wissenschaft vs. esoterik
hallo nochmal
ich habe mal das buch „der zwölfte planet“ von zecharia sitchin gelesen und kenne daher diesen unfug zur genüge. da werden ständig irgendwelche sumerische keilschrifttafeln zitiert, die angeblich beweisen, dass die sumerer bereits über uranus, neptun und pluto bescheid wussten. nicht nur das - auch ein zusätzlicher planet, der weiter draussen um die sonne kreist und von dem das leben auf der erde abstammen soll.
betrachten wir mal die fakten:
in der angeblichen liste der himmelskörper der sumerer scheinen folgende objekte auf:
sonne (apsu)
merkur (mummu)
venus (lahamu)
erde (ki)
mond (kingu)
mars (lahmu)
[urerde] (tiamat)
jupiter (kischar)
saturn (anschar)
uranus (anu)
neptun (ea)
pluto (gaga später usmi)
xxx (marduk)
marduk hat dabei eine extrem exzentrische umlaufbahn und braucht für einen umlauf mehrere tausend jahre. der sonnennächste punkt liegt aber innerhalb der jupiterumlaufbahn - in etwa im asteroidengürtel (wird als der „gehämmerte armreif“ bezeichnet). bei einer annäherung an die sonne hat er dann den an dieser position liegenden planeten „tiamat“ durch gravitationseffekte zerrissen und an eine sonnennähere position gebracht, wo er seitdem unter dem namen „ki“ (also unsere erde) bekannt ist. kingu (unser mond) nimmt eine sonderstellung ein - er war vorher schon der mond von tiamat. weiters wird der saturnmond gaga aus der umlaufbahn gerissen und in eine neue umlaufbahn geschleudert. er erhält dann den namen usmi.
betrachten wir nun die wissenschaftlich gesicherten fakten:
pluto scheint in der liste zwar auf, nicht aber charon. charon wird oft als mond von pluto bezeichnet. de fakto ist charon im vergleich zu pluto aber so gross, dass die beiden eher ein doppelsystem bilden (das einzige derartige in unserem sonnensystem). eine zivilisation, die von der existenz von pluto weiss, hätte auch charon und die besonderheit des pluto/charon-systems kennen müssen.
ceres ist zwar nicht mal halb so gross wie pluto, ist aber das grösste objekt im asteroidengürtel (ca. 1000 km durchmesser) und mit einer helligkeit von 6,7 mag schon mit einem besseren feldstecher beobachtbar. noch dazu liegt ceres ungefähr dort, wo angeblich marduk auf tiamat gestossen ist. das sollte doch zumindest eine ehrennennung bewirken.
eris ist etwas grösser als pluto und hat eine besonders bemerkenswerte umlaufbahn (fast senkrecht auf die ekliptik. trotzdem wird eris überhaupt nicht erwähnt.
ebenso werden haumea, makemake und sedna nicht erwähnt, die grössenmässig in der selben liga wie pluto mitspielen.
der neptun-mond triton - immerhin um einiges grösser als pluto und höchstwahrscheinlich nicht ursprünglicher teil des neptunsystems sondern erst später eingefangen wird auch nicht erwähnt.
warum ist das alles wohl so?
nun - als die bücher, auf die du dich beziehst, geschrieben wurde, dachte man noch, dass pluto weitaus grösser sei - ursprünglich ging man sogar von fast erdengrösse aus. erst viel später erkannte man, dass die scheinbare grösse durch den relativ grossen charon zustande kam. von eris, haumea, makemake und sedna wusse man noch gar nichts. auch triton war noch völlig unbekannt. ceres war zwar schon bekannt, allerdings schon damals auf asteroidenstatus zurückgetrimmt (wurde ursprünglich als planet klassifiziert).
und nicht zu vergessen: das sumerische wird seit fast 3000 jahren nicht mehr gesprochen und ist mit keiner anderen bekannten sprache verwand. übersetzungen von sumerischen keilschrifttafeln haben also prinzipbedingt eine gewisse unschärfe (wenn man bedenkt, welche übersetzungsfehler sich schon bei übersetzungen vom englischen ins deutsche einschleichen…).
gesichert ist, dass die sumerer ein auf der zahl 60 basierendes zahlensystem nutzten. die besondere stellung der zahl 12 kommt ebenfalls aus dem sumerischen. vermutlich ist der hang zu eine pantheon aus 12 gottheiten in anderen kulturen auf die sumerer zurückzuführen.
wir haben also sumerische götter- und heldensagen auf schwer entzifferbaren keilschrifttafeln (praktischerweise mit 12 gottheiten). dann ein paar mässig in astronomie bewanderte buchautoren, die mit viel phantasie 11 dieser gottheiten auf damals bekannte himmelskörper zurückführen können. ein paar für damalige verhältnisse brandneue, aus heutiger sicht heillos veraltete astronomische fakten. etwas kreative auslegung der recht vagen übersetzungen. gewürzt mit etwas sensationsgeilheit. fertig sind recht nette theorien über irgendwelche kosmischen ereignisse, die glücklicherweise schwer wissenschaftlich widerlegt werden können (und daher keinen wirklichen bedarf an stichhaltigen beweisen braucht).
das ganze passt wunderbar ins esoterik-forum, wo man trefflich jahrelang darüber diskutieren kann. aber bitte entfernt diesen müll aus dem wissenschaftsforum!
lg
erwin