Hallo,
Wenn sich der brave Steuerzahler aufführt wie ein Randalierer
in Kreuzberg, dann wird er auch so behandelt. Zwischen
Polizeiauto besetzen und beklettern einerseits und anzünden
auf der anderen Seite besteht nur ein geringer qualitativer
Unterschied.Wenn man versucht, einem Großteil der Bevölkerung die
Zugehörigkeit zu selbiger abzusprechen und sie auf
Krawallmacher reduziert ist das auch nicht gerade zielführend.
Die Problematik ist m.E. hier vor allem auch im Selbstverständnis und der Eigenwahrnehmung der demonstrierenden Bevölkerungsteile und vor allem in der daraus abgeleitetenten, jedoch nur gewähnten, Rechtsposition zu sehen.
Der S21-gegnerische Mittelschichtbürger sieht sieht sich selbst offensichtlich als „citoyen“ und glaubt - vor allem, da er nun zum ersten Mal auf die Straße geht - „anders“ zu sein, als all die Demonstranten, die man sonst so in den Nachrichten sieht. Man selbst ist ja kein Chaot, Schwarzblockler oder was auch immer. Man fühlt sich nicht einmal als „Demonstrant“ sondern als „Meinungsäußerer“. Und gerade deshalb ist der subjektive Eindruck auch sehr ausgeprägt, dass man anders zu behandeln sein müsse, als diejenigen, mit denen man ja sonst nichts gemein hat. Und man realisiert offensichtlich nicht, dass man zu Mitteln und Taktiken greift, die sich gar nicht so sehr von denen unterscheiden, die man selbst kritisiert, wenn man zu Hause die „Tagesschau“ sieht.
Man hat keine "Übung und so seltsam es klingen mag - tatsächliche, wirklich geübte „Berufsdemonstranten“ wissen idR hingegen sehr wohl, welche „Do’s and dont’s“ es trotz aller Eskalation doch gibt. So gibt es mitunter zwar wüste Straßenschlachten, aber eben keine „Besetzung“ des „gegnerischen“ Lagers. Und man realisiert als „citoyen“ nicht, dass es keinen Unterschied macht, ob man einen Stein oder eine Kastanie wirft, weil man nicht nachvollziehen kann, dass der Polizist das im Moment des Geschehens nicht unterscheiden kann - es macht nur „Plock“ auf dem Helm und er fühlt sich zu recht attackiert.
Es scheint darüber hinaus aber tatsächlich auch die mangelnde „Übung“ zu sein, die im vorliegenden Fall die Perzeption der Geschehnisse so gravierend erscheinen läßt. Viele der „Neudemonstranten“ habe eine derartige Situation - in die sie sich freiwillig begeben haben - noch nicht erlebt, kennen die Gefahren nicht und gerade das verschärft das Erlebnis.
Beispiel: In Kursen zur Frauen-SV oder für Kampfsportanfänger gibt es Übungsmethoden, mittels derer man sich gestuft an die Erfahrung z.B. einer Schlagwirkung gewöhnen kann. Die Schläge haben idR minimalste Intensität, gleichwohl sind manche Teilnehmer anschließend regelrecht schockiert.
MFG Cleaner