Hallo!
Danke für die Erläuterung Michael, genau diese Aussage ist es,
die ich nicht verstehe. Was heißt denn zu schnell? So schnell,
daß sie eigentlich aus dem System fliegen müßten? Aber wie
kann man das sagen, wenn man doch die Bindekräfte des Zentrums
vielleicht nicht gut genug kennt?
Man kann das rechnen. Für den Spezialfall, dass die Masse vollständig im Zentrum konzentriert ist, gilt das 3. Keplersche Gesetz T²/a³ = const. Die Konstante auf der rechten Seite des Gleichheitszeichens enthält die Masse des Zentralkörpers. Links vom Gleichheitszeichen stehen die Bahndaten eines Planeten. Wie Du siehst, taucht darin die Planetenmasse gar nicht auf. Das liegt an der Gleichheit von träger und schwerer Masse.
Wenn man relativistisch rechnet, ändert sich daran wenig, nur spricht man dann vom „Äquivalenzprinzip“.
Natürlich ist die Rechnung ungleich komplizierter, wenn die Materie in komplizierter Weise auf die ganze Galaxis verteilt ist. Aber auch dann kann man ausrechnen, ob die beobachteten Daten eine mögliche Lösung für zugrundegelegten Bewegungsgleichungen darstellen können. Wenn das nicht der Fall ist, muss man eine Erklärung finden. Dazu hat Peter(TOO) ja schon einiges geschrieben.
Wenn in der Wissenschaft eine Beobachtung der etablierten Theorie widerspricht, läuft die Fehlersuche ungefähr nach folgendem Schema ab:
- Es könnte sich um ein Ablesefehler, ein Gerätedefekt, einen Bedienfehler oder etwas vergleichbares handeln.
→ Es wird alles nochmal überprüft und die Messung mit den gleichen Parametern wiederholt. Wenn sich dadurch an der Beobachtung nichts ändert, dann …
- Es könnte sich um ein Artefakt handeln.
→ Es wird das gleiche Phänomen mit einem anderen Versuchsaufbau untersucht. Stellt sich auch hier die gleiche Beobachtung wie zuvor ein, so wurde sie nicht durch die Versuchsanordnung verursacht. Es ist also kein Artefakt. Dann …
- Man könnte einen Effekt übersehen haben.
→ Man modifiziert die Beobachtungsdaten so, dass sie mit der Theorie übereinstimmen. Dann macht man sich Gedanken darüber, was denn die Ursache für die notwendigen Modifikationen sein könnte. Zunächst postuliert man vielleicht nur den zusätzlichen Effekt. Dann macht man sich aber sofort auf die Suche danach. Wenn man ihn nachweisen kann, kriegt man den Nobelpreis. Wenn man jedoch zeigen kann, dass es diesen Effekt nicht gibt bzw. dass er mit anderen Beobachtungen im Widerspruch steht, dann …
- Die Theorie muss falsch sein.
→ Man muss eine neue Theorie aufstellen, die alle bisherigen Beobachtungen PLUS die neue Beobachtung beschreiben kann. Das ist schwierig.
Was die Dunkle Materie anbetrifft, so sind wir gerade bei Punkt 3 angelangt. Es besteht berechtigte Hoffnung, dass unsere gegenwärtige Theorie nicht falsch ist und dass es sich „nur“ um eine Materieform handelt, die wir bisher übersehen haben. (So schrecklich exotisch sind die Kandidaten für dunkle Materie ja gar nicht). Wir sind aber noch nicht so weit, dass wir unsere Theorie über Bord werfen wollen, weil wir uns die Beobachtungen nicht mehr erklären können.
Michael