Markenbewußtsein
Hallo Diskutierende,
Ich sags gleich vorne weg, ich bin wohl einer der Jüngsten (24), die sich hier an dieser Diskussion beteiligen.
Eine kleine Vorgeschichte:
Ich bin in der DDR aufgewachsen und habe die Wende im Alter von 15 miterlebt. Ich weiß das meine Generation bzw. die Kinder und
Jugendlichen aus den neuen Bundesländern einen besonderen Belastung unterlegen sind - aus vielleicht Verständlichen Gründen.
Aber in meiner Generation ist mir dieses Verhalten mit den Marken-Klamotten immer bewußter geworden. Ich selbst tragen nur
vereinzelt solche Marken. Punkt Nummer eins ist, früher gab sowas nicht - da war man froh eine Jeanshose zu haben.
2. wurde ich von meinen Eltern zu einem individualistischen Menschen erzogen, der sich über sein Wesen bewußt ist und die Welt mit
offenen, kritischen Augen betrachtet.
Ich war ehrlich gesagt etwas froh die Pionier-Uniform nicht mehr tragen zu MÜSSEN. Auch wenn ich mich in Dingen der sogn.
Pionier-Arbeit engagierte, so war es weniger die Identifikation mit dem politischen System, als viel mehr der Zusammenhalt unter den
Schülern. Aber auch da war der Druck, immer etwas besser zu sein als der Andere, vorhanden.
Durch die Wende wurde einem eine Art „soziale Entwicklungsreise“ gegönnt. Denn das was in den alten Bundesländern langsam vor
sich ging dauerte bei uns im Prinzip eine Nacht. (übertrieben formuliert)
Ich erlebte auf dem Gymnasium mit, wie sich die Welt (Klasse) in eine Lager aus den „Coolen“-Typen und den „Normalos“ spaltete.
Es muß schon die Markenklamotten sein, nix geht unter Fishbone oder Levis. Aber dadurch, daß man sich erst jetzt so verhielt
und den Anderen eigentlich noch als Individuum betrachtete, wurde eine Art Persönlichkeitsspaltung vorgenommen.
Auf der einen Seite die Persönlichkeit (mit allem was sie auszeichnete), auf der anderen Seite die Konsum-Marionette, die mit der
Entwicklung mithalten mußte und eine Art Bestätigung suchte, um sich mit den Klassenkameraden zu messen. Man will ja nicht
zurückbleiben!Oder ausgeschlossen werden.
Das ging dann so weit, daß Kiffen das Coolste ist was es gibt und es jeder machen MUßTE -sonst…droht der soziale Abstieg.
Vielen in meiner Generation wurde noch Bewußt, daß sich der Mensch hinter der Fassade nur versteckte, um nicht sein wahres „ICH“
Preis zugeben.
Die Klassen wurden in 2 Lager gespalten, der coole Skater-Look und die Individualisten (zu denen ich mich zähle).Alle untereinander
Verstanden sich prima.
Aber auch hier wurde doch schon eine Uniformierung betrieben.Aus Zwang heraus?Aus gesellschaftlichem Druck?
Ich habe die Entwicklung der Klassen und Generationen nach mir weiter verfolgt.Aus rein persönlichem Interesse.Da ich mich für
Markt und Werbestrategie interessiere.
Dieser Zwang wurde immer schlimmer.
Wieso ist es denn zu erklären das jetzt schon 8 Jährige mit einem Handy rumlaufen. Darüber könnte man eine neue Diskussion starten.
Ich sehe das Problem der Schuluniformen eher darin:
-das die Wirtschaft so etwas verhindern wird!
-das die Zielgruppen schon in sehr jungen Jahren ein Konsumverhalten entwickelt haben, das nicht mehr zu bremsen ist
-das durch eine Uniformierung sicher den psychologischen Effekt eines Gemeinschaftssinnes aufleben lassen könnte, aber auch
gleichzeitig eine andere Türe der Mißgunst und der Klassengesellschaft auf stößt?
Man denke nur an die vielen Bereiche die die Kinder heute erleben und vermarktet bekommen…„Eh, Du hast bloß ein ABC
Handy…ich hab ja ein Noxxx (oder weiß der Geier was)“
Wie Du hast die PS-2 noch nicht?Du bist ja out!
Soll ich weiter machen…? Das Problem das sich die Kinder darüber bewußt werden das sie als Einzelperson einzigartig und ein
Individuum sind geht viel zu oft verloren!
Die Wirtschaft sagt uns doch was toll ist und das man nur wenn mit dem „Kickboard 3000“ der absolute Star ist.Komisch das allein in
meinem eigentlich kleinen Wohnviertel von ca 20 Kindern 12 ein solches Kickboard haben (bei mir hießen die noch Roller).
Und schauen wir doch mal die heutige Jugend an…die sehen doch schon alle gleich aus. Eigentlich schon eine Uniformierung.
Wer hinter die Fassade schauen will muß sich mit dem Menschen befassen.
Ich möchte auch in Sachen Uniform nicht Politisch werden, das liegt mir fern! Aber hatten wir das nicht schon mal?
Sei es in der DDR als auch vor 60 Jahren? Ich denke ich bekomme jetzt Prügel für diese Bemerkung. Aber ich sehe die Gefahr genau
darin, daß man das Individuum an sich verleugnet. Ihr seit eine Gemeinschaft von Schülern an diesem Edlen Hause. Ihr habt euch den
Sitten und Gewohnheiten dieser Lehranstalt zu unterwerfen!
Wer nicht MITZIEHT wird ausgeschlossen. Es ist nicht das Problem einer Äußerlichkeit, es ist in unseren Köpfen drin.
Was machen eigentlich die Kinder und Jugendlichen nach der Schule?Wenn sie die Uniform ausziehen? Verschwinden sie dann weil sie sich nicht mehr identifiziren können?Kommt dann nich wieder der Druck der Gruppe auf sie zu?
Wir kaufen was uns ein anderer sagt, und er sagt es nur aus dem einzigen Grund, weil es gut für Ihn ist.
Es gibt sicher viele positive Aspekte einer Schuluniform, keine Frage, aber zeichnen wir uns nicht in der Gesamtheit durch unser Art
zu kleiden, zu sprechen, uns selbst darzustellen aus?
Die Uniform hilft uns nicht dabei, aber sie wird es auch nicht verschlechtern. Wir sind es die über den Tellerrand hin aussehen
müssen. Gelenkt werden wir genug von Anderen.
Und sind wir mal ehrlich…welcher Schüler identifiziert sich denn noch mit seiner Schule? Ich kenne leider nur sehr negative
Meinungen darüber. Weder die Lehrer stellen da ein gutes Vorbild dar noch der Rest. Und Eltern haben heute andere Sorgen…und
die Kinder spielen die letzte Geige.So schlimm das auch ist. Es ist Real!Und Bitter!
Die Kinder haben kaum noch eine Perspektive…, Vater arbeitslos und versinkt in Selbstmitleid und ist frustriert, Mutter arbeitslos genau
das Gleiche. Eine Uniform in einer Welt die nach außen hin eine Schillernde Konsumwelt darstellt, in der jeder gewisse Statussymbole
benötigt, um sich selbst zu identifizieren, ist glaube ich auch keine Lösung mehr.
Deshalb bin ich wohl eher jemand der die Idee unterstützt ein Kind, das eine gewisse geistige Reife besitzt klar zumachen das es
einzigartig ist und sich an seinen Vorstellungen orientieren muß, um eine gefestigte Persönlichkeit zu werden, mit Grenzen und
Regeln, aber auch der Möglichkeit der freien Entfaltung. Sonst erziehen wir nur Marionetten…die kaufen, kaufen, kaufen.
Eine Meinung unter vielen…
Anregungen dringend erwünscht!
Frank