Hallo,
es war in der Vergangenheit in diesem Land und ist bis heute überall auf der Welt jeden Tag zu beobachten, daß Menschen angesichts scheußlicher Taten Einzelner bereit sind, ihre sonst ach so hoch gehaltenen Werte über Bord zu werfen und sich dabei auf genau das Niveau der verurteilten Tat zu begeben. Um nur diesem einen einzigen Täter zu zeigen, was man von ihm hält, wird tausendfaches Unrecht produziert, wird das Recht auf Leben abgeschafft, wird dem Mißbrauch Tür und Tor geöffnet, werden schwache, korrupte, irrende Leute - eben Menschen - zu Richtern über Leben und Tod.
Ganz nebenbei kann man in ausnahmslos allen Staaten, die Volkes Rachegelüsten mit der endgültigen Lösung folgen, beobachten, daß sich die Staatsmacht den Entfall der Schwelle des Grundrechts auf Leben flugs zu Nutze macht: Auf Verrat steht der Tod. Ein wunderbares und universell einsetzbares Instrument.
Fleißige Kirchgänger versehen ihr Gebot „Du sollst nicht töten“ mit einem „Ja, aber…“.
Wer in der Erinnerung gräbt, kennt ähnliche Situationen. Es ist schon ein paar Jahrzehnte her, als sich Morde an Taxifahrern häuften. Damals wurden Trennscheiben in den Taxis eingeführt, um sie kurz darauf wieder abzuschaffen. Es war die Hochzeit der Diskussion um die Todesstrafe. Ähnliches gab es regelmäßig bei Verbrechen an Kindern. Rache, Blutrache, Auge um Auge…aber kein Verbrechen wird so verhindert. Dafür sollen weitere Morde im staatlichen Auftrag geschehen, damit das Bauchgrummeln besser beherrschbar wird. Wenn es einmal den Falschen trifft, sind das eben die Späne, die beim Hobeln fallen.
Ganz unabhängig von der klaren Aussage des Grundgesetzes „Die Todesstrafe ist abgeschafft“ und unabhängig von ethischen Werten: Gibt man Menschen Macht in die Hand, wird diese umgehend mißbraucht. Man kann mit dem Ruf nach der Todesstrafe kein einziges Verbrechen ungeschehen machen. Man kann, wie alle Erfahrungen zeigen, auf diese Weise nicht die Zahl der Verbrechen senken. Es werden aber neue Verbrechen initiiert. Das Umbringen eines Menschen, wenn es Staatsorgane gutheißen, ist dann zwar kein Verbrechen, wohl aber der augenblicklich und mit letzter Gewißheit stattfindende Mißbrauch.
Gruß
Wolfgang