Schaltschrankelektronik gegen moderne Alternative austauschen bei Spritzgießmaschine von 1980

Hallo!

Wir haben eine günstige Spritzgießmaschine Arburg 270-210-500 gekauft, Baujahr 1980. Ich habe die Bedienungsanleitung und einen Einführungskurs mehrfach gelesen und verstanden, habe in Spritzgießbetrieben laufende Maschinen gesehen und denke, ich könnte sie bedienen. Spritzgießwerkzeuge haben wir. Der Motor dreht, richtige Drehrichtung, baut aber erst Druck auf, wenn man zwei an der Pumpe angebrachte Proportionalventile falsch anklemmt. Klemmt man sie richtig an, kein Druck. Man sagte uns, das läge an der Elektronik. Von Mechanik, Hydraulik und Elektrik verstehe ich was, aber von Elektronik? Ich weiß, wie die Hydraulikzylinder wirken, die Schnecke arbeitet, der Zyklus abläuft, und die Parameter eingestellt werden und könnte mir helfen lassen. Ich weiß auch, wozu Magnetventile, Proportionalventile usw. da sind, und was ein Schütz ist, und wie es funktioniert. Der Schaltschrank hat einige davon. Und eine Steuerung aus Steckkarten voller Mikrochips, und mitten drin eine 8080 CPU. Heute hat jeder Aldi-Laptop mehr Rechenleistung. Der Zyklus der Maschine ist einfach. Einige wenige Einstellungen an Zeiten, Drücken und Geschwindigkeiten. Dazu müssen einige Magnetventile usw. angesteuert werden, über Schütze und Relais im Schaltschrank oder, wenn möglich, ohne. Gibt es eine Schnittstelle, mit der man so was betreiben kann, mit oder ohne Laptop? Ich kümmere mich um Maschine, Werkzeuge, Kunststoffteile, Verkauf. Die Programmierung überlasse ich gerne einem Hobbyprogrammierer. Ein einfaches Programm aus wenigen Codezeilen genügt, denke ich. Gibt es hier einen? Oder gibt es so was fertig? Ich habe keine Lust, viele hundert Euro in den großen, alten Schaltschrank-Computer mit nahezu null Rechenleistung zu stecken.

Danke.

Grüße

Andreas

Hallo Andreas,

Auweia!

Selbst wenn die Maschine reibungslos funktioniert, wirst du noch viel Zeit benötigen, bis du anständige Serienteile damit herstellen kannst. Das ist nicht so ganz einfach.

Welche Unterlagen (Schemata) zu der Steuerung hast du überhaupt?
Und wie weit reichen die ins Detail? E kann sein dass die Elektronik nur als Blackbox eingezeichnet ist.

Mit einem 8080 muss die Steuerung schon über 30 Jahre alt sein, Nun altert die Elektronik aber auch, an erster Stelle stehen die Elkos, welche den Geist aufgeben.

Zudem war da nichts an Software genormt, Bei solchen Industriegeräten war alles handgestrickt. um da etwas mit ein paar Zeilen Code zu verändern, braucht man erst einmal den Source-Code. Das nächste Problem ist dann einen passenden Assembler oder Compiler zu finden der das überhaupt übersetzen kann. Vermutlich muss man den Code aber erst einmal auf einen erhältlichen Übersetzer anpassen müssen.

Die Betriebsprogramme dürften in EPROMs abgelegt sein, Damals wurde ein Datenerhaltung von 10 Jahren angegeben, konnte natürlich damals keiner wirklich überprüfen. Was aus dieser Zeit bekannt ist, dass man EPROMs etwa 100x löschen und neu programmieren konnte. Auch bekannt ist, dass dabei die Datenerhaltungszeit immer schlechter wurde.
Es ist also gut möglich, dass nach 30 Jahren einige Bits umgefallen sind, aber da weiss jetzt keiner welche. So ein einzelnes Bit kann aber bewirken, dass ein Ausgang genau verkehrt herum angesteuert wird.
Und auch die ICs leben nicht wirklich ewig.

Möglicherweise ist das Einfachste, die alte Steuerung rauszureissen und mit einem Arduino oder RaspberryPi zu ersetzen. Allerdings entspricht dies dann in etwa dem Aufwand einer Neuentwicklung der Steuerung. Da ist dann nicht nur Programmier-Wissen erforderlich, sondern auch Knoff Hoff bezüglich des Spritzgiessens.

MfG Peter(TOO)

Ist das die mit diesem Hydronica-Steuerungsteil?
Einer meiner Kunden mustert diese nach und nach aus, wegen Problemen mit der Steuerung. Die hat einige handgestrickte Platinen und an die Steuerkarten wagt sich keiner außer Arburg ran. Ich meine, die haben einen Festpreis für den Austausch einer unverbastelten Hydronica gegen eine reparierte.

Sicherlich kann man der Maschine eine SPS einpflanzen, aber das übersteigt den Wert der Maschine.

Und NÖ, die ausgemusterten sind unverkäuflich, die dienen als Ersatzteilspender.

Hallo!

Falls Dein Ziel wirtschaftlich sinnvolle und hinsichtlich Qualität akzeptable Fertigung sein sollte, versuche nicht, die vorhandene Steuerung durch Selbstgestricktes zu ersetzen. Es liefe auf die komplette Neuentwicklung der Steuerung einer Spritzgussmaschine hinaus. Falls mich meine Erinnerung nicht täuscht, geht es Dir aber um die Herstellung von Matratzenteilen. Dafür wäre es wenig zielführend, wenn Du zunächst das eine oder andere Jahrzehnt Know-How in der Entwicklung von Spritzgussmaschinen nachholen wolltest. Du bist gerade auf einem (mir nur zu gut bekannten) Trip, der Dich vom ursprünglichen Ziel wegführt.

Du willst vermarkten, musst dafür zunächst fertigen. Dann veranlasse genau das, aber beschäftige Dich nicht mit irgendwelchen Maschinen. Das macht man nur, wenn es dafür keine Dienstleister gibt. Spritzgießer gibt es aber bundesweit überall. Mit den Matratzenteilen und offenkundig noch ohne gesicherten Marktzugang kannst Du keine Spritzgießerei betreiben. Technisch würdest Du alsbald an der Kühlung scheitern. Du kannst den Wasserhahn aufdrehen, aber ohne Kühlung des Wassers und seiner Wiederverwendung bist Du schnell arm. Bis Du die Steuerung über etliche Irrwege per Arduino, einiger Sensorik und ein paar Schützen entwickelt hast, bist Du ein alter Mann. Lass die Finger davon!

Dein Marktsegment beinhaltet Risiken. Im Grunde weißt Du nicht einmal, ob der Marktzugang überhaupt gelingt und falls er gelingt, in welcher Größenordnung dabei zu denken ist. Diese Marktrisiken sind auch Risiken für jedes Investment in die Fertigung. Man muss mit dem Klammerbeutel gepudert sein, sich mit diesem Risiko zu behängen. Das Risiko lagert man tunlichst aus, indem man die Spritzgießerei durch Lohnfertiger machen lässt.

Du wirfst Geld und Zeit vor die Säue, wenn Du Dich mit der Entwicklung einer Maschinensteuerung aufhältst. Es ist Unfug, etwas zu entwickeln, was es an jeder Ecke gibt und nur auf Aufträge wartet.

Mir ist vollkommen klar, welche Situation Dich zu den aktuellen Aktivitäten treibt. Ich kann kaum noch überblicken, wie oft ich Ähnliches mit der zwangsläufig folgenden wirtschaftlichen Bauchlandung erlebte und beobachtete. Die Situation ist immer ähnlich; die Vorhaben sind unterfinanziert. Regelmäßig erfolgt die Flucht in technische Aktivitäten, obwohl alle Kraft in den Marktzugang gehen müsste. Du brauchst keine eigene Spritzgussmaschine, sondern jemanden, der die Teile fix und fertig auf den Hof stellt. Du musst Muster bauen können, Dich um den Vertrieb kümmern und zunächst erst einmal eine tragfähige Vertriebsidee entwickeln.

Die Schaffung eigener Fertigungskapazitäten kann vernünftig sein. Aber dafür braucht man statt Wolkenkuckucksheimen belastbare Daten, sprich Absatzzahlen. Es gibt aber noch gar keinen Absatz. Also raus mit dem Risiko an Lohnfertiger. Das kannst Du glauben oder Du fällst unweigerlich auf den Bauch.

Natürlich liege ich völlig falsch. Daran bin ich gewöhnt. Und es war trotzdem immer richtig. Das Wissen fiel aber nicht vom Himmel, entstand durch eigene bittere Erfahrungen (weil ich früher alten Hasen auch nicht glauben wollte).

Gruß
Wolfgang .

Hallo Wolfgang,

[quote=„Wolfgang_Dreyer, post:4, topic:9393631“][…]
beschäftige Dich nicht mit irgendwelchen Maschinen. Das macht man nur, wenn es dafür keine Dienstleister gibt. Spritzgießer gibt es aber bundesweit überall.
[/quote]

Das war bei Lego so, dass die angefangen habe die Spritzgussmaschinen selber zu entwickeln. Aber das waren dazumal ganz andere Zeiten.

Bei Swatch war das Problem, dass es keine Maschinen gab, welche die erforderliche Präzision erreichten und niemand konnte das. Allerdings steckte da eine ganze Forschergruppe dahinter und es war einiges an Grundlagenforschung nötig um die Maschinen zu bauen.

Wie ich auch schon geschrieben habe, würde Andreas auch mit einer modernen fehlerfreien Maschine eine ganze Weile brauchen, bis da brauchbare Teile aus der Maschine kommen.

In so einem scheinbar einfachen Plastikteil steckt jede Menge Erfahrung!
Und selbst baugleiche Maschinen haben ein etwas unterschiedliches Verhalten, sodass meist jede etwas unterschiedlich parametrisiert werden muss, auch wenn man damit die selben Teile herstellt.
Die Streuung hat sich zwar in den letzten 20-30 Jahren sehr verbessert, ist immer noch vorhanden.

Meine Erfahrungen beschränken sich allerdings auf Extruder für Folienherstellung.
Die sind bei Spritzgussmaschinen nochmals etwas heikler, wegen dem Start/Stopp Betrieb. Im Stopp verbrennt der Kunststoff gerne und im Start hat man dann zu wenig Wärmeenergie. Also eine recht lustige Aufgabe, das Regelungstechnisch hin zu bekommen.

Allerdings bin ich nicht wirklich der Profi für Extruder Ich hatte nur einen sehr tiefen Einblick in die Materie und kenne von da her einen grossen Teil der Problematik.

Aber vor so einer Spritzgussmaschine würde ich auch erst einmal recht hilflos stehen und würde Wochen und Monate brauchen, bis da einigermassen brauchbare Teile aus der Maschine kommen.

MfG Peter(TOO)

Moin,

Wozu benötigt man bei einer solch einfachen Steuerung die Leistungen eines modernen PC? Willst du mit der Maschine surfen, BIlder und Videos bearbeiten oder muss der Bediener Mails an der Maschine abrufen? Wenn sie genau den Zweck erfüllt, für den sie vor langer Zeit gebaut wurde, ist das aus gewerblicher Sicht genau richtig.
Also: was soll solch ein Argument bezwecken?

Das klingt immer gut. Da nehm ich doch des Nachbarn Sohn, der kann das ein wenig und dann läuft alles? Falls du das gewerblich angehen möchtest, dann solltest du die Finger davon lassen, auch wenn es anfangs billiger erscheinen mag. Es muss günstiger sein und genau daran habe ich sehr große Zweifel.

Ja und? Das Ding soll Geld verdienen und nicht dir irgendwie gefallen oder deiner Vorstellung von Elektronik passen. Der Wurm muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler. So einfach ist die Welt des Gewerbes.

Das ist nur die rein technisch kaufmännische Seite, Wolfgang hat dazu noch einiges mehr geschrieben. Dazu noch eine Anmerkung: auch deine eigene Zeit ist Geld wert ab genau dem Moment, ab dem du gewerblich handelst. Der private Mensch vergisst nur allzu schnell, dass er seine Freizeit als freie Zeit verbringt und das nicht in Geld ausdrücken kann, du aber musst genau das so handhaben. Und den Überblick behalten. Ich hatte mal einen Kunden, der wollte von uns einen Nachbau einer alten Steuerung als Ersatzteil. Die gab es seit zig Jahren nicht mehr und es waren recht einfache Bauteile verbaut. Originale Platine einscannen, Gerber Daten erzeugen (ging in diesem Fall) und Teile kaufen. Das Einscannen und zu Gerber konvertieren war ihm um 10 oder 20 Euro zu teuer, dafür stand seine Maschine. Dann lassen wir sie stehen. Was das insgesamt gekostet hat, kann ich nur ahnen, aber es stand höchstwahrscheinlich in keinem Verhältnis zu den geringen Kosten eines solchen Nachbaus. Und in die Falle scheinst auch du zu tappen, wenn du dir eine Neuentwicklung wünschst. Glaubst du im Ernst, da geht reibungslos mit irgendeinem Hobbyprogrammierer? Der muss zuerst mal die Maschine begreifen, dann erfolgt die Adaptierung der Sensorik etc. an den Steuerrechner und dann kommt noch das Testen und Probieren hinzu.
Kurz zusammengefasst: du möchtest gerne einige Euros sparen, aber ob du an anderer Stelle horrende Mehrkosten durch deinen Sparwillen erzeugst, hast du überhaupt nicht im Blick.

Ulrich

Genau danach habe ich gesucht. Vielen Dank.

Grüße

Andreas

Und Arburg nimmt Geld dafür. Du hast mein Problem verstanden. Danke für die Antwort.

Grüße

Andreas

Stimmt. Du hast zwar keine Lösung, aber du hast immerhin das Problem erkannt.

Grüße

Andreas

Nein, du liegst NICHT falsch. Es kommt nicht oft vor, dass mir jemand einen Rat gibt, der mir nicht gefällt und bei dem ich trotzdem einsehe, dass er richtig ist. Respekt! Solche Antworten sind hier im Forum selten.

Grüße

Andreas

1 Like

Vielen Dank. Das ist vielleicht die Lösung, die ich suche. Wenn du mal im Internet nachsehen würdest, was eine SPS kostet, und für welche Preise diese Maschinen gehandelt werden, wüsstest du, dass es NICHT den Wert übersteigt.

Grüße

Andreas

Moin,

Ich habe eine Lösung, leider passt sie nicht zu deiner Erwartungshaltung.

Ulrich

1 Like

Was genau interessiert in diesem Zusammenhang denn die Rechenleistung? Die hat noch nie irgendein Problem verursacht, wenn sie völlig ausreichend war.

Du vergisst da die Hauptsache: Ohne Programm macht die SPS genau gar nichts!
Wenn die SPS ein Display hat, kannst du gerade mal Zeit und Datum ablesen.
Die Arbeit geht dann erst los, wenn man das Programm erstellt. Für eine SPS wirst du erst recht keinen in der Nachbarschaft finden, der dir das mal schnell programmiert.

Die Hardware da dran zu bauen ist das Eine, eine funktionierende Software dazu zu haben etwas ganz anderes.

MfG Peter(TOO)

1 Like

Hallo Ulrich,

Ich denke, dass auch künftige Generationen auf das geniale Bett von Andreas warten werden …

MfG Peter(TOO)

2 Like

Wenn Du mal anfangen würdest, die Kosten KOMPLETT zu kalkulieren, würdest Du merken, dass er mehr als Recht hat.
Programmierung einer SPS passiert von alleine und kostet nichts? Leistungstreiber sind alle dabei? Sensoren sind überflüssig?

1 Like

Moin,

Leider soll ein 2 Fronten Krieg geführt werden, das macht die Sache noch hässlicher. Wenn du ohne die Erfahrung vor der Maschine stehst, stehst du aber vor einer Maschine, die ihrerseits mit Erfahrung gebaut wurde und zumindest damals das tat, was man von ihr verlangte.
Nun soll noch die Steuerung neu gemacht werden, ohne Erfahrung aus dem Spritzguss und ohne Erfahrung der Steuer- und Regelungstechnik und ohne Erfahrunge der Prozesse… An welche Schraube soll man denn nun wo drehen,damit man den Prozess im Griff hat?
Tipps wie „man nehme einen raspberry und schwupps…“ sind sowas vom Problem weg. Der neue Programmierer muss zunächst mal verstehen, was da abgeht, dann den raspberry an die Ventile tec. adaptieren und die Software schreiben. Das alles ist grundsätzlich lösbar und auch kein Hexenwerk, aber eine Erwartungshaltung „ein paar Scheinchen und ein kleiner PC und fertig“ ist der Beginn der Katastrophe.

Ulrich

Hallo Ulrich,

Das habe ich auch schon irgendwo geschrieben.
Die Hardware, ob jetzt Arduino oder SPS, hat man in ein paar Wochen am laufen.

Aber dann beginnt die Arbeit erst, mit dem Erstellen der Software.

MfG Peter(TOO)

Moin,

Jep, ist mir zu spät aufgefallen.

Ja, kommt gut hin. Ein wenig weniger wird’s schon, denn eine marktübliche Doku wird wohl nicht erstellt.

Da die Maschine gewerblich eingesetzt werden soll, war da noch was mit Sicherheit. Denn Arburg 270-210-500 http://www.danzaplast.com/injection%20moulding%20machines/Arbrug%20270%20-%20210%20-%20500%20%20127495.htm hat schon eine ordentlich installierte Maschinenleistung. Sollte man auch bedenken.

Egal, die Hardware ist eine Baustelle zuviel. Die alte Steuerung reparieren wäre für mich das Mittel der Wahl. Wobei man sich für das Duplizieren des EPROMS eine funktionierend Vorlage besorgen sollte. Aber was rede ich da …

Ulrich

Hallo!

Wenn die Rechenleistung größer wäre, könnte man den schrankgroßen alten Computer nicht so einfach gegen ein Neugerät im Taschenformat ersetzen.

Grüße

Andreas