Jetzt dürfte es klar sein:
Ja, das ist es.
Der britische Geheimdienst spricht davon, dass die Russen beim Rückzug eine Unmenge Soldaten verloren haben. Gibt es da schon genauere Informationen, was an Soldaten und Material von Russland verloren wurde?
Absolut. Allerdings ist es fraglich, wie viel ihnen diese Atempause bringt. Die ukrainische Armee ist seit über einem Monat auf dem Vormarsch und hat eine Atempause genauso notwendig. Das große Problem der russischen Armee mit der Logistik wird sich dadurch auch eher verschärfen, da ihr im Norden so gut wie keine Bahnstrecke mehr zur Verfügung steht. Der Nachschub muss also über weite Strecken per LkW herangeführt werden. Das wird im Schlamm noch schwieriger werden. Dazu kommt, dass die ukrainische Armee von Anfang an den russischen Nachschub gezielt angegriffen hat. Die russische Armee hat visuell bestätigt über 1500 militärische LkW verloren, während es bei der ukrainischen Armee keine 200 sind.
Außerdem verfügt die Ukraine nach der Einnahme von Izyum und Lyman über Bahnverbindungen bis an die Front, man ist hier also vom Schlamm viel weniger betroffen. Eine Offensive auf Lyssytschansk und Sjewjerodonezk wäre davon also fast gar nicht betroffen.
Im Süden gibt es zudem eher weniger Schlamm, d.h. in Kherson und Saporischschja könnte es davon unabhängig weiter gehen.
Das kann schon im Oktober losgehen und eben besonders den Osten und Nordosten betreffen. Das Land dort ist extrem flach, sodass bei starkem Regen das Wasser nicht abfließen kann. Da reicht schon ein Tag und der Boden ist metertief nur noch Schlamm.
Das Ganze dauert ca. 1 Monat bis der kalte Winter den Boden einfriert.
Information von Ukrinform:
Die ukrainische Armee hat binnen 24 Stunden russische Angriffe bei Saizewe, Bachmutske, Bachmut, Odradiwka, Perwomajske, Spirne und Wyjimka abgewehrt. Das teilte der Generalstab der ukrainischen Streitkräfte in seinem Lagebericht am 02. Oktober (Stand: 18:00 Uhr) auf Facebook mit.
Nach Angaben des Generalstabs unternehmen die russischen Besatzer weitere Anstrengungen, um eine vollständige Eroberung der Oblast Donezk zu erreichen, die besetzen Gebiete zu halten und aktive Handlungen der ukrainischen Truppen an einigen Abschnitten zu verhindern. Die Besatzer beschießen die Stellungen der ukrainischen Armee entlang der ganzen Frontlinie und greifen auch die zivile Infrastruktur und Wohnräume der Menschen an.
Die Russen verübten laut dem Generalstab binnen 24 Stunden vier Raketenangriffe, drei Luftangriffe und eröffneten mehr als 15 Mal das Feuer mit Mehrfachraketenwerfern. Von russischen Angriffen wurden etwa 15 Siedlungen betroffen. Das sind unter anderem Krywyj Rih, Ridkodub, Saporischschja, Salisnytschne und Mykolajiw. Im Raum Südlicher Bug nahm der Feind mehr als 40 Siedlungen unter Beschuss.
Angesichts der Erfolge der ukrainischen Armee sinkt die Moral der feindlichen Soldaten, was zu zahlreichen Fällen der Kapitulation und zum Verlassen der Stellungen führt.
Der Generalstab bestätigt auch, dass am 1. Oktober ein Munitionsdepot der Besatzer bei der Siedlung Tawrijske in der Region Cherson und sieben Panzer und bis zu 10 Fahrzeugen bei der Siedlung Tschernihiwka in der Region Saporischschja vernichtet wurden. Die Personalverluste des Feindes werden überprüft.
Die ukrainische Luftwaffe flog in den letzten 24 Stunden vier Angriffe. Es wurden zwei Gebiete mit Personal und Waffen des Feindes und zwei Flugabwehrsysteme des Feindes getroffen. Außerdem wurden acht iranische Drohnen Shahed abgeschossen. Die Raketen und Artillerieeinheiten trafen fünf Kommandoposten, 14 Gebiete mit Personal und Waffen, drei Munitions- und Treibstofflager sowie 15 andere Objekte der Russen.
Ich las heute mehrfach und aus unabhängigen Quellen, dass die Front im Nordosten von Kherson zusammengebrochen und der ukrainischen Armee an mehreren Stellen der Durchbruch gelungen ist. Am ausführlichsten:
Sollte das stimmen, wäre das eine kleine Sensation. Die Truppen in Kherson gehören zu den besten, die Russland noch hat und die Verteidigungsanlagen dort sind gut ausgebaut und vor allem tief gestaffelt. An der Front hat sich seit Monaten wenig getan und die russische Armee dürfte außerhalb des Donbas keine stärkeren Stellungen haben.
Allerdings sieht es so aus, als ob die ukrainische Armee hier das Gleiche wie bei Kharkiv macht und diese Stellungen mit schnellen Einheiten umgeht um sie dann von hinten aufzurollen.
Die russischen Kanäle auf Telegram sind jedenfalls gerade am durchdrehen
So, da ist die neue Karte:
Passt auch zu Fotos:
Mariana Leshkovych (she/they) auf Twitter: „#Ukraine befreit weitere Gebiete in der Region #Cherson #Kherson - #Mykhaiivka #Mychajliwka https://t.co/wp1qw8qe3x“ / Twitter
Hier eine etwas genauere mit den Straßen der Region:
Wie man sieht sind die Truppen im Norden de facto schon vom Straßennetz abgeschnitten. Die Gegend dort besteht fast nur aus Äckern und Feldern. Abseits der Straßen kommt man hier nur sehr schwer voran und das offene Gelände kann leicht durch Drohnen aufgeklärt werden. Es wäre interessant zu wissen, ob es auch hier strikte Haltebefehle gibt.
Das Wetter war gestern übrigens so schlecht, dass die russische Luftwaffe am Abend und in der Nacht keine Angriffe fliegen konnten. Wohl auch mit ein Grund für den ukrainischen Erfolg.
Im Norden geht’s natürlich auch weiter:
Nochmals zum Mitschauen, wie unfassbar schnell die Front bei Kharkiv kollabiert ist:
Das dürfte jetzt der Grund sein, dass in Russland im Internet kolportiert wird es stünde eine Mobilisierung privater Fahrzeuge zur Debatte.
Wenn das tatsächlich kommt wird Putin erleben, dass sehr viele Russen, bevor ihnen ihr Auto weggenommen wird, dieses Auto entweder verstecken oder so beschädigen, dass es nicht gebraucht werden kann (im Prinzip das gleiche wie die jungen russischen Männer ins Ausland flüchten um nicht rekrutiert zu werden).
Information von Ukrinform:
Die Streitkräfte der Ukraine führen weiterhin aktive Kämpfe in der Region Cherson und fassen Fuß in den bereits befreiten Gebieten. Gleichzeitig leiden einige Siedlungen unter feindlichem Beschuss entlang der Frontlinie, sagte Natalia Humenjuk, Leiterin des vereinten Pressezentrums des Einsatzkommandos „Süd“, im ukrainischen Fernsehen, berichtet Ukrinform.
„Wir führen weiter Kämpfe und fassen Fuß in den Gebieten, die bereits befreit sind und sich noch verteidigen. Wir arbeiten auch weiter mit der lokalen Bevölkerung entlang der Kontaktlinie, entlang der Frontlinie in Siedlungen, die unter feindlichem Beschuss leiden. Dies sind fast 45 Siedlungen, die in den letzten 24 Stunden beschossen wurden, was bedeutet, dass die Intensivierung des Feuers der lokalen Bevölkerung sehr schaden kann. Wir organisieren die Evakuierung, wenn die Menschen eine solche Möglichkeit und den Wunsch haben, können sie sie nutzen“, sagte Humenjuk.
Sie stellte auch fest, dass die Invasoren in den bisher besetzten Gebieten Hofpatrouillen durchführen und versuchen, Männer im Alter von 18 bis 35 Jahren zu finden, also im Alter der Mobilmachung, um die Reserven aufzustocken.
Humenjuk betonte früher, dass die von den russischen Invasoren in Teilen der Gebiete Cherson und Saporischschja organisierten Pseudo-Referenden die Gegenoffensive der ukrainischen Truppen nicht gestoppt haben, Einheiten der Streitkräfte der Ukraine seien in letzten Tagen erheblich vorgedrungen, insbesondere in Richtung Cherson.
Interessantes Detail dazu von einem Völkerrechtler:
44 Panzer an einem einzigen Tag verloren. Die Bundeswehr verfügt insgesamt über 244 Stück.
Offensichtlich gibt es keinen Haltebefehl bzw. falls doch, wird er von den lokalen Kommandeuren nicht umgesetzt. Die russische Front bei Kherson kollabiert gerade und wird von Norden her aufgerollt. Ich bezweifle, dass es nördlich der Stadt noch nennenswerte Verteidigungsstellungen gibt.
Dafür waren sie ja eigentlich lang genug da.
Man könnte den Eindruck bekommen, dass die Ukrainer nur die Straßen Richtung Kherson abfahren und die Russen versuchen, dabei schneller zu sein.
Stellungen kosten in der Errichtung und Erhaltung Zeit und Geld. Selbst wenn es jemanden gegeben hätte, der die nötige Weitsicht für so tiefe Verteidigungsanlagen gehabt hätte, ist es fraglich, ob sich der politische Wille dagewesen ist. Immerhin würde das ja bedeuten, dass man das eigene Scheitern nicht ausgeschlossen hat und die russische Armee scheint mir eher nach dem Prinzip ‚es kann nicht sein, was nicht sein darf‘ zu funktionieren.
Das einzige nennenswerte Hindernis vor Kherson ist in der Richtung nur noch der Inhulez. Aber wenn die ukrainische Armee den erreicht hat, sind die beiden letzten Brücken über den Dnjepr nur noch etwa 5 km entfernt. Damit bist du dann schon in Reichweite der 120mm Mörser und kannst sie nach Belieben unter Feuer nehmen.
Ein geordneter Rückzug gehört zu den schwierigsten Manövern, das aber immer auch Auswirkungen auf die Moral hat. Man darf auch nicht vergessen, dass die Truppen dort seit Wochen angegriffen werden und auf russischer Seite nicht rotiert wird. Das ist gerade eine sehr gefährliche Situation für die russische Armee und wenn die jetzt nicht aufpasst, verliert sie den letzten Rest ihrer ursprünglichen Kernarmee.
So schaut es übrigens jetzt aus:
Die Brücke bei Nova Kakhovka ist noch ca. 40 km entfernt. Wird sie befreit, gibt es nur noch eine Straßenbrücke in russischer Hand.
Laut Forbes haben seit Ankündigung der Teilmobilmachung bis zu 700.000 Russen das Land verlassen. Die fehlen nun nicht nur der Armee, sondern auch der russischen Wirtschaft. Rechnet man noch die 300.000 Mann der Mobilmachung hinzu, sind das bis zu 1 Million weniger Arbeitskräfte. Putin verspekuliert gerade die Zukunft seines Landes.
Das dürfte ihm vermutlich gleichgültig sein.
Wie schon in vielen anderen Dingen erinnert er mich sehr an Hitler:
Wenn das Volk nicht in der Lage oder Willens ist zu siegen, dann verdient es von der Landkarte und aus der Geschichte zu verschwinden. Es ist meiner nicht wert.