Hallo,
„Ring 20“ soll abgeschafft, „Ring 30“ zum „Regelfall werden“,
zudem räumen die Reformer jetzt ein, daß die „stereotype
Einteilung in Ringe“ und „die schematische Besetzung von
Kontrollstellen nicht länger aufrechterhalten werden kann“
Das war 1986, richtig. Was davon wurde umgesetzt?
Grundsätzlich stehe ich der Bezeichnung „Reform“ in Zusammenhang mit der Polizei äußerst kritisch gegenüber. Bisher hat fast jede Reform in der Polizei zu einer Verschlechterung der Struktur und damit einhergehend auch zu einer Verschlechterung der Sicherheitslage geführt.
Charakteristikum der Ringalarmfahndung ist die Einteilung von Fahndungsringen rund um den Tatort in km-Abständen. Dazu werden vorher bezeichnete Kontrollstellen besetzt. Diese Kontrollstellen klammern sich nicht skalvisch an die km-Abstände, sondern sind nach taktischen Gesichtspunkten ausgewählt.
Allerdings steht die Ringalarmfahndung nicht alleine, sie wird durch andere Fahndungsarten, wie z.B. einer Nachbereichsfahndung ergänzt. Man darf daher die Ringalarmfahndung nicht isoliert betrachten. Selbst wenn die Ringalarmfahndung an sich nicht zu einem Erfolg führt, sie erzielt einen Verdrängungseffekt, d.h. der Täter wird in in seinem Fluchtverhalten beeinflusst.
So, genug der Polizeitaktik. In den Hochschulen der Polizei wird dererlei bis zum Erbrechen gelehrt, hier kann man sie wirklich nur anreißen, da es ein ausgesprochen komplexes Thema ist.
Meines Erachtens nach ist die Ringalarmfahndung jedenfalls ein durchaus bewährtes Fahndungsmittel, das im Verein mit anderen Fahndungen durchaus seinen Platz hat.
Bei der Polizei habe ich da aber eher nicht so die Wahl.
Da muss man sich darauf verlassen, dass sie modern
ausgerüstet, gut ausgebildet und klug organisiert ist.
na ja, da von diesen drei Faktoren mindestens 2 (modern
ausgerüstet und klug organisiert) nicht von der Polizei, sondern von politischen Entscheidungen abhängen, kannst du dich nicht darauf verlassen.
Die „gute Ausrüstung“ ist oft ein Lacher. Ich weiss nicht, ob dir bekannt ist, dass Deutschland das letzte Land in Europa ist, das noch analog durch die Gegend funkt. Die Bauart des Funkgerätes FuG 10 ist ungefähr 40 Jahre alt. Bei den immer größer werdenden Zuständigkeitsbereichen ist es aber dringend erforderlich, dass zumindest die Verständigung klappt und die Beamten nicht darauf angewiesen sind, eigene Handys zu benutzen, weil sonst nichts geht.
Zur Ausbildung kann ich nichts sagen.
die ist in der Regel sehr gut. Die Polizeiausbildung in Deutschland gehört zu den besten in Europa.
Zu Taktik und organistorischen Dinge weiß ich nur, dass bei
uns alle paar Jahre von einer „Neustrukturierung der Polizei
im X-Kreis“ berichtet wird.
Da ist also was im Wandel - hoffentlich nicht nur im Sinne von
„das muss billiger werden“.
das geschieht fast ausschließlich in dem Sinne „das muss billiger werden“. Damit wird die Polizei immer weiter zentralisiert und entfernt sich immer weiter vom Bürger. Kriminalitätslagebilder fließen in diese Neustrukturierung so gut wie nicht ein.
Bestes Beispiel die die Neuorganisation der Bundespolizei. Sie hat eine effektive Polizei zu einem großen ineffektiven Verwaltungsapparat aufgebläht, die aber mit einer gewaltigen Kostensteigerung einhergeht (nebenher wurde diese „Reform“ alleine von Politikern ausgedacht, es kam kein einziger Fachmann zu Worte).
Zur Ausrüstung fällt mir aber auf Anhieb ein:
Analogfunk
siehe oben.
Schutzwesten zu spät eingeführt
die mittlerweile fast jeder Polizeibeamte hat, sie wird aber nur von wenigen regelmäßíg getragen.
keine Computer / Tablets auf dem Fahrzeug
tja, manche Politiker reden vom „interaktiven Streifenwagen“, wie z.B. der IM von Sachsen, Herr Uhlig. Das ist ein Lacher, solange wir noch nicht einmal den Digitalfunk zustande brignen, gibt es keine „interaktiven Streifenwagen“. Allerdings hatte ich schon in den 80er Jahren einen Fahndungscomputer im Streifenwagen.
anachronistische amerikanische Aluprügel als „Taschenlampe“
hmm… auf die Mag-lite lasse ich nichts kommen, die hat mir schon sehr oft geholfen.
Fellmützen mit Ohrenklappe (Typ „Sibirien 1890“)
die „Bäfo“ war gerade bei kaltem Wetter, so wie es jetzt herrscht, gar nicht so schlecht. Sie hielt jedenfalls warm.
Da kommen mir halt so einige Dinge nicht zeitgemäß vor.
es stimmt, dass vieles nicht zeitgemäß ist. Allerdings sind die meisten der von dir genannten Beispiele unbrauchbar, denn sie zeigen nicht die Schwächen auf. Ich erachte es als schlimmer, dass es z.B. Vorgangsbearbeitungsprogramme gibt, die ein flüssiges Arbeiten unmöglich machen. Die Beamten sind zu Sklaven des Computers geworden, manche sehnen sich nach der alten Schreibmaschine zurück. Heutzutage gibt es ungeheuer mächtige Sachgebiete, die sich mit Qualitätsmanagement, Überwachung, usw. befassen. Sie dienen in erster Linie dazu, die Arbeit der Beamten zu behindern. Der Wasserkopf wächst und wächst und die Zahl der Polizeibeamten vor Ort sinkt. Das sind die echten Probleme der Polizei, nicht die von dir genannten Ausrüstung. Es gibt z.B. Polizeidirektionen, deren Ist-Stärke fast 200 % der Sollstärke darstellt. Und woher kommen die 100 überschießenden Prozente? Natürlich von der Basis, den Streifenbeamten und den Sachbearbeitern in den Kommissariaten. letztlich findest du dann Polizeireviere und Kommissariate mit völlig überarbeiteten Mitarbeitern, die sich bemühen, den Stapel der Vorgängen nicht allzuhoch werden zu lassen und einen Riesenberg von Überstunden vor sich herschieben. Bei Straftaten wartet man dann u.U. lange, bis jemand kommt (kommen kann), da die Anfahrtswege durch die unselige Zentralisierung sehr lang geworden sind - und wenn der einzig verfügbare Streifenwagen schon am anderen Ende des Reviers ist, dann dauert es noch länger. Nachteilig ist auch, dass im Führungsbereichen der Polizei immer weniger gelernte Polizisten sitzen, sondern Hochschulabgänger mit irgendeinem Studium (egal welches!).
Daher kommt auch ein gewisses Misstrauen gegen alte - oder
eben doch altbewährte? - Taktiken.
nicht alles, was alt ist, ist auch schlecht. „Der Schutzmann an der Ecke“, neudeutsch der Kontaktbereichsbeamte, war über lange Jahre der Garant für Sicherheit und Ordnung, bis er wegrationalisiert wurde. Mittlerweile hat man ihn unter neuem Namen wieder eingeführt, weil man eingesehen hat, dass er durchaus seinen Zweck hat.
Die Ringalarmfahndung gibt es also nach wie vor.
Einige sehen sie als sehr effektiv an, andere nicht.
Und mehr wollte ich nicht wissen.
Ich hoffe, ich konnte deinen Blickwinkel etwas erweitern.
Gruss
Iru