Hallo,
Ich habe große Zweifel, dass es in der DDR Truppenteile gab, die fanatisch und hirngewaschen waren.
Na zumindest waren immerhin nicht unerhebliche Teile des Offizierskorps der NVA Anfang der 1980er Jahre der Meinung, man müsse mal in Polen aufräumen und hat heftig mit den Füßen gescharrt.
Und ganz sicher ist es auch kein Zufall, dass man sich 1989 anfangs nicht auf die Wehrpflichtigen in Armee und Polizeieinheiten gestützt hat, sondern zunächst mal auf Offizierschüler von Armee, Polizei und Grenztruppen zurückgegriffen hat. Da hatte man bestimmt gehofft, dass die über den nötigen moralischen Überbau verfügten, also mit beiden Füßen fest auf dem Boden der sozialistischen Weltanschauung standen.
Was die tödlichen Schüsse an der innerdeutschen Grenze angeht, so kannst du davon ausgehen, dass dir das noch heute in Deutschland passieren kann, wenn du illegal in vergleichbare Anlagen eindringst.
Nicht alles was hinkt ist ein Vergleich. Niemand befindet sich im heutigen Deutschland in der Situation, dass er gegen seinen Willen einen militärischen Sicherheitsbereich betreten muss, um seine Oma zu besuchen. Schon gar nicht befindet er sich gegen seinem Willen in einem Bereich, der vollständig von einem solchen umgeben ist. Das hinkt also ganz gewaltig. Wenn wir etwas vergleichen, dann den illegalen Grenzübertritt. Dann wäre zunächst die Frage, ob ein deutscher Staatsangehöriger sich überhaupt aus sicht deutscher Behörden strafbar macht, wenn er die Staatsgrenzen überschreitet. Da wird hier heute jedenfalls niemand erschossen, da wird nicht mal der Schusswaffengebrauch angedroht. Auch wer in einen militärischen Sicherheitsbereich eindringt, wird nicht so schnell be- oder gar erschossen. Schon gar nicht wenn er ihn unbewaffnet verläßt, wenn wir schon bei diesem Beispiel bleiben wollen.
Immerhin war die Grenze militärisches Sperrgebiet und mit „Es wird scharf geschossen“-Warnschildern gepflastert.
Natürlich hat man versucht dem Ganzen irgendwie einen rechtlichen Mantel umzuhängen. Wir können uns gerne im Geschichtsbrett darüber unterhalten, inwiefern solche Dinge gerechtfertigt waren. Ausgangspunkt meiner Diskussion wäre dann der Umstand, dass die SED zu keinem Zeitpunkt die Mehrheit der Bevölkerung hinter sich hatte und ihr Machtanspruch auch nicht aus demokratischen Wahlen hervorgegangen war. Und selbst dann stellte sich immer noch die Frage nach den Menschenrechten. Mit Deiner Begründung hätte man die ganze DDR zum militärischen Sicherheitsbereich erklären können oder wie in Polen das Kriegsrecht ausrufen können, nur damit es rechtlich in Ordnung wäre, dass unbewaffneten Menschen in den Rücken geschossen worden ist.
Eine Bundeswehrkaserne ist ähnlich gesichert
Keine Minen und keine Selbstschussanlagen fallen mir dazu ganz spontan ein. Diese Dinge hätten dem militärischen Gegner nur ein müdes Lächeln abgerungen und waren ganz eindeutig gegen die eigene Bevölkerung bzw. Individuen gerichtet, die einfach mal ihre Menschenrechte, die auch die DDR ganz ausdrücklich anerkannt hatte, auch in Anspruch nehmen wollten.
und die Streifen sind durchaus angewiesen nachts in sensiblen Bereichen unter Umständen scharf zu schiessen (jedenfalls war das zu meiner Zeit so).
Dann frage ich mich, welche Bundeswehr das war. Wir durften niemandem, der abhauen wollte, hinterherschießen. In diese Nesseln wollte sich kein Vorgesetzter und naturgemäß am wenigsten der Soldat selbst setzen, auch wenn der Schusswaffengebrauch im Grund auch hierfür zulässig war. Diese Umstände sind in der BRD nicht nur sehr restriktiv, sie werden auch so gehandhabt.
Im Übrigen ist der Soldat nicht angewiesen von der Schusswaffe gebrauch zu machen, sondern er darf es. Das ist meiner Meinung nach ein erheblicher Bedeutungsunterschied.
Nach dem Wortlaut unterscheidet sich das nicht weit vom Grenzgesetz der DDR. Dieses ist jedoch erst von 1982 und es wurden auch schon vorher Leute erschossen ohne dass es dafür überhaupt eine gesetzliche Grundlage gegeben hatte.
Inzwischen gibt es genügend Belege für Anweisungen und Befehle aus der DDR, die nicht nur den Schusswaffengebrauch sondern auch die Absicht einer gezielten Tötung vorsahen. Es ging also nicht mehr darum, das Leben von Personen nach Möglichkeit zu schonen.
Und man muss sich das heute nochmal vor Augen führen: Da wurden nicht Leute be- und erschossen, die in das Gebiet der DDR eindringen wollten oder die unmittelbar Grenzposten oder irgenwas anderes bedrohten, sondern Menschen, die einfach nur ihr Recht auf Freizügigkeit wahrnehmen wollten. Und das Ganze wurde natürlich auch schön ideologisch begründete, um mal wieder den Bogen zu hirngewaschen bzw. hirnverbrannt zu bekommen. Da ist von Liquidierungen die Rede und davon, dass man sich dabei auch nicht von der Anwesenheit von Kindern oder Frauen abhalten lassen sollte und eben auch deren Tötung in Kauf zu nehmen sei. Für mich sind solche Befehle und die dem zugrunde liegende Ideologie hinverbrannt. Und wer nicht hirnverbrannt war, aber das nicht erkannt hat, meinetwegen auch hirngewaschen.
Grüße