S21 ist und bleibt ein Vermittlungsproblem.
Die Regierenden/Bahnvorstände meinen, die könnten das
Mega-Ding durchziehen, ohne die Bevölkerung vorher überzeugt
zu haben.
Die Bevölkerung kann man nicht überzeugen, zumindest
nicht von etwas, das vor ihrer Haustür passiert. Neuer
Flughafen oder der Ausbau eines bestehenden, eine U-Bahn oder
der Ausbau einer bestehenden, eine neue Autobahn, eine neue
Bahnlinie, ein Bahnhof, der Umbau eines Platzes, eine neue
Brücke usw. Von nichts kann man die Bevölkerung
überzeugen - zumindest, wenn man unter die Bevölkerung
die schreiende Minderheit versteht.
Jedes Projekt verändert etwas und beeinträchtigt in der Regel
auch die Rechte oder Rechtsgüter von mehreren Personen. Daher
ist die Bevölkerung immer dagegen. Der Erfolg der
Proteste ist nur davon abhängig, ob es den Rädelsführern
gelingt, für genügend Öffentlichkeit zu sorgen und genügend
Sympathisanten zu mobilisieren.
Stuttgart 21 war seit bald 20 Jahren in der Mache und ist seit
x Jahren beschlossene Sache. Auf einmal fällt es Schülern und
Rentnern ein, dagegen zu protestieren.
Von der ersten Idee bis zur Fertigstellung der Rheinquerung
der A44 hat es knapp 100 Jahre gedauert. Der blaugrüne
Breitmaulfrosch war einigen Leuten wichtiger, als die Atemluft
von tausenden und die Zeit von zigtausenden von Menschen. Nun
ist die Brücke seit rd. 8 Jahren in Betrieb und von einem
Massensterben wildlebender Tiere ist nichts überliefert.
Das gleiche wird bei Stuttgart 21 passieren: diejenigen, die
dagegen waren, werden den Bahnhof benutzen wie auch
diejenigen, die sich gegen den Ausbau eines Flughafens wehren,
weil sie im benachbarten Stadtteil wohnen. Letztgenannte
erholen sich dann von dem Lärm an ihrem Urlaubsziel, das sie
dank Ausbau in 5 Stunden erreicht haben und nicht in 10.
Hallo,
dem Rest deines postings stimme ih zu. Ich muß jedoch an dieser Stelle widersprechen:
Ich jedenfalls kann das Genörgel nicht mehr ernstnehmen.
Ich halte es nämlich für höchst bedenklich, dass sich hier die Problematik völlig von der Sachfrage gelöst zu haben scheint.
Der Protest gegen S21 nimmt nach meinem Dafürhalten eine Eigendynamik an und läuft Gefahr, sich als Symbol für eine Bewegungsidentität zu entwickeln (Tourraine, Melucci et.al). Und zwar eine solche, die eben die Prinzipien der politischen Grundordnung, wie sie durch GG festgeschrieben sind, als wenigstens fraglich gestellt ansieht.
Es geht in der Sache hier nämlich schon lange nicht mehr beispielswiese nur um Geld. Wäre dem so, so müßten sich ja auch lautstarke Proteste gegen das europäische Galileo-Projekt richten, welches - wie jüngst berichtet - ebenfalls doppelt so teuer wird, wie geplant. Davon hört an aber nichts.
Es geht hier schlicht um die Problematik, wie eine parlamentarische Demokratie funktionieren kann, es geht um die Frage, ob die schreiende Minderheit eine demokratische Mehrheit dominiert - ja es geht sogar um staatsrechtliche Grundfragen, denn wenn argumentiert wird, dass Deutsche Bahn, der Bahnhof und der Park „dem Volk gehört“, so offenbart dies ein eher sozialistisch angehauchtes Verständnis.
All dies bereitet mir Sorge, weshalb ich die Sache durchaus ernst nehme.
MFG Cleaner