Schwierigkeiten, alten kranken Opa zu besuchen

Hallo Zusammen,

ich habe ein Problem damit, meinen Opa zu besuchen.

Er ist im Heim und kann sein Bett nicht mehr verlassen. Sein Herz ist schwach, seine Muskeln schwinden und er hat trotz der stärksten Morphiumpflaster noch Schmerzen. Er kann eben noch einen Arm und seinen Kopf bewegen und ist manchmal zu schwach zum Sprechen. Dieser Zustand ist schon seit mehreren Jahren so, wobei er zu Anfang wenigstens noch in den Rollstuhl gehievt werden konnte, um eine Runde im Garten zu drehen. Geistig lässt er auch schwer nach, weiß manchmal nicht, wo er ist oder erkennt Verwandte, die ihn nicht oft besuchen erst auf den zweiten Blick.
Er ist dem Tod schon mehrmals von der Schippe gesprungen. Ehrlich gesagt, hätte er schon längst gehen müssen - ich glaube, er ist wegen meiner Oma noch hier. Aber das ist doch kein Leben!

Meine Oma besucht ihn jeden Tag für einige Stunden, und wenn sie sich nur in sein Zimmer setzt und liest. Wenn sie nach Hause geht, versucht mein Opa die Arme auszustrecken und bittet sie, ihn mitzunehmen. Für meine Oma ist das das Schlimmste.

Wenn ich bei ihm war, breche ich stets in Tränen aus. Es ist für mich unerträglich, ihn so hilflos zu sehen. Ich fühle mich verpflichtet und man erwartet von mir, ihn zu besuchen. Ich würde mir auch selbst vorwerfen, wenn ich ihn länger nicht besucht hätte und er dann gehen würde, ohne dass ich ihn nochmal besucht habe. Mich nimmt es aber jedesmal so mit, dass ich den Rest des Tages nur noch weine und schluchze. Es belastet mich einfach schrecklich und ich möchte die Situation vermeiden und umgehen.

Ich weiß auch nicht, was ich mit meinem Opa reden könnte - ich würde auch nicht verstehen, was er sagt, weil er so schwach ist. Es macht keinen Sinn, ihm etwas zu Lesen mitzubringen, weil er nichts festhalten kann und alles so klein geschrieben ist. Um Hörbücher zu hören, hört er zu schlecht und das interessiert ihn auch nicht. Wenn ich da bin, bin ich nur damit beschäftigt, den Kloß runter zu schlucken, den ich im Hals habe. Er guckt den ganzen Tag nur Fernsehen (mit Kopfhörern, weil er sonst den ganzen Flur beschallen würde).

Wie kann ich mit der Situation besser umgehen?

Für eure Anregungen dankbar grüßt
Sabine

Hallo!

Ich kann Deine Situation nachvollziehen. Bei meiner Oma ging es mir ebenso, ich habe mich auch dazu zwingen müssen, sie zu besuchen.

Vielleicht kannst Du ihm vorlesen? Aus der Zeitung oder über Dinge, die ihn früher interessiert haben. Ich glaube, meine Oma hörte am liebsten von den Kindern, meinem Alltag, das Wetter, unserem Hund usw.

Besondere Tipps habe ich ansonsten auch nicht. Wahrscheinlich muss man so eine Zeit einfach durchstehen. Es gibt wohl keine wirkliche Erleichterung, so traurig es ist, einen Sterbenden zu begleiten.

Ich wünsche Dir viel Kraft
Inge

Hi Inge,

lieben Dank für Deine Gedanken.

Vielleicht kannst Du ihm vorlesen? Aus der Zeitung oder über
Dinge, die ihn früher interessiert haben.

Das könnte ich natürlich versuchen. Ich vermute allerdings, dass er dabei einschläft. Er schläft manchmal mitten im Satz ein, den er versucht zu sprechen…

Ich wünsche Dir viel Kraft

Danke, die brauche ich jedes Mal.

Gruß,
Sabine

Hallo,

ich denke jeder, der schon einmal in deiner Situation war, kann den Meidungskonflikt, in dem Du gerade steckst, gut nachvollziehen.
Einerseits möchte man ja die noch bestehenden Möglichkeiten nutzen, so lange es sie noch gibt, und will für den anderen da sein. Andererseits kann man das Leid was man dabei sieht nur schwer ertragen und verarbeiten, und macht sich in den Besuchsterminen auch schnell Leere breit, wenn es keinen klassischen Dialog mehr gibt, und der Besucher zum „Alleinunterhalter“ wird.

Ein längerfristig funktionierendes Patentrezept gibt es da nicht, aber es gibt natürlich die ein oder andere Geschichte und Variante, die man mal spielen kann.

Einfach „da sein“ im Sinne einer bloßen körperlichen Anwesenheit muss dabei nichts sein, was einem ein schlechtes Gewissen machen müsste. Einfach die Hand zu halten, und gemeinsam etwas im Fernseher anschauen, was den anderen gerade von seinen Schmerzen und schlechten Gedanken ablenkt, hat viel mehr wert, als Du es Dir vielleicht vorstellen kannst. Denn damit lässt Du Dich auf das ein, was dem anderen gerade gut tut.

Wenn es mit deinem Opa machbar ist, dann kannst Du Dir natürlich auch anhand der Tagespresse eine Liste machen, und ggf. einzelne Artikel mitnehmen, die für deinen Opa von Interesse sein könnten, und diese vorlesen. So im Sinne von: Schau mal, was ich gerade über deine alte Firma, die Gegend in der Du aufgewachsen bist, Menschen die Du kennst/interessant findest, witziges, … gerade in der Zeitung gefunden habe.

Auch ein Buch mit einem Kontext, der Opa immer interessiert hat, wäre zum Vorlesen geeignet.

Eine andere Idee wäre es, in alten Fotos zu kramen, die ggf. mal auf eine „erkennbare Größe“ hoch zu kopieren, und „weißt Du noch …“ Geschichten aufzuwärmen. Das geht auch, wenn Opa nicht mehr viel selbst beitragen kann.

Was auch immer geht - auch ohne Vorbereitung - ist der Blick aus dem Fenster, und die Beschreibung dessen, was da gerade passiert. Das muss ja nichts wahnsinnig spannendes sein. Es reichen ein paar Vögel, die Baustelle, die Kleidung von Passanten, … um „einfach etwas zu erzählen“ und damit beim „da sein“, nicht das Gefühl zu haben, nichts aktiv zu tun.

BTW: Gibt es bei Euch einen ambulanten Hospizdienst? Den kann man auch mal zum Thema ansprechen.

Gruß vom Wiz

Hallo,

meine Oma ist seit Jahren dement, und hat sehr stark abgebaut. Wir besuchen sie oft als Familie zusammen, und mir tut es auch weh. Ich habe ganz tolle Erinnerungen an sie, und der Mensch der jetzt noch da ist, hat mit dieser Person nichts mehr zu tun. Sie kann nicht mehr laufen, reden oder selbsttätig essen. Das schlimmste ist aber, das sie sich charakterlich so verändert hat. Aus der liebevollen Oma ist eine eher unbeständige, streckenweise sehr aggressive und ängstliche Person geworden.
Mich trifft das, vor allem für meine Mutter, die mir unsagbar leid tut, das sie ihre Mutter so sehen muss.

Was kann man da machen? Es akzeptieren, und überlegen, was hätte der Opa gewollt? Vll offtopic, aber in unserer Familie haben wir das zum Anlass genommen, zu schauen, was wir erwarten was Pflege bei bestimmten Krankheiten betrifft. Meine Mutter hat ganz klar gesagt, das sie bei Demenz oder starker körperlicher Pflegebedürftigkeit in ein bestimmtes Heim möchte und wir das auf jeden Fall machen sollen. Das denke ich, hilft. Auch bei meiner Oma wussten wir, das sie uns nicht zur Last fallen wollte, und -wäre sie noch klar bei Verstand- uns sagen würde, das wir das richtig gemacht haben. das hilft gegen diese Schuldgefühle, die man hat.

Aber weiter zum Thema:

Du kannst vorlesen, oder dich beim Fernsehen einfach dazusetzen und kommentieren, was Ihr seht , da eine Meinung zu abgeben. Oder einfach erzählen, wie Dein Tag war, was dich bewegt hat in den letzen Tagen. Du könntest - wenn Du dir das zutraust - ihm zB die Füsse massieren, oder die Hände eincremen, oder ihn einfach streicheln.

Wir setzen uns einfach zur Oma, unterhalten uns , und lassen sie zuhören. Sie isst sehr gerne Süßes, so das wir immer Kuchen mitnehmen, und sie dann damit füttern.

Vielleicht magst du ja etwas vorsingen ?

Aber sich einfach dazusetzen, und die Hand halten, reicht oft schon.

Übrigens kann man bei der Krankenkasse durchaus Rollstühle für solche Pflegefälle bekommen - wir sind durchaus mit der Oma schon spazieren gegangen. Müßte man vll mal mit der Pflegedienstleitung besprechen.

Lg
Brenna

Hallo Wiz,

danke für dein Verständnis, dein Mitgefühl, deine Gedanken und deine Mühe, es für mich aufzuschreiben.

Einfach „da sein“ im Sinne einer bloßen körperlichen
Anwesenheit muss dabei nichts sein, was einem ein schlechtes
Gewissen machen müsste. Einfach die Hand zu halten, und
gemeinsam etwas im Fernseher anschauen, was den anderen gerade
von seinen Schmerzen und schlechten Gedanken ablenkt, hat viel
mehr wert, als Du es Dir vielleicht vorstellen kannst. Denn
damit lässt Du Dich auf das ein, was dem anderen gerade gut
tut.

Das habe ich versucht. Ich hatte nicht den Eindruck, dass er davon etwas hatte. Das mag täuschen… Für mich fühlte sich das auch sehr seltsam an, weil ich sonst nie seine Hand gehalten habe und ich nicht so recht wusste, was das nun soll. Fernsehen ist das einzige, was er außer Essen überhaupt noch macht, glaube ich. Das finde ich ganz furchtbar.

Wenn es mit deinem Opa machbar ist, dann kannst Du Dir
natürlich auch anhand der Tagespresse eine Liste machen, und
ggf. einzelne Artikel mitnehmen, die für deinen Opa von
Interesse sein könnten, und diese vorlesen. So im Sinne von:
Schau mal, was ich gerade über deine alte Firma, die Gegend in
der Du aufgewachsen bist, Menschen die Du kennst/interessant
findest, witziges, … gerade in der Zeitung gefunden habe.

Auch ein Buch mit einem Kontext, der Opa immer interessiert
hat, wäre zum Vorlesen geeignet.

Sehr schöne Ideen! Danke.

Eine andere Idee wäre es, in alten Fotos zu kramen, die ggf.
mal auf eine „erkennbare Größe“ hoch zu kopieren, und „weißt
Du noch …“ Geschichten aufzuwärmen. Das geht auch, wenn Opa
nicht mehr viel selbst beitragen kann.

Ich habe leider überhaupt keine Fotos. Aber bei meinen Eltern wären noch welche… Danke :smile:

Was auch immer geht - auch ohne Vorbereitung - ist der Blick
aus dem Fenster, und die Beschreibung dessen, was da gerade
passiert. Das muss ja nichts wahnsinnig spannendes sein. Es
reichen ein paar Vögel, die Baustelle, die Kleidung von
Passanten, … um „einfach etwas zu erzählen“ und damit beim
„da sein“, nicht das Gefühl zu haben, nichts aktiv zu tun.

Ich verstehe, was du meinst.
(Da draußen ist aber wirklich nichts los. Auch Passanten sind selten. Gegenüber ist eine Grundschule - wenn ich da bin, ist da natürlich niemand mehr.)

BTW: Gibt es bei Euch einen ambulanten Hospizdienst? Den kann
man auch mal zum Thema ansprechen.

Ich habe einen vom DRK ergoogelt. Vielleicht rufe ich da mal an und schildere mein Problem.

LG
Sabine

Hallo Brenna,

ich danke auch dir fürs Aufschreiben deiner Gedanken.


Mich trifft das, vor allem für meine Mutter, die mir unsagbar
leid tut, das sie ihre Mutter so sehen muss.

Meine Mutter hat ähnliche Schwierigkeiten wie ich, glaube ich, aber sie schafft es öfter, sich zusammenzureißen und ihn zu besuchen.

Mein Opa möchte gerne wieder nach Hause zu meiner Oma. Sie hat ihn lange selbst gepflegt, bis sie es gesundheitlich auch nicht mehr konnte. Mein Opa ist ein Schwergewicht und wenn er sich schmutzig gemacht hat oder hingefallen war, konnte meine Oma ihn nicht bewegen oder aufrichten. Am Ende musste sogar die Feuerwehr kommen, um ihn mit drei starken Männern wieder ins Bett zu legen. Deshalb und weil er wirklich unbeweglich ist, kann er auch nicht mehr in den Rollstuhl. Er dabei zu arge Schmerzen.

Aber weiter zum Thema:

Du kannst vorlesen, oder dich beim Fernsehen einfach
dazusetzen und kommentieren, was Ihr seht , da eine Meinung zu
abgeben. Oder einfach erzählen, wie Dein Tag war, was dich
bewegt hat in den letzen Tagen.

So habe ich es bisher gehalten. Und trotzdem bin ich hinterher fix und fertig.

Du könntest - wenn Du dir das
zutraust - ihm zB die Füsse massieren, oder die Hände
eincremen, oder ihn einfach streicheln.

Danke, aber ich glaube, das kann ich nicht.

Wir setzen uns einfach zur Oma, unterhalten uns , und lassen
sie zuhören. Sie isst sehr gerne Süßes, so das wir immer
Kuchen mitnehmen, und sie dann damit füttern.

Er hat Diabetis und meine Oma bringt ihm schon laufend Zeug mit, was er eigentlich gar nicht essen darf…

Vielleicht magst du ja etwas vorsingen ?

Ups. Das Liedgut, welches er kennt und gut findet, steht im ‚Gotteslob‘. Wenn die Oma mir hilft, geht das vielleicht.

Auch hier war was für mich dabei. Dankeschön!

Für euch auch viel Kraft!

LG
Sabine

Hallo Sabine,

ich denke, Du tust schon alles, was möglich ist und was Dein Opa noch aufnehmen kann. Dass Du ihn regelmäßig besuchst, finde ich toll und Dein Opa sicher auch.

Vielleicht ist Deine Frage ja auch eher, wie Du für Dich mit der niedergedrückten Stimmung nach jedem Besuch umgehen kannst.

Ich habe leider kein Rezept für Dich, ich weiss bloß, weinen hilft Dir nicht und Deinem Opa auch nicht. Er möchte sicher nicht, dass Du Dich wegen ihm so bescheiden fühlst.

Vielleicht hilft es, mit Deiner Oma und mit Deiner Mutter regelmäßig über ihn und seine Situation zu sprechen. Dabei bringt man automatisch ganz viele eigene Gefühle zum Ausdruck. Das erleichtert einen zumindest ein bisschen.
Du könntest z.B. am Ende Deines Besuches Deine Oma bitten, Dich zum Ausgang zu begleiten und sie auf dem Weg fragen, wie es dem Opa in den letzten 3 Tagen ging. Vielleicht will der Opa auch gar nicht wirklich heim in die Wohnung des Jahres 2012, sondern in eine Zeit, als es ihm noch gut ging. Oder er möchte, dass seine Frau auch in der Nacht noch an seinem Bett sitzt. Es geht nicht - aber sprecht darüber.

Wir haben das unter den Geschwistern auch so gehalten, als unsere Ma so schlimm dran war. Ihr konnten wir nicht damit helfen, aber wir haben uns gegenseitig immer wieder versichert, dass alles für sie getan wird, was getan werden kann und uns hat dieser Gedanke manchmal getröstet oder zumindest wieder den Kopf frei gemacht.

Liebe Grüße
Maralena

Liebe Maralena,

Dass Du ihn regelmäßig besuchst,
finde ich toll und Dein Opa sicher auch.

naja, so regelmäßig ist es gar nicht. Eben weil es mir so schwer fällt, kann ich mich nur selten aufraffen. Immerhin bin ich die einzige Enkelin, die ihn gelegentlich besucht, die drei anderen kommen nur zu Ostern und Weihnachten oder so. Ich schaffe es aber auch nur alle zwei oder drei Monate, muss ich gestehen.

Vielleicht ist Deine Frage ja auch eher, wie Du für Dich mit
der niedergedrückten Stimmung nach jedem Besuch umgehen
kannst.

Genau das ist mein Problem. Der Tag ist dann einfach nur gelaufen.

Ich habe leider kein Rezept für Dich, ich weiss bloß, weinen
hilft Dir nicht und Deinem Opa auch nicht. Er möchte sicher
nicht, dass Du Dich wegen ihm so bescheiden fühlst.

Hm, ich sollte nicht weinen, denke ich auch. Aber ich habe trotzdem das Gefühl, dass es mir ein bißchen hilft. Wenn ich den Kummer runterschlucke, ist das sicher noch schlechter…

Vielleicht hilft es, mit Deiner Oma und mit Deiner Mutter
regelmäßig über ihn und seine Situation zu sprechen. Dabei
bringt man automatisch ganz viele eigene Gefühle zum Ausdruck.

Das Thema kommt eh gelegentlich auf. Vielleicht würde es helfen, es öfter anzubringen, da könntest du Recht haben.

Das erleichtert einen zumindest ein bisschen.
Du könntest z.B. am Ende Deines Besuches Deine Oma bitten,
Dich zum Ausgang zu begleiten und sie auf dem Weg fragen, wie
es dem Opa in den letzten 3 Tagen ging.

Ja, das sollte ich tun. Es geht ihm ja auch manchmal besser bzw. manchmal ist er klarer.

Vielleicht will der
Opa auch gar nicht wirklich heim in die Wohnung des Jahres
2012, sondern in eine Zeit, als es ihm noch gut ging. Oder er
möchte, dass seine Frau auch in der Nacht noch an seinem Bett
sitzt. Es geht nicht - aber sprecht darüber.

Meine Großeltern hängen sehr aneinander - meine Oma hat ihr Leben komplett auf meinen Opa ausgerichtet. Wenn er mal geht, müssen wir sie besonders stützen, weil ihr Lebensinhalt auf einmal fehlt. Ich glaube, für ihn es ähnlich schlimm, dass sie nicht mehr immer bei ihm ist. Ich glaube, er denkt die meiste Zeit an einen Zeitpunkt, an dem es mich noch nicht gab und meine Mutter ein Kind war…

Wir haben das unter den Geschwistern auch so gehalten, als
unsere Ma so schlimm dran war. Ihr konnten wir nicht damit
helfen, aber wir haben uns gegenseitig immer wieder
versichert, dass alles für sie getan wird, was getan werden
kann und uns hat dieser Gedanke manchmal getröstet oder
zumindest wieder den Kopf frei gemacht.

Ich glaube, mein Opa hat seine Situation gar nicht richtig realisiert. So rational kann man mit ihm nicht darüber reden. Wenn meine Oma geht, glaubt er, er könne einfach aufstehen und mitgehen. Es ist bricht meiner Oma das Herz, wenn sie ihm die Tatsachen erklären muss.

Ich kann nicht gut mit meinem Opa reden, weil ich nicht verstehe, was er sagt oder weil er mich nicht versteht oder weil er mitten in der Unterhaltung einschläft. Aber mit der Oma kann ich reden. Aber ich glaube, dass hilft eher ihr als mir (was aber auch nicht verkehrt ist, natürlich).

Danke, Maralena.

LG,
Sabine

Hallo Sabine,

Ich habe leider kein Rezept für Dich, ich weiss bloß, weinen
hilft Dir nicht und Deinem Opa auch nicht. Er möchte sicher
nicht, dass Du Dich wegen ihm so bescheiden fühlst.

Hm, ich sollte nicht weinen, denke ich auch. Aber ich habe
trotzdem das Gefühl, dass es mir ein bißchen hilft. Wenn ich
den Kummer runterschlucke, ist das sicher noch schlechter…

da möchte ich Dich bestärken: Es ändert zwar nichts an der Situation Deines Opas, wenn Du weinst. Aber wenn es Dir Erleichterung verschafft, dann ist das für Dich sehr wohl eine Verbesserung.

Gruß, Karin

Wenn man sich dazu zwingen muss, jemanden zu besuchen, kommt der Besuch nicht (wie er eigentlich sollte) von Herzen sondern wird zur lästige Pflicht, die man aus Gewissensgründen nolens volens erfüllt. Wäre der Opa noch einigermaßen Herr seiner Sinne, würde er auf solche Besuche sicher gern verzichten. Mehr noch: Er würde diese Besuche ablehnen und verbieten und sich somit eine gewisse Würde bewahren.

Sei also ehrlich zu dir selbst und zu deinem Opa. Erkläre es ihm (ob er es begreift oder nicht). Verabschiede dich. Und hör auf, ihn zu besuchen.


Sei also ehrlich zu dir selbst und zu deinem Opa. Erkläre es
ihm (ob er es begreift oder nicht). Verabschiede dich. Und hör
auf, ihn zu besuchen.

Das wäre der Weg, mit dem ich mich am besten identifzieren könnte.

Ganz ehrlich: Ich hatte darauf gehofft, dass mir das mehr als einer sagt. Ihn gar nicht mehr zu besuchen, kann ich mit meinem Gewissen trotzdem auch nicht so richtig vereinbaren - auch wegen der Oma.
Wäre es nicht sehr egoistisch, wenn ich ihn nicht mehr besuche? Würde ich ihn so nicht schon zu Lebzeiten (naja, Leben kann man das ja nicht wirklich nennen) für tot erklären?

Nachdenklich,
Sabine

Hallo Sabine,

Hm, ich sollte nicht weinen, denke ich auch. Aber ich habe

„Tränen reinigen die Seele!“, ich weiß nicht von wem ich diesen Satz „geklaut“ habe, aber er stimmt!

Alles Gute!

Gruß Volker

Guten Tag, Sabine!

Ich sehe es genau so wie Tom! Nur ein Gedanke: vielleicht kannst Du Dich dafür um Deine Oma kümmern und mit ihr Zeit verbringen? Ich kann mir vorstellen,daß diese es schwer genug hat und sich über Deine Gesellschaft und ein Gespräch freut. Damit hättest Du auch Dein Gewissen beruhigt und allen wäre geholfen. Wie gesagt - nur so ein Gedanke!

Alles Liebe
Annemarie

Hallo Annemarie,

Ich sehe es genau so wie Tom! Nur ein Gedanke: vielleicht
kannst Du Dich dafür um Deine Oma kümmern und mit ihr Zeit
verbringen?

Das ist ein sehr guter Gedanke, finde ich.

(So wollte ich es beim letzten Mal machen und habe sie zuhause besucht. Sie bat mich, sie zum Opa zu bringen. Zurück wollte sie zu Fuß. Dort angekommen fragte sie mich, wo ich parke. Ich sagte, ich wollte nicht parken, sondern gleich weiter fahren. Als sie mich dann fragte, ob ich den Opa denn nicht sehen wollte, konnte ich schlecht ‚nein‘ sagen. Aber diese Situation kann ich ja vermeiden, wenn ich sie abends besuche, nachdem sie bei ihm war.)

Danke, Annemarie.

LG
Sabine

Hallo,

ich habe das Gefühl, du wünscht dir ein wenig Absolution, um vor dir selbst zu rechtfertigen, dass du ihn nicht mehr besuchen musst :smile:.

Aber: Diese Entscheidung kann dir keiner abnehmen - und vermutlich nicht mal leichter machen. Niemand sieht gerne beim Verfall eines nahestehenden Menschen zu, nicht zuletzt deswegen, weil es einen zwingt, sich damit auseinanderzusetzen, dass das Leben nicht endlos und man selbst nicht unsterblich ist.

Unterm Strich leidet man aus diesem Grund nicht nur für den anderen mit, sondern leidet auch selbst, weil man das Ganze aushalten muss. Natürlich kann man dem entgehen, indem man einfach weg sieht. Ein Stück weit wird „aus dem Auge, aus dem Sinn“ auch funktionieren. Nach meiner Erfahrung zumindest bis zum Tod des Menschen. Spätestens da regen sich dann nicht selten doch noch große Zweifel, ob man nicht ein wenig mehr hätte tun sollen/können.

Meine Großmutter pflegte immer zu sagen: „Schenkt mir jetzt Blumen, wenn ich die Radieschen von unten betrachte, brauche ich keine mehr“. Im weiteren Sinn bedeutete das, dass sie sich lieber zu Lebzeiten besuchen, als auf dem Gang zum Friedhof begleiten lassen wollte.

Mir selbst hilft in solchen Situationen, mich nicht so wichtig zu nehmen. Wenn ein Mensch nicht mehr aussprechen kann, was er sich wünscht, kann ich alles Mögliche hinein interpretieren - auch den Wunsch, dass sich keiner mehr um ihn kümmern möge. Aber wäre auch das nicht zuletzt doch nur der Wunsch, andere nicht mit dem eigenen Leid zu belasten?

Für mich habe ich die Entscheidung getroffen, lieber in Kauf zu nehmen, dem Menschen ein wenig lästig zu sein, als ihn allein zu lassen. Ich glaube, es ist leichter auszuhalten, ein bisschen genervt zu sein, als sich verlassen zu fühlen.

Wenn du aus dem Zimmer deines Opas gehst, kehrst du zurück in deine Welt, in dein normales Leben, das von den Schattenseiten des Daseins (hoffentlich) noch größtenteils unberührt ist. Wäre da ein wenig Zeit in einer nicht so schönen Situation nicht auszuhalten?

Deine Tränen kannst du weinen, wenn er gestorben ist. Noch lebt er und ist vielleicht dankbar um das bisschen Sonne, das du mitbringst, wenn du ihn besuchst. Davon, dass du am Grab um ihn weinst, hat er nichts mehr.

Schöne Grüße,
Jule

Hallo erstmal,

für Mitglieder einer Spaßgesellschaft mag jede vordergründige Erklärung Entschuldigung genug sein, Themen aus dem Weg zu gehen, die keinen „Spaß“ machen. Die brauchen sich dann auch nicht zu wundern, wenn ihre 1000 Facebook-„Freunde“ dass dann genau so machen, wenn es ihnen mal dreckig geht, was bei Skaten, Mountainbiken, Motorradfahren, … schneller passiert, als man wahrhaben möchte.

Wer weiter denkt, und sich auf Dinge einlässt und in Situationen Verantwortung übernimmt, die keinen Spaß machen, stellt hingegen fest, dass die Antworten auf solch existenziellen Fragen nicht ganz so simpel sind. Oft erfährt man nur über Umwege, wie wichtig es einem sterbenskranken oder auch nur pflegebedürftigem Menschen ist, dass da jemand ihn nicht schon abgeschrieben und vergessen hat. Auch wenn er es diesem gegenüber direkt nicht so zum Ausdruck bringt, weil er sich vielleicht schämt Gefühle zu zeigen, oder es dem anderen nicht noch schwerer machen will. Denn solange der Geist noch mitspielt, ist das Bewusstsein dafür, dass solche Besuche für den Besucher extrem belastend sind, normalerweise durchaus da.

Und wer sich auf solche Situationen einläst, der bekommt auch noch auf ganz anderer Ebene etwas zurück: Er entwickelt sich in seiner Persönlichkeit weiter, und erwirbt damit Kompetenzen, die einen unschätzbaren Wert haben, und die man weder in der Schule, noch bei ach so teuren Seminaranbietern erwerben kann. Von dem guten Gefühl, dass sich nach so einer Phase einstellt, wenn man von sich mit gutem Gewissen sagen kann, dass man alles getan hat, was einem möglich war, um einem nahestehenden Menschen seine letzte Zeit so angenehm und positiv wie nur möglich zu gestalten, ganz abgesehen.

Gruß vom Wiz

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Hallo Jule,

ich habe das Gefühl, du wünscht dir ein wenig Absolution, um
vor dir selbst zu rechtfertigen, dass du ihn nicht mehr
besuchen musst :smile:.

Ja, das ist so. Habe ich ja auch klar zu verstehen gegeben in meiner Antwort an Tom_DA_X.

Aber: Diese Entscheidung kann dir keiner abnehmen - und
vermutlich nicht mal leichter machen.

Schade. Genau da setzte meine Bitte um Hilfe an.

Wenn du aus dem Zimmer deines Opas gehst, kehrst du zurück in
deine Welt, in dein normales Leben, das von den Schattenseiten des
Daseins (hoffentlich) noch größtenteils unberührt ist. Wäre da ein
wenig Zeit in einer nicht so schönen Situation nicht auszuhalten?

Nein. Ich kann das wirklich nur sehr schwer aushalten - das ist ja das Problem.

Danke trotzdem für deinen Beitrag. Viele Deiner Gedanken hatte ich schon durchgespielt und trotzdem stecke ich (natürlich) noch im Zwiespalt mit mir selbst.

LG,
Sabine

Hallo Sabine,

Nein. Ich kann das wirklich nur sehr schwer aushalten - das ist ja das Problem.

Ich sehe kein Problem. Du musst lediglich die Entscheidung treffen, ob dir dein Großvater oder du selbst wichtiger bist. Beides ist okay - aber du solltest vor dir selbst soviel Ehrlichkeit aufbringen, dazu zu stehen, dass du lieber den für dich angenehmeren Weg gehen willst. Alles andere wäre scheinheilig.

Schöne Grüße,
Jule

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Berührungsängste und Bilder des Leidens
Hallo Sabine,

ich erzähle jetzt einfach mal von meinem Mann, der im letzten Jahr an Krebs gestorben ist.

Nach der zweiten OP wollte er (außer mir) niemanden mehr zu Besuch haben - und ich habe ihm den Gefallen getan und alle Freunde abgewimmelt. Doch dann wurde es mir zu blöd, da ich gemerkt habe, dass er sich vermehrt von allem zurückzog. Ich gab jedem den „Freibrief“, ihn im Krankenhaus zu besuchen, sagte aber, dass sie damit rechnen müssen, dass sie nach 15 Minuten wieder „rausgeschmissen“ werden.

Viele haben ihn noch besucht - und mein Mann hat sich auch gefreut! Es waren kurze Besuche, aber eben auch kurze Momente, in denen mein Mann sich noch „lebendig“ fühlte.

Die, die es nicht geschafft haben, ihn zu besuchen (Abschied zu nehmen) leiden heute noch…nach einem sehr guten Freund hat mein Mann noch einen Tag vor seinem Tod gefragt: „Wann kommt denn Klaus?“.

Als er zum Sterben nach Hause kam, habe ich aber wirklich jeden Besuch untersagt, da ich damit niemanden mehr einen Gefallen getan hätte: meinem Mann nicht, der aufgrund seiner Hirnmetastasen stark verunsichert war, und den Freunden nicht, da sie die Bilder nicht so schnell losgeworden wären/Berührungsängste gehabt hätten. Man konnte mit meinem Mann auch nicht mehr wirklich reden.

Gefreut hat er sich aber, wenn meine Mutter mal kurz ins Zimmer geschaut hat - da hob er dann die Hand und grüßte sie.

Die eigentliche „Präsenz“ war meine Aufgabe. Einfach nur da sein, seine Hand halten, die Füße massieren, versuchen, in seinen Worten noch Sinn zu erkennen, ihm Ängste zu nehmen.

Selbst von seiner Mutter wollte er es nicht mehr! Und diesen Willen sollte man eben auch im Kopf haben. Will Dein Opa Dich denn überhaupt sehen?

Du schreibst:

Ehrlich gesagt, hätte er schon längst gehen müssen - ich glaube,
er ist wegen meiner Oma noch hier.

Das glaube ich Dir! Der Pflegedienst meinte auch zu mir, dass mein Mann nur „mir zuliebe“ noch durchhält.

Es ist die Aufgabe Deiner Oma, ihrem Mann das Loslassen zu ermöglichen - und genau hier kannst Du ansetzen!

Stärke Deine Oma, hilf ihr loszulassen. Sag vielleicht beim nächsten Krankenbesuch zu Deinem Opa, dass Du stets für Deine Oma da sein wirst, damit er eine Angst weniger hat.

Wenn Dir die Besuche an sich zu viel sind: Liefere Deine Oma im Heim ab, begleite sie aber bis zur Tür und ruf ein nettes „Hallo“ in den Raum. Sag ihr, dass Du sie dann später wieder abholst.

Sterbebegleitung ist schwer! Ich habe es jetzt bei meinem Vater und meinem Mann hinter mir! Daher habe ich auch großes Verständnis für Menschen, die es eben nicht können, von denen ich aber auch nicht erwarte, dass sie es können müssen!

Mach das, was Du für richtig hältst. Mit Deinen Tränen hilfst Du niemanden!

Aber habe auch den Mut, Deiner Oma klar zu sagen, dass es Dir das Herz zerreißt, Deinen Opa so leiden zu sehen - und sei für Deine Oma da!

Alles Gute

Kathleen