Russland greift die Ukraine an

Jein. Die ukrainischen Angriffe im Raum Tokmak wurden mehr oder weniger eingestellt. Offenbar begnügt man sich damit, dass man die Bahnlinie dort in Reichweite hat. Eine Einnahme von Tokmak scheint nach dem jetzige Stand der Dinge auch nicht wirklich möglich zu sein. Man hat hier das absolute Minimalziel erreicht und gemessen an den Erwartungen kann man hier eigentlich nur von einem Fehlschlag sprechen.

Im Raum Cherson wurde angeblich der Dnjepr an mehreren Stellen von der Ukraine überschritten. Ob das mehr als ein paar Stoßtrupps sind, muss sich aber noch zeigen.

Russland hat im Osten weiter Awdijiwka angegriffen. Hier hat sich in den letzten beiden Wochen kaum verändert:


Laut ukrainischen Angaben verlor Russland alleine hier in den letzten drei Wochen bis zu 6500 Mann, 250 gepanzerte Fahrzeuge und 100 Kampfpanzer. Diese Angaben sind wie üblich mit Vorsicht zu genießen, aber es ist offensichtlich, dass hier die schwersten Kämpfe seit langem stattfinden.

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Naja, die ersten paar Minuten sind davon geprägt, dass er das wiedergibt, was russische Militärblogger so schreiben und das dann - entgegen der Quelle, die er verwendet - ausschließlich negativ bewertet. In den nächsten fünf Minuten geht es um ein paar klitzekleine Geländeabschnitte, wo es mal hin- und mal hergeht.

Ich habe mir weiter Videos nicht angeschaut und habe das auch nicht vor, aber es fehlen halt völlig die strategischen Themen:

  1. Die Russen rotieren mangels Reservekräfte nicht. Vielmehr werden Einheiten verschoben und zusammengelegt, um Frontabschnitte überhaupt noch halten zu können bzw. die inzwischen sogenannten Fleischangriffe weiter durchzuführen.
  2. Die Ukrainer rotieren gerade nach dem Zurückschlagen russischen der Angriffe auf Awdijiwka, wo die Russen riesige Verluste an Menschen und Material erlitten. Was übrigens so weit ging, dass die Russen Einheiten heranführen mussten, die nun weiter im Süden bzw. Westen fehlen und auch nicht ersetzt werden können. Sie rotieren mW. auch im Süden, wo Verteidigungslinien der Russen erobert wurden und die sich daraus ergebende Tasche erweitert werden konnte.
  3. Der Brückenkopf auf dem Südufer des Dnjpr konnte nicht nur erobert, sondern nun auch über mehrere Wochen gehalten und erweitert werden, was die Rusen trotz taktischer Vorteile nicht verhindern konnten. Warum der Kommentator behauptet, der Brückenkopf sei zu nix gut und könne auch nicht verstärkt werden, während die Blogger, die er zitiert, das genau anders beurteilen, ist mir ein Rätsel.
  4. Die Offensive nach der Fläche zu beurteilen, die erobert werden konnte, greift zu kurz. Erstens wurden Verteidigungslinien durchstoßen. Zweitens sind nun alle ebenerdigen Versorgungswege der Russen in Reichweite der ukrainischen Waffensysteme.
  5. Die Erfolge der Ukraine muss man auch vor dem Hintergrund bewerten, dass sie eben nicht die Waffen bekommt, die sie braucht. @Penegrin hat dazu weiter oben schon etwas ausgeführt, nämlich dass sie eigentlich nur das bekommt, was sie braucht, um den Krieg nicht zu verlieren. Ganz so drastisch würde ich es zwar nicht formulieren, aber wenn der Western liefern würde, was die Ukraine brauchte, wäre der Krieg schon lange vorbei bzw. zumindest schon in der Phase, in der die Aussichtslosigkeit des russischen Unterfangens auch den Russen unzweifelhaft deutlich wird.

Aus dem russischen Internet:

Für die Menschen, welche die annektierten ukrainischen Gebiete Russland überlassen wollen eine kleine, aktuelle Anekdote aus dem Donbas (russisch besetzt):

In einem kleinem Dorf wurden in einem Haus neun Leichen gefunden, sieben Erwachsene und zwei Kinder.
Die Suche nach den Tätern war erfolgreich, es waren zwei russische Soldaten. Auf die Frage warum sie diese Familie getötet hatten, erklärten sie:

Die Familie war dafür bekannt Wodka herzustellen. Sie fragten also nach Wodka und er wurde ihnen verweigert (es ist nicht klar, ob die Familie einfach keinen Wodka hatte oder ob sie ihn nicht kostenlos hergeben wollten).
Deshalb erschossen sie die Familie.

Nun sollen gepanzerte Fahrzeuge übergesetzt haben.

https://x.com/AndySch64494719/status/1721862131912413309?s=20

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Die Entwicklung am Ufer des Dnepr ist wirklich spannend und ich wollte mal abwarten, was da wirklich passiert. Die Ukraine hatte in der Vergangenheit schon mehrmals kleinere Einheiten übergesetzt, die sich aber wie du richtig schreibst wegen den Drohnen und Artillerie nicht lange halten konnten. Wie sich jetzt herausstellt, war der Hauptzweck dieser kleinen Vorstöße wohl das sammeln von Informationen über die russischen Verteidigungspläne.

Der Dnepr ist ein gewaltiger Strom und fast überall mehrere Hundert Meter breit. Es gibt südlich von Saporischschja keine Brücke mehr und durch die Sprengung des Damms bei Nowa Kachowka
wurden weite Teile überflutet. Das macht erstens das Übersetzen von Truppen sehr schwierig und die Versorgung dieser Truppen noch schwieriger.
Aus diesen Gründen hat Russland hier deutlich schwächere Verteidigungsanlagen errichtet und eher Einheiten von minderer Qualität stationiert. Zum Vergleich die Verteidigungsanlagen um Tokmak und am Dnepr:



Quelle

Wie man sieht, gibt es hier kein zusammenhängendes System sondern bestenfalls ‚befestigte Plätze‘. Man hat sich hier also auf den Dnepr und die Überlegenheit der eigenen Drohnen, Artillerie und Luftwaffe verlassen.

Aus dem verschiedensten berichten lässt sich jetzt folgende Bild zusammenfügen:

Drohnen: Die Ukraine hat zum ersten Mal großflächig massiv EW (electronic warfare) eingesetzt und sogar Störsender auf dem Dnepr selbst installiert. Also Folge sind die russischen Drohnen nicht in der Lage, ihr Ziel zu erreichen bzw. Aufklärung zu betreiben.

Artillerie: Die Ukraine scheint einen großen Teil ihrer modernen Artillerie und Artillerieaufklärungsradars an diesem Frontabschnitt konzentriert zu haben. Der russischen Artillerie fehlt nicht nur die Aufklärung durch Drohnen sondern wird auch sofort bekämpft, sobald sie eingesetzt wird. Umgekehrt kann die ukrainische Artillerie dank höhere Reichweite und ohen Furcht vor Drohnen relativ ungestört wirken.

Luftwaffe: Ohne die Bedrohung durch Artillerie und Drohnen kann die ukrainische Flugabwehr sehr nah hinter der Front (manche Berichte behaupten nur 2-3 km) agieren. Das macht einen Einsatz der russischen Luftwaffe gefährlich, da die Flugzeuge relativ hoch aufsteigen müssen, bevor sie ihre Bomben ausklinken können.

Die Ukraine scheint also in der Lage zu sein, in einem begrenzten Raum die Vorteile der russischen Seite zu negieren oder zumindest erheblich einschränken zu können. Dieses Vorgängen entspricht übrigens nicht der NATO Doktrin und da westliche Panzerfahrzeuge nur bedingt amphibisch sind, wird hier wohl hauptsächlich russisch/sowjetisches Material eingesetzt. Zumindest so lange, bis man eine Pontonbrücke errichten kann.

Passend dazu kam es gestern zu einem kuriosen Vorfall:

Gleich zwei staatliche russische Nachrichtenagenturen haben kurzzeitig über einen angeblichen Rückzug der eigenen Armee im südukrainischen Gebiet Cherson berichtet - die Meldung allerdings wenig später wieder zurückgezogen.

„Die Leitung der Gruppierung ‚Dnepr‘ hat eine Umgruppierung der Streitkräfte auf günstigere Positionen im Osten des (Flusses) Dnipro beschlossen“, hieß es etwa bei der Staatsagentur Tass am Montagvormittag. Die Agentur Ria Nowosti verbreitete einen ähnlichen Text. Einige Minuten später verkündeten beide, die Meldungen seien „annulliert“ worden.

Mit „günstigere Positionen“ kann hier eigentlich nur einerseits die Krim und andererseits Melitopol gemeint sein. Die russische Führung dementierte sofort den Inhalt:

Das Portal RBK zitierte wenig später zudem das russische Verteidigungsministerium mit den Worten, es handele sich um das „Versenden einer Falschnachricht“ und um eine „Provokation“. Was genau hinter dem Vorfall steckte, war zunächst unklar.

Die Meldung zweier staatlicher Agenturen als „Provokation“ zu bezeichnen, ist schon eine beachtliche Leistung. Der Begriff „Umgruppierung“ wurde übrigens in der Vergangenheit schon bei den Rückzügen aus Kherson und Kharkiv verwendet.

Jetzt kann man diese Geschichte natürlich unterschiedlich interpretieren. Unter anderem halt auch so, dass dies ein ‚Trick‘ der russischen Führung ist, um die Ukraine in falscher Sicherheit zu wiegen. Klar dürfte aber sein, dass die russischen Soldaten an der Front davon erfahren und sich dann fragen werden, wofür sie hier ihr Leben riskieren, wenn unter Umständen ein Rückzug eh schon beschlossene Sache ist.

Das Problem für Russland ist nun, dass es eine dritte ‚heiße‘ Front neben Tokmak (ukrainische Gegenoffensive) und Awdijiwka (russische Offensive) gibt und zumindest im Osten schon die Schlammperiode eingesetzt hat. Solle sich Russland wirklich auf die Krim zurückziehen müssen, wäre das ein weiterer schwerer Schlag.

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Auch hier hat sich was getan:

Jordanien besitzt 60 Gepard Flakpanzer aus niederländischen Beständen. Dort heißt er allerdings Cheetah (CA3) und besitzt eine andere Radaranlage als der 1A2, von dem die Ukraine bisher ca. 50 Stück erhalten hat. Die niederländische Radaranlage ist etwas leistungsfähiger als die deutsche. Neben den 60 Fahrzeugen kaufte Jordanien 2013 auch 350.000 Schuss und es ist unwahrscheinlich, dass viel davon in Übungen und Manövern verschossen wurde. Es ist also anzunehmen, dass ein Großteil davon ebenfalls an die Ukraine geliefert wird.

Die ersten 30 Fahrzeuge sollen noch dieses Jahr geliefert werden, die restlichen 30 bis Mitte 2024.

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Der erste bestätigte Verlust eines Leopard 1A5:

Grund dürfte ein Minentreffer sein. Die geöffneten Luken lassen darauf schließen, dass die Besatzung vollständig ausbooten konnte. Gleichzeitig machen die offenen Luken den Panzer zu einem leichten Opfer für Drohnen. Wobei das bei 15 bis 20 mm Deckenpanzerung eh schon fast egal ist.

Wobei mir völlig unklar ist, was der da machte - so ganz allein auf offenem Feld. Um herauszufinden, wo Minen liegen, gibt es andere Methoden und da niemand anderes in der Nähe gewesen zu sein scheint, gabs auch keinen Grund, feindliches Feuer auf sich zu ziehen.

Es gibt ein Video dazu. Darauf sieht man, wie der Leopard zunächst vorrückt und das Feuer auf etwas eröffnet. Dann setzt er zurück und wird ausgeschaltet. Schwer zu sagen, wie die Umstände waren, aber es scheint, als wurde er taktisch falsch eingesetzt. Kann natürlich gute Gründe geben, warum das vielleicht trotzdem die beste Option war. Wichtig ist, dass die Besatzung überlebt hat.

Ich hab mir jetzt das Video nochmals angeschaut und bin jetzt eher der Meinung, dass es sich um einen Ausfall wegen technischem Gebrechen handelt. Das Video ist von einer russischen Quelle und stark geschnitten/editiert. Es gibt zwei Fotos von dem Panzer, die aktuell kursieren:

Das dürfte entstanden sein, nachdem der Panzer verlassen wurde. Man sieht hier weder eine Beschädigung noch Anzeichen einer externen Explosion.

Das ist das zweite Foto und hier sieht man jetzt einen Krater von einem Artilleriegeschoss. Auf dem Video sieht man auch, wie russische Artillerie den Panzer beschießt und dabei nicht mal in die Nähe kommt.

Also eher kein Ausfall wegen Feindwirkung sondern einfach Pech.

Abseits der Schlachtfelder schaut es düster für die Ukraine aus:

Der Westen scheint sich selbst nach fast zwei Jahren Krieg nicht zu einer klaren Haltung entschließen zu können. Das scheint man auch im Rest der Welt zu bemerken:

Ein großer Nachbar beansprucht mit dürftigen historischen Argumenten einen Teil seines kleinen Nachbars. Ein fragwürdiges Referendum soll die Grundlage dazu bieten und dem IGH lässt man direkt schon mal ausrichten, dass man auf ihn pfeift. Da scheint jemand das Drehbuch gelesen zu haben.

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Angeblich konnte der Panzer geborgen werden:
https://twitter.com/deaidua/status/1732006386643464299

Generell ein interessantes Video und in den letzten 30 Minuten geht es um den besagten Panzer. Ist natürlich mit Vorsicht zu genießen, allerdings fehlt mir von russischer Seite ein Video/Foto mit dem zerstörten Panzer.

Der US-Präsident hatte den Kongress im Oktober um ein Finanzpaket von 106 Milliarden Dollar gebeten. Es enthält unter anderem 61,4 Milliarden Dollar für die Ukraine, 14,3 Milliarden Dollar für Israel im Krieg gegen die Hamas, Hilfen für weitere Verbündete wie Taiwan und Mittel zum Schutz der Grenze zu Mexiko.

Bei den Republikanern gibt es zwar Unterstützung für neue Israelhilfen, aber Widerstände gegen neue Mittel für die Ukraine. Im Senat benötigen Gesetze bei prozeduralen Vorabstimmungen eine Mehrheit von 60 der 100 Senatoren. Die Republikaner stellen derzeit 49 Senatoren und können Gesetzesprojekte mit ihrer Sperrminorität blockieren.

Die republikanischen Senatoren stimmten gegen das Paket, da sie im Gegenzug Zugeständnisse im Zusammenhang mit dem Grenzschutz und Asylverschärfungen haben wollten. Umso überraschen nun hochrangige Republikaner im Repräsentantenhaus mit einem doch radikalen Entwurf für die zukünftige Ukraine-Hilfe:

Biden’s mantra of supporting Ukraine “for as long as it takes” is a losing strategy. Instead, House Republicans believe President Biden should present a credible plan for victory and arm Ukraine with the weapons it needs to win as soon as possible.

A path to victory for Ukraine will require (1) providing critical weapons to Ukraine at the speed of relevance, (2) tightening sanctions on the Putin regime, and (3) transferring frozen Russian sovereign assets to Ukraine. This will take congressional Republican pressure, which has been the key to unlocking every new needed weapon system to Ukraine since the start of the war. The bipartisan and bicameral bill, the REPO Act, will also require the Biden administration lead a coalition of allies to transfer up to $300 billion in frozen Russian sovereign assets to assist Ukraine.

This strategy will ensure Ukraine is able to make the needed advances on the battlefield to force Putin to the negotiating table. If Ukraine doesn’t negotiate from a position of strength, there can be no lasting peace.

Gefordert wird also, die Ukraine in einem Ausmaß zu unterstützen, dass sie in relativ kurzer Zeit größere Erfolge auf dem Schlachtfeld erringen kann. Dies und noch härtere Sanktionen sowie die Freigabe von russischen Vermögen in der Höhe von 300 Mrd. soll Russland an den Verhandlungstisch zwingen. Bei der aktuellen Blockade durch die Republikaner könnte das Bidens einzige Chance sein, die Ukraine weiter zu unterstützen.

Wirklich? Es waren doch grad die USA, die ein Gelingen der bisherigen Verhandlungen verhindert haben. (Siehe: https://michael-von-der-schulenburg.com/de/ukraines-gescheiterte-friedensverhandlungen/) Und an einem länger dauernden Krieg kann man doch auch sehr viel mehr verdienen.

Btw., wer soll die ganzen Waffen eigentlich bedienen?

Der arme Putin! So gerne würde er Frieden schließen, und es tut ihm so im Herzen weh, dass für ein paar hundert Meter Geländegewinn oft hunderte oder tausende russische Soldaten den ruhmreichen Heldentod sterben müssen.
Schlag ihn doch für den Friedensnobelpreis vor!

(Ok, das war jetzt nicht sachlich, aber obige Mythos wurde hier im Forum schon sehr ausführlich diskutiert)

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Schöne Putin Propaganda hast du da.

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Am 2. April wurden erste Details über das Massaker der russischen Armee an der Zivilbevölkerung in Butscha bekannt. Spätestens ab diesem Zeitpunkt war die Möglichkeit für ukrainische Zugeständnisse, wie sie Russland für Friedensverhandlungen forderte, nicht mehr gegeben. Was die USA wollten oder nicht, spielte da keine Rolle mehr.

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Hier mal ein Video, in dem die Vertragstreue bzw. die geplanten Vertragsbrüche Putins/Rußlands ausführlich behandelt werden.

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Wer hat das behauptet?

Da haben wir also den Beweis.
Ja nee, is klar.