Herr B ist schwerbehindert mit GdB 70, durch eine Organtransplantation.
Herr B wurde heute morgen mündlich gekündigt. Er ist seit 16.02.2022 dort angestellt, im AV ist die 14-Tage-Frist vermerkt.
Herr B wurde gekündigt, weil er „…nicht Nachts arbeiten…“ sollte.
Der Job war ein Servicetechniker-Job, auschließlich tagsüber und die Schwerbehinderung war bekannt. Herr B wurde am Freitag einfach dazu eingeteilt - nicht gefragt, ob er es tun würde. Herr B sagt nein, weil sein neues Organ einen gewissen „Rhytmus“ brauch. Daraufhin wurde trotzig reagiert…
Aber, ist das überhaupt rechtlich in Ordnung? Muss nicht eigentlich das Integrationsamt mit ins Boot genommen werden?
Es ist tatsächlich so abgelaufen. Ich dachte mir auch, das dass Integrationsamt zustimmen muss.
Wie verfahre ich da jetzt am besten? Das Amt informieren? Morgen einfach zur Firma fahren und sagen „tata - hier bin ich, gib mir Arbeit“?
PS: der selbe Fall war letzte Woche Mittwoch. Es war eine Online-Schulung geplant, von 9 - 14 Uhr, diese wurde 5min vorher (!!! tatsächlich so) abgesagt. Ich fragte was es noch zutun gibt, Hof kehren, Stapler fahren im Lager. Nichts. Ich bin heim und der AG muss mir den vollen Tag bezahlen, richtig?
"Die ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses gelten als Probezeit. Für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses während der Probezeit gilt eine beiderseitige 14-tägige Kündigungsfrist. Eine Kündigung vor Arbeitsantritt ist ausgeschlossen.
Wichtige Gründe, welche den AG zur außerordentlichen Kündigung berechtigen, sind
über 3 Tage andauerndes Fernbleiben oder Fehlzeiten
Verstöße gegen Softwareschutz, Wettbewerbs- und Verschwiegenheitspflichten
"
Fristlos kann sie schonmal nicht sein. Ich habe gerade nochmal angerufen, ich bin freigestellt für 14 Tage.
ist leider doppelt falsch.
Eine Kündigung eines schwerbehinderten AN unter Mißachtung der Schutzvorschriften ist nicht „nichtig“, sondern rechtsunwirksam. Dabei muß aber diese Rechtsunwirksamkeit durch das Arbeitsgericht festgestellt werden. Eine Klage ist daher auch in diesem Fall notwendig.
Allerdings setzt der Schutz des SGB IX (§§ 168ff) gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX erst 6 Monate nach Beginn des Arbeitsverhältnisses ein - unabhängig davon, ob und wie lange eine Probezeit vereinbart war.
In Betrieben/Dienststellen mit Schwerbehindertenvertretung (SBV) wurde allerdings eine neue Wirksamkeitsvoraussetzung für eine Kündigung in § 178 Abs. 2 Satz 3 SGB IX § 178 SGB IX - Einzelnorm (gesetze-im-internet.de)
eingeführt, nämlich die Anhörung der SBV vor einer beabsichtigten Kündigung. Und diese Wirksamkeitsvoraussetzung gilt ab dem 1. Tag des Arbeitsverhältnisses.
Ansonsten hat @X_Strom natürlich recht mit diesem Hinweis:
Aber auch in diesem Fall muß gegen die Kündigung geklagt werden.
Was kostet mich so ein Anwalt denn? Ich habe keine Rechtsschutzversicherung. Und wie finde ich den richtigen? Einfach Telefonbuch aufschlagen und den erstbesten nehmen ?
Eigentlich möchte ich bei dem AG ja nicht mehr arbeiten, spätestens jetzt hätte das Arbeitsverhältniss ja einen Knacks.
ist nun mal eindeutig am falschen Platz gespart. Für behinderte Menschen im Arbeitsleben sind Rechtsschutz im Arbeits- und Sozialrecht unverzichtbar.
Entweder durch eine private Rechtsschutzversicherung, aber auch durch Gewerkschaftsmitgliedschaft.
Ein fairer Fachanwalt für Arbeitsrecht hört sich die Grundzüge des Falles erst mal nan und gibt dann eine Einschätzung einschließlich möglicher Kosten.
Allerdings gibt es auch beim Arbeitsgericht die Möglichkeit der Prozesskostenhilfe: Arbeitsgericht STU - Prozesskostenhilfe (justiz-bw.de)
Auch wenn’s nicht sachdienlich ist - ich bin nunmal neugierig.
Läuft das in nem Vorstellungsgespräch nicht so ab „Soso, Herr X, Sie sind also schwerbehindert - Sie wissen aber schon, dass in dieser Tätigkeit, dies und jenes und selbiges zu erledigen ist. Können Sie das denn bzw. was davon geht nicht?“ Und dann käme man doch direkt auf Nachtschichten oder ggf. körperlich belastende Tätigkeiten etc. zu sprechen.
Und was zum Geier ist das für ein Laden, der - wenn schon die Schulung kurzfristig ausfällt (was ja erstmal nicht tragisch ist) - dann keine Arbeit für Dich hat? Kann es eventuell sein, dass die sich einfach verschätzt haben, Dich in Wirklichkeit gar nicht brauchen (oder ggf. auch für was anderes brauchen als was Du mit Deiner Erkrankung leisten kannst) und Dich nun unter dem erstbesten Vorwand loswerden wollen?
ist ein AG schon mit mehr als einem Bein im Diskriminierungstatbestand des AGG.
Der AG muß grundsätzlich davon ausgehen, daß ihm ein AN bzw. Bewerberin (unabhängig von Schwerbehinderung oder Gleichstellung) von sich aus darlegt, ob und wenn ja welche gesundheitlichen Einschränkungen für die verlangte Tätigkeit bestehen. Das entspricht dem Grundsatz von „Treu und Glauben“ des § 242 BGB, der auch im Arbeitsrecht anzuwenden ist. Ein Verstoss gegen diesen Grundsatz beinhaltet grundsätzlich eine fristlose Kündigung wegen arglistiger Täuschung. Allerdings hat ein AN bzw. Bewerberin als medizinischer Laie einen relativ weiten Beurteilungsspielraum.
Hat ein AG - aus seiner Sicht - berechtigte Zweifel an der Leistungsfähigkeit, so kann er trotzdem nicht wild drauflosspekulieren - auch nicht im Bewerbungsgespräch - sondern muß ggfs. eine fachlich fundierte Stellungnahme einholen - zB durch eine betriebsärztliche Untersuchung.
Es lief so ab, ich war sogar fair und habe am Probetag - an dem ICH mir anschauen sollte, ob ICH mir den Job vorstellen kann (normalerweise läuft das ja andersherum ab) - von der Erkrankung und den Einschränkungen erzählt, offen und ehrlich. Da hieß es, das nicht schweres zu heben wäre und wenn, wäre mind. 1 Mann oder mehr vor Ort. Von Nachtarbeit war nie die Rede. Der Chef meinte auch zu mir, er würde von seinen Männern nie etwas verlangen, das zu schwer, oder zu lange oder generell unzumutbar für sie wäre.
Naja, wohl doch nicht …
Das mit der Schulung und der nicht vorhanden Arbeit dachte ich mir auch. Zumal ja immer was zutun ist.
Das die sich verschätzt haben kann schon sein, aber sie wollten es ja unbedingt probieren und sollte man sich zum „loswerden“ nicht etwas mehr Zeit lassen als 4 Wochen? Ich bin tatsächlich morgen erst 4 Wochen dabei… ausserdem holten die sich extra Anwaltlichen Rat ein, wegen der 40h-Woche und der evtl. Strafe falls mehr gearbeitet würde, falls diese nicht zeitnah ausgeglichen werden würde.
Das war übrigens sehr vorbildlich: Die 40h wurden eingehalten. Und wenn nur ein paar Stunden aufgelaufen waren, hatte ich in der darauffolgenden Woche früher Feierabend.
Ich verstehe umso weniger… Tut mir leid, ich bin blond (bitte tippen Sie langsam…). Du hast also beim Vorstellungsgespräch bzw. in den Bewerbungsunterlagen nix von Deinem GdB erwähnt? Oder wurdest Du am Probetag ohne Nachfrage konkret und sagtest „Das kann ich tun und dieses nicht“?
Zumindest scheint ja so viel zu tun, dass Du in den Wochen bisher 40 Stunden zu tun hattest. Da kann der Arbeitgeber doch nicht auf einen kompletten Arbeitstag verzichten? Allerdings müsste man dazu natürlich genau wissen, wie die Arbeit dort eingeteilt wird, man könnte sich derartig starre Strukuren vorstellen, etwa im Transportgewerbe oder so.
Keine Ahnung, aber wenn die absehen, dass es „hinten und vorne“ nicht passt, warum sollten sie länger warten wollen? (Das ist jetzt böse aus AG-Sicht gedacht, dass Du das anders siehst ist nachvollziehbar )
Ich habe es erwähnt, sowohl beim Personaler, als auch dann beim Erst-Kontakt. Obwohl ich es gar nicht hätte tun müssen …
Ja, es waren ja sogar mehr als 40h. Die Arbeit wird von der Dispo verteilt, aber eher schlecht als Recht. Weil die Dispo Null Plan von der Arbeit hat, sind halt Büro-Menschen und keine Handwerker. Aber einem MA null Arbeit zu geben, ist schon betriebswirtschaftlicher Schwachsinn…
Ich verstehe nicht warum es nicht passen sollte: die wussten worauf die sich einlassen, und ich habe ja schon Engagement gezeigt. Naja, ist ja nun auch egal. Auf so nen AG kann ich auch verzichten!
Das kannst nur Du beurteilen, ich glaube Dir das natürlich, aber ganz offensichtlich sieht Dein Arbeitgeber das anders.
Das sehe ich wie Du - natürlich könntest Du vermutlich ganz schön erfolgreich gegen diese (so’s denn überhaupt eine ist) Kündigung vorgehen. Nur: wirst Du dort weiterhin arbeiten wollen? Und wäre es eventuell nicht so, dass der AG dann einfach den nächsten - und dann vermutlich formal korrekten - Grund findet, warum er Dich entlassen will?