Es ist eigentlich ganz einfach:
ICH (und vermutlich auch du) halte einen ukrainischen Einmarsch auf der Krim nicht für existenzbedrohen für Russland, weil die Krim für mich kein russisches Staatsgebiet ist.
Russland hingegen betrachtet die Krim als russisches Staatsgebiet und daher könnte Russland es als existenzbedrohend ansehen, wenn die Ukraine dort einmarschiert.
Der ganze Kern dieser Diskussion ist nicht ob WIR eine Situation für existenzbedrohend halten, sondern ob die russische Führung das tut. Das ganze Säbelrasseln und die Drohungen und die vielen roten Linien die Moskau definierte waren im Grunde bedeutungslos, weil jedem klar war, das die MAD-Doktrin noch immer gilt. Die einzige Grenze, bei der es wirklich dazu kommen könnte, dass jemand Atomwaffen einsetzt, ist wenn die russische Führung tatsächlich annimmt, dass das D im MAD schon passiert ist.
Russland ist mit weniger Soldaten in die Ukraine einmarschiert, als die Ukraine zu diesem Zeitpunkt besaß. Das jemand weniger Angreifer als Verteidiger mitbringt, ist ein sehr deutlicher Hinweis darauf, dass Russland keineswegs geplant hatte in der Ukraine einen konventionellen Krieg zu führen.
Wir wissen inzwischen sehr genau, dass man versuchte in einem Überraschungsangriff die Führung auszuschalten und das Land dann mehr oder weniger kampflos einzunehmen. Aus diesem Grund hatte man auch nichts von all dem geplant, was normalerweise notwendig wäre. Die Fabriken waren nicht auf Kriegsproduktion eingestellt. Nachschublinien waren nicht geplant. Notfallpläne existierten nicht. Erinnerst du dich an die Berichte von verwirrten Rekruten, die ohne Benzin in der Nordukraine festsaßen? Die russische Führung dachte, sobald man Kiew einnimmt, ergibt sich der Rest von ganz allein.
Einen konventionellen Krieg hatte Russland nicht geplant und war darauf auch nicht vorbereitet. Mich wundert, dass du das für Realitätsverweigerung hältst.