Jetzt mal generell:
Liebe Sprachexperten,
in den fünfzehn Jahren, in denen ich nun Ausländer mit der deutschen Sprache quäle, habe ich schon so oft die Erfahrung gemacht, dass die Regeln, die wir in der Schule lernen und gelernt haben, eine „reduzierte“ Fassung der deutschen Sprache darstellen, die der einfacheren Praxis wegen aufgestellt wurden.
Schon Mark Twain stellte fest, dass man als Deutschlernender immer wieder feststellen muss, dass eine Regel oft mehr Ausnahmefälle kennt, als Regelfälle.
Zitat: Es gibt ganz gewiß keine andere Sprache, die so unordentlich und systemlos daherkommt und dermaßen jedem Zugriff entschlüpft. Aufs hilfloseste wird man in ihr hin und her geschwemmt, und wenn man glaubt, man habe endlich eine Regel zu fassen bekommen, die im tosenden Aufruhr der zehn Wortarten festen Boden zum Verschnaufen verspricht, blättert man um und liest: „Der Lernende merke sich die folgenden Ausnahmen.“ Man überfliegt die Liste und stellt fest, daß es mehr Ausnahmen als Beispiele für diese Regel gibt.
Wenn wir also glauben, dass „größer wie“ falsch ist, weil es uns der Lehrer so gelernt, Paron, so gelehrt hat, so ignorieren wir die abertausend Fälle, in denen durchaus sprachmächtige Autoren dies getan haben.
Bei Goethe heißt es: Da steh´ ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor.
„bald“ sei nicht steigerbar, habe ich gelernt; man muss steigern: bald - eher - am ehesten.
Bei Goethe heißt: Ich sterbe! das ist bald gesagt und bälder noch getan.
„rufen“ wird mit Akkusativ konstruiert, lautet die Regel.
Bei Goethe heißt es: Wer ruft mir?
Dass ich Goethe als Beispiel nehme, wird mir hoffentlich keiner veragen. Und solche Beispiele ließen sich für alle hier genannten Fälle finden.
Nichts gegen eine praktische Reglementierung und im Unterricht lasse ich keine Verstöße dagegen zu, aber Sprache lebt. Und man soll nicht sein Privatregelwerk verallgemeinern.
In diesem Sinne
Fritz