Rockband und Emanzipation

Hi,

unter
http://jetzt.sueddeutsche.de/jetzt/print/muenchen/pd…
können sich alle die informieren, die glauben, dass die
Emanzipation doch schon lange gelaufen ist.

interessant finde ich jetzt doch, dass offensichtlich keiner
der Antwortenden bis zu dem folgenden Absatz gekommen ist:

Obwohl sie über solche Bemerkungen lachen können, stimmt es
die Mädchen doch auch traurig: „Es ist im 21. Jahrhundert noch
viel Feminismus nötig, damit es normal wird, dass ein Junge
Ballet tanzt und ein Mädchen Rockmusik macht“ stellt Rita
fest.

Oder ist das in eurem Umkreis schon so normal, dass man hier
nicht mehr drüber zu schreiben braucht? Wirklich normal und
keiner regt sich auf?

Ich empfinde es tatsächlich als normal. Gut, Ballet tanzende Jungs sind nicht so häufig, aber nun auch nicht sooo der Skandal, und rockende Frauen gibt es zuhauf. Die Feststellung, daß sei nicht normal teile ich also nicht.

Beispiele? Dover ist eine hervorragende spanische Rockband mit zwei Schwestern an Gitarre und Gesang, L7 ist zwar eine bekennende Schlampenband, also nur noch bedingt als „Frauen“ zu bezeichnen (wirklich!), aber immerin, und Tracy Bonham macht sehr geile Mucke. Weitere Beispiele wären leicht zu finden.

Damit sehe ich auch diese Äußerung als ein Zeichen von Naivität und „das unbedingt so sehen wollen“.

Gruß,

Malte.

Hallo liebe Leute,

Hallo Karin!

unter http://jetzt.sueddeutsche.de/jetzt/print/muenchen/pd…
können sich alle die informieren, die glauben, dass die
Emanzipation doch schon lange gelaufen ist.

Nein, das ist sie natürlich nicht. Wär auch was Neues.

Offensichtlich haben immer noch Menschen damit Probleme, wenn
andere nicht ihren eigenen Vorstellungen von der Rolle, die
ein bestimmtes Geschlecht auszuüben hat, entsprechen.

Offensichtlich. Für mich ist das auch ein Machtspielchen und unglaublich feig obendrein. Wenn ich schon was von mir gebe, dann hab ich auch Mut genug, öffentlich dazu zu stehn. Aber erst was rausposaunen und dann den Schwanz einziehen, wenns zum Klappen kommt … deutet vieles auf ein reines Machtspielchen hin.

Oder was sonst wäre der Grund, dass eine weibliche Rockband
mit solchen Sprüchen wie im angezeigten Artikel konfrontiert
wird?

Feigheit, Machtgelüste, Neid, Gruppendruck, notorisch kleiner Frontallappen … was auch immer, Denkfähigkeit oder Kunstverstand ist es nicht.

Lasst mal eure Meinung hörenlesen.

Bitte.

Gruß, Karin

auch einen Gruß
Wolkenstein

Hallo Karin,

ich empfand den Satz als einen schrecklich ausgelutschten Allgemeinplatz. Ich bin sicher, wenn diese Maedchen* nicht den grossen Erfolg finden, so werden sie immer wieder erzaehlen, es war, weil sie eben Maedchen waren.
Zum eigentlichen: es ist nicht unbedingt normal, dass Kindergartenjungs sich wuenschen, Ballett zu tanzen. Es ist auch nicht unbedingt normal, dass kleine Jungs genauso automatisch in Ballettklassen gesteckt werden wie ins Fussballtraining, aber sollte ein Junge Interesse/Talent zeigen, dann wird ihm heutzutage nicht mehr allzuviel in den Weg gelegt werden. Bei rockenden Maedchen ist es noch viel einfacher - MAedchen fangen an ein Instrument zu spielen, wenn sie sich dafuer interessieren, und die Musikrichtung ergibt sich dann aus dem eigenen Interesse.

Aber daran Emanzipation oder nicht festmachen zu wollen, finde ich sowas von naiv - es passt zu dem Eindruck, dass es sich hier eben um Maedchen handelt, nicht um Frauen.

Gruesse
Elke

*Ich schreibe absichtlich Maedchen, weil sie mir nicht wie Frauen vorkamen.

Hallo Elke,

Zum eigentlichen: es ist nicht unbedingt normal, dass
Kindergartenjungs sich wuenschen, Ballett zu tanzen.

schon hier hapert es einfach an der Einstellung der Umgebung. Ballett, wenn es gut gemacht ist (meine Tochter war z.B. in einer Ballettschule, in der die Lehrer nicht nur Tänzer, sondern auch Physiotherapeuten waren), kann auch vielen Haltungsschäden usw. vorbeugen.

Es ist auch nicht unbedingt normal, dass kleine Jungs genauso
automatisch in Ballettklassen gesteckt werden wie ins
Fussballtraining, aber sollte ein Junge Interesse/Talent
zeigen, dann wird ihm heutzutage nicht mehr allzuviel in den
Weg gelegt werden.

Und hier muss ich Dir widersprechen. Ich kenne auch unter jüngeren Männern noch genug, die die Gleichung aufstellen: Junge und Ballett gleich schwul.

Bei rockenden Maedchen ist es noch viel
einfacher - MAedchen fangen an ein Instrument zu spielen, wenn
sie sich dafuer interessieren, und die Musikrichtung ergibt
sich dann aus dem eigenen Interesse.

Und da kommt auch gerne dazu: Was Du willst Schlagzeug spielen? Als Mädchen?

Ich glaube, da bist Du vom deutschen Erziehungsalltag durch Deine Auslandsaufenthalte noch ein wenig weit weg, dass Du solche Fälle zu wenig kennst.

Lieben Gruß,

Karin

Hallo Karin,

schon hier hapert es einfach an der Einstellung der Umgebung.
Ballett, wenn es gut gemacht ist (meine Tochter war z.B. in
einer Ballettschule, in der die Lehrer nicht nur Tänzer,
sondern auch Physiotherapeuten waren), kann auch vielen
Haltungsschäden usw. vorbeugen.

Das streite ich nicht ab - aber die meisten Maedchen gehen auch heute noch ins Ballett, weil sie ein Tutu moechten, in rosa, und wenn’s geht noch Elfen-Fluegelchen dazu (so wird das jedenfalls in Suedafrika und England [oft] gehandhabt). Das das ein Rollenklischee ist, ist klar und dieses Bild mir schon vor 35 Jahren Ballett verleidet; es ist ein Bild mit dem Ballett zu kaempfen hat, und ist nicht unbedingt geschlechtsspezifisch.

Und hier muss ich Dir widersprechen. Ich kenne auch unter
jüngeren Männern noch genug, die die Gleichung aufstellen:
Junge und Ballett gleich schwul.

Diese Sorte Maenner braucht kein Ballett um sowas loszuwerden, das faengt beim Ohrring an (nicht mehr so, aber hier zum Teil doch noch) und hoert bei anderen Vorlieben auf, ob das laengere Haare sind oder ungewoehnliche Lieblingsfarben oder - gerade bei Teenagern - ganz einfach ungewoehnlicher Geschmack.

Und da kommt auch gerne dazu: Was Du willst Schlagzeug
spielen? Als Mädchen?

Natuerlich gibt’s die Sprueche. Bei meinen Kindern heisst’s immer - ihr seid Afrikaner, logisch, dass ihr gut in Musik seid (als ob kein persoenlicher Verdienst hinzukommt). Das gibt’s fuer fast alles, was nicht in die total eingeschlafene Norm faellt. Man kann fuer alles einen Aufhaenger finden.

Das mag schon sein. Allerdings finde ich bei Besuchen in Deutschland immer, dass das in D weniger klischeehaft befangen ist, als in anderen Gesellschaften, die ich kenne.
Ich finde halt nur, wenn man sich auf diese Nichtigkeiten stuerzt (und ja, was diese Maedchen zumindest laut Zeitungsbericht erleben, halte ich fuer Nichtigkeiten), dann verliert man die wirklichen Ungerechtigkeiten aus dem Blick. Als ob Ballett fuer alle das Ziel der Emanzipation sein kann.

Lieben Gruß,

auch
Elke

Hallo Karin,

ich halte die Aufregung der Sängerin für deutlich überzogen.

Meine Schwester ist 20 Jahre alt, bildhübsch, und lässt ihre tolle Stimme regelmäßig mit ihrer Band vor kleinerem Publikum erklingen.

Ihr sind solche Zwischenrufe, wie im Artikel angesprochen, nicht fremd. Es liegt ihr fern, sich bei ihren Auftritten bestmöglich auf ihre Reize hin herauszuputzen - sie tritt in normaler Alltagskleidung auf. Wenn ihr solche niveaulosen „Anfeuerungen“ aus dem Publikum entgegenschallen, lächelt sie unf freut sich.

Sie hat erkannt, dass manche Männer ihre Bewunderung für ihr Talent zu singen wie auch für ihre tolle Figur einfach nicht anders ausdrücken können. Diese Erkenntnis sollte man dem Mädchen aus dem Artikel auch nahelegen.

Applaus ist das Brot des Künstlers, aber niemand sagt, dass der Applaus dem Künstler auch noch mundgerecht serviert werden muss.

Nicht dass es richtig wäre, wenn Männer sich solche Frechheiten leisten, aber gerade im Showbiz darf man da nicht so empfindlich sein, sonst hat man auf einer Bühne nicht verloren. Gerade dort ist es ja das unmittelbare hervorgerufene Feedback, das den Reiz für den Künstler darstellt. Und wenn ihm nicht gefällt, was er möglicherweise zu hören bekommen könnte, sollte er keine Auftritte machen.

So viel meine bescheidene Meinung, freundliche Grüße

Jerry