Schadenfreude

Hi Anja,

Mein Über-Ich sagt mir: Ich darf das nicht. Mein „Es“ wiehert
(verhalten). Und mein „Ich“ stellt hier die Frage: Ist das ok?

Schadenfreude ist keine echte Freude, sondern Rache, Hass u. ä. Es ist ein negatives Gefühl, mit dem du nicht GANZHEITLICH umgehen kannst, siehe Freuds Konzept, von Es, Über-Ich und Ich. Du hast also ein gespaltenes Gefühl, anstatt ein klares Gefühl, mit dem du 100% AUTHENTISCH bist.

Die vernünftigste Art, mit diesem UNKLAREN Gefühl umzugehen, ist meines Erachtens die Methoden des legendären Hippie-Therapeuten Dr. Frederic („Fritz“) Perls, der nach Sigmund Freud ausgebildet war, sich aber von seinem „Übervater“ abwandte, um seine eigene „Gestalttherapie“ zu entwickeln.

Die Hauptmethode der Gestalttherapie besteht darin, ABGESPALTENE Selbstgefühle in ein größeres Ganzheitsgefühl zu INTEGRIEREN.

Eine weltweit berühmt gewordene Methode von Dr. „Fritz“ Perls war der so genannte „heiße Stuhl“, wo du den gehassten Mann imaginär in einen Stuhl dir gegenüber setzt. Du sagst diesem Mann alle Hassgefühle, die in dir sind, schreist ihn an, weinst, schlägst vielleicht nach ihm und sagst ihm alles ins Gesicht, was du zu Lebzeiten nie gewagt hättest, ihm direkt zu sagen. Lass dir Zeit und reflektiere immer wieder deine Gefühle.

Dann wechsle den Stuhl, tue jetzt so, als seist du dieser gehasste Mann, der zu dir auf den gegenüberliegenden Stuhl spricht. Was würdest du als dieser Mann zu dir sagen, welche Argumente brächtest du gegen deine GEFÜHLE vor? Dann kannst du den Stuhl wieder wechseln und für dich selber sprechen, um dich zu verteidigen, gegen die VORWÜRFE dieses Mannes. Diese METHODE des „heißen Stuhls“ kannst du solange machen, bist du ENDLICH immer klarer wirst. Wenn du das eine Zeit-lang machst, wirst du merken, wie alle deine negativen Gefühle gegen diesen Mann abgebaut werden und du immer friedlicher, freier und GLÜCKLICHER wirst.

Die INTEGRATION der abgespaltenen negativen Gefühle kann man auch mit einer MEDITATION machen, die man über den eigenen Körper vornimmt. Der Effekt ist letztlich derselbe, nämlich, dass sich negative Gefühle automatisch in positive Gefühle modifizieren, zum WACHSTUM für sich selbst.

Gruß
C.

Hi Kreszenz,

Um zum Ausgang zurückzukommen: Die Posterin schildert ihre
Gefühle beim Tod eines Menschen, der sie (nicht
umgekehrt) gehasst, verunglimpft, bedroht hat.
Eine generelle Diffamierung des Verstorbenen oder den Versuch,
sein Andenken bei anderen, die ihn kannten, zu schmälern, lese
ich da nicht heraus.

Das hast Du richtig erkannt.

Ein Bild, das dem Wesen des Betreffenden annähernd gerecht
werden kann, ergibt sich m. E. aus der Summe der Erfahrungen
aller, die ihn kannten, und nicht daraus, dass, egal, was er
getan hat, von einem hypothetischen „Grund-Gutsein“
ausgegangen wird.

Ich habe schon drei Mal in meinem Leben Grabreden gehalten - alle für Freunde, Menschen, die mir sehr nahe waren. Bei allen habe ich auch durchaus „schwierige“ bzw. „wunde“ Punkte nicht übergangen. Eine Freundin z.B. neigte manchmal zu unkontrollierten Wutausbrüchen. Da habe ich dann gesagt: „Sie hat aber auch ein Köfferchen gehöriger Wut mit sich getragen…“ Alle Anwesenden incl. ihrer Mutter haben mir hinterher ihre Dankbarkeit darüber ausgedrückt, wie stimmig ich diesen Menschen beschrieben habe, der da zu Grabe getragen wurde.

WE-Gruß,
Anja

Hi Mike,

Meine Kritik an der Fragestellerin ist somit keine
persönliche, sondern eine allfällige (falls sie verharrt und,
wie ich schrieb, „herausposaunt“ - was sie ja mit der blossen
Frage strenggenommen noch nicht getan hat).

Das habe ich auch nicht in meinem Umfeld getan. Ich war ja selbst etwas erschrocken über dieses Gefühl der „Schadenfreude“, das ich bisher so nicht kannte. Es ist übrigens zwischenzeitlich vergangen :wink:

Gruß,

Anja

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Hallo Mike,

wir sind (in diesem Fall :smile: ) gar nicht so weit auseinander.

Natürlich kommt man an einer persönlichen Bewertung nicht vorbei, die u.U. auch von Anderen als ungerecht angesehen werden könnte. Das ist ein ganz normales Risiko, dem man mit neutralen Formulierungen und Kombinationen (sowohl als auch) einigermaßen begegnen kann.
Nur das bewußte Weglassen der anderen Seite der Medaille im Gedenken an einen Verstorbenen ist in meinen Augen Lüge.

Gruß
Cassius

Hi Cassius,

Nur das bewußte Weglassen der anderen Seite der Medaille im
Gedenken an einen Verstorbenen ist in meinen Augen Lüge.

Du kannst es auch emotionale DUMMHEIT nennen, in dem Sinne, wie Nietzsche seinem „Meister“ Schopenhauer seine „unintelligente Wut“ gegen Hegel vorwarf.

Gruß
C.

habe ich auch durchaus „schwierige“ bzw. „wunde“ Punkte nicht
übergangen. Eine Freundin z.B. neigte manchmal zu unkontrollierten
Wutausbrüchen. Da habe ich dann gesagt: „Sie hat aber auch ein
Köfferchen gehöriger Wut mit sich getragen…“

Dann hast Du noch nicht etwas Schlechtes über die Tote gesagt.

Hallo Cassius

das bewusste Weglassen

ist ja nicht die einzige Alternative dazu, dass man etwas als Schlechtes darstellt.

Ich kann die andere Seite der Medaille auch erwähnen, ohne sie als solche zu akzentuieren, d. h. ohne zu werten. Oder wenn ich doch werten will (Spezialfall der „in sich schlechten Tat“), kann ich etwas doch immerhin in ein gutes Licht rücken.

Gruss
Mike

Gutenabend,

wieso sollte man sich nicht freuen dürfen wenn etwas unangenehmes weggeht?

Gruss: Ge-es

Hallo Ge-es,

natürlich kann man sich freuen, wenn etwas Unangenehmes weggeht, und man sollte diese Freude nicht deswegen kultivieren, weil es einem andern schlecht geht (oder gegangen ist), vor allem dann, wenn das Leben des andern ganz zu Ende ging. Das Wegfallen von Angst oder Hassgefühlen muss ja nicht heissen, dass der Verursacher als solcher Schlechtes getan hat, sondern heisst zunächst, dass man es so erlebt hat und jetzt in gewisser Weise erleichtert ist - das ist ja genug.

Gruss
Mike

Hallo Ge-es,

Gutenabend Mike,

natürlich kann man sich freuen, wenn etwas Unangenehmes
weggeht,

Ja, das finde ich.

und man sollte diese Freude nicht deswegen kultivieren,

Dass diese Freude kultiviert wird/wurde habe ich nicht mitgekriegt.

weil es einem andern schlecht geht (oder gegangen
ist), vor allem dann, wenn das Leben des andern ganz zu Ende
ging.

Leider sehe ich nicht weswegen ein ekelhafter Mensch Sympathien kriegen sollte nur weil er tot ist. Wohl lese ich, dass eine Posterin schreibt, dass ein Jeder seine gute Seiten hat. Was gewiss stimmt. Aber was nützt es Anja, wenn die gute Seiten nicht ihr und ihren Hund zugute kommen? es gibt gewiss auch Mörder die ihre gute Seiten haben, dennoch müssen sie zahlen weil sie die schlechte Seiten gelebt haben.

Das Wegfallen von Angst oder Hassgefühlen muss ja nicht
heissen, dass der Verursacher als solcher Schlechtes getan
hat,

Dieser hat eindeutig schlechtes getan.

sondern heisst zunächst, dass man es so erlebt hat
und man reagiert auf das erlebte Gefühl.

und jetzt in gewisser Weise erleichtert ist - das ist ja genug.

Gruss
Mike

Hallo Ge-es,

ein ekelhafter Mensch

ist immer nur aus einer Perspektive ein ekelhafter Mensch. Ein endgültiges negatives Urteil können wir über niemanden abgeben, das übersteigt unsere Möglichkeiten.

müssen sie zahlen

das heisst aber nicht, dass sie damit umfassend seelisch beurteilt werden, sondern höchstens leiblich (was manchmal auch fragwürdig sein kann, z. B. die Todesstrafe würde ich auch fragwürdig finden)

Dieser hat eindeutig

Anscheinend ja, aber wir wissen nicht und können auch nicht herausfinden, was er dabei dachte. Schon deswegen können wir nicht einmal über dieses eine Verhalten des Mannes urteilen.

Gruss,
Mike

Hallo Ge-es,

Gruezi Mike,

ein ekelhafter Mensch

ist immer nur aus einer Perspektive ein ekelhafter Mensch.

Natürlich hast du recht, dass ein Urteil immer subjectiv ist. Und deine Lebenseinstelling zeugt von Toleranz und Verständniss. Etwas was ich von mir nicht sagen kann. Wenn mich Jemand schlecht tut, so brauche ich eine primitive Rache- Aktion um mein Ausgleich wieder zu finden. Und dies ist immer gegen den Verursacher gerichtet. Und hilft immer wieder. Ausgenommen von meine Rache Aktionen sind Leute die mir nicht wichtig genug sind, oder wenn ich eingestehen muss, dass ich „es“ selber provoziert habe.

Ein endgültiges negatives Urteil können wir über niemanden
abgeben, das übersteigt unsere Möglichkeiten.

müssen sie zahlen

das heisst aber nicht, dass sie damit umfassend seelisch
beurteilt werden, sondern höchstens leiblich (was manchmal
auch fragwürdig sein kann, z. B. die Todesstrafe würde ich
auch fragwürdig finden)

Dennoch ist es für das Opfer und dessen Angehörigen eine Freude, wenn diese Bedrohung nicht mehr ist.

Dieser hat eindeutig

Anscheinend ja, aber wir wissen nicht und können auch nicht
herausfinden, was er dabei dachte.

Ich denke, dass es Figuren gibt die einfach Freude daran haben andere Wesen leid zuzufügen. Und mag es auch was für eine Ursache sein: es ist einfach schön, dass dies dann afhört. Da kommt dann Freude auf.

Schon deswegen können wir
nicht einmal über dieses eine Verhalten des Mannes urteilen.

Leute die es mit eine verhaltens gestörte Persönlichkeit zu tun kriegen, sind nicht unbedingt gesünder oder stärker als diese. Auch die Opfer dieser Persönlichkeit haben ihren Rucksack zu tragen. Und da reicht es dann nicht mehr um ewig Verständniss für „die Anderen“ aufzubringen. Ergo kannst du auch nicht verlangen, dass sie so weitreichende Toleranz haben.

Gruss,
Mike

Gruss: Ge-es

Hi!

Mein Über-Ich sagt mir: Ich darf das nicht. Mein „Es“ wiehert
(verhalten). Und mein „Ich“ stellt hier die Frage: Ist das ok?

Eine Bekannte gebraucht triumphierend die Formel: „Der liebe Gott weiß schon, was er tut.“
Gruß!
H.

Benennen von schlechtem Verhalten
Hallo Ge-es,

Ich denke, dass es Figuren gibt

ja, das stimmt sicher. Solange diese Figuren am Leben sind und anderen gerne schaden, kann man sie auch darauf hinweisen und versuchen, davon abzubringen. Man sollte zwar schon deswegen vorsichtig sein, weil man sie leicht missversteht, aber wenn sie sich verteidigen dürfen, finde ich durchaus, dass man sie strafen kann.

Freude

das kann dann aber auch Befreiung sein und braucht nicht Ergötzung am Schaden.

Toleranz

ist nur insofern gefordert, als dass das Opfer nicht sadistisch (und selber krank) sein soll!

Gruss,
Mike

Hallo,

Warum soll man über Schlechtes im Leben eines Menschen
schweigen, nur weil sein Leben jetzt beendet ist?

Weil „das erlebte Schlechte“ nur ein winziger Aspekt aus einem
gesamten Leben ist und das nun abgeschlossene „Gesamtwerk“
niemals auch nur annähernd skizieren kann?

… und für das „erlebte Gute“ gilt das nicht?

Doch. Aber das war nicht die Frage … :o)

Grüße
K.

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