, wie natürlich auch seine beiden extrem gewaltbereiten Abkömmlinge. Die sogenannten Christenverfolgungen waren das Resultat eines Unbehagens, das manche römische Machthaber gegenüber der typisch christlichen Intoleranz hegten, die sich vor allem darin zeigte, dass die Christen sich weigerten, obligatorische Opfer im Rahmen des Kaiserkultes zu entrichten, eine Pflicht, der alle fremden Religionen im Römischen Reich unterlagen. Im Gegenzug billigten die Römer die fremden Praktiken im eigenen Reich.
Den Juden gestanden die Römer allerdings die Opfer-Verweigerung zu, da das Judentum als religio licita eingestuft war.
Atheistische Systeme sind ebenfalls grundsätzlich tolerant in dem Sinne, dass sie Andersdenkende nicht potentiell oder faktisch bedrohen.
Singulärer Machtanspruch geht also einzig von den beiden abrahamitischen Religionen Christentum und Islam aus.
Die Gefahr ist, dass diese friedliche Koexistenz nur ein Schleier ist.
Ausgehend vom, wie die Geschichte zeigt, gewaltbereiten Machtanspruch des Christentums und des Islam ist eine solche Koexistenz tatsächlich ein Trugbild, das den tieferen Widerspruch verschleiert, wobei der Verschleierungseffekt eigentlich nur bei einer gänzlich naiven Betrachtung Wirkung haben kann. Leider ist eine solche Naivität bei den heutigen Normalmenschen der Normalfall.
Wie die Faust aufs Auge passt da der Spruch von Dieter Nuhr:
„Der Islam ist nur da friedlich, wo er nicht an der Macht ist.“
Dem ist nichts hinzuzufügen.
Chan