Schadenfreude

Hi,

eher eine ethische, als eine philosophische Frage:

Gestern habe ich erfahren, dass ein Mensch aus meinem Umfeld „plötzlich und unerwartet“ verstorben ist. Dieser Mensch hat mich und meinen Hund warum auch immer gehasst. Mich verunglimpft, den Hund getreten und mehrfach angedroht, ihn zu töten. Mir war dieser Mensch egal, ich lasse mich von so viel Dummheit, wie ihm zueigen war, nicht sonderlich beeindrucken und er begegnete uns halt dann und wann, was nicht zu verhindern war.

Als ich von seinem Tod (mit Ende 50) erfuhr, stieg in mir ein unbändiges Gefühl von Schadenfreude auf. Und damit sitze ich jetzt da.
Mein Über-Ich sagt mir: Ich darf das nicht. Mein „Es“ wiehert (verhalten). Und mein „Ich“ stellt hier die Frage: Ist das ok?

Nein, ich will keine Absolution.

Gruß,

Anja

Ist das ok

nein

ich will keine Absolution

ist auch nicht OK.
Die Schadenfreude war spontan und im ersten Augenblick in Ordnung, aber statt das hier herauszuposaunen, könntest Du es verarbeiten und Dir sagen, dass über Tote nicht schlecht zu reden sei, dass der Tod eines Menschen auch seine fragwürdigen Taten meist bei weitem überwiegt und dass der Konflikt unter Lebenden lösbar wäre.

Gruss
Mike

Hallo,

da ich weder Phsychologe noch Theologe bin, kann ich deine Frage nicht fachlich beantworten, ABER

Mein Über-Ich sagt mir: Ich darf das nicht. Mein „Es“ wiehert
(verhalten). Und mein „Ich“ stellt hier die Frage: Ist das ok?

Ich meine, es ist menschlich… auch wenn es vielleicht nicht okay sein mag.

LG jasmin

Hi,

ich finde das normal.
Er hat dich bedroht und deinen Hund getreten - sollst du jetzt in Trauer verfallen?
Vielleicht ist auch nicht wirklich Schadenfreude sondern Erleichterung?
Ich denke es gibt Menschen bei denen wirklich niemand traurig ist dass sie tot sind - das liegt aber nicht an den Überlebenden sondern am Verstorbenen. Wer sein ganzes Leben daran „arbeitet“ dass er allen Menschen möglichst zuwieder ist kann halt am Grab keine Tränen erwarten.

viele Grüße
Susanne

Hallo Mike,

dass über Tote nicht schlecht zu reden sei

warum nicht?

Warum soll man über Schlechtes im Leben eines Menschen schweigen, nur weil sein Leben jetzt beendet ist?

Gruß

=^…^=

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Moin,

und Dir sagen, dass über Tote nicht schlecht zu
reden sei,

warum?
Ich habe das nie verstehen können warum das so sein soll.
Und auch Heinz Erhardt sah das so

_ Es scheint so
Es scheint so, daß auf dem Planeten,
den wir so gern mit Füßen treten
und ihn dadurch total verderben

  • daß also hier nur Gute sterben!

Denn: las man je im Inserat,
daß ein Verblichner Böses tat,
daß er voll Neid war und verdorben,
und daß er nun mit Recht gestorben?
Es kann hier keinen Zweifel geben:
die Schlechten bleiben alle leben!_

Immerhin wissen wir jetzt warum es immer schlimmer wird
(Was wohl am lautesten die jammern, die sich an Deinen Ratschlag halten)

Gandalf

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Weil man sich sonst in eine Welt verstrickt, die nicht mehr existiert.

Aber was, wenn es ihm jetzt besser geht???

:wink:
Andreas

Weil man sich sonst in eine Welt verstrickt, die nicht mehr
existiert.

Das würde also bedeuten, man soll über Tote gar nicht mehr reden?

Gruß
Kreszenz

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Es wird nirgends soviel gelogen wie am Grab.
Was ist daran gut?

Weil man sich sonst in eine Welt verstrickt, die nicht mehr
existiert.

Die Folgen des Handelns eines jetzt Verstorbenen können aber durchaus noch weiter existieren - denke nur an Kriegsverbrecher, Kinderschänder und ähnliche Personen. Durch ihren Tod werden ihre Taten doch nicht ungeschehen.

Ist vielleicht die Empfehlung, über Tote nichts Schlechtes zu sagen, nicht viel eher ein atavistisches Erbe aus Zeiten, als man die Wiederkehr der Verstorbenen fürchtete?

=^…^=

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Aber was, wenn es ihm jetzt besser geht???

geschenkt - wenn es Anja und ihrem Hund auch besser geht.

-)

Cassius

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Weil man sich sonst in eine Welt verstrickt, die nicht mehr
existiert.

Wie soll man dann aus Vergangenem lernen können?
Warum gibt es Geschichtsbücher?
Warum behält man Andenken an Verschwundene (auch an Verstorbene)?

Gruß
Elke

Ach Anja, du weißt doch:

Schadenfreude ist die reinste Freude.
Denn sie kommt von Herzen.

Entweder: es gibt nichts mehr nach dem Tod.
Dann ist es egal.
Oder: es gibt was nach dem Tod.
Dann hat er jetzt andere Probleme oder andere Freuden und ihm ist es erst recht egal.

Wenn du dich also damit okay fühlst - leb es aus!
Ich wäre nur etwas vorsichtig, wen ich im „richtigen Leben“ daran teilhaben lasse, weil Schadenfreude nun mal nicht als „netter Charakterzug“ gewertet wird (was ich aber für unehrlich halte).

Gruß
Elke

Moin,

Ist das ok?

ja!

Nein, ich will keine Absolution.

alles ist relativ!

Gandalf

Hallo,

Warum soll man über Schlechtes im Leben eines Menschen
schweigen, nur weil sein Leben jetzt beendet ist?

Weil er selbst zu den Vorwürfen keine Stellung mehr nehmen kann?

oder

Weil „das erlebte Schlechte“ nur ein winziger Aspekt aus einem gesamten Leben ist und das nun abgeschlossene „Gesamtwerk“ niemals auch nur annähernd skizieren kann?

Grüße
K.

Über-Ich entmachten
Hallo Anja,

Mein Über-Ich sagt mir: Ich darf das nicht. Mein „Es“ wiehert
(verhalten). Und mein „Ich“ stellt hier die Frage: Ist das ok?

Über-Ich entmachten – dich behaupten gegen dieses
„maligne Introjekt“, soweit deine Kräfte reichen…
Dies nicht nur in Bezug auf diesen spezifischen Fall.

Gruss
Nescio

Freu dich ruhig
Hallo Anja,

Schadenfreude ist sehr natürlich und jeder kennt sie. Ich finde nichts Schlimmes an ihr. Sich ihrer zu schämen oder sich gar schuldig zu fühlen, halte ich für freudeverneinenden Unsinn. Hat irgendwie so einen gruselig-christlichen Geschmack für mich.
Also: Genieß den Tod dieses Kotzbrockens. Mach eine Flasche Sekt auf und lade Freunde ein. Und deinem Hund gibst du einen großen Knochen zum Abnagen.

Tychi

Hallo,

Warum soll man über Schlechtes im Leben eines Menschen
schweigen, nur weil sein Leben jetzt beendet ist?

Weil „das erlebte Schlechte“ nur ein winziger Aspekt aus einem
gesamten Leben ist und das nun abgeschlossene „Gesamtwerk“
niemals auch nur annähernd skizieren kann?

… und für das „erlebte Gute“ gilt das nicht?

Gruß
Kreszenz

Nein, weil Erinnerung durchaus angebracht ist. Darin können dann auch schlechte Gedanken auftauchen, die aber nicht durch Schuldzuweisungen zu beheben sind.