Russland greift die Ukraine an

Der Ukraine wurde eh einiges an Flugmaterial geliefert (russisch-sowjetische Modelle), aber in einem Krieg gegen Russland ist das leider kaum eine Hilfe.
Die russische Doktrin setzt sehr stark auf bodengestützten Luftraumverteidigung. Kein Land der Welt (außer vielleicht der Iran) verfügt über so ein starkes Abwehrsystem, das so tief gestaffelt ist und auf alle Entfernungen wirken kann.

In der NATO gibt es einfach eine große Lücke zwischen den schultergestützten (zB Stinger) und den Mittel- und Langstrecken-Raketensystemen (zB IRIS und Patriot). Der Gepard wäre hier eine Lösung (von dem gibt’s aber nicht mehr viele) und der Stryker wird jetzt aufgrund der Erfahrungen im Krieg diese Lücke auch wieder füllen können.

In den USA hat es immer geheißen ‚Luftabwehr übernimmt die Air Force‘ und die NATO/USA hatte bisher auch in (fast) allen Kriegen die absolute Luftüberlegenheit. Die SU und später dann Russland wusste, dass man in der Luft keine Chance hat und daher war hier immer schon ein starker Fokus auf die bodengestützte Flugabwehr. Und auch wenn ich sonst recht wenig von russischer Militärtechnik halte, hier ist die russische Armee sehr gut aufgestellt.

Langer Rede kurzer Sinn: Die Ukraine hat keine Chance, die Luftüberlegenheit zu gewinnen. Nicht wegen der russischen Luftwaffe, sondern wegen der russischen Flugabwehr. Kompensiert wird das einerseits mit weitreichender Artillerie und andererseits mit Drohnen. Und da würde auch die F-16 nichts ändern, da man die ohnehin nur als Plattform für weitreichende Luft-Luft-Raketen verwenden würde.

3 Like

Ich lese hier nur stumm mit und auch nicht immer und nicht alles, aber hier möchte ich mal meine Zustimmung äußern.

Außerdem noch etwas, das mich beschäftigt: Es wird so viel geredet, wie tapfer die Ukraine ist und wie standhaft sie sich wehrt und von der „Großen Gegenoffensive“ - ob man da nicht hierzulande ein bisschen zu optimistisch ist? Wann - schätzt ihr - wird die Ukraine personalmäßig ausgeblutet sein? Wieviel Menschen"material" kann sie nachschieben, bevor die Reserven erschöpft sind und dann auch die raffiniertesten Maschinen nix mehr nützen? Russland kann doch - vermute ich als absoluter Laie - Verluste viel leichter ausgleichen.
Das macht mir wirklich Sorge, auch im Zusammenhang mit - falls sie sich denn gegen Russland behaupten kann - dem Wiederaufbau der Ukraine.
Gruß,
Eva

1 Like

Dazu solltest Du tatsächlich dieses Video mal ganz abspielen, denn da wird das relativ gut erklärt. Russland ist übrigens im Gegensatz zur Ukraine überaltert, wenn man die wehrfähigen Jahrgänge zahlenmäßig gegeneinander rechnet steht die Ukraine gar nicht so schlecht da.

Welche Reserven hat Russland denn? Offensichtlich vor allem sowjetischen Material-/Militärschrott.
Natürlich können Sie Geräte nachbauen und zwar schneller und effektiver, als es bei uns hier im Westen möglich ist, weil Russland schon letztes Jahr auf Kriegswirtschaft umgestellt hat. Aber eben doch nicht so schnell wie sie dann an der Front wieder vernichtet werden.

Und was sind das für Geräte? Alles was in einem modernen Krieg notwendig ist kann von Russland nur eingeschränkt gebaut werden, weil ihnen ganz einfach wichtige Bauteile fehlen. Russland hat sich zwar im Laufe der letzten Jahrzehnte zum absoluten Weltmeister der Sanktionsumgehungen entwickelt aber Wunder können Sie auch nicht schaffen.
Schon jetzt fehlen überall Arbeitskräfte, auch die mit geringerer Qualifikation.
Andererseits braucht gerade ein so großes Land wie Russland natürlich auch enorm viel Personal um über die ganze Fläche und an allen Grenzen eine gewisse Sicherheit sicherstellen zu können (Belgorod lässt grüßen).
Die Putinclique kann sich ja nur halten, wenn sie praktisch Alles und Jeden voll unter Kontrolle hat – wie will sie sowas in den nächsten Monaten und eventuell Jahren sicherstellen?

Meiner Meinung nach wird das für Russland nicht gut ausgehen.

1 Like

Die Ukraine ist ein ziemlich großes Land und hatte vor dem Krieg ca. 45 Millionen Einwohner. Das bedeutet, dass hier einiges an ‚Reserven‘ vorhanden ist.
Die Ukraine und Russland kämpfen zudem sehr unterschiedliche Kriege. Russland folgt noch bzw. eigentlich wieder der sowjetischen Doktrin, die auf Quantität setzt und dem individuellen Soldaten keinerlei Bedeutung beimisst. Die Verluste sind enorm, aber überspitzt formuliert ist das der Kern dieser Doktrin.

Die Ukraine hatte bis 2014 eine ganz ähnliche Armee. Der russische Einmarsch im Donbas und der Krim hat hier aber zu einem Umdenken geführt und schon vor dem Krieg gab es einen regen Informationsaustausch und gemeinsame Manöver mit der NATO. Was bisher gefehlt hat, waren die notwendigen Waffensysteme um das Gelernte auch vollständig umsetzten zu können. Westliche Waffensysteme können natürlich auch zerstört werden, in der Regel überlebt aber die Besatzung. Solange die Moral stimmt (und der Westen mitspielt), kann die Ukraine diesen Krieg noch mehrere Jahre lang führen. Die ukrainische Armee war in ihrer Geschichte noch nie so schlagkräftig wie heute.

Theoretisch ja, praktisch nein. Zumindest nicht ohne innenpolitisch einen hohen Preis zahlen zu müssen und bisher war Putin dazu (noch) nicht bereit.

Die russischen Streitkräfte sind eine heterogene Ansammlung an Teilstreitkräften mit teils sehr unterschiedlichen Aufgaben:

  • Armee: Besteht hauptsächlich aus Wehrpflichtigen mit einem Kern aus Berufssoldaten. Hauptaufgabe ist die Verteidigung des Vaterlandes und die Sicherung von eroberten Gebieten. Für eine großangelegten Bodenoffensive ist sie wieder ausgerüstet noch ausgebildet. Das war mit ein Grund, wieso die Invasion in den ersten Wochen gescheitert ist.
  • Speznas: Spezialeinheit der Armee. Überall anzutreffen, wo Russland im Ausland mitmischen möchte. Allerdings gibt es davon nur ca. 13.000 Mann und die Bewaffnung ist leicht.
  • VDV: Luftlandetruppe der russischen Armee. Sehr gut ausgebildet, relativ schwere Bewaffnung und naturgemäß auf Offensive ausgerichtet. Gesamtstärke ca. 45.000 Mann vor dem Krieg. Angeblich verlor man 90% der beim Überfall eingesetzten Einheiten. Hauptproblem: Man musste aus Mangel an Alternativen als Infanterie kämpfen, wofür man weder ausgebildet noch bewaffnet war.
  • Rosgvardiya: Die russische Nationalgarde und zahlenmäßig der größte Verband. Hauptaufgabe ähnlich wie die der Armee: Verteidigung der Heimat und Sicherung von eroberten Gebieten. Ausbildung und Ausrüstung (keine schweren Waffen) sind eher unterdurchschnittlich und in der Ukraine war bisher afaik nur das tschetschenische Regiment im Einsatz. Und hier zeichnete man sich eher durch sinnlose TikTok Videos, Folterungen von POW und dem Erschießen der eigenen Leute aus.
  • Marineinfanterie: Gehört eigentlich zur Marine. Hauptaufgabe sind amphibische Einsätze (= Angriffe vom Meer aus) und vermutlich hätte man sie für einen Angriff auf Odessa vorgesehen. Nach dem Untergang der Moskwa wurden sie aber wie Infanterie eingesetzt und teilweise völlig aufgerieben. Die Stärke vor dem Krieg betrug ca. 12.000 Mann.

Russland ist auf einen Krieg, wie er gerade in der Ukraine geführt wird, weder vorbereitet noch hat man ihn gewollt. In den ersten Kriegsmonaten hat man die besten Einheiten verheizt und diese Verluste kann man nicht so einfach ersetzen.
Das Problem der russischen Militärführung ist, dass man offiziell keinen Krieg führt und man dadurch nicht alles einsetzen darf, was man kann bzw. will. Und das, was man einsetzen darf, ist eigentlich nicht für diese Art der Kriegsführung geeignet. Russland hat noch immer exzellente Einheiten, aber das wäre so, als würde man Messi als Libero auflaufen lassen.

Solange Putin keinen Krieg erklärt, tut sich Russland sehr schwer, die laufenden personellen Verluste auszugleichen. Das ist auch der Grund, wieso man auf Söldnertruppen wie Wagner setzt und zigtausende Strafgefangene an die Front schickt.

4 Like

Eine Ergänzung noch: Seit Kriegsbeginn sind ca. 1 Million meist junge Männer aus Russland geflohen. Die fehlen jetzt natürlich und die jüngsten Gesetzesänderungen zur Einberufung von Wehrpflichtigen lassen darauf schließen, dass Russland massive Probleme hat, seine Armee personell aufzustocken. Die Ukraine hat dieses Problem (noch) nicht und das alleine kompensiert einiges.

Dazu passt, dass Wolotin, der Sprecher der Duma, gestern alle Ausgereisten informierte, dass sie nun die letzte Gelegenheit hätten zurück zu kommen. Wenn sie das nicht täten, würden sie später nicht mehr in Russland aufgenommen und müssten ihr Leben in europäischen Konzentrationslagern verbringen.

Danke @Penegrin und @Cook1
Gruß,
Eva

Das vielleicht nicht, aber dennoch wären Kampfflugzeuge westlicher Produktion eine große Hilfe - um Angriffe der Landstreitkräfte begleiten und die russischen Kampfflugzeuge besser auf Abstand halten zu können. Das ist ja auch der Grund, warum man nun schon seit einem Jahr um die F16 bettelt.

Das ist ja auch das, was ich meinte: dass man sich monatelang ziert und am Ende doch liefert, aber schwer davon überrascht, dass der Beschluss alleine eben nicht reicht, sondern die Lieferung vorbereitet und das Personal trainiert werden muss. Wie das eben schon bei vielen Systemen der Fall war.

Bei aller Bereitschaft, Waffen zu liefern: dieses Zögern kostet viel. Leben, Material und Momentum.

2 Like

Das mag ja sein, aber man könnte der russischen Luftwaffe das Leben mit entsprechenden Flugabwehrgerät aus westlicher Produktion schon noch schwerer machen.
Wenn russische Bomber 200 km von der ukrainischen Grenze entfernt aufsteigen und dann etwa 50 km von der Front entfernt Fluggleitbomben auf die Ukraine abwerfen, könnte man das schon über russischem Gebiet mit Langstreckenraketen ATACMS? (bis 300 km) unterbinden.
Deswegen denken die USA ja auch inzwischen relativ heftig darüber nach, ob sie diese Raketen nicht doch an die Ukraine liefern sollten.

ATACMS sind schon bewilligt und Teil des nächsten 50 Mrd. Pakets. Es ist wohl nur noch nicht klar, welches Modell (d.h. welche Reichweite) geliefert wird.

1 Like

Kampfflugzeuge beider Seiten fliegen kaum CAS (Luftnahunterstützung). Russland hat es am Anfang noch versucht aber recht bald heftige Verluste (besonders Su-25) erlitten. Ironischerweise haben beide Seiten kaum effektive Waffen zur Bekämpfung feindlicher Flugabwehr (SEAD), weil das in einem Krieg gegen den Westen nicht wirklich vorgesehen war.
Die meisten Angriffe mit Luft-Boden-Raketen erfolgen stattdessen durch Helikopter, auf russischer Seite besonders durch die Ka-52. Die fliegen knapp über den Boden bis auf ca. 8 km an den Feind heran, steigen dann kurz hoch und feuern ihre Raketen ab. Nachts bemerkt die ukrainische Seite dann erst, dass da was ist, wenn die erste Rakete einschlägt. Schultergestützte Systeme sind in der Nacht kaum einsetzbar (und haben nur eine beschränkte Reichweite) und wie gesagt fehlt in diesem Bereich die mobile Flugabwehr. Westliche Flugzeuge würden hier leider genau gar nichts bringen.

Und selbst wenn die Ukraine ein paar F-16 mit AMRAAM hätte: Russland verfügt über mindestens 700 Jagdflugzeuge. Von einem Kampf auf Augenhöhe sind wir hier meilenweit entfernt.

Die ATACMS ist eine ballistische Kurzstreckenrakete und kein Flugabwehrsystem.

Zum einen hast du absolut recht, zum anderen dürfte Russland zwar fast 700 Kampfflugzeuge besitzen , wie einsatzfähig die sind und wie viele Piloten nebst Crew vorhanden sind und vor allem wie modern sie sind steht auf einem anderen Blatt, das man nicht mit ein paar F16 die Lufthoheit gewinnen kann, steht außer Frage das allerdings zwischen dem momentanen „Fuhrpark“ der Ukrainischen Luftwaffe und der F-16 Welten liegen wissen auch die Russen auch das es für die russischen Mig-31 Abfangjäger und die Suchoi sehr ungemütlich werden könnte sollten mehr als nur eine Handvoll F-16 ihren weg in die Ukraine finden.

Das absolute wenn auch wenig realistische Alptraum Szenario für die russische Luftwaffe wären allerdings dann doch eher Ukrainer in Eurofightern …

Die Ukraine wird keine F-16 der neusten Generation bekommen. Schon alleine deswegen, weil die Wartung ja auch immer anspruchsvoller wird.

Versteh mich nicht falsch: Die F-16 ist ein tolles Flugzeug, aber die Ukraine muss sich halt überlegen, wie man die wenigen Maschinen am besten einsetzt. Jede Flugstunde nutzt Mensch und Flugzeug ab, man muss also Prioritäten setzen.
Klar könnte man versuchen, feindliche Flugzeuge zu jagen (AMRAAM haben eine Reichweite von bis zu 180km). Aber die Front ist lang und die Angriffe können jederzeit erfolgen. Die F-16 ist auch als Jagdbomber einsetzbar. Aber auch hier wieder: Die Front ist lang und man muss sich überlegen, ob das Risiko nicht zu groß ist.

Ich sehe die F-16 in der Ukraine eher als Teil der Flugabwehr. Sie kann anfliegende Raketen und Drohnen bekämpfen und damit die eigenen Reserven an Boden-Luft-Raketen schonen. Auch ist das Risiko hier eher gering und die Piloten können dringend notwendige Erfahrung sammeln. Ein Flugzeug fliegen zu können ist nicht das Gleiche, wie dessen Potential zu 100% abrufen zu können. Man sollte hier halt keine Wunder erwarten, nur weil die Ukraine plötzlich westliche Flugzeuge einsetzt.

1 Like

Wenn das hier stimmt und es nicht mehrere Orte in der Gegend mit dem Namen Urozhaine bzw. Uroschajne gibt, dann hieße das, dass die Ukraine die - soweit ich das erkennen kann - letzte Bahnverbindung zwischen den besetzten Gebieten im Osten und den besetzten Gebieten auf dem Südufer des Dnepr zumindest teilweise unter Kontrolle hat:

NOELREPORTS :eu: :ukraine: auf Twitter: „Prigozhin with an update on the front lines: „P’yatykhatky is controlled by :ukraine: forces, as is the northern part of Robotyne. Urozhaine is also under Ukrainian control. Big parts have been given up by Russian forces. One day we will wake up and find out Crimea is given away.“ :popcorn: https://t.co/miQr5m7mBm“ / Twitter

Werchnij Tokmak Druhyj nach Uroschajne - Google Maps

In Werchnij Tokmak Druhyj kreuzt sich die o.g. Bahnlinie mit einer Nord-Süd-Verbindung. Auf dem Luftbild kann man die Bahnlinie Richtung Osten ganz gut verfolgen. Sie läuft nördlich an Uroschajne vorbei.

Ich bin ja kein Fachmann, aber ich glaube, dass das schon ein großer Erfolg ist und der Satz mit der Krim von Prigoschin aus gutem Grund so ausgesprochen wurde.

1 Like

Da bin ich absolut bei Dir, aber wenn man sieht mit was für Uralten Schüsseln die Ukrainische Luftwaffe agiert ist das eine unglaubliche Steigerung

Tatsächlich gibt es mehrere Orte mit diesem Namen. Und wahrscheinlich meinte er den im Oblast Donezk:

Wobei es nicht gesichert ist, dass die Ukraine hier schon so weit vorgerückt ist.

Wobei er aber auch von Robotyne spricht und das scheint es mir tatsächlich nur einmal zu geben - im Gegensatz zum auch genannten P’yatykhatky, das es auch mehrfach gibt. :roll_eyes: Mal abwarten, was noch kommt.

Die gibt’s beide im Oblast Saporischschja:

Und hier deckt sich seine Aussage mit den gesicherten Infos. Aber wie man sieht, ist das Uroschajne in diesem Gebiet noch weit hinter der Front. Seine Aufzählung ist halt etwas komisch formuliert.

https://twitter.com/NOELreports/status/1671628151695220737?s=20

Es ging wohl die ganze Zeit um Dörfer in der Region Saporischschja:
NOELREPORTS :eu: :ukraine: auf Twitter: „Velyka Novosilka axis: :arrow_right:Prigozhin, in the previously shared audio message, also claims that UA troops have taken the village of Urozhaine. This is unconfirmed and a rumor for now. :arrow_right:UA forces attack north of Pryyutne to flank Rivnopil as Ukrainian forces face stiff resistance. https://t.co/rqJtU1WBu3“ / Twitter

Unbestätigt sind die Meldungen allemal.